Der Geschäftsführer einer ein Autohaus betreibenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung darf sein privates Fahrzeug – unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel – privat verkaufen und sich dabei der Infrastruktur des Autohauses bedienen. Der Käufer des Fahrzeugs muss allerdings in genügender Weise darauf hingewiesen werden, dass er das Fahrzeug nicht von einem gewerblichen Kraftfahrzeughändler, sondern von einer Privatperson erwirbt. Dafür genügt es dann nicht, dass im schriftlichen Kaufvertrag nicht die das Autohaus betreibende Gesellschaft, sondern deren Geschäftsführer als Verkäufer benannt ist, wenn der Käufer nach den gesamten übrigen Umständen davon ausgehen darf, dass sein Vertragspartner ein gewerblicher Kraftfahrzeughändler sei.

AG Recklinghausen, Urteil vom 23.05.2018 – 51 C 233/17

Sachverhalt: Der Kläger, ein Verbraucher mit Wohnsitz in Berlin, verlangt von der beklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die in Datteln ein Autohaus betreibt, die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen gebrauchten Pkw und Schadensersatz. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob die Beklagte die Verkäuferin des Fahrzeugs ist oder ob ihr Geschäftsführer den Pkw privat verkauft hat.

Das Fahrzeug, ein Geländewagen Lada Niva, wurde am 14.01.2017 auf der „mobile.de“-Seite der Beklagten für 1.790 € zum Kauf angeboten, wobei der Preis später auf 1.999 € korrigiert wurde. Es existiert der Ausdruck eines „mobile.de“-Angebots mit der – vonseiten der mobile.de GmbH generierten – Inseratsnummer …516 (nachfolgend: „Angebot 516“) vom 25.01.2017. In diesem Angebot beginnt die Fahrzeugbeschreibung mit den Worten, das Fahrzeug sei „im Kundenauftrag zu verkaufen“. Außerdem existiert der Ausdruck eines (weiteren) Angebots mit der Nummer …628 (nachfolgend: „Angebot 628“) vom 30.01.2017, in dem dieser Hinweis – bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Fahrzeugbeschreibung – fehlt.

Am 14.01.2017 bekundete der Kläger durch Anklicken eines entsprechenden Buttons sein Interesse an dem angebotenen Fahrzeug. Die mobile.de GmbH meldete der Beklagten, dass sich der Kläger für das Fahrzeug interessiere, das Gegenstand des Angebots 516 sei. Der Geschäftsführer der Beklagten G nahm daraufhin Kontakt zu dem Kläger auf; es kam zum Austausch von E-Mails sowie zu mindestens einem Telefonat. Unter anderem wies G den Kläger mit E-Mail vom 16.01.2017 auf eine Korrektur des Angebotspreises sowie darauf hin, dass das aktuelle Angebot unter einem bestimmten, zu dem Angebot 516 führenden Link eingesehen werden könne.

Der Kläger entschied sich, den Lada Niva vorbehaltlich einer Besichtigung und einer Probefahrt zu kaufen, und reiste deshalb am 25.01.2017 nach Datteln. Das Gespräch im Autohaus der Beklagten führte der Kläger mit dem Mitarbeiter der Beklagten M, weil G nicht im Hause war. Nachdem der Kläger eine Probefahrt mit dem Lada Niva unternommen hatte, entschloss er sich endgültig zum Kauf des Fahrzeugs, unterzeichnete den Kaufvertrag und zahlte den zwischen ihm und G zuvor ausgehandelten Kaufpreis (1.800 €) in bar. In dem Kaufvertrag ist als Verkäufer des Fahrzeugs nicht die Beklagte, sondern deren Geschäftsführer (G) ausgewiesen, und der Vertrag sieht einen Gewährleistungsausschluss vor. Das von dem Kläger erhaltene Geld legte M zunächst in die Kasse beziehungsweise in den Tresor des Autohauses. Seitens der Beklagten wurde der Pkw schließlich auf Kosten des Klägers mit Kurzzeitkennzeichen für die Überführung nach Berlin versehen.

Was die Vorgeschichte des Lada Niva angeht, so existiert ein Kaufvertrag, ausweislich dessen G das Fahrzeug am 06.01.2017, also höchstens acht Tage vor Veröffentlichung des „mobile.de“-Inserats, für 621,30 € von E gekauft hat. Außerdem existiert eine an G adressierte Rechnung vom 13.01.2017 über eine neue Zündspule für das Fahrzeug. Im Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung Teil II) ist der Geschäftsführer der Beklagten nicht als Halter eingetragen; der letzte eingetragene Halter war vielmehr E.

Der Kläger behauptet, auf der Rückfahrt nach Berlin habe nach einer Fahrstrecke von gut 400 km der Motor des Lada Niva „den Geist aufgegeben“; er sei festgefahren gewesen, was einen wirtschaftlichen Totalschaden des Fahrzeugs darstelle. Der Kläger wandte sich deshalb zunächst selbst und später anwaltlich vertreten an die Beklagte. Die Korrespondenz führte jedoch zu keinem Ergebnis, sodass der Kläger schließlich mit Schreiben vom 02.03.2017 – und vorsorglich erneut in der Klageschrift – gegenüber der Beklagten seinen Rücktritt vom Kaufvertrag erklärte.

Der Kläger sieht die Beklagte als Verkäuferin des Lada Niva an. Er hat zunächst behauptet, weder habe das ihm vorliegende Inserat den Hinweis auf einen Verkauf „im Kundenauftrag“ enthalten, noch habe G oder M ihn darauf hingewiesen, dass G den Pkw privat verkaufe. In seiner persönlichen Anhörung hat der eingeräumt, er könne nicht ausschließen, dass es entsprechende Hinweise gegeben habe; eine Erinnerung daran habe er aber nicht. Ihm sei auch nicht aufgefallen, dass im Kaufvertrag nicht die Beklagte, sondern deren Geschäftsführer G als Verkäufer genannt sei. Ihm, dem Kläger, sei es jedenfalls darauf angekommen, ein Fahrzeug von einem gewerblichen Händler und nicht von privat zu kaufen. Darin, dass die Beklagte das Geschäft (möglicherweise) als Privatverkauf deklariert und die Gewährleistung ausgeschlossen habe, liege eine nach den gesamten Umständen des Falls unzulässige Umgehung der gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften.

Mit seiner – zunächst beim AG Köpenick erhobenen – Klage hat der Kläger die Beklagte auf Rückzahlung des Kaufpreises (1.800 €) nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgewähr des Lada Niva, in Anspruch genommen. Außerdem hat er – jeweils nebst Zinsen – die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für 90 Tage in Höhe von 23 €/Tag, insgesamt 2.070 €, sowie den Ersatz vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 € begehrt. Schließlich hat der Kläger die Feststellung verlangt, dass die Beklagte mit der Annahme des Lada Niva in Verzug sei.

Die Beklagte hat ihre Passivlegitimation in Abrede gestellt und geltend gemacht, nicht sie, sondern ihr Geschäftsführer G habe das streitgegenständliche Fahrzeug (privat) verkauft. Bei dem Geschäft habe es sich um ein – zulässiges – Agenturgeschäft gehandelt. G habe den Lada Niva für private Zwecke erworben, nämlich um das Fahrzeug in einer sehr ländlichen Gegend (Olfen) mit schlechten Wegen zu nutzen, in der G und seine Ehefrau ein Ferienhaus hätten. G habe den Wagen zunächst durch den Einbau einer neuen Zündspule einsatzfähig machen müssen. Just in dieser Zeit hätten G und seine Ehefrau sich indes getrennt. Die Ehefrau des G sei in das Ferienhaus in Olfen gezogen, sodass der Lada Niva für G nicht mehr von Interesse gewesen sei. Er habe sich daher entschlossen, den Pkw sogleich wieder zu verkaufen, und dafür wegen der größeren Reichweite des Angebots ihre – der Beklagten – „mobile.de“-Seite und ihre übrige Infrastruktur genutzt. So verfahre G mit allen Fahrzeugen, die er privat nutze und dann verkaufe. Eine private Nutzung von Firmenfahrzeugen gebe es bei ihr, der Beklagten, nicht.

Die Beklagte hat bestritten, dass für den Lada Niva irgendein Angebot geschaltet worden sei, in dem nicht ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass das Fahrzeug „im Kundenauftrag“ verkauft werde. Im Übrigen – so hat die Beklagte behauptet – hätten sowohl ihr Geschäftsführer G als auch M den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass G den Wagen privat verkaufe. Die Überführungskennzeichen habe sie, die Beklagte, dem Kläger lediglich im Sinne einer unkomplizierten Abwicklung zur Verfügung und in Rechnung gestellt. Der von dem Kläger gezahlte Geldbetrag sei zwar aus Sicherheitsgründen in ihren – der Beklagten – Tresor gelegt, aber mit ihrem Bargeld nicht vermischt worden.

Hinsichtlich des behaupteten Motorschadens hat die Beklagte dem Kläger ein Mitverschulden vorgeworfen und den Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach Grund und Höhe bestritten.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das AG Recklinghausen ist örtlich zuständig, weil es gemäß § 281 II 4 ZPO an den Verweisungsbeschluss des AG Köpenick gebunden ist, auch wenn es die dort vertretene Auffassung zur örtlichen Unzuständigkeit ausdrücklich nicht teilt.

II. Der Kläger hat gegen die Beklagte keine Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag vom 25.01.2017, weil die Beklagte weder sein Vertragspartner geworden ist noch sich als solcher behandeln lassen muss. Verkäufer des Fahrzeugs war tatsächlich der Geschäftsführer der Beklagten als Privatmann.

1. Dem Kläger war nach dem Maßstab der §§ 133, 157 BGB bekannt, dass der Geschäftsführer der Beklagten persönlich als Verkäufer aufgetreten ist. Das ergibt sich sogar, wenn man für Argumentationszwecke den gesamten schriftsätzlichen Vortrag des Klägers zum Vorgeschehen des Kaufvertragsschlusses als richtig unterstellt (dessen sich der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung ja nicht mehr vollständig sicher war).

Es soll also für Argumentationszwecke insbesondere als richtig unterstellt werden, dass dem Kläger kein Inserat im Internet vorlag, aus dem sich ergab, dass das Fahrzeug „im Kundenauftrag“ verkauft wird. Es steht zwar nach der Korrespondenz vor Vertragsschluss fest, dass diese sich auf das Angebot 516 bezog, hinsichtlich dessen ein Ausdruck vom 25.01.2017 existiert, in dem sich der Hinweis auf den Verkauf „im Kundenauftrag“ findet. Es kann aber nicht mehr rekonstruiert werden, ob dieser Hinweis auch schon zu dem Zeitpunkt vorhanden war, als der Kläger auf das Inserat zugriff; unstreitig ist jedenfalls, dass die Beklagte die technische Möglichkeit hatte, die Fahrzeugbeschreibung in dem Inserat zu ändern, auch wenn sie bestreitet, das (mit Ausnahme der Preisänderung und der Hinzufügung von Fotos) getan zu haben. Mit der hier vorgenommenen Unterstellung für Argumentationszwecke kann diese Frage auf sich beruhen, ebenso wie die nicht mehr im Einzelnen aufklärbare Kuriosität, dass hinsichtlich desselben Fahrzeugs zwei verschiedene Angebote auf derselben Internetplattform existiert haben.

Weiter soll für Argumentationszwecke die Behauptung des Klägers als richtig unterstellt werden, dass der Geschäftsführer der Bek1agten ihn in dem telefonischen Kontakt nicht darüber in Kenntnis gesetzt habe, dass er selbst als Privatmann der Verkäufer sei, oder jedenfalls nicht in der Deutlichkeit, dass dies dem Kläger hinterher wirklich klar war (auch wenn das Gericht daran durchaus Zweifel hat nach dem in der mündlichen Verhandlung zutage getretenen erheblichen Mitteilungsbedürfnis des Geschäftsführers der Beklagten …).

Wenn das alles so wäre, dann würde sich daraus in Verbindung mit den unstreitigen Hintergrundumständen ergeben, dass der Kläger in dem Bewusstsein nach Datteln gereist sein muss, den Kaufvertrag mit der Beklagten als gewerblicher Händlerin zu schließen. Denn das Fahrzeug war auf der Seite der Beklagten im Internet angeboten worden und es stand im Autohaus der Beklagten zur Besichtigung. Die Beklagte sollte die Überführungskennzeichen organisieren. Und am Ende wurde der Kläger dann ja auch nicht von dem Geschäftsführer der Beklagten dort in Empfang genommen, sondern von einem Mitarbeiter des Autohauses, dem Zeugen M.

Und dann würde zum Vertragsschluss mit dem Geschäftsführer persönlich auch nicht ein entsprechender bloßer Eintrag im Kaufvertrag ausreichen. Nach den Gesamtumständen wäre ein solcher Eintrag für den Käufer überraschend und kann gegebenenfalls sogar unbemerkt bleiben, wenn der Kunde sich das Kaufvertragsformular nicht mit entsprechender Aufmerksamkeit durchliest. Er darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihm nichts anderes zur Unterschrift vorgelegt wird als das, was für ihn die ganze Zeit über offensichtlich war.

Anders ist es nur dann, wenn der Käufer vor Kaufvertragsschluss ausdrücklich und gesondert darauf hingewiesen wird, dass er das Fahrzeug nicht vom Autohaus, sondern von einer Privatperson kauft. Es steht allerdings fest, dass (spätestens) der Zeuge M dem Kläger einen solchen Hinweis erteilt hat:

Der Zeuge hat einen persönlich glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Er hat umfassend, in sachlicher Weise und ohne erkennbare Be- oder Entlastungstendenz ausgesagt. Eine „Färbung“ seiner Aussage im Hinblick auf seine Rolle als Angestellter der Beklagten war von daher nicht erkennbar. Er hatte an den Vorgang noch eine gute Erinnerung, in einem Umfang, wie das bei einem nicht alltäglichen Verkaufsgeschäft auch nach neuneinhalb Monaten noch erwartbar und plausibel ist.

Der Zeuge hat in Übereinstimmung mit dem Kläger eine Verkaufssituation geschildert, die zwar zeitlich nicht lange gedauert hat, aber eben auch in keiner Weise hektisch oder unter Zeitdruck abgelaufen ist. Der Kläger hatte die Möglichkeit, sich in Ruhe das Fahrzeug anzuschauen, und es bestand genauso die Möglichkeit, in Ruhe die Vertragsformalitäten durchzugehen, hinsichtlich derer das Meiste ja bereits im Vorfeld zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten geklärt war.

Es besteht kein Anlass für die Annahme, dass der Zeuge dem Kläger den Umstand verschleiern wollte, wer der Verkäufer des Fahrzeugs ist. Es liegt auch fern, den Kunden über einen Umstand täuschen zu wollen, der sich ihm bei Lektüre des Kaufvertrags sofort am Anfang des aus zwei DIN-A-4-Seiten bestehenden und insgesamt übersichtlichen Vertragsformulars aufdrängen würde. Vielmehr ist ohne Weiteres plausibel, dass der Zeuge M, wie es seinem Beruf als Autoverkäufer entspricht, den Kaufvertrag mit dem Kläger im Einzelnen durchgegangen ist und dabei, wie er aussagt, auch ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es sich um einen Privatverkauf des Geschäftsführers handele.

Der Kläger hat letztlich auch gar nicht mehr bestritten, dass es so gewesen sein könnte. Er habe dies zwar so nicht mehr in Erinnerung, aber er sei eben in der Situation auch aufgeregt und voller Vorfreude auf sein Auto gewesen.

Der Zeuge Z hat die Darstellung des Zeugen M bestätigt. Auch er hat einen persönlich glaubwürdigen Eindruck hinterlassen, und der Inhalt seiner Aussage deutet klar darauf hin, dass sie authentisch ist und der Wahrheit entspricht. So hat er angegeben, an viele Einzelheiten keine Erinnerung mehr zu haben, was plausibel ist, weil er mit dem Verkauf überhaupt nicht befasst war, sondern die Verkaufsgespräche nur zufällig und am Rande mitbekommen hat. Er ist in seiner Aussage auch nicht etwa, was stutzig hätte machen können, auf die zur Beurteilung stehende Rechtsfrage („Privatverkauf“) zugesteuert, sondern hat im Tatsächlichen bekundet, der Zeuge M habe dem Kläger gesagt, er könne zu dem Auto nicht viel sagen, weil es das „Privatfahrzeug vom Chef“ sei. Erst auf entsprechende Nachfrage hat er dann angegeben, er sei sich sicher, dass dementsprechend auch ausdrücklich von einem „Privatverkauf“ des Geschäftsführers die Rede gewesen sei.

Es mag, wie der Kläger andeutet, so sein, dass er diese Hinweise in dem Moment jedenfalls nicht in ihrer Tragweite und in ihren Konsequenzen erfasst hat. Für einen objektiven, unbefangenen Betrachter, also nach dem Maßstab der §§ 133, 157 BGB, war an dieser Stelle aber jedenfalls klar, dass nicht die Beklagte das Auto verkaufen wollte.

2. Die Beklagte muss sich auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder aus anderen Rechtsgedanken als Verkäuferin des Fahrzeugs behandeln lassen.

Entgegen der Annahme des Klägers liegt kein ünzulässiges Umgehungsgeschäft zum Ausschluss der kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften vor, denen sich die Beklagte als gewerbliche Händlerin gemäß § 475 I BGB nicht entziehen könnte, ihr Geschäftsführer als Privatmann aber durchaus.

Der Hintergrund des Fahrzeugs ist freilich auf den ersten Blick in hohem Maße suspekt. Natürlich kann grundsätzlich der Geschäftsführer eines Autohauses sein Privatfahrzeug auch privat verkaufen, und es bestehen überhaupt keine Bedenken dagegen, dass er sich zur Erhöhung seiner Verkaufschancen der lnfrastruktur seines Autohauses bedient, solange er den Käufer nur in genügender Weise auf den Privatverkauf hinweist.

Die Beklagte hat glaubhaft vorgetragen und der Zeuge M hat bestätigt, dass es dort im Haus keine Firmenwagen für Geschäftsführer oder Mitarbeiter gibt, sodass die privat genutzten Fahrzeuge generell auch private Fahrzeuge sind. Es begegnet dabei keinen Bedenken, wenn der Geschäftsführer eines Autohauses seine Privatfahrzeuge nur für jeweils wenige Monate nutzt – dies ist seine Entscheidung, und diese Entscheidung ist auch nachvollziehbar bei jemandem, für den ein Autoverkauf ja, anders als für viele andere Privatleute, kein „besonderer“ und mit größerem Aufwand verbundener Vorgang ist. Nur ist eben grundsätzlich zu erwarten, dass der Geschäftsführer ein Fahrzeug, das er privat verkauft, vorher überhaupt privat genutzt hat. Das war hier unstreitig nicht der Fall. Das Fahrzeug war zu keinem Zeitpunkt auf den Geschäftsführer der Beklagten zugelassen, und es stand spätestens acht Tage nach dem Ankauf schon wieder zum Verkauf, ohne in der Zwischenzeit bewegt worden zu sein.

Diese äußeren Umstände legen die Vermutung nahe, dass das Fahrzeug gekauft worden ist, um es wieder zu verkaufen – und dies entspricht eben dem typischen Geschäft eines gewerblichen Händlers, wie der Beklagten, und gerade nicht dem typischen Verhalten eines Privatmanns, der ein Auto kauft, um es zu nutzen. Es ist der Beklagten allerdings gelungen, diese Vermutung zu erschüttern:

Die Erschütterung ergibt sich noch nicht allein aus dem Umstand, dass auch der vorliegende Ankaufvertrag und die vorliegende Ersatzteil-Rechnung auf den Geschäftsführer der Beklagten persönlich lauten. Denn natürlich wäre es möglich, dass der Geschäftsführer das Fahrzeug zum Zweck des alsbaldigen Weiterverkaufs privat angekauft und sodann im Wege des sogenannten Insichgeschäfts an die Beklagte weiterveräußert hat. Das Gericht hat spontan nicht den Überblick, ob es irgendwelche, beispielsweise steuerliche, Gründe gibt, aus denen ein solches Vorgehen vorteilhaft sein könnte.

Die Beklagte trägt aber einen recht bemerkenswerten, sehr atypisch gelagerten Sachverhalt vor, aus dem der Privatverkauf auch bei den gegebenen Gesamtumständen unmittelbar Sinn machen würde.

Sie trägt zunächst vor, dass das Auto zu einem ganz speziellen Zweck angeschafft worden sei. Das liegt nahe: Für den gewöhnlichen Straßenbetrieb ist ein knapp 13 Jahre alter russischer Geländewagen sicher für die meisten nicht die allererste Wahl. Solche Fahrzeuge eignen sich eher für robuste Einsätze in ländlichen Gegenden mit schlechten Straßen. Die Beklagte hat vorgetragen, ihr Geschäftsführer habe sich mit dem Fahrzeug in ländlicher Umgebung rund um sein Ferienhaus in Olfen bewegen wollen. Zufällig ist auf der Ersatzteil-Rechnung die Adresse in Olfen angegeben, die auch der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung genannt hat. Ein Blick auf das Satellitenbild bei „Google Maps“ zeigt, dass die Gegend in der Tat äußerst ländlich ist.

Weiter trägt die Beklagte nun vor, dass ihr Geschäftsführer sich just in jenem Zeitraum von seiner Ehefrau getrennt habe und diese in das Ferienhaus in Olfen gezogen sei, sodass der Geländewagen für ihn plötzlich nicht mehr von lnteresse gewesen sei. Das ist natürlich ein bemerkenswerter Zufall, liegt aber ohne Weiteres noch in der Bandbreite der sprichwörtlichen „Wechselfälle des Lebens“, die selten passieren, schlecht vorherzusehen sind, aber manchmal eben doch vorkommen. Nach allgemeiner Erfahrung (und nach richterlicher Erfahrung im Speziellen) gibt es einfach Geschichten, die zu „schräg“ sind, als dass sich jemand so etwas ausdenken würde.

Und selbst, wenn man die von der Beklagten unterbreitete Geschichte darunter noch nicht fassen wollte, würde sich dennoch die Frage aufdrängen: Was, wenn es sich genau so zugetragen hat, wie die Beklagte behauptet? Was hätte ihr Geschäftsführer tun müssen, um den dann ja tatsächlich gegebenen Privatverkauf auch wirksam zu vereinbaren?

Der Geschäftsführer der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung einen, wie bereits angedeutet, sehr mitteilungsbedürftigen, aber redlichen Eindruck hinterlassen. Er hat die Hintergründe des Verkaufs äußerst detailreich und vollkommen widerspruchsfrei geschildert.

Der Zeuge M hat den Vortrag der Beklagten im Wesentlichen bestätigt; er hat angegeben, der Geschäftsführer habe für den Wagen keinen Bedarf mehr gehabt, und der Hintergrund seien irgendwelche privaten Schwierigkeiten mit der Ehefrau gewesen. Die näheren Hintergründe wisse er nicht. Gerade Letzteres spricht für eine authentische und wahrheitsgemäße Aussage: Der Zeuge hat in dem Umfang ausgesagt, in dem man von einem Kollegen beziehungsweise Mitarbeiter Einblick in die privaten Angelegenheiten des anderen erwarten würde. Stutzig hätte es mit anderen Worten gemacht, wenn der Zeuge nähere Details aus den privaten Angelegenheiten des Geschäftsführers der Beklagten zu berichten gewusst hätte.

Weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus den Bekundungen des Zeugen M ergeben sich irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer einen „schwunghaften“ Handel mit Privatfahrzeugen treiben würde, aus dessen Umfang man den privaten Charakter dieser Geschäfte anzweifeln müsste. Der Zeuge hat in Übereinstimmung mit dem Geschäftsführer der Beklagten ausgesagt, dieser nutze seine Privatfahrzeuge ein paar Monate lang und verkaufe sie dann wieder; entsprechend komme es wohl zu zwei oder drei Privatverkäufen im Jahr, was im Vergleich zum allgemeinen Geschäftsbetrieb der Beklagten vollkommen untergeordnet sei.

Wenn aber nichts dafür spricht, dass „fragwürdige“ Privatverkäufe ein allgemeines Gebaren des Geschäftsführers der Beklagten sind, dann stellt sich natürlich die Frage, warum er das genau bei diesem Fahrzeug getan haben sollte. Eher ins Bild passt dann doch die Annahme, dass es sich tatsächlich um einen Privatverkauf gehandelt hat.

Und abschließend hat die Beklagte noch die zwei Gesichtspunkte plausibel erläutert, um die der Kläger in seinem schriftsätzlichen Vortrag einen besonderen Umstand gemacht hat: Die Organisation der Überführungskennzeichen durch die Bekl_agte war eine Serviceleistung im Rahmen der Nutzung ihrer Verkaufsinfrastruktur, genau wie die Einstellung des Inserats auf ihrer Internetseite, die für sich unbedenklich ist. Genauso unbedenklich ist die Tatsache, dass der Zeuge M den Kaufpreis in die Kasse oder in den Tresor der Beklagten gelegt hat – es stellt sich eher die Frage: Wo hätte er das Geld denn sonst lagern sollen, solange der Geschäftsführer nicht zurück war? Es sind jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür bekannt geworden, dass das Geld tatsächlich mit den Einnahmen der Beklagten vermischt worden wäre.

Zusammengefasst geht das Gericht davon aus, dass trotz der ungewöhnlichen Umstände das verkaufte Fahrzeug tatsächlich ein Privatfahrzeug des Geschäftsführers der Beklagten war. Die entgegenstehende Vermutung ist erschüttert, und positive Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des Beklagtenvortrags, die über die Umstände hinausgingen, die der oben genannten Vermutung zugrunde lagen, sind weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.

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