1. Der Käu­fer ei­nes (ehe­mals) vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Ge­braucht­wa­gens, der die­ses Fahr­zeug im Herbst 2017 mit in­stal­lier­tem Soft­ware­up­date er­wor­ben hat, hat ge­gen die – nicht am Kauf­ver­trag be­tei­lig­te – Volks­wa­gen AG kei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz we­gen Be­trugs (§ 823 II i. V. mit § 263 StGB). Viel­mehr fehlt es schon an ei­ner Täu­schungs­hand­lung der Volks­wa­gen AG, weil und nach­dem die­se den VW-Ab­gas­skan­dal im Sep­tem­ber 2015 öf­fent­lich ge­macht hat. Denn da­mit hat sie ei­ne mög­li­che Täu­schung dar­über, dass in be­stimm­ten Die­sel­fahr­zeu­gen ei­ne den Schad­stoff­aus­stoß ma­ni­pu­lie­ren­de – vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung qua­li­fi­zier­te – Soft­ware zum Ein­satz kommt, hin­fäl­lig wer­den las­sen.
  2. Der Käu­fer ei­nes (ehe­mals) vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Ge­braucht­wa­gens, der die­ses Fahr­zeug im Herbst 2017 mit in­stal­lier­tem Soft­ware­up­date er­wor­ben hat, kann den Vor­wurf, die – nicht am Kauf­ver­trag be­tei­lig­te – Volks­wa­gen AG ha­be ihm in sit­ten­wid­ri­ger Wei­se vor­sätz­lich ei­nen Scha­den zu­ge­fügt (§ 826 BGB) nicht mit Er­folg auf Ur­tei­le und Beschlüs­se stüt­zen, die sich mit dem Ver­hal­ten der Volks­wa­gen AG vor Be­kannt­wer­den des VW-Ab­gas­skan­dals be­fas­sen. Eben­so sind zur Be­grün­dung des Vor­wurfs tat­säch­li­che Aus­füh­run­gen un­ge­eig­net, die sich auf vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ne Fahr­zeu­ge be­zie­hen, die bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags noch kein Soft­ware­up­date er­hal­ten hat­ten.

LG Os­na­brück, Ur­teil vom 30.01.2019 – 2 O 2190/18

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­langt von der be­klag­ten Volks­wa­gen AG Scha­dens­er­satz in Hö­he des für ei­nen Ge­braucht­wa­gen ge­zahl­ten Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs.

Sie er­warb am 27.10.2017 von ei­ner Kfz-Händ­le­rin ei­nen ge­brauch­ten VW Tou­ran 1.6 TDI zum Preis von 11.000 €. Die­ses Fahr­zeug, das sei­ner­zeit ei­ne Lauf­leis­tung von 85.247 km auf­wies, ist mit ei­nem – von der Be­klag­ten ent­wi­ckel­ten – EA189-Die­sel­mo­tor (Eu­ro 5) aus­ge­stat­tet und des­halb vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen. In dem Pkw kam ur­sprüng­lich – bei der Erst­aus­lie­fe­rung – ei­ne Soft­ware zum Ein­satz, die ei­nen be­stimm­ten Be­triebs­mo­dus („Mo­dus 1“) ak­ti­vier­te, so­bald das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand den „Neu­en Eu­ro­päi­schen Fahr­zy­klus“ (NEFZ) durch­fuhr. In die­sem Mo­dus war die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te hö­her und so­mit der Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß ge­rin­ger als beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr, der im „Mo­dus 0“ er­folg­te.

Im Sep­tem­ber 2015 wur­de öf­fent­lich be­kannt, dass die von der Be­klag­ten ent­wi­ckel­ten EA189-Die­sel­mo­to­ren über zwei Be­triebs­mo­di ver­fü­gen, was das Kraft­fahrt-Bun­des­amt be­an­stan­de­te. Die Be­klag­te ent­wi­ckel­te dar­auf­hin ein Soft­ware­up­date, des­sen In­stal­la­ti­on zur Fol­ge hat, dass das je­wei­li­ge Fahr­zeug durch­gän­gig im „Mo­dus 1“ be­trie­ben wird, die­ser al­so auch beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr ak­tiv ist. Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt be­stä­tig­te, dass das Soft­ware­up­date ge­eig­net ist, die Vor­schrifts­mä­ßig­keit der vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge her­zu­stel­len.

Als die Klä­ge­rin das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug im Ok­to­ber 2017 er­warb, war das Up­date be­reits in­stal­liert wor­den.

Die Klä­ge­rin be­haup­tet, die Kfz-Ver­käu­fe­rin ha­be ihr nicht mit­ge­teilt, dass der VW Tou­ran mit ei­ner die Schad­stoff­emis­sio­nen ma­ni­pu­lie­ren­den Soft­ware aus­ge­stat­tet sei. Sie ist der Auf­fas­sung, die Be­klag­te ha­be sie vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags dar­über auf­klä­ren müs­sen, dass in dem Fahr­zeug ei­ne vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung qua­li­fi­zier­te Soft­ware zum Ein­satz ge­kom­men sei. Sie, die Klä­ge­rin, ha­be sei­ner­zeit kei­ne Kennt­nis vom VW-Ab­gas­skan­dal ge­habt, da sie sol­che Nach­rich­ten nicht in­ter­es­sier­ten. Für die von ihr mit dem VW Tou­ran zu­rück­ge­leg­ten 4.753 km – so hat die Klä­ge­rin gel­tend ge­macht – sei­ne an­ge­sichts ei­ner zu er­war­ten­den Ge­samt­lauf­leis­tung von 350.000 km ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 197,48 € an­ge­mes­sen.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Kla­ge ist nicht be­grün­det. Die Klä­ge­rin hat ge­gen­über der Be­klag­ten kei­nen An­spruch auf Zah­lung von Scha­dens­er­satz in Hö­he des von ihr ge­zahl­ten Kauf­prei­ses (ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung) Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs.

1. Kein An­spruch auf Scha­dens­er­satz ge­mäß § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB

Die Klä­ge­rin hat kei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des Fahr­zeu­ges (§ 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB).

a) Ei­ne Täu­schungs­hand­lung durch die Be­klag­te ist nicht schlüs­sig dar­ge­legt.

Ei­ne Täu­schungs­hand­lung be­steht nach dem Wort­laut des Ge­set­zes in der Vor­spie­ge­lung fal­scher oder in der Ent­stel­lung oder Un­ter­drü­ckung wah­rer Tat­sa­chen. Vor­spie­geln ei­ner Tat­sa­che be­deu­tet, dass der Tä­ter ei­nem an­de­ren ei­ne nicht be­ste­hen­de Tat­sa­che als be­ste­hend zur Kennt­nis bringt. Ent­stel­len ist das Ver­fäl­schen des tat­säch­li­chen Ge­samt­bilds durch Hin­zu­fü­gen oder Fort­las­sen ein­zel­ner Ele­men­te. Un­ter­drü­cken ei­ner wah­ren Tat­sa­che be­deu­tet schließ­lich ein Han­deln, durch das ei­ne Tat­sa­che der Kennt­nis ei­ner an­de­ren Per­son vor­ent­hal­ten wird (vgl. Per­ron, in: Schön­ke/Schrö­der, StGB, 30. Aufl. [2019], § 263 Rn. 6).

Die – für das Vor­han­den­sein al­ler Tat­be­stands­merk­ma­le dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te – Klä­ge­rin hat nicht dar­ge­legt, wel­che kon­kre­te fal­sche Tat­sa­che die Be­klag­te ihr zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags vor­ge­spie­gelt oder wel­che wah­re Tat­sa­che sie ih­rer Kennt­nis vor­ent­hal­ten ha­ben soll­te, ob­wohl sie auf ih­ren nicht aus­rei­chen­den Sach­vor­trag sei­tens des Ge­richts früh­zei­tig hin­ge­wie­sen wor­den ist. Die schrift­sätz­li­chen Aus­füh­run­gen der Klä­ge­rin igno­rie­ren den Um­stand, dass bei dem von der Klä­ge­rin er­wor­be­nen Fahr­zeug zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags be­reits das Soft­ware­up­date auf­ge­spielt war. Wenn die Klä­ge­rin bei­spiels­wei­se aus­führt, dass ihr Fahr­zeug „bei Ge­fahr­über­gang ei­nen Sach­man­gel“ ge­habt ha­be, so be­zieht sich die­se Aus­füh­rung auf das Vor­han­den­sein der ur­sprüng­lich in­stal­lier­ten, als „un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung“ be­wer­te­ten Soft­ware. Die­se war aber, als die Klä­ge­rin das Fahr­zeug er­warb, gar nicht mehr vor­han­den, da be­reits das Up­date auf­ge­spielt war. Auch der wei­te­re Sach­vor­trag der Klä­ge­rin un­ter­stellt stets das Vor­han­den­sein der ur­sprüng­li­chen Soft­ware. Der Klä­ger­ver­tre­ter macht schlicht ge­nau die glei­chen Aus­füh­run­gen wie in den Ver­fah­ren, in de­nen die Kun­den das Fahr­zeug vor Be­kannt­ga­be des „Ab­gas­skan­dals“ und vor Auf­spie­len des Up­dates er­wor­ben ha­ben. Dies ent­spricht nicht den An­for­de­run­gen an ei­nen schlüs­si­gen Sach­vor­trag. Die von dem Klä­ger­ver­tre­ter vor­ge­leg­te Recht­spre­chung er­setzt in­so­weit auch kei­nen hin­rei­chen­den Sach­vor­trag, und zwar schon al­lein des­we­gen nicht, weil die von ihm zi­tier­te Recht­spre­chung sich über an­de­re Fall­kon­stel­la­tio­nen ver­hält – näm­lich aus­schließ­lich über Fall­kon­stel­la­tio­nen, in de­nen Kun­den ein Fahr­zeug der Be­klag­ten er­wor­ben ha­ben, be­vor das Soft­ware­up­date auf­ge­spielt wor­den war und be­vor der „Ab­gas­skan­dal“ von der Be­klag­ten öf­fent­lich be­kannt ge­macht wor­den ist. Selbst wenn man die ur­sprüng­lich von der Be­klag­ten in­stal­lier­te Soft­ware als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung an­se­hen wür­de, über die auf­zu­klä­ren ge­we­sen wä­re, so liegt der Fall hier doch gänz­lich an­ders: Die vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ein­ge­stuf­te Soft­ware war im Fahr­zeug der Klä­ge­rin zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags über­haupt nicht mehr vor­han­den. Es war ei­ne Soft­ware in­stal­liert, wel­che vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt als ge­eig­net an­ge­se­hen wur­de, die Vor­schrifts­mä­ßig­keit des Fahr­zeugs her­zu­stel­len. Wor­in in die­ser Kon­stel­la­ti­on die Täu­schungs­hand­lung der Be­klag­ten lie­gen soll, er­läu­tert die Klä­ge­rin nicht nä­her.

Un­ge­ach­tet des­sen hat die Klä­ge­rin aber auch nicht dar­ge­legt, wann und durch wen die Be­klag­te ihr ge­gen­über ei­ne Täu­schungs­hand­lung ver­übt ha­ben soll­te. In­so­weit ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass es kei­nen Kon­takt zwi­schen der Klä­ge­rin und der Be­klag­ten bzw. ih­ren Or­ga­nen zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags ge­ge­ben hat. Die Klä­ge­rin hat das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug bei ei­nem Au­to­händ­ler ge­braucht er­wor­ben. Die Be­klag­te hat­te von dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht ein­mal Kennt­nis.

So­weit die Klä­ge­rin die Auf­fas­sung ver­tritt, die Ver­käu­fe­rin hät­te sie über den Um­stand, dass das Fahr­zeug vom „Ab­gas­skan­dal“ be­trof­fen ist, auf­klä­ren müs­sen, hat sie be­reits nicht nä­her be­legt, dass ei­ne Auf­klä­rung nicht er­folgt sei. Trotz ent­spre­chen­den ge­richt­li­chen Hin­wei­ses hat die Klä­ge­rin den mit dem Fahr­zeug­händ­ler ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag nicht vor­ge­legt. Al­lein die Be­haup­tung, sie sei nicht auf­ge­klärt wor­den, ist vor dem Hin­ter­grund, dass zwi­schen der Klä­ge­rin und der Ver­käu­fe­rin ein Kauf­ver­trag ge­schlos­sen wor­den ist, kein aus­rei­chen­der Sach­vor­trag. Es hät­te der Klä­ge­rin zu­min­dest ob­le­gen, den Kauf­ver­trag vor­zu­le­gen, aus dem sich ge­ge­be­nen­falls hät­te er­ge­ben kön­nen, dass kein Hin­weis auf die Be­trof­fen­heit des Fahr­zeugs vom Ab­gas­skan­dal er­folgt ist. Die blo­ße pau­scha­le Be­haup­tung der Klä­ge­rin ist bei ei­ner sol­chen Sach­la­ge nicht aus­rei­chend.

Aber selbst wenn durch die Ver­käu­fe­rin tat­säch­lich kei­ne Mit­tei­lung ge­gen­über der Klä­ge­rin er­folgt sein soll­te, dass das Fahr­zeug vom „Ab­gas­skan­dal“ be­trof­fen ist, be­grün­det dies gleich­wohl kei­ne Täu­schungs­hand­lung der Be­klag­ten. Al­lein der Um­stand, dass ein Ver­käu­fer ei­nen Kun­den täuscht bzw. über ei­nen auf­klä­rungs­pflich­ti­gen Um­stand nicht auf­klärt, führt nicht da­zu, dass der Her­stel­ler eben­falls ge­gen­über dem Kun­den ei­ne Täu­schungs­hand­lung be­geht.

So­weit die Klä­ge­rin ei­nen „Hin­weis­be­schluss“ des OLG Hamm vom 04.04.2017 zi­tiert, führt auch dies nicht zu ei­ner an­de­ren Be­wer­tung. Ein „Hin­weis­be­schluss“ des OLG Hamm vom 04.04.2017 exis­tiert nicht, wes­we­gen er auch nicht von der Klä­ge­rin – die an­sons­ten um die Vor­la­ge von ihr güns­ti­ger Recht­spre­chung nicht ver­le­gen ist – vor­ge­legt wird. Es exis­tiert le­dig­lich ei­ne Pres­se­mit­tei­lung des OLG Hamm, aus der sich er­gibt, dass das OLG Hamm am 04.04.2017 ei­nen Fall ver­han­delt hat, bei dem ein Ver­käu­fer ver­klagt wor­den ist und die Par­tei­en um die Fra­ge ge­strit­ten ha­ben, ob der Ver­käu­fer den Käu­fer dar­über auf­ge­klärt hat, dass das Fahr­zeug vom Ab­gas­skan­dal be­trof­fen ist. In die­sem Ver­fah­ren soll das OLG Hamm in der münd­li­chen Ver­hand­lung die Auf­fas­sung ge­äu­ßert ha­ben, dass ge­ge­be­nen­falls der Au­to­händ­ler be­weis­be­las­tet da­für sein könn­te, dass ei­ne Auf­klä­rung über die Be­trof­fen­heit vom „Ab­gas­skan­dal“ er­folgt sei. Ei­ne Ent­schei­dung hat das OLG Hamm in­des nicht ge­trof­fen, da sich die Par­tei­en of­fen­kun­dig vor­her güt­lich ge­ei­nigt ha­ben. Es exis­tiert al­so be­reits kei­ne ent­spre­chen­de Recht­spre­chung des OLG Hamm. Aber auch die Rechts­aus­füh­run­gen des OLG Hamm än­dern für das vor­lie­gen­de Ver­fah­ren nichts, da sich aus ei­ner et­wai­gen Auf­klä­rungs­pflicht des Ver­käu­fers gleich­wohl kei­ne Täu­schungs­hand­lung der Be­klag­ten kon­stru­ie­ren lässt.

Auch der in der münd­li­chen Ver­hand­lung er­gänz­te Vor­trag der Klä­ge­rin, die Be­klag­te selbst hät­te die Klä­ge­rin dar­über „auf­klä­ren“ müs­sen, dass das er­wor­be­ne Fahr­zeug vom „Ab­gas­skan­dal“ be­trof­fen ist, ver­fängt nicht. Ei­ne Auf­klä­rungs­pflicht setzt un­ter an­de­rem ein pflicht­wid­ri­ges Vor­ver­hal­ten vor­aus. Wor­in zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags ein pflicht­wid­ri­ges Ver­hal­ten der Be­klag­ten ge­le­gen ha­ben soll, er­läu­tert die Klä­ge­rin nicht nä­her. Ein sol­ches ist auch nicht er­sicht­lich.

Un­ge­ach­tet des­sen schei­det ei­ne Auf­klä­rungs­pflicht der Be­klag­ten auch be­reits des­we­gen aus, weil sie an dem Kauf­ver­trags­schluss nicht be­tei­ligt war und von die­sem auch kei­ne Kennt­nis hat­te.

Über den Um­stand, dass von ihr her­ge­stell­te Die­sel­fahr­zeu­ge ur­sprüng­lich mit ei­ner vom Kraft­fahrt­bun­des­amt als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tun­gen be­wer­te­ten Soft­ware aus­ge­stat­tet wa­ren, hat die Be­klag­te im Üb­ri­gen um­fas­send auf­ge­klärt, in­dem sie den „Ab­gas­skan­dal“ im Sep­tem­ber 2015 öf­fent­lich ge­macht hat. Ei­ne wei­ter­ge­hen­de Pflicht ob­lag der Be­klag­ten nicht. Mit der ent­spre­chen­den öf­fent­li­chen Be­kannt­ma­chung hat die Be­klag­te auch ei­ne et­wai­ge vor­her durch Ver­schwei­gen der ver­bau­ten Soft­ware ver­üb­te Täu­schungs­hand­lung hin­fäl­lig wer­den las­sen.

b) Dar­über hin­aus fehlt es auch an der er­for­der­li­chen Irr­tumser­re­gung bei der Klä­ge­rin. Die Klä­ge­rin hat zwar be­haup­tet, sie ha­be von dem „Ab­gas­skan­dal“ zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags nichts ge­wusst, weil sie „sol­che Nach­rich­ten“ nicht in­ter­es­sie­ren. In An­be­tracht des Um­stands al­ler­dings, dass seit Be­kannt­wer­den des „Ab­gas­skan­dals“ fast täg­lich in al­len Me­di­en über die­ses The­ma be­rich­tet wor­den ist und im Ok­to­ber 2017 be­reits ei­ne Viel­zahl von Ent­schei­dun­gen von Ge­rich­ten vor­han­den wa­ren, in de­nen Kun­den Scha­dens­er­satz­an­sprü­che im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werbs ei­nes Die­sel­fahr­zeugs zu­ge­spro­chen wor­den wa­ren – wor­über eben­falls um­fas­send in den Me­di­en be­rich­tet wor­den ist –, kann das Ge­richt nicht nach­voll­zie­hen, dass die­se Be­richt­er­stat­tung voll­kom­men an der Klä­ge­rin vor­bei­ge­gan­gen sein soll. Bei ei­ner sol­chen Sach­la­ge ist mehr Sach­vor­trag er­for­der­lich, als schlicht zu be­haup­ten „sol­che Nach­rich­ten in­ter­es­sie­ren mich nicht“, zu­mal auch die­se Aus­sa­ge letzt­lich vor­aus­setzt, dass man zu­min­dest Kennt­nis von der Nach­richt ge­nom­men ha­ben muss, da man an­dern­falls kaum be­ur­tei­len kann, ob ei­ne sol­che Nach­richt in­ter­es­siert oder nicht. Al­lein aber der Um­stand, dass man „sei­ne Au­gen vor In­for­ma­tio­nen“ ver­schließt, führt nicht da­zu, dass man sich über ei­ne be­stimm­te Tat­sa­che fal­sche Vor­stel­lun­gen macht. Das Igno­rie­ren vor­han­de­ner In­for­ma­tio­nen be­grün­det kei­nen Irr­tum.

c) Schließ­lich fehlt es auch an dem er­for­der­li­chen Ver­mö­gens­scha­den auf­sei­ten der Klä­ge­rin.

Ein Ver­mö­gens­scha­den liegt bei Aus­tausch­ge­schäf­ten nur dann vor, wenn zwi­schen dem Wert der Leis­tung und dem der Wert der Ge­gen­leis­tung ei­ne Wert­dif­fe­renz be­steht. Ent­spre­chen sich Leis­tung und Ge­gen­leis­tung, liegt ein Scha­den nicht vor (vgl. Per­ron, in: Schön­ke/Schrö­der, a. a. O., § 263 Rn. 107).

Zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags, auf den bei der Fra­ge ei­nes ein­ge­tre­te­nen Ver­mö­gens­scha­dens ab­zu­stel­len ist, be­fan­den sich Leis­tung und Ge­gen­leis­tung nicht in ei­nem fest­stell­ba­ren Miss­ver­hält­nis. Die Klä­ge­rin hat zu ei­nem Kauf­preis von 11.000 € ei­nen ge­brauch­ten VW Tou­ran er­wor­ben. Dass das Fahr­zeug zum da­ma­li­gen Zeit­punkt we­ni­ger wert ge­we­sen wä­re als der Kauf­preis, den die Klä­ge­rin ge­zahlt hat, trägt die Klä­ge­rin nicht sub­stan­zi­iert vor. Es ist auch nicht er­sicht­lich, wes­halb das Fahr­zeug zum da­ma­li­gen Zeit­punkt ei­nen ge­rin­ge­ren Wert hät­te ha­ben sol­len. Die pau­scha­le Be­haup­tung der Klä­ge­rin, „ein Ver­mö­gens­nach­teil sei in Form des nach­tei­li­gen Ge­schäfts“ ein­ge­tre­ten, er­setzt kei­nen sub­stan­zi­ier­ten Sach­vor­trag.

Die Klä­ge­rin kann nicht dar­auf re­kur­rie­ren, dass das Fahr­zeug auf­grund der Be­trof­fen­heit vom „Ab­gas­skan­dal“ ei­nen Wert­ver­lust er­lit­ten hat. Denn zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags war der „Ab­gas­skan­dal“ be­kannt und es ist nicht nä­her dar­ge­legt, dass die­ser Um­stand nicht be­reits beim Kauf­preis, den die Klä­ge­rin ge­zahlt hat, Be­rück­sich­ti­gung ge­fun­den hat.

d) Dar­über hin­aus fehlt es auch an der er­for­der­li­chen Be­rei­che­rungs­ab­sicht der Be­klag­ten. Die Klä­ge­rin hat ein ge­brauch­tes Fahr­zeug er­wor­ben. Es ist nicht nä­her dar­ge­legt und er­sicht­lich, in­wie­weit die Be­klag­te durch den Ver­kauf des Fahr­zeugs an die Klä­ge­rin ei­nen Ver­mö­gens­vor­teil er­zielt ha­ben soll­te. Es ist auch nicht dar­ge­legt, dass und war­um es der Be­klag­ten um ei­nen Ver­mö­gens­vor­teil des Au­to­hau­ses ge­gan­gen sein soll­te. Die pau­scha­le Be­haup­tung, der Be­klag­ten wä­re es auf ei­ne Be­rei­che­rung des Händ­lers an­ge­kom­men, da sie nur so „an Er­satz­tei­len, War­tun­gen und Re­pa­ra­tu­ren mit­ver­die­ne“ ist in­so­weit nicht aus­rei­chend. Im Üb­ri­gen wä­re ein durch „Er­satz­tei­le, War­tun­gen und Re­pa­ra­tu­ren“ er­ziel­ter Ver­mö­gens­vor­teil nicht stoff­gleich mit dem bei der Klä­ge­rin ein­ge­tre­te­nen Ver­mö­gens­scha­den, so­weit man die­sen in der Zah­lung des Kauf­prei­ses wür­de se­hen wol­len.

2. Kein An­spruch auf Scha­dens­er­satz ge­mäß § 826 BGB

Die Klä­ge­rin hat ge­gen­über der Be­klag­ten auch kei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz ge­mäß § 826 BGB. Ei­ne sit­ten­wid­ri­ge vor­sätz­li­che Schä­di­gung der Be­klag­ten ge­gen­über der Klä­ge­rin liegt nicht vor.

Ei­ne Hand­lung ist dann ob­jek­tiv sit­ten­wid­rig, wenn sie nach In­halt oder Ge­samt­cha­rak­ter, der durch zu­sam­men­fas­sen­de Wür­di­gung von In­halt, Be­weg­grund und Zweck zu er­mit­teln ist, ge­gen das An­stands­ge­fühl al­ler bil­lig und ge­recht Den­ken­den ver­stößt, das heißt mit grund­le­gen­den Wer­tun­gen der Rechts- und Sit­ten­ord­nung nicht ver­ein­bar ist (vgl. Pa­landt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 826 Rn. 4). Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind nicht ge­ge­ben.

Auch im Hin­blick auf den auf § 826 BGB ge­stütz­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch re­kur­riert die Klä­ge­rin al­lein auf Recht­spre­chung, die sich mit dem Ver­hal­ten der Be­klag­ten vor Be­kannt­wer­den des „Ab­gas­skan­dals“ be­fasst, und macht Aus­füh­run­gen in tat­säch­li­cher Hin­sicht, die sich auf Fahr­zeu­ge be­zie­hen, die zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags noch über die ur­sprüng­li­che Soft­ware ver­füg­ten. Wor­in ei­ne sit­ten­wid­ri­ge vor­sätz­li­che Schä­di­gung der Kun­den nach Be­kannt­wer­den des „Ab­gas­skan­dals“ lie­gen soll­te, trägt die – in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te – Klä­ge­rin in­des nicht vor. We­der trägt die Klä­ge­rin vor, wel­ches kon­kre­te Ver­hal­ten der Be­klag­ten be­son­ders ver­werf­lich sein soll­te, noch, in­wie­weit durch ein Ver­hal­ten der Be­klag­ten der Klä­ge­rin über­haupt ein Scha­den ent­stan­den ist. Zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags mit der Klä­ge­rin hat­te die Be­klag­te ein Soft­ware­up­date ent­wi­ckelt, des­sen Auf­spie­len zur Fol­ge hat­te, dass die Fahr­zeu­ge vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt als vor­schrifts­mä­ßig ein­ge­stuft wor­den sind. Das Ent­wi­ckeln des Soft­ware­up­dates kann da­her schwer­lich als ver­werf­lich an­ge­se­hen wer­den. Wor­in ei­ne Schä­di­gung der Kun­den durch das Ent­wi­ckeln und Auf­spie­len des Soft­ware­up­dates lie­gen soll­te, ist eben­falls nicht er­sicht­lich. Auch hier­zu fehlt kon­kre­ter Sach­vor­trag der Klä­ge­rin.

So­weit die Klä­ge­rin be­haup­tet, dass „nach Auf­spie­len der Soft­ware“ di­ver­se Pro­ble­me auf­ge­tre­ten sei­en, ver­wun­dert die­ser Sach­vor­trag in­so­weit, als die Klä­ge­rin das Fahr­zeug er­warb, als be­reits das Soft­ware­up­date auf­ge­spielt wor­den war. Wie die Klä­ge­rin bei die­ser Sach­la­ge ei­nen Ver­gleich zwi­schen dem Fahr­ver­hal­ten vor Auf­spie­len und nach Auf­spie­len der Soft­ware an­stel­len kann, ent­zieht sich der Vor­stel­lungs­kraft des Ge­richts.

Un­ge­ach­tet des­sen be­grün­den we­der ein et­wai­ger mit dem Soft­ware­up­date ver­bun­de­ner er­höh­ter Kraft­stoff­ver­brauch oder ein er­höh­ter Ver­schleiß noch der Um­stand, dass ge­ge­be­nen­falls nicht ab­ge­schätzt wer­den kann, wel­che tech­ni­schen Fol­gen das Soft­ware­up­date für den Mo­tor ha­ben kann, die An­nah­me, dass man die Ent­wick­lung des Soft­ware­up­dates als be­son­ders ver­werf­lich an­se­hen könn­te. Es ist ins­be­son­de­re nicht fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te das Up­date ent­wi­ckelt hät­te mit dem Ziel, den Kun­den in ir­gend­ei­ner Form ei­nen Scha­den zu­zu­fü­gen. …

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