Der Käufer eines hochpreisigen Gebrauchtwagens darf erwarten, dass in dem Fahrzeug kein erheblicher, unangenehmer Rauchgeruch wahrzunehmen ist. Intensiver Rauchgeruch, der insbesondere bei hohen Temperaturen auftritt, stellt bei einem solchen Fahrzeug vielmehr einen Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar.
LG München I, Urteil vom 16.08.2013 – 6 O 2154/12
Sachverhalt: Der Kläger bestellte am 19.10.2011 bei der Beklagten einen gebrauchten BMW 650i Coupe zum Gesamtpreis von 45.100 €. Das Fahrzeug wurde ihm am 03.11.2011 übergeben.
Da der Kläger bei der Übergabe des Fahrzeugs moniert hatte, dass es nach Rauch rieche, wurde der Innenraum des BMW in der Folgezeit auf Kosten der Beklagten gereinigt. Nachdem dadurch der Rauchgeruch nach Auffassung des Klägers nicht beseitigt worden war, ließ der Kläger ein DEKRA-Gutachten erstellen, in dem intensiver Rauchgeruch im Innenraum des Pkw festgestellt wurde.
Dies teilte der Kläger der Beklagten mit E-Mail vom 05.11.2011 mit und erklärte mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 30.11.2011 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Zugleich forderte er die Beklagte auf, ihm den Kaufpreis bis zum 20.12.2011 zu erstatten und das streitgegenständliche Fahrzeug abzuholen. Die Beklagte bot daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 06.12.2011 eine erneute Nachbesserung an. Dieses Angebot nahm der Kläger zwar nicht an. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens gab er der Beklagten jedoch – einem Hinweis des Gerichts folgend – erneut die Möglichkeit zur Nachbesserung, die die Beklagte auch wahrnahm.
Der Kläger hat behauptet, dass das Fahrzeug trotz dieses Nachbesserungsversuchs noch immer intensiv nach Rauch rieche. Er hat weiter behauptet, die Beklagte habe ihm in telefonischen Vorgesprächen versichert, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Pkw um ein Nichtraucherfahrzeug handele, und meint, zwischen den Parteien sei eine dahin gehende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden.
Seine Klage hatte größtenteils Erfolg.
Aus den Gründen: Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 45.100 €, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw, gemäß den §§ 346 I, 437 Nr. 2 Fall 1, § 440 Satz 1 Fall 3, Satz 2, § 323 BGB.
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht zur Überzeugung des Gerichts an dem streitgegenständlichen Pkw ein Sachmangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB fest. Der Sachverständige S … hat in seinem Gutachten vom 14.05.2013 festgestellt, dass nach mehrfach durchgeführten Besichtigungen und Geruchsproben ein deutlicher Rauchgeruch in dem Innenraum des streitgegenständlichen Fahrzeugs festgestellt werden konnte, der sich von Vergleichsfahrzeugen deutlich unterscheide. Nach den Feststellungen des Sachverständigen verstärke sich dieser Rauchgeruch bei höheren Temperaturen stark, sodass eine deutliche Rauchnote, die an Tabakrauch erinnere, festzustellen sei. Der Sachverständige führt weiterhin aus, dass eine spezifische Lokalisierung bezüglich des Rauchgeruchs nicht eindeutig durchgeführt werden konnte.
Die Ausführungen des Sachverständigen sind in sich logisch und absolut nachvollziehbar; an der Sachkunde des Gutachters besteht keinerlei Zweifel, sodass das Gericht diesen Ausführungen folgt.
Nach der Auffassung des Gerichts stellt ein intensiver Rauchgeruch, der insbesondere bei hohen Temperaturen auftritt, einen Sachmangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar. Als Vergleichsmaßstab ist die übliche Beschaffenheit Sachen gleicher Art, die sogenannte Normalbeschaffenheit, heranzuziehen. Dies gilt auch für gebrauchte Kraftfahrzeuge (Palandt/Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., § 434 Rn. 29). Das Gericht geht davon aus, dass es sich bei dem Gebrauchten, der bei Vertragsabschluss circa drei Jahre alt war, um ein höherwertiges Fahrzeug im oberen Preissegment handelt, sodass für den Vergleichsmaßstab von einem höherwertigen Pkw mit demselben Qualitätsstandard auszugehen ist.
Insbesondere die Tatsache, dass der Verkäufer der Beklagten dem Kläger vor Abholung erklärt hat, er selbst habe keinen Rauchgeruch im Pkw wahrgenommen, führt auch dazu, dass der Kläger davon ausgehen durfte, dass in dem Pkw kein erheblicher, unangenehmer Rauchgeruch wahrnehmbar ist. Gerade im heutigen Zeitalter, in dem weder in geschlossenen Räumen noch in Restaurants üblicherweise geraucht werden darf, kann der Verbraucher beim Erwerb eines im oberen Preissegment liegenden Gebrauchtwagens davon ausgehen, dass im Innenraum kein störender, intensiver Tabakgeruch wahrnehmbar ist.
Das Gericht hält den vom Sachverständigen festgestellten Rauchgeruch daher für einen Sachmangel.
Auch an der Erheblichkeit des Sachmangels hat das Gericht keinerlei Zweifel, insbesondere weil zwei von der Beklagten durchgeführte Reinigungen diesen nicht beseitigen konnten und auch der Sachverständige die Ursache nicht klären konnte, sodass der unangenehme Rauchgeruch auch zukünftig für den Kläger erhalten bleibt. Nach Abwägung aller Interessen der Klagepartei und der Beklagtenpartei ist das Gericht der Auffassung, dass der Rauchgeruch nicht unerheblich und daher für den Kläger nicht hinnehmbar ist.
Eine erfolglose Fristsetzung zur Nacherfüllung war nicht mehr erforderlich, da die Beklagte zwei erfolglose Nachbesserungen durchgeführt hat und auch das Vorhandensein des Rauchgeruchs bestreitet.
Die Beklagte ist daher verpflichtet, dem Kläger den Kaufpreis in Höhe von 45.100 € Zug um Zug gegen Rükgabe des Pkws zurückzuzahlen gemäß § 346 I BGB.
Die Beklagte befindet sich mit dieser Zahlung seit dem 21.06.2013 in Verzug, da die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.06.2013 deutlich erklärt hat, den Kaufpreis nicht zurückzuzahlen (§ 286 II Nr. 3 BGB). Zu einem früheren Zeitpunkt befand sich die Beklagte nicht in Verzug, da sie mit Schreiben vom 06.12.2011 ihre Bereitschaft zur Nachbesserung erklärte; einen zweiten Nachbesserungsversuch musste der Kläger der Beklagten auch einräumen.
Gemäß § 437 Nr. 3, §§ 440, 280 BGB ist die Beklagte auch verpflichtet, dem Kläger die Fahrtkosten zur Abholung des Pkw in Höhe von 250 € zu erstatten, da diese ohne den Sachmangel nicht angefallen wären; ein Verschulden der Beklagten ist zu bejahen, da die Beklagte als renomiertes Autohaus dafür Sorge tragen muss, dass ihre Fahrzeuge entweder dem Qualitätsstandard, den der Käufer erwarten darf, entsprechen, oder zumindest den jeweiligen Käufen aufklären muss, dass ein Mangel, hier der Rauchgeruch, vorhanden ist.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren hat die Beklagte dem Kläger nicht zu ersetzen, da sie bei Klageerhebung noch das Recht hatte, einen zweiten Nachbesserungsversuch durchzuführen, und sich daher mit der Rückzahlung des Kaufpreises noch nicht in Verzug befand. …