Nach ita­lie­ni­schem Recht kann das Ei­gen­tum an ei­nem in Ita­li­en ge­stoh­le­nen Pkw nicht gut­gläu­big er­wor­ben wer­den, weil ein Kraft­fahr­zeug ei­ne in ei­nem öf­fent­li­chen Re­gis­ter – dem Pubb­li­co Re­gis­tro Au­to­mo­bi­lis­ti­co – ver­zeich­ne­te be­weg­li­che Sa­che i. S. des Art. 1156 Co­di­ce ci­vi­le ist.

LG Köln, Ur­teil vom 09.02.2018 – 4 O 385/16

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten dar­über, wer von ih­nen Ei­gen­tü­mer ei­nes Por­sche Car­re­ra 911 ist.

Der Klä­ger er­warb die­ses Fahr­zeug am 17.10.2010 und wur­de ge­mäß ita­lie­ni­schem Recht als Ei­gen­tü­mer in das ent­spre­chen­de öf­fent­li­che Re­gis­ter (Pubb­li­co Re­gis­tro Au­to­mo­bi­lis­ti­co) ein­ge­tra­gen. Am 22.04.2016 er­stat­te­te der Klä­ger bei den Ca­ra­bi­nie­ri in Mai­land Straf­an­zei­ge ge­gen Un­be­kannt, weil ihm der Pkw ge­stoh­len wor­den sei. Er – der Klä­ger – ha­be das Fahr­zeug ver­schlos­sen ge­parkt und die Fahr­zeug­schlüs­sel mit­ge­nom­men. Als er spä­ter zum Park­platz zu­rück­ge­kehrt sei, sei der Pkw ver­schwun­den ge­we­sen.

Der Be­klag­te traf sich am 27.04.2016 in Mai­land mit ei­nem Mann, der sich H nann­te. Von ihm kauf­te der Be­klag­te den in Re­de ste­hen­den Por­sche mit schrift­li­chem ADAC-For­mu­lar­ver­trag für 32.900 €. An­schlie­ßend trans­por­tier­te der Be­klag­te den Wa­gen nach Köln, wo er sich am 06.05.2016 zur Zu­las­sungs­stel­le be­gab, um das Fahr­zeug auf sich an­zu­mel­den. Der zu­stän­di­ge Mit­ar­bei­ter der Zu­las­sungs­stel­le stell­te fest, dass das Fahr­zeug im Schen­ge­ner In­for­ma­ti­ons­sys­tem (SIS) zur Fahn­dung zwecks Si­cher­stel­lung aus­ge­schrie­ben war. Dar­auf­hin wur­de das Fahr­zeug von der das Er­mitt­lungs­ver­fah­ren füh­ren­den StA Düs­sel­dorf be­schlag­nahmt; es wur­de spä­ter al­ler­dings wie­der an den Be­klag­ten her­aus­ge­ge­ben.

Mit Schrei­ben sei­ner spä­te­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 23.06.2016 for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten auf, ihm das Fahr­zeug her­aus­zu­ge­ben. Dem kam der Be­klag­te nicht nach.

Mit der Kla­ge ver­langt der Klä­ger wei­ter­hin die Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs. Er ist der Auf­fas­sung, der Be­klag­te sei nicht – auch nicht gut­gläu­big – Ei­gen­tü­mer des Pkw ge­wor­den. Ein gut­gläu­bi­ger Er­werb schei­te­re nach ita­lie­ni­schem Recht je­den­falls dar­an, dass in ei­nem öf­fent­li­chen Re­gis­ter ver­zeich­net sei, wer Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs sei.

Die Kla­ge hat­te hin­sicht­lich des Her­aus­ga­be­ver­lan­gens Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger hat ge­gen den Be­klag­ten ein An­spruch auf Her­aus­ga­be des ihm in Ita­li­en ent­wen­de­ten Fahr­zeugs vom Typ Por­sche Car­re­ra aus § 985 BGB. Denn er hat das ihm un­strei­tig ur­sprüng­lich zu­ste­hen­de Ei­gen­tum nicht da­durch ver­lo­ren, dass der Be­klag­te das Fahr­zeug von H er­wor­ben hät­te. Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht aus der un­strei­ti­gen Gut­gläu­big­keit des Be­klag­ten.

Al­ler­dings be­steht der eben­falls gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Er­stat­tung vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten nicht, da hier­für kein An­spruchs­grund er­sicht­lich ist.

1. Ob dem Klä­ger ein Her­aus­ga­be­an­spruch ge­gen den Be­klag­ten zu­steht, rich­tet sich nach deut­schem Recht. Dies er­gibt sich aus Art. 43 I EGBGB, wo­nach sich die Rech­te an ei­ner Sa­che aus dem Recht des Staa­tes er­ge­ben, in dem sie sich be­fin­det (sog. lex rei si­tae). Wäh­rend des ge­sam­ten Rechts­strei­tes be­fand sich das Fahr­zeug im Ho­heits­ge­biet der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land.

2. Dem Klä­ger steht ge­gen den Be­klag­ten ein An­spruch aus § 985 BGB zu. Der Klä­ger ist näm­lich nach wie vor Ei­gen­tü­mer des frag­li­chen Fahr­zeugs.

Dass er dies ur­sprüng­lich war, ist un­strei­tig, er­gibt sich zu­dem aus dem zur Ak­te ge­reich­ten Aus­zug aus dem ita­lie­ni­schen Pubb­li­co Re­gis­tro Au­to­mo­bi­lis­ti­co. Er hat die­ses Ei­gen­tum auch nicht des­halb ver­lo­ren, weil der Be­klag­te es am 27.04.2016 von H gut­gläu­big er­wor­ben hät­te. Da­bei rich­tet sich der Ei­gen­tums­er­werb nach ita­lie­ni­schem Recht, weil der Ei­gen­tums­er­werb im Ho­heits­ge­biet der Re­pu­blik Ita­li­en er­folgt sein soll; auch in­so­weit gilt das Prin­zip der lex rei si­tae.

Da­bei ist die Kam­mer zu­nächst der Über­zeu­gung, dass das Fahr­zeug dem Klä­ger tat­säch­lich, wie vor­ge­tra­gen, am 22.04.2016 in Mai­land ge­stoh­len wor­den ist. Dies er­gibt sich aus der zur Ak­te ge­reich­ten Nie­der­schrift der Straf­an­zei­ge des Klä­gers ge­gen­über den ört­li­chen Ca­ra­bi­nie­ri. Sie hat kei­ner­lei An­halts­punk­te da­für, dass die dort ge­tä­tig­ten An­ga­ben nicht der Wahr­heit ent­spre­chen wür­den.

Dass H be­rech­tigt ge­we­sen wä­re, das Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug zu über­tra­gen, be­haup­tet auch der Be­klag­te nicht. In­so­weit trägt er le­dig­lich vor, mög­li­cher­wei­se sei die­ser doch vom Klä­ger er­mäch­tigt ge­we­sen; im­mer­hin sei der Über­ga­be­ort 3,5 km von der Wohn­an­schrift des Klä­gers ent­fernt ge­we­sen. Dies ge­nügt in­des nicht. Da der Be­klag­te hier­auf ei­nen Rechts­er­werb stützt, hät­te er kon­kret vor­tra­gen und ge­ge­be­nen­falls un­ter Be­weis stel­len müs­sen, dass H vom Klä­ger zur Ver­äu­ße­rung sei­nes Ei­gen­tums er­mäch­tigt wor­den wä­re. Dies hat der Be­klag­te je­doch aus­drück­lich ge­ra­de nicht ge­tan mit der Be­grün­dung, es sol­le dem Klä­ger nichts un­ter­stellt wer­den. Dem vom Be­klag­ten an­ge­bo­te­nen Sach­ver­stän­di­gen­be­weis, die ihm von H über­ge­be­nen Schlüs­sel pass­ten auf das frag­li­che Fahr­zeug, hat­te die Kam­mer nicht nach­zu­ge­hen. Denn die­ses In­diz ist nicht ge­eig­net, sie von des­sen Be­rech­ti­gung zur Ver­äu­ße­rung des Fahr­zeugs zu über­zeu­gen. Denn be­kann­ter­wei­se kön­nen sol­che Au­to­schlüs­sel leicht nach­ge­macht wer­den; eben­so ist es mög­lich, dass die ge­sam­te Schließ­an­la­ge aus­ge­tauscht wor­den ist. Dem­entspre­chend wä­re die­se Hilfs­tat­sa­che, un­ter­stellt, sie lie­ße sich er­wei­sen, oh­ne Aus­sa­ge­kraft für die Be­rech­ti­gung des H.

Der Be­klag­te konn­te das Ei­gen­tum von dem da­her nicht be­rech­tig­ten H nicht auf­grund gu­ten Glau­bens er­wer­ben.

Nach der ein­ge­hol­ten amt­li­chen Aus­kunft des ita­lie­ni­schen Jus­tiz­mi­nis­te­ri­ums sieht zwar auch das dort gel­ten­de Recht den gut­gläu­bi­gen Er­werb vom Nicht­be­rech­tig­ten vor, wenn die­ser … durch ei­nen „Ti­tel“ wie den Be­sitz le­gi­ti­miert ist und der Er­wer­ber gu­ten Glau­bens ist. Al­ler­dings er­gibt sich aus den dort eben­falls wi­der­ge­ge­be­nen Art. 2683 und 2684 des Co­di­ce ci­vi­le, dass sol­che Ver­trä­ge, durch die das Ei­gen­tum an Kraft­fahr­zeu­gen, die im öf­fent­li­chen Kraft­fahr­zeu­g­re­gis­ter ein­ge­tra­gen sind, durch Ein­tra­gung be­kannt­zu­ge­ben sind. Nach der wei­te­ren Rechts­aus­kunft sind die re­gis­trier­ten be­weg­li­chen Sa­chen „aus der Ka­te­go­rie der Sa­chen aus­ge­schlos­sen, de­ren Ei­gen­tum auch von dem­je­ni­gen über­tra­gen wer­den kann, der nicht Ei­gen­tü­mer der Sa­che ist“. So­weit in der Über­set­zung dann folgt „vor­aus­ge­setzt, dass der­je­ni­ge, wel­cher den Be­sitz er­wirbt, zum Zeit­punkt der Über­ga­be gu­ten Glau­bens ist und ein ge­eig­ne­ter Ti­tel be­steht“, so er­gibt sich dar­aus nichts an­de­res. Dies folgt zur Über­zeu­gung der Kam­mer aus dem ein­deu­ti­gen Wort­laut des Art. 1156 des Co­di­ce ci­vi­le, nach dem die Be­stim­mun­gen des vor­ste­hen­den Ar­ti­kels – be­tref­fend den gut­gläu­bi­gen Er­werb – nicht auf die in öf­fent­li­chen Re­gis­tern be­zeich­ne­ten be­weg­li­chen Sa­chen An­wen­dung fin­den. Den vom Be­klag­ten­ver­tre­ter auf­ge­zeig­ten Wi­der­spruch wer­tet die Kam­mer da­her als ei­ne un­ge­schick­te For­mu­lie­rung, sei es im Ori­gi­nal oder in der Über­set­zung.

Der Be­klag­te hat auch sonst kein Recht zum Be­sitz i. S. von § 986 I 1 BGB an dem Por­sche vor­ge­tra­gen.

3. Hin­ge­gen be­steht der eben­falls kla­ge­wei­se gel­tend ge­mach­te An­spruch des Klä­gers auf Er­satz sei­ner vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten nicht. Hier­für ist kei­ne An­spruchs­grund­la­ge er­sicht­lich.

Der An­spruch er­gibt sich nicht aus §§ 280 I und II, 286 BGB. Denn es ist nicht er­sicht­lich, dass sich der Be­klag­te be­reits beim ers­ten Tä­tig­wer­den der klä­ge­ri­schen Be­voll­mäch­tig­ten in Ver­zug mit der Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs be­fun­den hät­te. Auch ein de­lik­ti­scher Grund, war­um ihm der Be­klag­te zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet sein soll­te, ist nicht er­sicht­lich. …

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