1. Ein Kfz-Händ­ler un­ter­hält ein für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­tes Ver­triebs­sys­tem i. S. von § 312c I BGB, wenn er Fahr­zeu­ge (auch) auf sei­ner In­ter­net­sei­te zum Kauf an­bie­tet und ei­nem Kauf­in­ter­es­sen­ten, der ihn un­ter Ver­wen­dung von Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln (§ 312c II BGB) kon­tak­tiert, nicht nur aus­nahms­wei­se, son­dern re­gel­mä­ßig ein vor­aus­ge­füll­tes Kauf­ver­trags­for­mu­lar über­sen­det, das der In­ter­es­sent un­ter­schrie­ben an den Händ­ler zu­rück­sen­den kann. Dar­an, dass der so ge­schlos­se­ne Kauf­ver­trag ein Fern­ab­satz­ver­trag ist und dem Käu­fer des­halb ein Wi­der­rufs­recht zu­steht, än­dert nichts, dass der Händ­ler Kauf­ver­trä­ge ganz über­wie­gend nicht un­ter aus­schließ­li­cher Ver­wen­dung von Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln schließt. Eben­so ist un­er­heb­lich, dass das ge­kauf­te Fahr­zeug bei dem Händ­ler ab­ge­holt wer­den muss.
  2. Der An­trag, den An­nah­me­ver­zug ei­nes Gläu­bi­gers fest­zu­stel­len, ist man­gels ei­nes recht­li­chen In­ter­es­ses i. S. von § 256 I ZPO in­so­weit un­zu­läs­sig, als der Schuld­ner die Fest­stel­lung be­gehrt, dass der Gläu­bi­ger zu ei­nem be­stimm­ten Zeit­punkt in An­nah­me­ver­zug ge­ra­ten sei. Denn für ei­ne mit Blick auf § 756 I, § 756 Nr. 1 ZPO er­leich­ter­te Zwangs­voll­stre­ckung ge­nügt die Fest­stel­lung, dass sich der Gläu­bi­ger im An­nah­me­ver­zug be­fin­det; die­ser muss al­so nur für den Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung fest­ge­stellt wer­den.

OLG Bran­den­burg, Ur­teil vom 27.03.2019 – 13 U 13/18

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten dar­über, ob der Klä­ger sei­ne auf den Ab­schluss ei­nes Kfz-Kauf­ver­trags ge­rich­te­te Wil­lens­er­klä­rung wirk­sam wi­der­ru­fen hat.

Die Be­klag­te han­delt mit ge­brauch­ten Wohn­mo­bi­len, die sie so­wohl auf ih­rem Be­triebs­ge­län­de in H. als auch auf ih­rer In­ter­net­sei­te zum Kauf an­bie­tet. Der Klä­ger woll­te ei­nes die­ser Wohn­mo­bi­le, auf das er im In­ter­net auf­merk­sam ge­wor­den war, er­wer­ben und nahm des­halb un­ter Ver­wen­dung von Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln Kon­takt mit der Be­kla­gen auf. Die­se über­sand­te dem Klä­ger dar­auf­hin am 21.04.2017 per Te­le­fax ein vor­aus­ge­füll­tes und von­sei­ten der Be­klag­ten un­ter­schrie­be­nes Kauf­ver­trags­for­mu­lar, das der Klä­ger noch am sel­ben Tag un­ter­zeich­ne­te und eben­falls per Te­le­fax an die Be­klag­te zu­rücksand­te. Ei­nen Hin­weis auf ein Wi­der­rufs­recht ent­hielt die­ses For­mu­lar nicht.

Zur Ab­ho­lung des Fahr­zeugs reis­te der Klä­ger mit dem Flug­zeug an und wand­te für das Flug­ti­cket 102,29 € auf. Er be­gab sich zum Be­triebs­ge­län­de der Be­klag­ten, zahl­te dort den rest­li­chen Kauf­preis für das Wohn­mo­bil, auf den er zu­vor be­reits ei­ne An­zah­lung ge­leis­tet hat­te, und nahm das Fahr­zeug in Emp­fang. An­schlie­ßend über­führ­te der Klä­ger das Wohn­mo­bil auf ei­ge­ner Ach­se zu sei­nem 444 km vom Be­triebs­sitz der Be­klag­ten ent­fern­ten Wohn­ort. Nach­dem der Klä­ger in der Fol­ge­zeit zahl­rei­che Män­gel an dem Fahr­zeug fest­ge­stellt ha­ben will, wi­der­rief er am 30.06.2017 per Te­le­fax sei­ne auf den Ab­schluss des Kauf­ver­trags ge­rich­te­te Wil­lens­er­klä­rung und for­der­te die Be­klag­te zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses (6.999 €) so­wie zur Ab­ho­lung des Wohn­mo­bils auf. Die Be­klag­te zahl­te we­der den Kauf­preis zu­rück, noch hol­te sie das Fahr­zeug bei dem Klä­ger ab.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger die Be­klag­te des­halb auf Zah­lung von 6.999 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des Wohn­mo­bils, in An­spruch ge­nom­men. Au­ßer­dem hat er den Er­satz der für das Flug­ti­cket auf­ge­wen­de­ten Kos­ten (102,29 € nebst Zin­sen) so­wie vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten (729,23 € nebst Zin­sen) ver­langt. Dar­über hin­aus hat der Klä­ger die Fest­stel­lung be­gehrt, dass die Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug sei.

Die Be­klag­te hat in Ab­re­de ge­stellt, dass dem Klä­ger ein Wi­der­rufs­recht zu­ge­stan­den ha­be, und gel­tend ge­macht, der Kauf­ver­trag über das Wohn­mo­bil sei kein Fern­ab­satz­ver­trag i. S. von § 312c BGB. Denn sie, die Be­klag­te, un­ter­hal­te kein für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­tes Ver­triebs­sys­tem.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge in vol­lem Um­fang statt­ge­ge­ben, weil der Klä­ger sei­ne auf den Ab­schluss des Kfz-Kauf­ver­trags ge­rich­te­te Wil­lens­er­klä­rung wirk­sam wi­der­ru­fen ha­be. Die Par­tei­en hät­ten ei­nen Fern­ab­satz­ver­trag ge­schlos­sen; ih­re Be­haup­tung, dass der Kfz-Kauf­ver­trag nicht im Rah­men ei­nes für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­ten Ver­triebs­sys­tems ge­schlos­sen wor­den sei, ha­be die Be­klag­te nicht be­wie­sen. Sie ha­be den Klä­ger auch nicht über sein fern­ab­satz­recht­li­ches Wi­der­rufs­recht be­lehrt.

Die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung der Be­klag­ten hat­te nur teil­wei­se Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist teil­wei­se – in An­se­hung der gel­tend ge­mach­ten au­ßer­ge­richt­li­chen An­walts- und der er­stat­tet ver­lang­ten Flug­kos­ten so­wie der Zin­sen – be­grün­det, im Üb­ri­gen bleibt sie oh­ne Er­folg.

1. Die Kla­ge ist zu­läs­sig. Der Klä­ger macht mit sei­ner For­de­rung nach Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ei­nen An­spruch gel­tend, der von ei­ner von ihm zu er­brin­gen­den Vor­leis­tung – der Rück­ga­be des Kauf­ge­gen­stands an die Be­klag­te – ab­hän­gig ist (§ 357 IV 1 BGB). Der An­spruch ist gleich­wohl be­reits fäl­lig. Die ge­setz­lich an­ge­ord­ne­te Vor­leis­tungs­pflicht weist ge­gen­über dem dog­ma­ti­schen Leit­bild die­ser Rechts­fi­gur die Be­son­der­heit auf, dass die feh­len­de Leis­tungs­er­brin­gung durch den vor­leis­tungs­pflich­ti­gen Ver­brau­cher nicht be­reits die Fäl­lig­keit sei­nes ei­ge­nen An­spruchs hemmt (vgl. BeckOGK/Mörs­dorf, Stand: 15.11.2018, § 357 BGB Rn. 20).

2. Der Klä­ger hat An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses aus § 357 I BGB.

Zwi­schen dem Klä­ger und der Be­klag­ten ist durch Ab­ga­be über­ein­stim­men­der Wil­lens­er­klä­run­gen und Über­mitt­lung und Zu­gang die­ser Er­klä­run­gen in Ge­stalt des un­ter­zeich­ne­ten Kauf­ver­trags­for­mu­lars per Te­le­fax am 21.04.2017 ein Kauf­ver­trag über das hier in Re­de ste­hen­de Wohn­mo­bil ge­schlos­sen wor­den. Der Klä­ger hat das Ver­trags­an­ge­bot der Be­klag­ten an­ge­nom­men, und sei­ne An­nah­me­er­klä­rung ist der Be­klag­ten noch am 21.04.2017 per Te­le­fax zu­ge­gan­gen.

3. Der Klä­ger ist an den Kauf­ver­trag nicht mehr ge­bun­den, weil er ihn durch sei­ne Er­klä­rung vom 30.06.2017 ge­mäß §§ 312c, 312d I 1, 355 I 1 BGB wirk­sam wi­der­ru­fen hat.

a) Dem Klä­ger stand ein Wi­der­rufs­recht ge­mäß § 312g I BGB i. V. mit § 355 BGB zu, weil es sich bei dem über das Wohn­mo­bil ge­schlos­se­nen Ver­trag um ei­nen Fern­ab­satz­ver­trag i. S. des § 312c BGB ge­han­delt hat.

Nach § 312c I BGB sind Fern­ab­satz­ver­trä­ge Ver­trä­ge, ins­be­son­de­re über Wa­ren und Dienst­leis­tun­gen, die zwi­schen ei­nem Un­ter­neh­mer und ei­nem Ver­brau­cher un­ter aus­schließ­li­cher Ver­wen­dung von Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln ab­ge­schlos­sen wer­den, es sei denn, dass der Ver­trags­schluss nicht im Rah­men ei­nes für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­ten Ver­triebs- oder Dienst­leis­tungs­sys­tems er­folgt. Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel sind nach § 312c II BGB al­le Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel, die zur An­bah­nung oder zum Ab­schluss ei­nes Ver­trags zwi­schen ei­nem Ver­brau­cher und ei­nem Un­ter­neh­mer oh­ne gleich­zei­ti­ge kör­per­li­che An­we­sen­heit der Ver­trags­par­tei­en ein­ge­setzt wer­den kön­nen, ins­be­son­de­re Brie­fe, Ka­ta­lo­ge, Te­le­fon­an­ru­fe, Te­le­ko­pi­en, E-Mails, über Mo­bil­funk­diens­te ver­sen­de­te Nach­rich­ten (SMS) so­wie Rund­funk und Te­le­me­di­en.

aa) Der Kauf­ver­trag ist un­ter aus­schließ­li­cher Ver­wen­dung von Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln, näm­lich durch Über­sen­dung der Ver­trags­er­klä­run­gen per Te­le­fax am 21.04.2017, ab­ge­schlos­sen wor­den.

bb) Die hier­für dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­ge Be­klag­te (vgl. BeckOGK/Busch, Stand: 01.12.2018, § 312c BGB Rn. 30) hat nicht dar­ge­legt und be­wie­sen, dass der Ver­trag nicht im Rah­men ei­nes für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­ten Ver­triebs- oder Dienst­leis­tungs­sys­tems ab­ge­schlos­sen wur­de.

Die An­nah­me ei­nes für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­ten Ver­triebs­sys­tems setzt vor­aus, dass der Un­ter­neh­mer mit – nicht not­wen­dig auf­wän­di­ger – per­so­nel­ler und sach­li­cher Aus­stat­tung in­ner­halb sei­nes Be­triebs die or­ga­ni­sa­to­ri­schen Vor­aus­set­zun­gen ge­schaf­fen hat, die not­wen­dig sind, um re­gel­mä­ßig im Fern­ab­satz zu tä­ti­gen­de Ge­schäf­te zu be­wäl­ti­gen (BGH, Urt. v. 07.07.2016 – I ZR 30/15, NJW 2017, 1024 Rn. 51). Da­bei sind an die An­nah­me ei­nes sol­chen Ver­triebs- oder Dienst­leis­tungs­sys­tems ins­ge­samt kei­ne ho­hen An­for­de­run­gen zu stel­len (BGH, Urt. v. 07.07.2016 – I ZR 30/15, NJW 2017, 1024 Rn. 51; BeckOGK/Busch, a. a. O., § 312c BGB Rn. 26). Nur Ge­schäf­te, die un­ter ge­le­gent­li­chem, eher zu­fäl­li­gem Ein­satz von Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln ge­schlos­sen wer­den, sol­len aus dem An­wen­dungs­be­reich aus­schei­den (BGH, Urt. v. 07.07.2016 – I ZR 30/15, NJW 2017, 1024 Rn. 51; BeckOGK/Busch, a. a. O., § 312c BGB Rn. 25). Der sach­li­che An­wen­dungs­be­reich des Fern­ab­satz­rechts soll dem­nach bei­spiels­wei­se nicht schon dann er­öff­net sein, wenn der In­ha­ber ei­nes Ge­schäfts aus­nahms­wei­se ei­ne te­le­fo­ni­sche Be­stel­lung ent­ge­gen­nimmt und die Wa­re dem Kun­den nicht in sei­nem La­den­lo­kal über­gibt, son­dern mit der Post ver­sen­det. Da­mit soll der Be­trei­ber ei­nes sta­tio­nä­ren La­den­lo­kals, der sei­ne Leis­tun­gen aus­schließ­lich vor Ort er­bringt, nicht da­von ab­ge­hal­ten wer­den, aus­nahms­wei­se auch ei­ne te­le­fo­ni­sche Be­stel­lung ent­ge­gen­zu­neh­men (BGH, Urt. v. 07.07.2016 – I ZR 30/15, NJW 2017, 1024 Rn. 51). Die Gren­ze zum or­ga­ni­sier­ten Fern­ab­satz­sys­tem ist je­doch dann über­schrit­ten, wenn der In­ha­ber ei­nes Ge­schäfts Wa­ren nicht nur ge­le­gent­lich ver­sen­det, son­dern sys­te­ma­tisch auch mit der An­nah­me von Be­stel­lun­gen im Fern­ab­satz wirbt und or­ga­ni­sa­to­ri­sche Vor­keh­run­gen trifft, die dies er­mög­li­chen (BGH, Urt. v. 07.07.2016 – I ZR 30/15, NJW 2017, 1024 Rn. 51; BeckOGK/Busch, a. a. O., § 312c BGB Rn. 27).

Dass es sich im Streit­fall nicht um ei­ne sol­che Si­tua­ti­on ge­han­delt hät­te, hat die Be­klag­te nicht nach­ge­wie­sen. Die Be­klag­te hat mit ih­rer In­ter­net­sei­te www.​wohnmobilparadies.​com ei­ne On­line­platt­form ge­nutzt, um Kauf­in­ter­es­sen­ten für die von ihr ver­trie­be­nen Fahr­zeu­ge zu ge­win­nen. Die­se On­line­platt­form ist nicht auf ei­ne per­sön­li­che, son­dern auf ei­ne elek­tro­ni­sche oder te­le­fo­ni­sche Kon­takt­auf­nah­me an­ge­legt, wie der von der Be­klag­ten selbst mit der Be­ru­fungs­be­grün­dung ein­ge­reich­te Aus­druck ei­nes Screen­shots ih­rer Web­site zeigt, auf der es heißt: „… un­se­re Mit­ar­bei­ter … freu­en sich dar­auf, Sie im neu­en as­si­gn­ment help on­line Wohn­mo­bil­pa­ra­dies be­grü­ßen zu dür­fen“. An­lass für ei­ne sol­che er­be­te­ne Kon­takt­auf­nah­me sind die In­ter­net­an­zei­gen, mit de­nen die Be­klag­te die von ihr zum Kauf an­ge­bo­te­nen Fahr­zeu­ge be­wirbt. Kommt es dann – wie im Streit­fall – durch Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel zum Ver­trags­schluss über den Kauf ei­nes sol­cher­ma­ßen an­ge­bo­te­nen Fahr­zeugs, in­dem auch für ei­nen sol­chen Fall von der Be­klag­ten vor­ge­hal­te­ne Ver­trags­for­mu­la­re hand­schrift­lich er­gänzt und un­ter­schrie­ben wech­sel­sei­tig ver­sandt wer­den, sind die ins­ge­samt nicht ho­hen An­for­de­run­gen an das Vor­lie­gen ei­nes für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­ten Ver­triebs er­füllt. Ein Ver­käu­fer, der ein In­ter­net­por­tal wie die Be­klag­te nutzt und den Kon­takt zu sei­nen Kun­den auf elek­tro­ni­schem oder te­le­fo­ni­schem Weg er­mög­licht und her­stellt, schafft die Vor­keh­run­gen da­für, nicht nur aus­nahms­wei­se, son­dern re­gel­mä­ßig Fern­ab­satz­ver­trä­ge ab­zu­schlie­ßen. Dar­an ver­mag sich auch da­durch nichts zu än­dern, dass – wie die Be­klag­te vor­trägt – die über­wie­gen­de Mehr­zahl der von ihr mit ih­ren Kun­den ge­schlos­se­nen Ver­trä­ge nicht über Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel zu­stan­de kom­men. Dies steht der An­nah­me, die Be­klag­te ver­fü­ge je­den­falls über ein ent­spre­chend or­ga­ni­sier­tes Ver­triebs­sys­tem, das auch auf den Ab­schluss von Kauf­ver­trä­gen auf aus­schließ­lich fern­kom­mu­ni­ka­ti­vem Weg ein­ge­rich­tet ist, nicht ent­ge­gen, zu­mal die Be­klag­te auch nicht in Ab­re­de stellt, dass sie von ihr im In­ter­net an­ge­bo­te­ne Fahr­zeu­ge – wie hier – auch auf dem Fern­ab­satz­weg ver­kauft, in­dem sie le­dig­lich vor­tra­gen lässt, dass dies nicht die gro­ße Mehr­zahl der Fäl­le sei. Dar­auf, dass es sich bei der Art und Wei­se des Zu­stan­de­kom­mens des Ver­trags mit dem Klä­ger um ei­nen in ih­rem Ge­schäfts­be­trieb au­ßer­ge­wöhn­li­chen Vor­gang im Sin­ne ei­ner be­son­de­ren Aus­nah­me ge­han­delt ha­be, be­ruft sie sich da­mit ge­ra­de nicht.

Auch der Vor­trag der Be­klag­ten, die auf der Web­site an meh­re­ren Stel­len ver­wen­de­te For­mu­lie­rung „… all un­se­re Mit­ar­bei­ter ste­hen Ih­nen kom­pe­tent zur Sei­te und freu­en sich dar­auf, Sie im neu­en as­si­gn­ment help on­line Wohn­mo­bil­pa­ra­dies be­grü­ßen zu dür­fen“, wo­bei „as­si­gn­ment help on­line“ im fort­lau­fen­den Text als Link farb­lich her­vor­ge­ho­ben ist, stel­le nur ei­nen Pro­gram­mier­feh­ler, näm­lich ei­ne feh­ler­haf­te Ver­lin­kung dar, da die­se Wor­te in dem Text­zu­sam­men­hang kei­nen Sinn er­gä­ben, führt nicht zu ei­ner an­de­ren Be­wer­tung. Die­ser aus den von der Be­klag­ten selbst zur Ak­te ge­reich­ten Screen­shots er­sicht­li­che Text ist oh­ne Wei­te­res sinn­haft: er weist je­den­falls auf ei­ne On­line-Kon­takt­mög­lich­keit hin, selbst wenn es sich um ei­ne feh­ler­haf­te Ver­lin­kung ge­han­delt ha­ben soll­te.

cc) Auch so­weit die Be­klag­te ins Feld führt, dass der Klä­ger das ge­kauf­te Fahr­zeug schließ­lich bei ihr ab­ge­holt hat, steht dies der An­nah­me ei­nes Fern­ab­satz­ge­schäfts nicht ent­ge­gen, weil es hier­für nicht er­for­der­lich ist, dass ein im Fern­ab­satz­weg ge­schlos­se­ner Ver­trag auch im We­ge des Fern­ab­sat­zes er­füllt wird (BeckOGK/Busch, a. a. O., § 312c BGB Rn. 17).

b) Der vom Klä­ger am 30.06.2017 er­klär­te Wi­der­ruf des Kauf­ver­trags ist frist­ge­recht er­folgt. Man­gels In­for­ma­ti­on des Klä­gers über sein Wi­der­rufs­recht ge­mäß § 312d BGB, Art. 246a § 1 II EGBGB be­gann die vier­zehn­tä­gi­ge Wi­der­rufs­frist nicht zu lau­fen (§§ 356 III 2, 355 II BGB). Die Wi­der­rufs­er­klä­rung vom 30.06.2017 ist der Be­klag­ten da­mit recht­zei­tig zu­ge­gan­gen, denn das Wi­der­rufs­recht wä­re ge­mäß § 356 III 2, § 355 II BGB erst zwölf Mo­na­te und vier­zehn Ta­ge nach dem Ver­trags­schluss am 21.04.2017, al­so im Mai 2018, er­lo­schen.

c) Die Be­klag­te ist auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des Wohn­mo­bils zu ver­ur­tei­len. Im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis nach Wi­der­ruf des Fern­ab­satz­ver­tra­ges sta­tu­iert § 357 IV BGB ei­ne ein­fa­che – nicht­be­stän­di­ge – Vor­leis­tungs­pflicht des Ver­brau­chers (vgl. BeckOGK/Mörs­dorf, a. a. O., § 357 BGB, Rn. 19 f.; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 77. Aufl., § 357 Rn. 5), von de­ren Er­fül­lung die Fäl­lig­keit der Kauf­preis­rück­zah­lung nicht ab­hän­gig ist und die von Amts we­gen pro­zes­su­al zu be­ach­ten ist (Stau­din­ger/Schwar­ze, BGB, Neu­be­arb. 2015, § 322 Rn. 29). Da­nach kann der kla­gen­de vor­leis­tungs­pflich­ti­ge Käu­fer auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Er­brin­gung der Ge­gen­leis­tung kla­gen (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 357 Rn. 5; MünchKomm-BGB/Frit­sche, 8. Aufl., § 357 Rn. 15; Bü­low, in: Bü­low/Artz, Ver­brau­cher­kre­dit­recht, 9. Aufl., &sect 495 BGB Rn. 191; Koh­ler, VuR 2018, 203 ff.).

4. Der An­trag auf Fest­stel­lung des Ver­zugs der Be­klag­ten mit der An­nah­me des Wohn­mo­bils ist teil­wei­se zu­läs­sig (Be­ckOK-BGB/Lo­renz, Stand: 01.02.2019, § 293 Rn. 18; Zöl­ler/Sei­bel, ZPO, 32. Aufl., § 756 Rn. 10 m. w. Nachw.) und be­grün­det.

a) So­weit der Klä­ger die Fest­stel­lung be­gehrt, An­nah­me­ver­zug sei zu ei­nem be­stimm­ten Zeit­punkt ein­ge­tre­ten, ist der An­trag man­gels ei­nes Rechts­schutz­be­dürf­nis­ses un­zu­läs­sig. Für sein Rechts­schutz­ziel, die Zwangs­voll­stre­ckung zu er­leich­tern und un­ab­hän­gig von der Ge­gen­leis­tung durch Vor­la­ge des Ti­tels über den An­nah­me­ver­zug be­trei­ben zu kön­nen, be­darf es kei­ner Ent­schei­dung über den Be­ginn des An­nah­me­ver­zu­ges. Der hier­auf ge­rich­te­te Teil des An­trags zu 2 ist un­zu­läs­sig. Es kommt al­lein auf die Ver­hält­nis­se zu dem Zeit­punkt an, der dem Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung ent­spricht.

b) Die Be­klag­te be­fin­det sich im Ver­zug der An­nah­me.

An­nah­me­ver­zug ist un­ge­ach­tet des Um­stan­des ein­ge­tre­ten, dass der Klä­ger der Be­klag­ten sei­ne Leis­tung nie so an­ge­bo­ten hat, wie er sie zu be­wir­ken hat­te (§ 294 BGB). Grund­sätz­lich hat der Ver­brau­cher dem Un­ter­neh­mer die Kauf­sa­che zu­rück­zu­sen­den (§ 357 IV BGB), ge­ge­be­nen­falls auf Kos­ten des Un­ter­neh­mers (§ 357 VI 1 BGB). Der Leis­tungs­ort be­fin­det sich al­so am Wohn­sitz des Ver­brau­chers. Hier hat er die Wa­re ord­nungs­ge­mäß zu ver­pa­cken und ab­zu­sen­den bzw. ei­ner Spe­di­ti­on zu über­ge­ben. Da der Leis­tungs­er­folg erst mit dem Er­halt der Wa­re beim Un­ter­neh­mer ein­tritt, die Leis­tungs­hand­lung sich aber dar­auf be­schränkt, die Wa­re ord­nungs­ge­mäß auf den Weg zu brin­gen, han­delt es sich um ei­ne Schick­schuld (vgl. MünchKomm-BGB/Frit­sche, a. a. O., § 357 Rn. 16). Der Klä­ger hat die­se Leis­tungs­hand­lung we­der er­bracht noch ih­re Er­brin­gung an­ge­bo­ten (§ 294 BGB).

Un­ab­hän­gig von der Fra­ge der Zu­mut­bar­keit des An­sin­nens an den Käu­fer, die Kauf­sa­che zu­rück­zu­lie­fern (vgl. hier­zu Koh­ler, VuR 2018, 203, 205), ist die Be­klag­te aber je­den­falls da­durch in An­nah­me­ver­zug ge­ra­ten, dass sie die An­nah­me des Wohn­mo­bils ernst­haft und end­gül­tig ab­ge­lehnt hat.

Mit dem An­trag auf Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Wohn­mo­bils hat der Klä­ger wört­lich an­ge­bo­ten, die Kauf­sa­che zu­rück­zu­ge­wäh­ren. In dem An­trag ist sei­ne Er­klä­rung ent­hal­ten, dass ihm die Leis­tung mög­lich und er leis­tungs­be­reit ist (vgl. BeckOGK/Döt­terl, Stand: 01.10.2018, § 295 BGB Rn. 7). Mit ih­rer Kla­ge­er­wi­de­rung, mit der sie jeg­li­che Grund­la­ge für ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis in Ab­re­de ge­stellt hat, hat die Be­klag­te auch die Rück­nah­me des Wohn­mo­bils ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert. Ei­nes (er­neu­ten) wört­li­chen An­ge­bots (§ 295 BGB), das heißt ei­ner Er­klä­rung der Be­reit­schaft und Fä­hig­keit zur Rück­ge­währ des Kauf­ge­gen­stands, wie sie be­reits im Kla­ge­an­trag ent­hal­ten war, be­durf­te es da­nach nicht mehr. Es wä­re blo­ße För­me­lei, dem Klä­ger die aus­drück­li­che Er­klä­rung ab­zu­ver­lan­gen, er hal­te an sei­nem Kla­ge­an­trag fest und wol­le das Fahr­zeug wei­ter­hin zu­rück­ge­ben. Dem vor­leis­tungs­pflich­ti­gen Schuld­ner kann in ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on auch erst recht nicht zu­ge­mu­tet wer­den, sei­ne Leis­tung in dem Wis­sen zu er­brin­gen, dass sein Ver­trags­part­ner sie nicht an­neh­men und sich sei­ner Rück­zah­lungs­pflicht ent­zie­hen wer­de. Mit sei­nem Ver­hal­ten im Pro­zess hat der Klä­ger zu­min­dest kon­klu­dent er­klärt, das Fahr­zeug auch wei­ter­hin an­zu­bie­ten. Ver­zug ist da­mit je­den­falls mit der ernst­haf­ten und end­gül­ti­gen Ab­leh­nung des klä­ge­ri­schen An­sin­nens durch die Kla­ge­er­wi­de­rung ein­ge­tre­ten.

5. Hin­sicht­lich des Zins­an­spruchs auf die For­de­rung des Klä­gers ist die Be­ru­fung be­grün­det. Der gel­tend ge­mach­te Zins­an­spruch ist we­gen der be­an­trag­ten Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung un­be­grün­det.

Ein An­spruch auf Ver­zugs- oder Pro­zess­zin­sen (§ 286, § 291 BGB) be­steht nicht.

Die Ver­pflich­tung zur Zah­lung von Pro­zess­zin­sen ent­fällt, wenn der Gläu­bi­ger – hier der Klä­ger – dem Ge­gen­recht des Schuld­ners im Kla­ge­an­trag da­durch Rech­nung trägt, dass er so­gleich die Ver­ur­tei­lung Zug um Zug ge­gen Er­brin­gung der Ge­gen­leis­tung be­gehrt (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2004 – III ZR 323/03, NJW-RR 2005, 170, 171; BeckOGK/Dor­nis, Stand: 01.12.2018, § 291 BGB Rn. 15).

Ver­zug ist nicht ein­ge­tre­ten. Denn der Ver­zug­s­ein­tritt ist durch das Be­ste­hen des Zu­rück­be­hal­tungs­rechts aus § 357 IV BGB we­gen Nicht­er­fül­lung der Vor­leis­tungs­pflicht ge­hemmt (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2004 – III ZR 323/03, NJW-RR 2005, 170, 171; BeckOGK/Mörs­dorf, a. a. O., § 357 BGB Rn. 30).

6. Die Be­ru­fung ist auch im Hin­blick auf den zu­ge­spro­che­nen Er­satz der dem Klä­ger ent­stan­de­nen Flug- und Rechts­an­walts­kos­ten be­grün­det.

a) Ei­ne Grund­la­ge für ei­nen An­spruch auf Er­satz des Scha­dens, der durch die im Nach­hin­ein nutz­los ge­wor­de­nen Flug­kos­ten – frus­trier­te Auf­wen­dun­gen – ent­stan­den ist, ist nicht er­sicht­lich. Ei­ne mög­li­che An­spruchs­grund­la­ge aus Män­gel­ge­währ­leis­tungs­recht kommt nicht in Be­tracht, weil der Klä­ger den Kauf wi­der­ru­fen und da­mit die Ver­trags­grund­la­ge be­sei­tigt hat.

b) Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen An­spruch auf Er­stat­tung der au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten sind nicht dar­ge­legt. Dem Vor­trag des Klä­gers ist nicht zu ent­neh­men, dass sein Be­voll­mäch­tig­ter vor­ge­richt­lich erst­mals nach Ein­tritt des Ver­zugs tä­tig ge­wor­den wä­re (vgl. BeckOGK/Dor­nis, a. a. O., § 286 BGB Rn. 324 f.).

7. Ei­nen Wert­er­satz­an­spruch, der der For­de­rung des Klä­gers ent­ge­gen­ste­hen könn­te, macht die Be­klag­te zweit­in­stanz­lich nicht mehr gel­tend. Ein sol­cher An­spruch wä­re auch man­gels In­for­ma­ti­on ge­mäß Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB aus­ge­schlos­sen (§ 357 VII Nr. 2 BGB). …

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