Der Käufer, der wegen eines Mangels einen Anspruch auf Nacherfüllung hat, kann sich gegenüber dem Anspruch des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung grundsätzlich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Das gilt aber nicht, wenn der Käufer eine Nacherfüllung dadurch verhindert, dass er eine erforderliche Mitwirkungshandlung (hier: eine Terminvereinbarung) nicht vornimmt.
AG München, Urteil vom 26.07.2011 – 274 C 7664/11
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt die Zahlung des restlichen Kaufpreises für eine Einbauküche.
Die Beklagte erwarb im Einrichtungszentrum der Klägerin am 03.07.2009 eine Einbauküche zu einem Preis von 2.999 €. Der Kaufpreis ist bis auf den streitgegenständlichen Restbetrag von 671 € gezahlt. Die Beklagte hält den Restbetrag wegen eines Mangels zurück.
Hinsichtlich des Mangels hatten die Parteien eine Nachbesserung vereinbart. Seit dem 01.12.2009 versuchte die Klägerin, mit der Beklagten einen Nachbesserungstermin zu vereinbaren. Bereits vereinbarte Termine – zuletzt ein für den 03.05.2010 vereinbarter Termin – sagte die Beklagte kurzfristig ab. Mit Schreiben vom 30.04.2010 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung des Restbetrags bis zum 10.05.2010 auf. Der Beklagten wurde aufgegeben, binnen gleicher Frist einen Nachbesserungstermin zu vereinbaren. Die Beklagte versprach in der Folge, einen Termin zu verbinbaren. Durch die Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde die Beklagte mit Schreiben vom 06.12.2010 erneut zur Zahlung aufgefordert. Mit Schreiben vom 04.01.2011 teilt die Beklagte mit, sie werde sich zur Terminabsprache mit der Klägerin in Verbindung setzen. Zu einem Nachbesserungstermin ist es indessen nicht gekommen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte zur Zahlung des Restkaufpreises verpflichtet sei. Ein wegen des Mangels bestehendes Zurückbehaltungsrecht sei verwirkt.
Die Klage hatte Erfolg.
Aus den Gründen: I. Die Klage ist vollumfänglich begründet. Die Klägerin kann Zahlung des Restkaufpreises fordern. Der Beklagten steht kein Zurückbehaltungsrecht zu.
Zwar kann sich der Käufer wegen eines Anspruchs auf Mangelbeseitigung gegenüber dem Anspruch des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 BGB und § 320 BGB grundsätzlich auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl. [2011], § 437 Rn. 14 und Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. [2011], § 320 Rn. 9). Auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrages kann sich die Beklagte jedoch deshalb nicht berufen, weil sie sich selbst nicht vertragtreu verhält (vgl. BGH, Urt. v. 08.11.1994 – X ZR 104/91, NJW-RR 1995, 564 [565]; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 320 Rn. 6).
Die Beklagte befindet sich in Leistungsverzug, da sie ihrer Abnahmepflicht nicht nachkommt. Beim Nacherfüllungsanspruch handelt es sich um einen modifizierten Erfüllungsanspruch. Bei dessen Nichterfüllung kommt der Käufer in Verzug mit seiner kaufvertraglichen Abnahmepflicht gemäß § 433 II BGB. Eine weitere Mahnung war nicht erforderlich. Die Beklagte war zur Terminsvereinbarung bis zum 10.05.2010 aufgefordert worden. Dem ist sie nicht nachgekommen. Ferner hat sie in ihrem Schreiben vom 04.01.2011 mitgeteilt, dass sie von sich aus einen Nachbesserungstermin vereinbaren werde. Dies steht einer Selbstmahnung gleich.
Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die [mangelnde] Terminsvereinbarung nicht zu vertreten hat, sind nicht dargetan. Die Behauptung, mit der Klägerin habe keine Terminsabsprache stattfinden können, ist unsubstanziiert.
Darüber hinaus ist der Beklagten das Recht zur Berufung auf § 320 BGB nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB zu versagen. Die Beklagte kann sich nicht auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrags berufen, wenn sie die Erfüllung durch Nachbesserung dadurch verhindert, dass die erforderliche Mitwirkungshandlung in Gestalt der Terminsvereinbarung nicht vornimmt. Dass der Klägerin kein Recht auf Nachbesserung mehr zusteht, da die Nachbesserung gescheitert ist, ist nicnt dargetan. Zudem erwartet die Beklagte offenbar noch eine Nachbesserung. …