1. Ein Kfz-Käufer, der dem Verkäufer lediglich mitteilt, welchen Kostenaufwand die Beseitigung eines Mangels nach seinen Informationen erfordert, setzt dem Verkäufer keine Frist zur Nachbesserung.
  2. Das Recht, wegen eines Mangels vom Kaufvertrag zurückzutreten, steht einem Gebrauchtwagenkäufer grundsätzlich erst zu, nachdem er dem Verkäufer erfolglos eine Frist zur Nachbesserung gesetzt hat (§ 323 I BGB). Eine Fristsetzung ist nicht schon deshalb entbehrlich, weil der Verkäufer sich ein WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft im Fernsehen anschauen möchte und den Käufer daher auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet. Insbesondere liegt darin keine Verweigerung der Nacherfüllung i. S. des § 323 II Nr. 1 BGB.

LG Fulda, Urteil vom 31.03.2015 – 3 O 640/14

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem beklagten Kfz-Händler am 30.04.2014 einen gebrauchten BMW 523i Touring zum Preis von 7.200 €. Bei Abschluss des mündlichen Kaufvertrages erklärte der Beklagte dem Kläger, dass das Fahrzeug „keinen TÜV“ habe und keiner Abgasuntersuchung unterzogen worden sei; außerdem stimme mit dem Motor etwas nicht, die Motorwarnleuchte leuchte ständig.

Wegen dieses Problems begaben sich die Parteien zur Firma F. Nachdem deren Mitarbeiter Arbeiten an dem Fahrzeug durchgeführt hatten, holte der Kläger es ab und erhielt die Information, der Wagen sei nun in Ordnung.

Wenig später zeigten sich erneut Motorprobleme, und die Motorkontrollleuchte leuchtete auf. Als der Kläger den Beklagten darauf ansprach und ihm mitteilte, dass der Motor keine Leistung bringe, entgegnete der Beklagte, dass er dem Kläger doch schon bei Abschluss des Kaufvertrages gesagt habe, dass die Motorleuchte aufleuchtet und folglich ein Motorschaden vorliege. Im Übrigen befinde sich das Fahrzeug in Polen, sodass der Kläger nicht Nacherfüllung verlangen könne.

In der Folgezeit teilte der Kläger dem Beklagten telefonisch mit,.dass eine Reparatur des Pkw in Polen 3.000 € kosten würde, und fragte ihn, ob man da nicht „etwas machen“ könne. Der Beklagte erwiderte, dass er sich gerade ein Fußballspiel – ein Spiel der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2014 – im Fernsehen anschaue und keine Zeit habe.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte dem Kläger noch keine Rechnung über den Kaufpreis für den BMW 5321i gestellt. Eine Rechnung mit teils fehlerhaften Angaben erstellte er erst, nachdem der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 09.07.2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und den Beklagten – erfolglos – zur Rückzahlung des Kaufpreises aufgefordert hatte.

Der Kläger behauptet, er habe das Fahrzeug fachmännisch überprüfen lassen. Dabei habe ein Diagnosegerät verschiedene Fehler, unter anderem am Stickoxidsensor, bei der Überwachung des Reifendrucks und beim Kraftstoffdrucksensor, angezeigt. Vor dem Kauf habe der Beklagte ihn, den Kläger, zwar darüber informiert, dass die Motorkontrollleuchte leuchte; er habe aber auch erklärt, dass er das reparieren lasse. Die Firma F habe daher der Beklagte beauftragt. Nach dem Fahrzeugkauf sei er, der Kläger, mehrfach bei dem Beklagten gewesen. Diese habe sich stets verleugnen lassen und definitiv erklärt, er mache an dem Fahrzeug nichts mehr.

Die im Wesentlichen auf Zahlung von 7.200 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger kann gegenüber dem Beklagten keine Gewährleistungsrechte aus dem Pkw-Kauf geltend machen, weil schon die formalen Voraussetzungen eines Gewährleistungsanspruchs nicht vorliegen. Auf die Frage, ob die behaupteten Mängel tatsächlich vorliegen, kommt es nicht an.

1. Aus dem Mangel, dass nach dem Kauf des Pkw dessen Motorleuchte aufleuchtete, kann der Kläger keine Rechte herleiten. Dieser Mangel war dem Kläger schon bei Kaufvertragsschluss bekannt. Gemäß § 442 I 1 BGB sind die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 20.11.2014 ausdrücklich zugestanden, dass bereits beim Kaufgespräch die Motorwarnleuchte leuchtete. Auch den Beklagtenvortrag, dass der Beklagte den Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages darauf hingewiesen habe, dass bei dem Fahrzeug etwas mit dem Motor nicht stimme, hat der Kläger nicht bestritten …

Die weitere Behauptung des Klägers, dass der Beklagte erklärt habe, er werde das reparieren, ist streitig, aber unerheblich. Sollte dies zutreffen, so könnte dadurch zwischen dem Kläger und dem Beklagten ein Werkvertrag über die Reparatur des Pkw zustande gekommen sein. Daraus erwüchse dem Kläger möglicherweise ein Erfüllungs- oder Nacherfüllungsanspruch, aber kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages.

2. Bezüglich der übrigen Mängel fehlt es an der gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323 I BGB zu fordernden Fristsetzung zur Mangelbeseitigung. Eine solche Fristsetzung ist auch nicht entbehrlich.

a) Der Kläger hat vorgetragen, folgende Bemühungen zur Mangelbeseitigung unternommen zu haben:

Kurz nach dem Kauf habe er gegenüber dem Beklagten kritisiert, dass der Motor keine Leistung zeige und „nicht ziehe“. Die Motorkontrollleuchte leuchte. Damit hat er lediglich jene Mängel gerügt, die ihm bereits bei Kaufvertragsschluss bekannt waren. Unstreitig war ihm ja bekannt, dass das Fahrzeug ein Motorproblem hatte. Die Weigerung des Beklagten, sich um dieses Problem zu kümmern, hat daher keine rechtlichen Konsequenzen.

Im Juli 2014 habe er erneut versucht, den Beklagten zur Mängelbeseitigung zu veranlassen. Der Beklagte habe geantwortet, er habe jetzt keine Zeit und Lust, sich um das Problem zu kümmern, da er gerade Fußball schaue. Der Beklagte hat bestätigt, dass der Kläger zur Zeit der Fußballweltmeisterschaft bei ihm angerufen hat. Der Kläger habe gefragt: „Kann ich mit dir reden? Die Reparatur des Fahrzeugs in Polen kostet 3.000 €.“. Der Beklagte habe wegen des laufenden Fußballspiels nicht mit ihm reden wollen. Dieser Darstellung ist der Kläger wiederum nicht entgegengetreten. Es steht damit fest, dass der Kläger den Beklagten bei dem Telefongespräch lediglich über die zu erwartenden Reparaturkosten informiert hat – möglicherweise, weil er Schadensersatz verlangen wollte. Eine konkrete Mängelrüge, die weitere Mängel als die bereits bei Kaufvertragsschluss bekannten aufzeigt, ist darin nicht zu sehen.

Weiter hat der Kläger vorgetragen, er sei insgesamt fünfmal, eher siebenmal, teils einmal pro Woche seit Auftreten der Defekte, beim Beklagten gewesen. Dies hat der Beklagte ausdrücklich bestritten (Schriftsatz vom 02.02.2015). Der Kläger hat für diesen Vortrag weder Beweis angetreten, noch hat er ihn sonst durch eine Konkretisierung näher ausgeführt. Auch im Termin am 05.03.2015 ist erörtert worden, dass dieser Vortrag streitig ist. Obwohl der Beklagtenvertreter hier klargestellt hat, diesen Vortrag bestritten zu haben, hat der Kläger insoweit weder Beweis angeboten noch um eine Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gebeten. Im Gegenteil hat der Kläger, persönlich angehört, erklärt, dass er stets nur die Motorleuchte angesprochen habe, also keinen darüber hinaus gehenden Mangel. Doch selbst insoweit fehlt es an einem Beweisangebot. Es muss daher nicht einmal entschieden werden, ob es sich um einen ausreichend substanziierten Vortrag handelt. Denn es handelt sich jedenfalls um eine streitige Behauptung, die das Gericht schon mangels Beweisangebot nicht feststellen konnte.

Der Kläger hat damit seine Auffassung, ausreichend zur Nacherfüllung aufgefordert zu haben, nicht genügend belegt. Eine ausreichende Fristsetzung zur Nacherfüllung kann das Gericht nicht feststellen.

b) Die Fristsetzung war auch nicht entbehrlich.

Es liegt keine Erfüllungsverweigerung vor. Gemäß § 323 II Nr. 1 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Ähnlich ist die Fristsetzung gemäß § 440 Satz 1 BGB entbehrlich, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 III BGB verweigert.

Eine solche Erfüllungsverweigerung hat der Kläger nicht bewiesen. Er hat dazu zwar vorgetragen, er habe den Beklagten schon kurz nach dem Kauf mit der Motorkontrollleuchte und mit Motorproblemen konfrontiert. Auf diese Mängel kann er sich wegen seiner Kenntnis bei Kaufvertragsschluss aber nicht berufen. Weiter hat er auf das erwähnte Telefongespräch verwiesen, wo der Beklagte sich wegen einer laufenden Fußballübertragung nicht dazu habe bewegen lassen, mit dem Kläger zu reden. Damit hat der Beklagte das Begehren des Klägers nicht rundweg abgelehnt. Er hat lediglich mitgeteilt, dass jetzt der Zeitpunkt unpassend sei. Zu einem späteren Gespräch zu einem passenderen Zeitpunkt ist es dann offenbar nicht mehr gekommen. Eine ernsthafte, endgültige Erfüllungsverweigerung ist darin nicht zu sehen.

Auch war eine weitere Fristsetzung nicht unzumutbar. Gemäß § 440 Satz 1 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung ihm unzumutbar ist. Ähnlich ist gemäß § 323 II Nr. 3 BGB die Fristsetzung entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen. Die Unzumutbarkeit ist also durch eine Interessenabwägung von Käufer und Verkäufer zu beurteilen.

Der Umgang des Beklagten mit den behaupteten Nacherfüllungsbegehren des Klägers führt zu keiner Unzumutbarkeit. Das auf das Leuchten einer Motorkontrollleuchte gestützte Nacherfüllungsbegehren durfte der Beklagte ablehnen (s. oben). Der Wunsch des Beklagten nach einem späteren Telefongespräch, das nicht während eines WM-Spiels der deutschen Fußballnationalmannschaft stattfindet, ist auch nicht rundweg unverständlich und macht das Festhalten an der Vertragsbeziehung nicht unzumutbar. Dass der Beklagte dem Kläger zunächst eine fehlerbehaftete Rechnung ausgestellt hat, ist für den Kläger ärgerlich. Der Beklagte hat den Fehler aber korrigiert, er wirkt sich nicht weiter aus. Auch dies macht das Festhalten am Vertrag nicht unzumutbar …

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