1. Der Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens muss den Käu­fer über Ver­än­de­run­gen, die an dem Fahr­zeug vor­ge­nom­men wur­den, je­den­falls dann von sich aus auf­klä­ren, wenn auf­grund der Ver­än­de­run­gen das Ri­si­ko be­steht, dass Ga­ran­tie­leis­tun­gen des Fahr­zeug­her­stel­lers nicht mehr (pro­blem­los) in An­spruch ge­nom­men wer­den kön­nen.
  2. Über Ver­än­de­run­gen, die an der Soft­ware des Mo­tor­steu­er­ge­räts vor­ge­nom­men wur­den, muss ein Ge­braucht­wa­gen­ver­käu­fer je­den­falls dann un­ge­fragt auf­klä­ren, wenn durch die Ver­än­de­run­gen die Leis­tung des Mo­tors ge­stei­gert wur­de und nicht et­wa le­dig­lich die Mo­tor­steue­rung op­ti­miert wur­de, um Kraft­stoff zu spa­ren. Denn mit ei­ner Leis­tungs­stei­ge­rung des Mo­tors geht das Ri­si­ko ei­nes hö­he­ren Ver­schlei­ßes des Mo­tors und an­de­rer Bau­tei­le (z. B. Ge­trie­be, An­triebs­strang) ein­her.
  3. Nach den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen deut­scher Kfz-Her­stel­ler sind Ga­ran­tie­leis­tun­gen üb­li­cher­wei­se in­so­weit aus­ge­schlos­sen, als ein Man­gel da­durch ent­stan­den ist, dass das Fahr­zeug in ei­ner vom Her­stel­ler „nicht ge­neh­mig­ten Wei­se ver­än­dert wor­den ist (z. B. Tu­ning)“. Der (of­fe­ne) Be­griff „Tu­ning“ um­fasst nicht nur Maß­nah­men zur Leis­tungs­stei­ge­rung des Mo­tors, son­dern grund­sätz­lich auch zur Op­ti­mie­rung der Mo­tor­steue­rung vor­ge­nom­me­ne Än­de­run­gen an der Soft­ware des Mo­tor­steu­er­ge­räts.

OLG Köln, Ur­teil vom 11.11.2015 – 16 U 23/15

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin nimmt den Be­klag­ten aus ab­ge­tre­te­nem Recht des Herrn Z (nach­fol­gend: Ze­dent) auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen Ge­braucht­wa­gen in An­spruch.

Am 03.09.2009 er­warb der Be­klag­te die­ses Fahr­zeug als Neu­wa­gen. Nach den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen der Fahr­zeug­her­stel­le­rin, der B-AG, sind Ga­ran­tie­an­sprü­che un­ter an­de­rem in­so­weit aus­ge­schlos­sen, als ein Man­gel da­durch ent­stan­den ist, dass „das Fahr­zeug in ei­ner von der B-AG nicht ge­neh­mig­ten Wei­se ver­än­dert wor­den ist (z. B. Tu­ning)“. Ent­spre­chen­de Maß­nah­men kön­nen der B-AG auf ei­nem von ihr zur Ver­fü­gung ge­stell­ten For­mu­lar mit­ge­teilt wer­den, um prü­fen zu las­sen, ob sich die Maß­nah­men auf die Ga­ran­tie aus­wir­ken.

Der Be­klag­te ließ am 23.11.2009 bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 2.948 durch die E-GmbH Ar­bei­ten an der Mo­tor­steue­rung des Fahr­zeugs vor­neh­men, wie er sie bei sei­nen Fahr­zeu­gen stets vor­neh­men lässt. Ei­ne Mit­tei­lung an die B-AG er­folg­te nicht.

Am 07.10.2010 ver­äu­ßer­te der Be­klag­te das Fahr­zeug mit ei­ner Lauf­leis­tung von 35.899 km für 38.000 € an den Ze­den­ten. Ge­mäß dem aus­ge­füll­ten „Kauf­ver­trag für den pri­va­ten Ver­kauf ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeu­ges“ wur­de die Haf­tung des Be­klag­ten für Sach­män­gel aus­ge­schlos­sen. Über die Ver­än­de­run­gen, die die E-GmbH an der Mo­tor­steue­rung vor­ge­nom­men hat­te, wur­de der Ze­dent nicht in Kennt­nis ge­setzt.

Nach­dem die Klä­ge­rin das Fahr­zeug am 15.01.2011 mit ei­nem Ta­chostand von 38.832 km von dem Ze­den­ten er­wor­ben hat­te, ver­äu­ßer­te sie es am 08.06.2011 mit ei­ner Lauf­leis­tung von 40.321 km an K, ei­ne Kör­per­schaft des öf­fent­li­chen Rechts, wei­ter. Wäh­rend der Be­sitz­zeit des K, im Sep­tem­ber 2011, trat bei ei­nem Ta­chostand von rund 55.000 km ein Zy­lin­der­kopf­scha­den auf. Die an­schlie­ßen­de Über­prü­fung des Fahr­zeugs in ei­ner Ver­trags­werk­statt er­gab, dass Ver­än­de­run­gen an der Mo­tor­steue­rung vor­ge­nom­men wor­den wa­ren.

K er­klär­te dar­auf­hin un­ter dem 21.09.2011 ge­gen­über der Klä­ge­rin we­gen ei­nes „Chip­tu­nings“ die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung und vor­sorg­lich auch sei­nen Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Die Klä­ge­rin stimm­te ei­ner Rück­ab­wick­lung die­ses Ver­tra­ges zu und er­klär­te ih­rer­seits mit Schrei­ben vom 07.10.2011 ge­gen­über dem Ze­den­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Der Ze­dent focht ge­gen­über dem Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 21.10.2011 den Kauf­ver­trag vom 07.10.2010 we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung an; hilfs­wei­se er­klär­te er sei­nen Rück­tritt von die­sem Ver­trag. Zur Be­grün­dung be­rief er sich dar­auf, dass die ihm nicht of­fen­bar­ten Ver­än­de­run­gen an der Mo­tor­steue­rung zu ei­ner hö­he­ren Be­an­spru­chung der Fahr­zeug­tei­le und zum Er­lö­schen der Her­stel­ler­ga­ran­tie ge­führt hät­ten. Die sich aus der An­fech­tung er­ge­ben­den An­sprü­che trat der Ze­dent un­ter dem 21.10.2011 an die Klä­ge­rin ab. Das Fahr­zeug be­fin­det sich seit­dem bei der Klä­ge­rin.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 14.11.2011 for­der­te die Klä­ge­rin den Be­klag­ten un­ter Frist­set­zung zur Rück­zah­lung des um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung (3.464,82 € für 19.249 km) re­du­zier­ten Kauf­prei­ses (38.000 €), Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs, auf. Ei­ne Er­sat­tung des Kauf­prei­ses lehn­te der Be­klag­te mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 08.12.2011 ab.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge nach Ein­ho­lung von Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten statt­ge­ge­ben. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten, der da­mit ei­ne voll­stän­di­ge Ab­wei­sung der Kla­ge er­rei­chen woll­te, hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Das Land­ge­richt hat den Be­klag­ten im Er­geb­nis zu Recht zur Zah­lung von 34.535,18 € Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs ver­ur­teilt und zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass sich der Be­klag­te in An­nah­me­ver­zug be­fin­det.

1. Die Klä­ge­rin kann von dem Be­klag­ten die Zah­lung von 34.535,18 € nebst Zin­sen … Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs nach den §§ 812 I 1 Fall 1, 818 BGB i. V. mit § 398 BGB ver­lan­gen.

Ge­mäß der Ab­tre­tungs­ver­ein­ba­rung vom 21.10.2011 hat der Ze­dent sei­ne An­sprü­che auf Rück­ab­wick­lung des zwi­schen ihm und dem Be­klag­ten am 23.11.2009 ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags auf die Klä­ge­rin über­tra­gen. Ent­ge­gen der An­sicht des Be­klag­ten in dem nicht nach­ge­las­se­nem Schrift­satz vom 15.10.2015 ist die­ser Ver­trag kein nach § 181 BGB un­zu­läs­si­ges In­sich­ge­schäft, denn es liegt schon gar kein Fall der Stell­ver­tre­tung vor.

Der Ze­dent hat­te zum maß­geb­li­chen Ab­tre­tungs­zeit­punkt auch ge­gen den Be­klag­ten ei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags aus den §§ 812 I 1 Fall 1, 818 BGB.

Der Be­klag­te ist durch die Zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 38.000 € sei­tens des Ze­den­ten be­wusst und ziel­ge­rich­tet be­rei­chert wor­den. Die­se Leis­tung des Ze­den­ten an den Be­klag­ten er­folg­te auch oh­ne Rechts­grund, denn der am 23.11.2009 ge­schlos­se­ne Kauf­ver­trag ist auf­grund ei­ner wirk­sa­men An­fech­tung des Ze­den­ten ge­mäß § 142 I BGB als von An­fang an nich­tig an­zu­se­hen.

a) Die von dem Be­klag­ten in sei­nem Schrift­satz vom 15.10.2015 ge­ne­rell vor­ge­brach­ten Ein­wän­de ge­gen die An­fech­tung grei­fen nicht durch.

aa) Sein Vor­brin­gen, es be­ste­he be­reits des­halb kein ge­gen ihn ge­rich­te­ter An­spruch des Ze­den­ten, weil die Klä­ge­rin nicht be­rech­tigt ge­we­sen sei, ih­ren Kauf­ver­trag mit dem Ze­den­ten rück­ab­zu­wi­ckeln, ist recht­lich un­er­heb­lich. Die Wei­ter­ver­äu­ße­rung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs durch den Ze­den­ten an die Klä­ge­rin än­dert nichts an der grund­sätz­li­chen Exis­tenz des Kauf­ver­trags zwi­schen dem Be­klag­ten und dem Ze­den­ten und da­mit auch nichts an den in die­sem Ver­trags­ver­hält­nis be­ste­hen­den Ge­stal­tungs­rech­ten. Selbst dann, wenn der Ze­dent sich mit der Klä­ge­rin nicht auf ei­ne Rück­ab­wick­lung ge­ei­nigt hät­te, wä­re er zur An­fech­tung des mit dem Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags be­rech­tigt ge­we­sen.

bb) Die An­fech­tung ist auch nicht auf­grund des Kauf­ver­trags der Klä­ge­rin mit dem K vom 08.06.2011 nach § 144 BGB aus­ge­schlos­sen. Die Klä­ge­rin geht aus dem An­spruch des Ze­den­ten vor, der ihr erst am 21.10.2011 ab­ge­tre­ten wur­de, so­dass schon des­halb dem da­vor lie­gen­den Kauf­ver­trags­schluss kein Be­stä­ti­gungs­er­klä­rungs­wert hin­sicht­lich des von dem Ze­den­ten ab­ge­schlos­se­nen, an­fecht­ba­ren Rechts­ge­schäfts zu­kom­men kann.

b) Die nach § 143 BGB er­for­der­li­che An­fech­tungs­er­klä­rung ist in dem an den Be­klag­ten ge­rich­te­ten Schrei­ben des Ze­den­ten vom 21.10.2011 aus­drück­lich ent­hal­ten.

c) Dem Ze­den­ten steht der An­fech­tungs­grund der arg­lis­ti­gen Täu­schung nach § 123 I Fall 1 BGB zu.

aa) Oh­ne dass es dar­auf an­kommt, ob der im Sep­tem­ber 2011 ein­ge­tre­te­ne Mo­tor­scha­den auf den von der E-GmbH vor­ge­nom­me­nen Ver­än­de­run­gen an der Mo­tor­steue­rung be­ruht, hat der Be­klag­te den Ze­den­ten da­durch, dass er die­sem nicht of­fen­bar­te, dass am 23.11.2009 bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 2.948 ent­spre­chen­de Ar­bei­ten aus­ge­führt und der B-AG nicht ge­mel­det wor­den wa­ren, auf­klä­rungs­pflich­ti­ge Um­stän­de ver­schwie­gen und da­her durch ein Un­ter­las­sen ge­täuscht.

Die Fra­ge, ob die für ei­ne Täu­schung durch Un­ter­las­sen er­for­der­li­che kon­kre­te Of­fen­ba­rungs­pflicht be­steht, be­stimmt sich maß­geb­lich nach Treu und Glau­ben un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­an­schau­ung hin­sicht­lich des je­wei­li­gen Ge­schäfts­be­rei­ches (MünchKomm-BGB/Arm­brüs­ter, 6. Aufl. [2012], § 123 Rn. 32). So ist der Ge­braucht­wa­gen­ver­käu­fer ver­pflich­tet, al­le Tat­sa­chen zu of­fen­ba­ren, die be­kann­ter­ma­ßen oder auch nur er­kenn­bar für die Ver­trags­ent­schlie­ßung des Käu­fers oder für die Ver­trags­durch­füh­rung von Be­deu­tung sind und de­ren Mit­tei­lung von ihm nach den kon­kre­ten Ge­ge­ben­hei­ten des Ein­zel­falls nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung er­war­tet wer­den kann (s. BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VI­II ZR 38/09, NJW 2010, 858 Rn. 15).

Der Ze­dent konn­te im Rah­men der Ver­trags­ver­hand­lun­gen er­war­ten, dass der Be­klag­te ihn über die von der E-GmbH vor­ge­nom­me­ne, nicht der B-AG ge­mel­de­te Ver­än­de­rung der Mo­tor­steue­rung un­ter­rich­tet, denn die­se Maß­nah­me barg für ihn als Er­wer­ber das Ri­si­ko, bei ei­nem Mo­tor­scha­den nicht pro­blem­los auf die noch be­ste­hen­de Her­stel­ler­ga­ran­tie der B-AG zu­rück­grei­fen zu kön­nen.

(1) In­so­weit steht – ins­be­son­de­re nach der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me – in tat­säch­li­cher und tech­ni­scher Hin­sicht zu­nächst fol­gen­der Sach­ver­halt fest:

Die Mo­tor­steue­rung kann in der Form ver­än­dert wer­den, dass auf die vom Her­stel­ler in ei­nem Steue­rungs-Chip fest­ge­leg­ten Da­ten (sog. Kenn­fel­der) zu ein­zel­nen Fahr­pa­ra­me­tern wie et­wa An­saug­luft­tem­pe­ra­tur und -men­ge, Mo­tor­dreh­zahl und Gas­pe­dal­stel­lung, aus de­nen sich die Ein­spritz­men­ge, der Zünd- und Ein­spritz­zeit­punkt, der La­de­druck, die Dreh­zahl und die Ab­gas-Rück­führ­ra­te er­rech­nen, Ein­fluss ge­nom­men wird. Die­se Soft­ware­ver­än­de­run­gen kön­nen durch ei­nen kom­plet­ten Er­satz des Chips im We­ge des Aus­tauschs, aber auch durch ei­ne Neu­pro­gram­mie­rung des Chips mit­tels ei­nes Dia­gno­se­ste­ckers er­fol­gen (vgl. von der Horst, NJOZ 2013, 385, 392 ff.). Nach dem in­so­weit un­strei­ti­gen Er­geb­nis der Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S ist der Chip von der E-GmbH nicht aus­ge­baut wor­den, son­dern ei­ne Än­de­rung der Soft­ware durch Da­ten­über­tra­gung er­folgt.

(2) Die durch Auf­spie­len ei­ner neu­en Soft­ware er­folg­te Ver­än­de­rung der Mo­tor­steue­rung ist je­den­falls dann ein auf­klä­rungs­pflich­ti­ger Um­stand, wenn da­durch ei­ne Leis­tungs­stei­ge­rung des Mo­tors be­wirkt wird, denn in­so­weit nimmt die Recht­spre­chung zu Recht an, dass dies schon das Ri­si­ko ei­nes hö­he­ren Ver­schlei­ßes des Mo­tors (oder auch an­de­rer Bau­tei­le, et­wa des Ge­trie­bes und des An­triebs­strangs, da­zu OLG Hamm, Urt. v. 09.02.2012 – 28 U 186/10, MDR 2012, 761) be­grün­det, über das der Käu­fer nach der Ver­kehrs­an­schau­ung (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 16.10.2009 – 22 U 166/08 für die Be­ur­tei­lung der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB) auf­zu­klä­ren ist.

Nach dem – auch in­so­weit un­strei­ti­gen – Er­geb­nis der Be­gut­ach­tung durch den Sach­ver­stän­di­gen S ist aber nicht mehr fest­stell­bar, wel­che Ver­än­de­run­gen die E-GmbH an der Mo­tor­steue­rung vor­ge­nom­men hat, denn zwi­schen­zeit­lich ist die von ihr auf­ge­spiel­te Soft­ware durch Ori­gi­nal-Kenn­feld­da­ten über­spielt wor­den, oh­ne dass die von der E-GmbH ver­wen­de­ten Da­ten re­kon­stru­iert wer­den kön­nen. Da die Klä­ge­rin als Zes­sio­na­rin für das Be­ste­hen des An­fech­tungs­grun­des be­weis­be­las­tet ist (vgl. Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 74. Aufl. [2015], § 123 Rn. 30), steht zu ih­ren Las­ten nicht fest, dass durch den Da­ten­ein­griff der E-GmbH ei­ne Leis­tungs­stei­ge­rung er­folgt ist.

(3) Aber auch dann, wenn durch die Da­ten­ver­än­de­rung le­dig­lich zwecks Kraft­stof­f­e­in­spa­rung ei­ne Op­ti­mie­rung der Mo­tor­steue­rung er­folg­te, stellt auch die­se Maß­nah­me an­ge­sichts der un­ter­las­se­nen Mel­dung ge­gen­über der B-AG und des da­mit ver­bun­de­nen Ri­si­kos der er­schwer­ten In­an­spruch­nah­me der Her­stel­ler­ga­ran­tie im Er­geb­nis ei­nen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Um­stand dar.

(a) So­weit das Land­ge­richt mit der Op­ti­mie­rung des Kraft­stoff­ver­brauchs auch das Ri­si­ko ei­nes er­höh­ten Ver­schlei­ßes be­jaht hat, kann dem al­ler­dings nicht ge­folgt wer­den. Der Sach­ver­stän­di­ge S hat da­zu ge­ra­de kei­ne Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen, son­dern sich nur spe­ku­la­tiv ge­äu­ßert, wenn er fest­hält, … dass mög­li­cher­wei­se durch die … Ver­än­de­run­gen am Mo­tor­steu­er­ge­rät sich Ein­wir­kun­gen auf sons­ti­ge Bau­tei­le des Fahr­zeugs, bei­spiels­wei­se im Sin­ne ei­ner hö­he­ren Ab­nut­zung oder ei­nes ver­än­der­ten Ver­schleiß­ver­hal­tens, er­ge­ben kön­nen oder mög­li­cher­wei­se zu be­fürch­ten sind.

(b) Auch die von der Klä­ge­rin vor­ge­brach­te Ge­fahr, dass durch die op­ti­mie­ren­de Mo­tor­steue­rungs­ver­än­de­rung die Be­triebs­er­laub­nis er­lischt, kann der Ent­schei­dung nicht zu­grun­de ge­legt wer­den. Ge­mäß § 19 II 2 Nr. 3 StV­ZO er­lischt die Be­triebs­er­laub­nis, wenn Än­de­run­gen vor­ge­nom­men wer­den, durch die das Ab­gas- oder Ge­räusch­ver­hal­ten ver­schlech­tert wird. Die­se Ver­schlech­te­rung steht in­des nicht fest, denn der Sach­ver­stän­di­ge S hat dies­be­züg­lich wie­der­um nur spe­ku­la­tiv aus­ge­führt, dass die Ver­än­de­rung der Kenn­feld­da­ten ei­ne Ver­schlech­te­rung des Ab­gas- und Ge­räusch­ver­hal­tens des Fahr­zeu­ges zur Fol­ge ha­ben kann.

(c) So­weit die Klä­ge­rin be­fürch­tet, ei­ne op­ti­mie­ren­de Mo­tor­steue­rungs­ver­än­de­rung wir­ke sich ne­ga­tiv auf die Fahr­zeug­zu­las­sung aus, greift auch die­ses Ge­fah­ren­mo­ment nicht. Zwar hat nach § 13 I 1 Nr. 9 FZV der Hal­ter be­stimm­te Än­de­run­gen der Ab­gas- oder Ge­räusch­wer­te un­ver­züg­lich der Zu­las­sungs­stel­le zu mel­den, wo­bei die­se ge­mäß § 13 I 6 FZV bis zur Er­fül­lung der Mel­de­ver­pflich­tung den Be­trieb des Fahr­zeugs auf öf­fent­li­chen Stra­ßen un­ter­sa­gen kann. Nach dem be­reits dar­ge­stell­ten Er­geb­nis der Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten steht aber nicht fest, ob sich die vor­ge­nom­me­nen Än­de­run­gen über­haupt auf die Ab­gas- oder Ge­räusch­wer­te aus­ge­wirkt ha­ben.

(d) Die Op­ti­mie­rung der Mo­tor­steue­rung oh­ne An­zei­ge an die B-AG birgt aber das Ri­si­ko ei­ner er­schwer­ten In­an­spruch­nah­me der Her­stel­ler­ga­ran­tie im Man­gel­fall in sich.

Nach [den] Ga­ran­tie­be­din­gun­gen der B-AG be­steht die zwei­jäh­ri­ge Ga­ran­tie­ver­pflich­tung nicht, „wenn der Man­gel da­durch ent­stan­den ist, dass … das Fahr­zeug in ei­ner von der B-AG nicht ge­neh­mig­ten Wei­se ver­än­dert wor­den ist (z. B. Tu­ning)“ (zu die­ser bei deut­schen Au­to­mo­bil­her­stel­lern gän­gi­gen Re­ge­lung s. auch Gru­nert, DAR 2012, 556, 560). Da die­se Ga­ran­tie­be­din­gung den of­fe­nen Be­griff des Tu­nings ver­wen­det, wird von dem Wort­laut nicht nur ei­ne leis­tungs­stei­gern­de, son­dern grund­sätz­lich auch ei­ne zur Op­ti­mie­rung er­folg­te Soft­ware­än­de­rung er­fasst (Gru­nert, DAR 2012, 556, 560).

Auf­grund der Soft­ware­ver­än­de­rung be­stand für den Ze­den­ten die na­he­lie­gen­de Ge­fahr, dass die B-AG sich bei ei­ner Auf­de­ckung die­ser Maß­nah­men auf ei­nen Aus­schluss der Ga­ran­tie­ver­pflich­tung be­ru­fen wür­de. Dies er­gibt sich aus fol­gen­den un­strei­ti­gen Um­stän­den: Die B-AG kann fest­stel­len, dass ei­ne Än­de­rung an der Mo­tor­steue­rung vor­ge­nom­men wur­de, al­so bei der Rü­ge ei­nes Mo­tor­man­gels den Grund­tat­be­stand des in ih­ren Be­din­gun­gen vor­ge­se­he­nen Ga­ran­tie­aus­schlus­ses leicht er­ken­nen und dar­le­gen. Bei ei­ner auf die Ga­ran­tie­be­din­gun­gen ge­stütz­ten Ab­leh­nung der Her­stel­ler­haf­tung wä­re der Ze­dent der Si­tua­ti­on aus­ge­setzt, sich in­so­weit recht­lich mit der B-AG aus­ein­an­der­zu­set­zen zu müs­sen. Auf­grund der spä­te­ren Über­spie­lung ei­nes Her­stel­le­rup­dates sind die vor­ge­nom­me­nen Än­de­run­gen ge­löscht wor­den. Da­mit ist nicht mehr re­kon­stru­ier­bar, wel­che kon­kre­ten Än­de­run­gen er­folgt sind. Da der Be­klag­te ei­ne Än­de­rungs­an­zei­ge ge­mäß dem von der B-AG kon­zi­pier­ten For­mu­lar „Mel­dung zur Ver­än­de­rung am Fahr­zeug“ un­ter­las­sen hat, ste­hen dem Ze­den­ten da­mit ins­ge­samt kei­ne „ob­jek­ti­ven“ Be­weis­mit­tel zu der Art der Ver­än­de­rung zur Ver­fü­gung. Der Ze­dent hät­te sich al­so hin­sicht­lich der Art der Ver­än­de­run­gen al­lein auf das Zeug­nis des­je­ni­gen be­ru­fen kön­nen, der die Än­de­rung an der Mo­tor­steue­rung vor­ge­nom­men hat. Da­bei war ihm noch nicht ein­mal be­kannt, wer die Än­de­rung an den Ein­stel­lun­gen vor­ge­nom­men hat und wel­che Maß­nah­men der Be­klag­te in Auf­trag ge­ge­ben hat, da der Be­klag­te ihm die Ar­bei­ten ver­schwie­gen hat.

Da ei­ner­seits die Tat­sa­che der Mo­tor­steue­rungs­ver­än­de­rung für die B-AG pro­blem­los fest­stell­bar und an­de­rer­seits die kon­kre­te Art der Ver­än­de­rung nur schwer oder gar nicht mehr auf­klär­bar war, be­stand für den das Fahr­zeug er­wer­ben­den Ze­den­ten das Ri­si­ko, im Man­gel­fall nicht pro­blem­los auf die Ga­ran­tie zu­grei­fen zu kön­nen.

Selbst wenn der Vor­trag des Be­klag­ten zu­trifft, dass die B-AG Mo­tor­ein­stel­lun­gen in­ner­halb be­stimm­ter Kenn­fel­der zu­lässt und die von der E-GmbH durch­ge­führ­ten Maß­nah­men die­sen To­le­ranz­rah­men ein­hiel­ten, än­dert sich nichts an der dar­ge­stell­ten Ri­si­ko­be­wer­tung. So­weit die B-AG in die­ser Kon­stel­la­ti­on bei ei­nem Ga­ran­tie­fall zu­nächst den Nach­weis hät­te füh­ren müs­sen, dass das Fahr­zeug in ei­ner von ihr nicht ge­neh­mig­ten Wei­se ver­än­dert wur­de und der Man­gel hier­auf be­ruht, wä­re der Ze­dent doch ge­hal­ten, mit der B-AG ei­ne recht­li­che Aus­ein­an­der­set­zung über das Ein­grei­fen der Ga­ran­tie zu füh­ren. Dies stellt im Ver­gleich zu dem Zu­stand, dass kei­ne un­an­ge­mel­de­ten Än­de­run­gen an dem Fahr­zeug vor­ge­nom­men wur­den, ei­ne Ver­schlech­te­rung sei­ner Rechts­po­si­ti­on dar. Auch un­ter den von dem Be­klag­ten be­haup­te­ten Vor­aus­set­zun­gen ver­wirk­licht sich ge­ra­de das Ri­si­ko der er­schwer­ten In­an­spruch­nah­me des Her­stel­ler­ga­ran­tie, über das der Ze­dent so­mit auf­ge­klärt wer­den muss­te.

Da bei Kauf­ver­trags­schluss am 07.10.2010 noch cir­ca elf Mo­na­te der zwei­jäh­ri­gen Her­stel­ler­ga­ran­tie of­fen­stan­den, war die be­ste­hen­de Her­stel­ler­ga­ran­tie für den das Fahr­zeug er­wer­ben­den Ze­den­ten auch ein für den Ver­trags­schluss wich­ti­ger wirt­schaft­li­cher Fak­tor. Er durf­te nach Treu und Glau­ben dar­auf ver­trau­en, dass der Be­klag­te als Ver­äu­ße­rer kei­ne Be­din­gun­gen ge­setzt hat­te, die zu ei­ner er­schwer­ten In­an­spruch­nah­me die­ser Her­stel­ler­ga­ran­tie füh­ren konn­ten.

Auch der Um­stand, dass es sich bei der Ga­ran­tie­be­din­gung um ei­ne All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gung der B-AG han­delt, die ge­ge­be­nen­falls ge­mäß § 305c II BGB zu ih­ren Las­ten da­hin ge­hend aus­zu­le­gen ist, dass Tu­ning ein um­fas­sen­der Ein­griff in das Fahr­zeug zwecks Leis­tungs­stei­ge­rung be­deu­tet, oder dass je­den­falls die Ver­än­de­rung im Zeit­punkt des Ga­ran­tie­fal­les auch noch vor­han­den sein muss, nahm dem Ze­den­ten nicht das Ri­si­ko, dass die B-AG un­ter Be­haup­tung ei­ner frü­he­ren Leis­tungs­stei­ge­rung die Ge­währ­leis­tung ab­lehnt und in­fol­ge­des­sen ei­ne recht­li­che Aus­ein­an­der­set­zung ent­steht.

So­weit zwi­schen den Par­tei­en der Zeit­raum, in dem die Ver­än­de­run­gen an dem Fahr­zeug ak­ti­viert wa­ren, des­halb strei­tig ist, weil der Be­klag­te be­haup­tet, es sei be­reits zu Zei­ten sei­ner Hal­ter­schaft am 10.05.2010 beim Ki­lo­me­ter­stand von 30.200 zu ei­ner Über­spie­lung der ver­än­der­ten Soft­ware ge­kom­men und ei­ne Rück­set­zung auf die Ori­gi­nal-Kenn­feld­da­ten er­folgt, ist dies recht­lich oh­ne Be­lang. Denn die Ver­än­de­rung ist für die B-AG un­ab­hän­gig von ih­rer Dau­er im Nach­hin­ein aus­les­bar, so­dass das Ri­si­ko, dass sich die B-AG bei spä­te­rer Ent­de­ckung auf ein Ent­fal­len der Ga­ran­tie­ver­pflich­tung be­ruft, von der Ver­än­de­rungs­dau­er un­ab­hän­gig ist.

Der Be­klag­te hat die dar­ge­stell­te kon­kre­te Auf­klä­rungs­pflicht durch sein Schwei­gen ver­letzt und den Ze­den­ten so­mit ge­täuscht. So­weit der Be­klag­te in sei­nem nicht nach­ge­las­se­nen Schrift­satz vom 15.10.2015 dar­auf ab­stellt, dass die Klä­ge­rin beim Er­werb des Fahr­zeugs von dem Ze­den­ten Kennt­nis von der Mo­tor­steue­rungs­än­de­rung hat­te oder je­den­falls sich hät­te ver­schaf­fen müs­sen und dass die Klä­ge­rin selbst bei der E-GmbH Än­de­run­gen an der Mo­tor­steue­rung an­de­rer Fahr­zeu­ge vor­neh­men lässt, ist dies ir­re­le­vant, da die Klä­ge­rin die in der Per­son des Ze­den­ten ent­stan­de­ne For­de­rung gel­tend macht. Es kommt da­her al­lein auf die Kennt­nis­se des Ze­den­ten bei Er­werb des Fahr­zeugs am 07.10.2010 an.

Da­durch, dass der An­fech­tungs­grund nun­mehr auf die er­schwer­te In­an­spruch­nah­me der Her­stel­ler­ga­ran­tie ab­stellt, wird – ent­ge­gen der An­sicht des Be­klag­ten in dem nicht nach­ge­las­se­nen Schrift­satz vom 15.10.2010 – nicht un­zu­läs­si­ger­wei­se ein An­fech­tungs­grund nach­ge­scho­ben. Dies trifft schon des­halb nicht zu, weil der Ze­dent in sei­nem An­fech­tungs­schrei­ben vom 21.10.2011 auch das Er­lö­schen der Her­stel­ler­ga­ran­tie er­wähnt hat­te. Zu­dem ist der der An­fech­tung zu­grun­de lie­gen­de Grund­sach­ver­halt (feh­len­de Auf­klä­rung über die Än­de­rung der Mo­tor­steue­rungs­ein­stel­lung) un­ver­än­dert ge­blie­ben.

bb) Der Be­klag­te hat wei­ter­hin auch arg­lis­tig ge­han­delt.

Arg­list i. S. von § 123 I BGB er­for­dert kei­ne mo­ra­lisch ver­werf­li­che Ge­sin­nung oder Schä­di­gungs­ab­sicht, son­dern ist mit dem Vor­satz gleich­zu­set­zen (MünchKomm-BGB/Arm­brüs­ter, a. a. O., § 123 Rn. 17, 19), so­dass schon der be­ding­te Vor­satz aus­reicht (Pa­landt/El­len­ber­ger, a. a. O., § 123 Rn. 11). Be­dingt vor­sätz­lich han­delt, wer den als mög­lich er­kann­ten pflicht­wid­ri­gen Er­folg bil­li­gend in Kauf nimmt (BGH, Urt. v. 17.09.1985 – VI ZR 73/84, NJW 1986, 180 [182]). Da es im Rah­men der Arg­list um Ge­ge­ben­hei­ten geht, die aus­schließ­lich zum sub­jek­ti­ven Be­reich mensch­li­chen Han­delns ge­hö­ren, muss auf das Wis­sen und Wol­len des An­fech­tungs­geg­ners in al­ler Re­gel aus den ob­jek­tiv fest­stell­ba­ren Um­stän­den des Ein­zel­fal­les ge­schlos­sen wer­den (BGH, Urt. v. 22.02.2005 – X ZR 123/03, NJW-RR 2005, 1082 Rn. 15).

In­so­weit ist vor­lie­gend zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Be­klag­te die der Op­ti­mie­rung der Ein­stel­lung die­nen­den Maß­nah­men, so wie er dies bei sei­nen Fahr­zeu­gen stets hand­habt, ei­ni­ge Mo­na­te nach dem Erst­erwerb des Fahr­zeugs in Auf­trag ge­ge­ben hat. Die­ses ge­ziel­te und von dem durch­schnitt­li­chen Ver­hal­ten von Fahr­zeug­ei­gen­tü­mern ab­wei­chen­de Ver­hal­ten muss­te ihm ver­deut­li­chen, dass die Mo­tor­steue­rungs­ver­än­de­rung eben kein üb­li­cher und da­mit zu ver­nach­läs­si­gen­der Vor­gang war, son­dern nach­fol­gen­de Er­wer­ber im Rah­men ih­rer Kauf­ent­schei­dung in­ter­es­sier­te. Ob die be­schrie­be­ne Ab­wei­chung aus Sicht des Be­klag­ten po­si­tiv oder ne­ga­tiv zu be­wer­ten ist, än­dert an der Arg­list nichts. Denn auch dann, wenn der Be­klag­te die­sen Um­stand ver­schwieg, weil er da­von aus­ging, dass die­ser oh­ne­hin für den er­wer­ben­den Ze­den­ten nur güns­tig sei, was er schrift­sätz­lich da­durch zum Aus­druck ge­bracht hat, dass er die Ver­än­de­rung als ein al­len­falls ver­kaufs­för­dern­des Ar­gu­ment be­zeich­net, kann er sich nicht auf sei­ne gu­te Ab­sicht be­ru­fen, denn über „sein Bes­tes“ soll je­der Ver­trags­part­ner selbst ent­schei­den kön­nen (MünchKomm-BGB/Arm­brüs­ter, a. a. O., § 123 Rn. 17). Auf­grund der für den Er­werb ei­nes Fahr­zeugs be­son­ders be­deut­sa­men Her­stel­ler­ga­ran­tie und des Ent­schlus­ses des Be­klag­ten, den als Neu­wa­gen er­wor­be­nen Wa­gen be­reits nach 13 Mo­na­ten wei­ter­zu­ve­r­äu­ßern, war ihm auch das Be­ste­hen der Her­stel­ler­ga­ran­tie be­kannt und be­wusst. Die ob­jek­ti­ven Um­stän­de (Mo­tor­steue­rungs­än­de­rung und an­schlie­ßen­de Fahr­zeug­ver­äu­ße­rung bei be­ste­hen­der Her­stel­ler­ga­ran­tie) las­sen den Schluss dar­auf zu, dass der Be­klag­te es zu­min­dest für mög­lich hielt, dass er durch das Ver­schwei­gen der Maß­nah­men vom 23.11.2009 sei­ne Auf­klä­rungs­pflicht ver­letzt, dies aber bil­li­gend in Kauf nahm.

So­weit der Be­klag­te sich in dem nicht nach­ge­las­se­nen Schrift­satz vom 15.10.2015 dar­auf be­ruft, schon vor der Fahr­zeug­ver­äu­ße­rung an den Ze­den­ten sei ihm von dem Zeu­gen G, dem Ge­schäfts­füh­rer der E-GmbH, mehr­fach die Aus­kunft er­teilt wor­den, dass die vor­ge­nom­me­nen Ein­stel­lun­gen kei­ne Ein­wir­kun­gen auf die Her­stel­ler­ga­ran­tie ha­be, ist die­ser Vor­trag nach § 531 II ZPO nicht zu­zu­las­sen. Die vor­ge­brach­te Tat­sa­che ist ein neu­es Ver­tei­di­gungs­mit­tel, das der Be­klag­te erst­in­stanz­lich nicht gel­tend ge­macht hat. Die­ses Un­ter­las­sen be­ruht auf Nach­läs­sig­keit, denn die arg­lis­ti­ge Täu­schung durch das Ver­schwei­gen von Um­stän­den, die die Her­stel­ler­ga­ran­tie be­tref­fen, ist be­reits erst­in­stanz­lich strei­tig er­ör­tert wor­den, so­dass Ver­an­las­sung be­stand, den von der Klä­ge­rin vor­ge­tra­ge­nen Um­stän­den schon erst­in­stanz­lich mit den nun­mehr dar­ge­leg­ten ob­jek­ti­ven Um­stän­den der ge­gen­tei­li­gen Aus­künf­te sei­tens des Zeu­gen G zu be­geg­nen.

Der Se­nat geht da­von aus, dass dem Be­klag­ten die grund­sätz­li­che Be­deu­tung des Chip­tu­nings für die Her­stel­ler­ga­ran­tie be­kannt war. Nach sei­nem ei­ge­nen Vor­trag hat der Be­klag­te bei al­len sei­nen Fahr­zeu­gen Än­de­run­gen an der Mo­tor­ein­stel­lung vor­neh­men las­sen und da­mit Er­fah­rung mit Chip­tu­ning. Sein Vor­brin­gen, ihm sei da­bei je­weils ver­si­chert wor­den, dass die Maß­nah­men kei­nen Aus­wir­kun­gen auf die Her­stel­ler­ga­ran­tie ha­ben, be­legt, dass ihm grund­sätz­lich be­kannt und be­wusst war, dass der­ar­ti­ge Än­de­run­gen an der Mo­tor­ein­stel­lung für die Her­stel­ler­ga­ran­tie von Be­deu­tung sind. Wenn der Be­klag­te aber wuss­te, dass zu­min­dest ein leis­tungs­stei­gern­des Chip­tu­ning Ein­fluss auf die Zu­las­sung und auch die Her­stel­ler­ga­ran­tie hat, dann lag für ihn auch auf der Hand, dass er den Käu­fer über die durch­ge­führ­te Maß­nah­me und dar­über, wer sie vor­ge­nom­men hat, in­for­mie­ren muss, da­mit die­ser über­haupt die Mög­lich­keit hat, even­tu­el­len Schwie­rig­kei­ten bei In­an­spruch­nah­me der Her­stel­ler­ga­ran­tie auf­grund der vor­ge­nom­me­nen Än­de­rung ent­ge­gen­zu­tre­ten und zu be­le­gen, dass die Än­de­rung der Mo­tor­steue­rung für die Her­stel­ler­ga­ran­tie oh­ne Be­deu­tung ist. Dass der Be­klag­te den Ze­den­ten den­noch nicht auf die Än­de­rung der Mo­tor­steue­rung hin­wies, ob­wohl er sie nach sei­nem Vor­brin­gen so­gar für ver­kaufs­för­dernd an­sieht, be­legt, dass ihm grund­sätz­lich be­kannt war, dass ei­ne Än­de­rung der werks­sei­ti­gen Mo­tor­ein­stel­lung Ein­fluss auf die Her­stel­ler­ga­ran­tie ha­ben kann und da­her für den Käu­fer ei­nes Fahr­zeugs mit Her­stel­ler­ga­ran­tie von Be­deu­tung für den Kauf­ent­schluss ist.

d) Die er­for­der­li­che Kau­sa­li­tät zwi­schen der arg­lis­ti­gen Täu­schung und der Ab­ga­be der Wil­lens­er­klä­rung bei der Un­ter­zeich­nung des Kauf­ver­trags durch den Ze­den­ten am 07.10.2010 ist ge­ge­ben. In­so­weit kann die Ur­säch­lich­keit im We­ge des An­scheins­be­wei­ses be­jaht wer­den, denn die Täu­schung über ei­nen wirt­schaft­lich wich­ti­gen Fak­tor war nach der Le­bens­er­fah­rung ge­eig­net, die Kauf­ver­trags­er­klä­rung zu­min­dest mit zu be­ein­flus­sen (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.1995 – V ZR 34/94, NJW 1995, 2361 Rn. 17 f.).

e) Die An­fech­tungs­frist des § 124 BGB – ein Jahr ab Ent­de­ckung der Täu­schung – ist ge­wahrt. Dem Ze­den­ten wur­de die Täu­schung erst­mals durch das Schrei­ben der Klä­ge­rin vom 07.10.2011 be­kannt, und be­reits mit Schrei­ben vom 21.10.2011 er­klär­te er die An­fech­tung ge­gen­über dem Be­klag­ten.

f) Lie­gen so­mit al­le An­fech­tungs­vor­aus­set­zun­gen und da­mit nach § 142 I BGB die Nich­tig­keit des am 07.10.2010 ge­schlos­se­nen Ver­tra­ges vor, hat der von dem Ze­den­ten oh­ne Rechts­grund be­rei­cher­te Be­klag­te der Klä­ge­rin als Zes­sio­na­rin nach den §§ 812 I 1 Fall 1, 398 BGB den emp­fan­ge­nen Kauf­preis in Hö­he von 38.000 € her­aus­zu­ge­ben.

Da der Ze­dent sei­ner­seits auf­grund des un­wirk­sa­men Ver­trags vom 07.10.2010 um die bis da­hin ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen aus dem Fahr­zeug zu Un­recht be­rei­chert ist, ist die für die zu­rück­ge­leg­te Lauf­leis­tung von 19.249 km mit 3.464,82 € zu be­zif­fern­de Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Ab­zug zu brin­gen, so­dass die Klä­ge­rin als Zes­sio­na­rin von dem Be­klag­ten die Zah­lung von 34.535,18 € Zug um Zug ge­gen Fahr­zeug­rück­ga­be ver­lan­gen kann.

Der Zins­an­spruch der Klä­ge­rin ist ge­mäß den §§ 280 I, II, 286 I 1, 288 I BGB auf­grund ih­res Mahn­schrei­bens vom 14.11.2011 … be­grün­det.

2. Der Be­klag­te be­fin­det sich auf­grund des Mahn­schrei­bens der Klä­ge­rin vom 14.11.2011, mit dem ihm auch das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zur Über­nah­me an­ge­bo­ten wur­de, ge­mäß den §§ 293, 295 BGB mit des­sen Rück­nah­me in An­nah­me­ver­zug.

III. … Ge­mäß § 543 II ZPO ist die Re­vi­si­on zu­zu­las­sen, da die Fra­ge, ob der Ver­käu­fer den Käu­fer über Ver­än­de­run­gen an dem Fahr­zeug, die mit dem Ri­si­ko ei­ner er­schwer­ten In­an­spruch­nah­me der Her­stel­ler­ga­ran­tie ver­bun­den sind, auf­klä­ren muss, ober­ge­richt­lich noch nicht ent­schie­den ist und grund­sätz­li­che Be­deu­tung hat.

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