1. Fin­det sich in ei­nem pri­va­ten Kfz-Kauf­ver­trag in der Ru­brik „nächs­te HU“ der (hand­schrift­li­che) Ein­trag „neu“, so liegt dar­in kei­ne Be­schaf­fen­heits­zu­si­che­rung.
  2. Die Gel­tend­ma­chung ei­nes un­be­rech­tig­ten An­spruchs durch ei­ne Ver­trags­par­tei kann ei­ne Pflicht­ver­let­zung i. S. von § 280 I BGB sein. Die­se Pflicht­ver­let­zung hat die Ver­trags­par­tei aber nur zu ver­tre­ten, wenn sie ih­re Rechts­po­si­ti­on nicht als plau­si­bel an­se­hen durf­te. Das ist nicht der Fall, wenn ein Ge­richt die Po­si­ti­on in ers­ter In­stanz teilt und die Rechts­fra­ge nicht höchst­rich­ter­lich ge­klärt ist.

OLG Naum­burg, Ur­teil vom 11.06.2014 – 1 U 8/14

Sach­ver­halt: Mit Ver­trag vom 29.12.2010 kauf­te der Klä­ger von dem Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Mer­ce­des-Benz V 220 CDI. In dem Kauf­ver­trag ist bei „nächs­te HU“ hand­schrift­lich „NEU“ ein­ge­tra­gen . Wei­ter fin­det sich in dem Ver­trag der hand­schrift­li­che Ein­trag „Ver­kauf oh­ne Ge­währ­leis­tung“.

Der Be­klag­te ver­an­lass­te am 03.01.2011 ei­ne Haupt­un­ter­su­chung, die mit dem Er­geb­nis „oh­ne fest­ge­stell­te Män­gel“ en­de­te. In der Fol­ge­zeit tra­ten an dem Fahr­zeug ver­schie­de­ne Män­gel auf, die den Klä­ger ver­an­lass­ten, ei­ne er­neu­te Haupt­un­ter­su­chung vor­neh­men zu las­sen. Die­se wur­de am 03.03.2011 durch­ge­führt und hat­te zum Er­geb­nis, dass an dem Fahr­zeug im Prü­fungs­zeit­punkt er­heb­li­che Män­gel vor­la­gen, die ei­ne Er­tei­lung der Prüf­pla­ket­te aus­schlos­sen.

Mit An­walts­schrei­ben vom 09.03.2011 hat der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt. Der Be­klag­te ist dem mit An­walts­schrei­ben vom 30.03.2011 ent­ge­gen­ge­tre­ten und hat vom Klä­ger die Er­klä­rung ver­langt, dass die­ser am Ver­trag fest­hal­te, und im Üb­ri­gen ei­ne ne­ga­ti­ve Fest­stel­lungs­kla­ge an­ge­droht.

Mit sei­ner Kla­ge ver­langt der Klä­ger die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ab­züg­lich ge­zo­ge­ner Nut­zun­gen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs. Der Be­klag­te hat Wi­der­kla­ge er­ho­ben, mit der er die Er­stat­tung der ihm vor­pro­zes­su­al ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten (775,64 €) be­gehrt.

Das Land­ge­richt hat ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten zu den vom Klä­ger be­haup­te­ten Män­geln ein­ge­holt und den Be­klag­ten so­dann an­trags­ge­mäß ver­ur­teilt. Es hat aus­ge­führt, in dem Ver­merk „HU neu“ lie­ge die Zu­si­che­rung, dass der Käu­fer ein den Vor­schrif­ten der Haupt­un­ter­su­chung tat­säch­lich ent­spre­chen­des Fahr­zeug er­hal­te, und hier­zu auf ei­ne Ent­schei­dung des BGH (Urt. v. 24.02.1988 – VI­II ZR 145/87, BGHZ 103, 275) ver­wie­sen. Nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me ste­he in­des fest, dass das Fahr­zeug im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs mit den vom Klä­ger be­haup­te­ten Män­geln be­haf­tet ge­we­sen sei, so­dass die Er­tei­lung ei­ner Prüf­pla­ket­te aus­schei­den müs­se.

Ge­gen die­ses Ur­teil wen­det sich der Be­klag­te mit dem Ar­gu­ment, dass in der Ver­ein­ba­rung „HU: NEU“ je­den­falls bei ei­nem pri­va­ten Di­rekt­ver­kauf kei­ne Zu­si­che­rung ge­se­hen wer­den kön­ne (vgl. OLG Bran­den­burg, Urt. v. 02.10.2007 – 11 U 177/06, ju­ris) und des­halb die Kla­ge we­gen des Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses un­be­grün­det sei.

Die Be­ru­fung hat­te teil­wei­se Er­folg

Aus den Grün­den: II. … Das Rechts­mit­tel hat in­so­weit Er­folg, als sie sich ge­gen die Kla­ge­for­de­rung wen­det (1). Die Wi­der­kla­ge hat das Land­ge­richt im Er­geb­nis zu­tref­fend ab­ge­wie­sen (2).

(1) Ent­ge­gen der An­sicht des Land­ge­richts kann in der Ver­ein­ba­rung „HU neu“ kei­ne Be­schaf­fen­heits­zu­si­che­rung ge­se­hen wer­den. Die zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen des BGH (Urt. v. 24.02.1988 – VI­II ZR 145/87, BGHZ 103, 275; Urt. v. 13.03.2013 – VI­II ZR 172/12, VersR 2013, 913) be­tra­fen ge­werb­li­che Händ­ler oder Ver­mitt­ler. In der Li­te­ra­tur (Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 14. Aufl., Rn. 3058) wird dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es ge­ra­de zum pri­va­ten Di­rekt­ge­schäft ei­ne Ent­schei­dung des BGH nicht gibt und die vor­lie­gen­de Recht­spre­chung … an die be­ruf­li­che Sach­kun­de des Händ­lers und des­sen Aus­stat­tung mit tech­ni­schen Prüf­ein­rich­tun­gen an­knüp­fe (vgl. da­zu im Urt. v. 24.02.1988 Rn. 19 in der Zi­tie­rung nach ju­ris). Die ober­ge­richt­li­che Recht­spre­chung lehnt beim pri­va­ten Di­rekt­ver­kauf die An­nah­me ei­ner Be­schaf­fen­heits­zu­si­che­rung ein­hel­lig ab (ne­ben der be­reits zi­tier­ten Ent­schei­dung des OLG Bran­den­burg [Urt. v. 02.10.2007 – 11 U 177/06] auch OLG Hamm, Urt. v. 14.04.1992 – 28 U 267/91, OLGR 1992, 290; OLG Mün­chen, Urt. v. 16.05.1997 – 14 U 934/96, NJW-RR 1998, 845). Die­ser An­sicht schließt sich der Se­nat an mit der Fol­ge, dass An­sprü­che des Klä­gers im Hin­blick auf den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss im Kauf­ver­trag nicht in Be­tracht kom­men. Der Hin­weis im Schrift­satz vom 11.06.2014 auf die Ent­schei­dung des BGH (Urt. vom 24.02.1988 – VI­II ZR 145/87, BGHZ 103, 275) führt schon des­halb zu kei­nem ab­wei­chen­den Er­geb­nis, weil dort – wenn auch nur als Ver­mitt­ler – ein Au­to­händ­ler ge­gen­über dem Kun­den tä­tig wur­de. Dar­an fehlt es vor­lie­gend doch ge­ra­de, wenn der Be­klag­te als Pri­vat­per­son als Ver­käu­fer auf­tritt. Da­bei han­delt es sich um den in der münd­li­chen Ver­hand­lung aus­führ­lich er­ör­ter­ten Ge­sichts­punkt der Tren­nung zwi­schen ge­schäft­li­cher und pri­va­ter Sphä­re.

Da­mit kann auch der An­sicht des Klä­gers aus dem Schrift­satz vom 23.04.2014 nicht ge­folgt wer­den, dass kein pri­va­tes Di­rekt­ge­schäft vor­liegt, weil ein Kauf­ver­trags­for­mu­lar der Fir­ma M ver­wen­det wur­de. Ent­schei­dend ist, wer nach dem Kauf­ver­trag der Ver­käu­fer des Fahr­zeu­ges war, und dies war aus­weis­lich der Kauf­ver­trags­ur­kun­de nicht ei­ne Fir­ma M, son­dern der Be­klag­te als na­tür­li­che Per­son. Dass die Vor­aus­set­zun­gen von § 13 BGB in Be­zug auf die Per­son des Be­klag­ten im Hin­blick auf den kon­kre­ten Kauf­ver­trags­ab­schluss nicht vor­la­gen, folgt je­den­falls nicht zwin­gend aus der Ver­wen­dung ei­nes For­mu­lars der M.

Auf die Fra­ge, ob die Män­gel be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­ge­le­gen ha­ben …, kommt es so­mit nicht mehr an.

(2) Die Wi­der­kla­ge ist un­be­grün­det. Zwar kann die Gel­tend­ma­chung ei­nes un­be­rech­tig­ten An­spruchs ei­ne Pflicht­ver­let­zung i. S. von § 280 I BGB dar­stel­len, wenn zwi­schen den Par­tei­en – wie vor­lie­gend – ein Ver­trags­ver­hält­nis be­steht (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 73. Aufl., § 280 Rn. 27). Zu ver­tre­ten ge­mäß § 280 I 2 BGB hat ei­ne Ver­trags­par­tei ei­ne sol­che Pflicht­wid­rig­keit aber nicht schon dann, wenn sie nicht er­kennt, dass ih­re Rechts­po­si­ti­on in der Sa­che nicht be­rech­tigt ist, son­dern erst dann, wenn sie die­se Rechts­po­si­ti­on auch nicht als plau­si­bel an­se­hen durf­te (BGH, Urt. v. 16.01.2009 – V ZR 133/08BGHZ 179, 238 Rn. 20). Da­von kann im Er­geb­nis aber über­haupt kei­ne Re­de sein, wenn ein Ge­richt den Rechts­stand­punkt des Klä­gers in ers­ter In­stanz teilt und die Rechts­fra­ge (be­zo­gen auf ein pri­va­tes Di­rekt­ge­schäft) nicht höchst­rich­ter­lich ge­klärt ist …

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