1. Eine Frist zur Nacherfüllung setzt nur der Käufer, der den Verkäufer eindeutig auffordert, einen bestimmten Mangel zu beseitigen. Die bloße Aufforderung an den Verkäufer, sich über seine Leistungsbereitschaft zu erklären, reicht für eine wirksame Fristsetzung i. S. des § 323 I BGB dagegen nicht aus.
  2. Die mit einer Fristsetzung verbundene Aufforderung zur Nachbesserung ist unzureichend, wenn der Käufer dem Verkäufer vorgibt, wie ein Mangel beseitigt werden soll (hier: Getriebeaustausch statt Reparatur). Denn es ist grundsätzlich Sache des Verkäufers zu entscheiden, wie er die Kaufsache in einen vertragsgemäßen Zustand versetzt. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn von vornherein feststeht, dass nur eine bestimmte Form der Mangelbeseitigung (etwa ein Austausch des Getriebes) in Betracht kommt.

OLG Bremen, Urteil vom 27.03.2015 – 2 U 12/15

Sachverhalt: Der Kläger verlangt von der Beklagten, mit der er einen Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen geschlossen hat, die Rückzahlung des für das – angeblich mangelhafte – Fahrzeug gezahlten Kaufpreises sowie Schadensersatz.

Am 23.11.2013 erwarb der Kläger von der Beklagten, die mit Neu- und Gebrauchtwagen handelt, einen gebrauchten Pkw (VW Passat Variant 2.5 TDI V6). Das Fahrzeug wurde ihm am 29.11.2013 gegen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 7.185 € übergeben.

Am 03.12.2013 stellte der Kläger Probleme mit dem Automatikgetriebe fest. Er brachte das Fahrzeug zur K-GmbH und ließ es dort, nachdem er mit der Beklagten telefoniert hatte, überprüfen. Bei dieser Überprüfung, für die dem Kläger 180,88 € in Rechnung gestellt wurden, wurde ein Getriebeschaden festgestellt.

Mit Schreiben vom 16.12.2013 machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Gewährleistungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend und verlangte die „schriftliche Mitteilung, dass mein Mandant die entsprechende Reparatur in Auftrag geben kann“. Auf Wunsch der Beklagten, die eine solche Mitteilung nicht abgab, wurde das unreparierte Fahrzeug Ende Dezember 2013/Anfang Januar 2014 mit Einverständnis des Klägers zum Autohaus S verbracht. Auch dort stellte man den Getriebeschaden fest.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 13.01.2014 forderte der Kläger die Beklagte auf, das Getriebe nicht zu reparieren, sondern auszutauschen, und dies „kurzfristig beim Autohaus S in Auftrag“ zu geben. Für die entsprechende Zusage, das Getriebe auszutauschen, setzte der Kläger der Beklagten eine Frist bis zum 17.01.2014.

Am 22.01.2014 erklärte er durch seinen Prozessbevollmächtigten den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises.

Das Landgericht hat der auf Rückzahlung des Kaufpreises und (insbesondere) Ersatz von Mietwagenkosten gerichteten Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, der Kläger habe gemäß § 437 Nr. 2 BGB i. V. mit §§ 323, 346 I BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw, weil er wegen eines mangelhaften Getriebes wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten sei. Nach § 476 BGB sei davon auszugehen, dass dieser Mangel bereits bei Übergabe des Wagens am 29.11.2013 vorgelegen habe. Die nach § 323 I BGB erforderliche Frist zur Nacherfüllung habe der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 13.01.2014 wirksam gesetzt. Nach §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB müsse die Beklagte dem Kläger darüber hinaus die aufgewandten Mietwagenkosten sowie die an die K-GmbH gezahlten 180,88 € erstatten.

Die Berufung der Beklagten hatte überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Der Kläger kann die Rückzahlung des Kaufpreises für den von ihm am 23.11.2013 angeschafften Pkw VW Passat nicht verlangen. Ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises ergibt sich insbesondere nicht aus § 437 Nr. 2 BGB i. V. mit §§ 323, 346 I BGB.

Ein wirksamer Rücktritt liegt nicht vor. Dieser setzt nach §§ 437 Nr. 2, 323 I BGB grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Schuldner zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung (§ 439 BGB) bestimmt hat. An einer solchen Fristsetzung fehlt es vorliegend.

Die Beklagte hat allerdings eine mangelhafte Sache geleistet. Das verkaufte Fahrzeug hatte einen Getriebeschaden. Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist eine Sache mangelhaft, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet. Normale Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen stellen zwar grundsätzlich keinen Mangel dar (Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2014 § 434 Rn. 229). Hier spricht jedoch alles dafür, dass das Fahrzeug bei Gefahrübergang über normale Abnutzungserscheinungen [hinaus] einen schadhaften Zustand aufwies, der kurze Zeit später, am 03.12.2013, unmittelbar zu dem festgestellten Getriebeschaden führte.

Gemäß § 476 BGB wird bei einem Verbrauchsgüterkauf, der hier unstreitig vorliegt, vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang zeigt, bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat, es sei denn, die Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Insoweit teilt der Senat allerdings die Auffassung der Beklagten, wonach die Beweislastumkehr nach § 476 BGB sich nicht auf die Frage, ob überhaupt ein Sachmangel vorliegt, erstreckt. Die Vorschrift enthält eine lediglich in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass der festgestellte Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag (BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299).

Gleichwohl bestand hier bei Gefahrübergang am 29.11.2013 offensichtlich nicht nur ein normaler Verschleiß- oder Abnutzungszustand. Der – als solcher unstreitige – Getriebeschaden trat nämlich in einem auffallend engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Übergabezeitpunkt, nämlich schon vier Tage später, auf. Dann aber erscheint es mehr als naheliegend, dass der zutage getretene Schaden auf [einen] mangelhaften Zustand zurückging, der – unabhängig von der Vermutung des § 476 BGB – schon am 29.11.2013 bestanden hatte und damit die Gebrauchstauglichkeit von Anfang an ausschloss. War der Getriebeverschleiß schon am 29.11.2013 so weit fortgeschritten, dass das Fahrzeug vier Tage später nicht mehr fahrtüchtig war, und kommen keine Anhaltspunkte für andere Ursachen – so insbesondere Fahr- und Bedienungsfehler – in Betracht (siehe BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 259/06, NJW 2007, 2621), dann stellten die gravierenden Abnutzungen und Verschleißzustände bereits als solche den Mangel dar. Nach erfolgter Anhörung des Klägers im Termin fehlt es an jeglichen Hinweisen dafür, dass Fahr- und Bedienungsfehler eine ursächliche Rolle gespielt haben könnten. Der Kläger hat sich glaubhaft als einen erfahrenen, auch technisch versierten Autofahrer dargestellt, der mit Fahrzeugen mit Automatikgetriebe hinreichend vertraut ist. Das Problem mit dem Getriebe trat nach unbestrittener Aussage des Klägers bereits unmittelbar bei Fahrtantritt auf. Auch das spricht gegen die Annahme, dass der Schaden erst als Reaktion auf einen vorherigen Fahr- und Bedienfehler entstanden sein könnte.

Mit der Mangelanzeige durch den Kläger am 03.12.2013 wurde der Nacherfüllungsanspruch fällig.

Eine Fristsetzung nach § 323 I BGB liegt jedoch nicht vor. Diese setzt eine bestimmte und eindeutige Aufforderung zur Behebung des Mangels voraus (Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 323 Rn. 13). Hier hat sich der Kläger mit Schreiben an die Beklagte vom 13.01.2014 nur darauf beschränkt, sie aufzufordern, binnen einer Frist die schriftliche Zusage zu erteilen, den Austausch des Getriebes „in Auftrag zu geben“. Das ist keine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung, sondern läuft auf eine bloße Aufforderung hinaus, sich über die Leistungsbereitschaft zu erklären, was grundsätzlich nicht ausreicht (siehe z. B. OLG München, Urt. v. 16.06.2010 – 7 U 4884/09, NJW-RR 2010, 1716; BGH, Urt. v. 09.06.1999 – VIII ZR 149/98, NJW 1999, 2884 [2886]).

Dabei kommt als weiterer Gesichtspunkt hinzu, dass die Aufforderung auch deshalb unzureichend war, weil sie sich auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme (Austausch des Getriebes) richtete, statt der Beklagten die ihr zustehende Möglichkeit offenzulassen, die Art der Reparatur selbst zu bestimmen. Der Kläger hatte im Gegenteil in dem Schreiben vom 13.01.2014 zum Ausdruck gebracht, er lehne eine Reparatur des Getriebes ab und verlange dessen kompletten Austausch. Von der Beklagten geschuldet war die „Beseitigung des Mangels“, das heißt, die Sache war in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen. Ob dies durch Austausch einzelner Teile, Reparatur einzelner Teile oder auf andere Weise geschah, stand grundsätzlich im Wahlrecht der Beklagten als Verkäuferin (MünchKomm-BGB/H. P. Westermann, 6. Aufl., § 439 Rn. 8). Auf die Vornahme eines bestimmten Reparaturweges hätte im Rahmen der §§ 437 Nr. 1, 439 BGB allenfalls dann ein Anspruch bestanden, wenn bereits festgestanden hätte, dass eine andere Maßnahme als der Austausch des Getriebes nicht in Betracht komme. So lag es aber nicht. Wie der Kläger selbst im Termin ausgeführt hat, wurde ihm im Autohaus S nur erklärt, dass möglicherweise, das heißt unter bestimmten Bedingungen, ein Austausch zu erfolgen habe. Dann aber musste der Kläger der Beklagten freie Hand lassen, wie sie den Schaden beseitigte, und durfte ihr nicht eine bestimmte Maßnahme vorgeben.

Aus den dargelegten Gründen kann auch nicht bereits in dem Schreiben vom 16.12.2013 eine wirksame Fristsetzung i. S. des § 323 I BGB gesehen werden. Hierin wurde die Beklagte lediglich aufgefordert, eine schriftliche Kostenzusage abzugeben, damit der Kläger „eine entsprechende“, also bereits in Einzelheiten durch den Kostenvoranschlag des Autohauses K-GmbH vorgegebene Reparatur in Auftrag geben konnte. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen werden.

Die Fristsetzung war nicht nach § 323 II Nr. 1 BGB entbehrlich, da die Beklagte die Nacherfüllung zu keinen Zeitpunkt ernsthaft und endgültig verweigert hat. Auch war die Nacherfüllung nicht unzumutbar (§ 440 Satz 1 BGB).

Ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.216,81 € ergibt sich aus §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB. Wie bereits dargestellt lag ein Mangel bei Gefahrübergang vor. Das Vertretenmüssen der Beklagten wird gemäß § 280 I 2 BGB vermutet.

Durch die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs musste der Kläger Mietfahrzeuge in Anspruch nehmen, wodurch ihm nachgewiesene Kosten in Höhe von 1.035,93 € entstanden sind. Kann der Gläubiger die Sache aufgrund der Mangelhaftigkeit nicht nutzen, hat ihm der Schuldner als Schadenersatz neben der Leistung die Kosten für die Anmietung einer gleichwertigen Sache zu ersetzen (BGH, Urt. v. 27.03.2012 – VI ZR 40/10, NJW 2012, 2026; Reinking/Eggert, Der Autokauf 12. Aufl., Rn. 3734 ff.), wobei sich der Gläubiger allerdings die Ersparnis eigener Aufwendungen anrechnen lassen muss. Mietet der Gläubiger ein klassenniedrigeres Fahrzeug an, ist dem Ersparnisabzug dadurch Genüge getan, und ein zusätzlicher Abzug ist nicht vorzunehmen (vgl. KG, Urt. v. 08.05.2014 – 22 U 119/13, juris).

Die Kosten für den Kostenvoranschlag der K-GmbH in Höhe von 180,88 € sind für die Schadensfeststellung nach § 439 II BGB ebenfalls erstattungsfähig (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 757 m. w. Nachw.).

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten zu. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Gläubiger zählen grundsätzlich auch die durch die Mangelhaftigkeit erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten, soweit sie aus der Sicht des Gläubigers zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urt. v. 10.01.2006 – VI ZR 43/05, NJW 2006, 1065). Der Kläger hat jedoch den Erstattungsanspruch – bezogen auf einen Gebührenstreitwert in Höhe des Kaufpreises von 7.185 € – nur darauf gegründet, dass sich die Beklagte mit der Rückabwicklung im Verzug befunden habe. Insoweit befand sich die Beklagte aber, wie oben dargestellt, gerade nicht im Verzug. Die weiteren Schadenersatzforderungen waren ersichtlich nicht Gegenstand der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit …

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