Fahr­zeu­ge, die bau­art­be­dingt weit­ge­hend ei­nem Pkw ent­spre­chen und sich auch hin­sicht­lich des zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wichts und der Nutz­last von ei­nem Pkw nicht we­sent­lich un­ter­schei­den, un­ter­lie­gen der emis­si­ons­be­zo­ge­nen Hub­raum­be­steue­rung nach § 8 Nr. 1 Kraft­StG. Ei­ne Be­steue­rung sol­cher Fahr­zeu­ge als Lkw nach dem Fahr­zeug­ge­wicht kommt nur in Be­tracht, wenn die Fahr­zeu­ge ein zu­läs­si­ges Ge­samt­ge­wicht von mehr als 2.800 kg und ei­ne Nutz­last von mehr als 800 kg ha­ben.

BFH, Ur­teil vom 24.02.2010 – II R 6/08

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ist Hal­ter ei­nes Kraft­fahr­zeugs vom Typ Opel AS­TRA-F-LFW. Das Fahr­zeug hat werks­sei­tig kei­ne hin­te­ren Sit­ze und ei­ne Trenn­wand zwi­schen dem Fahr­gast­raum und der La­de­flä­che. Be­fes­ti­gungs­punk­te für Si­cher­heits­gur­te und Sit­ze feh­len im Be­reich der La­de­flä­che. Das Fahr­zeug hat zwei Tü­ren und ei­ne Heck­klap­pe. Die hin­te­ren Sei­ten­fens­ter sind ver­blecht. Das zu­läs­si­ge Ge­samt­ge­wicht be­trägt 1.595 kg und die Nutz­last 458 kg. Die der Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen­de Flä­che hat das Fi­nanz­ge­richt mit 1,68 m2, die La­de­flä­che mit 2,16 m2 er­mit­telt.

Mit Be­scheid vom 12.10.2005 setz­te der Be­klag­te (das Fi­nanz­amt) die Kraft­fahr­zeug­steu­er für die Zeit ab dem 16.08.2005 aus­ge­hend von der Fahr­zeugart Pkw auf jähr­lich 464 € fest. Ein­spruch und Kla­ge, mit de­nen sich der Klä­ger ge­gen die Ein­ord­nung sei­nes Fahr­zeugs als Pkw wand­te, blie­ben oh­ne Er­folg. Mit sei­ner Re­vi­si­on rügt der Klä­ger ei­ne feh­ler­haf­te An­wen­dung des § 8 Nr. 2 Kraft­StG. Das Rechts­mit­tel blieb oh­ne Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Das Fi­nanz­ge­richt hat oh­ne Rechts­ver­stoß ent­schie­den, dass das Fahr­zeug des Klä­gers nicht als „an­de­res Fahr­zeug“ i. S. des § 8 Nr. 2 Kraft­StG (hier als Lkw) nach dem Ge­wicht zu be­steu­ern ist, son­dern als Pkw der emis­si­ons­be­zo­ge­nen Hub­raum­be­steue­rung ge­mäß § 8 Nr. 1 Kraft­StG un­ter­liegt. Es hat zu­tref­fend er­kannt, dass für die Ab­gren­zung zwi­schen Lkw und Pkw dem Fahr­zeug­ge­wicht so­wie der Zu­la­dung maß­geb­li­che Be­deu­tung zu­kommt.

a) Das Kraft­StG ent­hält kei­ne aus­drück­li­che De­fi­ni­ti­on des Pkw; es ver­weist in § 2 II 1 le­dig­lich auf die „je­weils gel­ten­den ver­kehrs­recht­li­chen Vor­schrif­ten, wenn nichts an­de­res be­stimmt ist“. Die ver­kehrs­recht­li­chen Vor­schrif­ten ent­hal­ten kei­ne aus­drück­li­chen Be­stim­mun­gen des Be­griffs des Pkw oder des Lkw. Der BFH hat in­so­weit mehr­fach ent­schie­den, dass sich we­der aus der Richt­li­nie 2001/116/EG der Kom­mis­si­on vom 20.12.2001 zur An­pas­sung der Richt­li­nie 70/156/EWG des Ra­tes zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über die Be­triebs­er­laub­nis für Kraft­fahr­zeu­ge und Kraft­fahr­zeug­an­hän­ger an den tech­ni­schen Fort­schritt noch aus an­de­ren ver­kehrs­recht­li­chen Vor­schrif­ten ent­spre­chen­de Be­griffs­be­stim­mun­gen er­ge­ben (Urt. v. 01.10.2008 – II R 63/07, BFHE 222, 100 = BSt­Bl II 2009, 20; Beschl. v. 23.02.2007 – IX B 222/06, BFH/NV 2007, 1351; Beschl. v. 21.08.2006 – VII B 333/05, BFHE 213, 281 = BSt­Bl II 2006, 721, und Urt. v. 28.11.2006 – VII R 11/06, BFHE 215, 568 = BSt­Bl II 2007, 338, je­weils m. w. Nachw.).

Der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung liegt viel­mehr ein ei­gen­stän­di­ger kraft­fahr­zeug­steu­er­recht­li­cher Pkw-Be­griff zu­grun­de, der auf die ur­sprüng­li­che Be­griffs­be­stim­mung in § 10 II Kraft­StG in der Fas­sung vom 30.06.1955 (BGBl I 1955, 418, 420) zu­rück­greift und der nun­mehr in § 4 IV Nr. 1 PBefG ent­hal­ten ist (BFH, Urt. v. 01.10.2008 – II R 63/07, BFHE 222, 100 = BSt­Bl II 2009, 20). Da­nach ist ein Pkw ein Fahr­zeug mit vier oder mehr Rä­dern, das nach sei­ner Bau­art und Ein­rich­tung zur Per­so­nen­be­för­de­rung (zu­nächst höchs­tens sie­ben, heu­te höchs­tens neun Per­so­nen ein­schließ­lich Fah­rer) ge­eig­net und be­stimmt ist (BFH, Beschl. v. 21.08.2006 – VII B 333/05, BFHE 213, 281 = BSt­Bl II 2006, 721; Beschl. v. 30.10.2008 – II B 60/08). Die­se auf his­to­ri­scher Be­trach­tung be­ru­hen­de Rechts­an­wen­dung wahrt die ver­fas­sungs­recht­li­chen Gren­zen der rich­ter­li­chen Rechts­fin­dung und stellt ei­ne an­er­kann­te Me­tho­de der Ge­set­zes­aus­le­gung dar (Nicht­an­nah­me­be­schluss des BVerfG v. 31.08.2009 – 1 BvR 3227/08, BFH/NV 2009, 2124).

Der Eig­nung und Be­stim­mung zur Per­so­nen­be­för­de­rung steht es da­bei grund­sätz­lich nicht ent­ge­gen, dass Fahr­zeu­ge ne­ben der Be­för­de­rung von Per­so­nen auch dem Trans­port von Ge­päck oder an­de­rer Gü­ter im pri­va­ten oder ge­werb­li­chen Be­reich die­nen oder zu die­nen be­stimmt sind, wie dies z. B. bei Kom­bi­na­ti­ons­kraft­wa­gen der Fall ist. Be­stand­teil des Re­ge­lungs­plans des his­to­ri­schen Ge­setz­ge­bers war es näm­lich, un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen auch sol­che Kraft­fahr­zeu­ge als Pkw zu be­zeich­nen, die nach ih­rer Bau­art und Ein­rich­tung ge­eig­net und be­stimmt wa­ren, nicht nur Per­so­nen (ein­schließ­lich ih­res üb­li­chen Ge­päcks) zu be­för­dern, son­dern ei­nem wei­te­ren Haupt­zweck zu die­nen (BFH, Urt. v. 22.06.1983 – II R 64/82, BFHE 138, 493 = BSt­Bl II 1983, 747).

Die Ab­gren­zung zwi­schen Lkw und Pkw ist nach der ob­jek­ti­ven Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs vor­zu­neh­men. Als für die Ein­stu­fung be­deut­sa­me Merk­ma­le sind von der Recht­spre­chung z. B. die Zahl der Sitz­plät­ze, die ver­kehrs­recht­lich zu­läs­si­ge Zu­la­dung, die Grö­ße der La­de­flä­che, die Aus­stat­tung mit Sitz­be­fes­ti­gungs­punk­ten und Si­cher­heits­gur­ten, die Ver­ble­chung der Sei­ten­fens­ter, die Be­schaf­fen­heit der Ka­ros­se­rie und des Fahr­ge­stells, die Mo­to­ri­sie­rung und die da­mit er­reich­ba­re Höchst­ge­schwin­dig­keit, das äu­ße­re Er­schei­nungs­bild und bei Se­ri­en­fahr­zeu­gen die Kon­zep­ti­on des Her­stel­lers an­er­kannt wor­den (vgl. hier­zu BFH, Beschl. v. 23.02.2007 – IX B 222/06, BFH/NV 2007, 1351; Urt. v. 01.10.2008 – II R 63/07, BFHE 222, 100 = BSt­Bl. II 2009, 20).

An die­ser Recht­spre­chung hält der Se­nat grund­sätz­lich fest, prä­zi­siert die­se aber da­hin, dass für die Ab­gren­zung zwi­schen ei­nem Pkw und ei­nem Lkw dem ver­kehrs­recht­lich zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wicht so­wie der Zu­la­dung (Nutz­ge­wicht) ei­nes Fahr­zeugs je­den­falls dann ei­ne be­son­de­re und ent­schei­den­de Be­deu­tung zu­kommt, wenn bei se­ri­en­mä­ßig her­ge­stell­ten Fahr­zeu­gen durch werks­sei­ti­ge oder nach­träg­lich vor­ge­nom­me­ne Mo­di­fi­ka­tio­nen oder Aus­stat­tun­gen (wie z. B. Ver­zicht auf ei­ne zwei­te Sitz­rei­he, Ver­ble­chung der hin­te­ren Sei­ten­schei­ben, Trenn­wand zwi­schen Fahr­gast­raum und La­de­zo­ne) die Mög­lich­kei­ten zur Per­so­nen­be­för­de­rung ein­ge­schränkt wer­den, die Fahr­zeu­ge aber nach ih­rem äu­ße­ren Er­schei­nungs­bild (Ka­ros­se­rie­form) so­wie ih­rer tech­ni­schen Aus­stat­tung (Fahr­ge­stell und Mo­to­ri­sie­rung) ei­nem an­nä­hernd bau­glei­chen Pkw-Typ (ge­ge­be­nen­falls in der Ka­ros­se­rie­form ei­nes Kom­bi­na­ti­ons­kraft­wa­gens) ent­spre­chen.

An­ge­sichts der Vor­prä­gung sol­cher Fahr­zeu­ge als Pkw kommt ih­re Be­steue­rung als Lkw nach dem Fahr­zeug­ge­wicht erst dann in Be­tracht, wenn die­se den ty­pi­schen Ge­wichts­be­reich und die re­gel­mä­ßi­gen Zu­la­dungs­mög­lich­kei­ten ei­nes Pkw deut­lich über­schrei­ten. Denn ein Lkw wird maß­geb­lich durch die Mög­lich­keit ge­prägt, Las­ten von er­heb­li­chem Um­fang zu be­för­dern. Die­sem Ge­sichts­punkt ent­spricht die Be­steue­rung der Lkw nach dem höchst zu­läs­si­gen Fahr­zeug­ge­wicht, mit der der Ge­setz­ge­ber der durch das re­gel­mä­ßig hö­he­re Fahr­zeug­ge­wicht von Lkw pro­gres­siv an­stei­gen­den Be­an­spru­chung der Stra­ßen be­son­de­re Rech­nung tra­gen will (BT-Drs. 2/573, S. 9 f. – Be­grün­dung zum Ver­kehrs­fi­nan­zie­rungs­ge­setz 1954; BT-Drs. 3/1247, S. 8 – Be­grün­dung zum StrFinG).

Die­se ge­setz­ge­be­ri­sche In­ten­ti­on steht der An­nah­me, es lie­ge ein Lkw vor, je­den­falls bei sol­chen Fahr­zeu­gen ent­ge­gen, die bau­art­be­dingt weit­ge­hend ei­nem Pkw ent­spre­chen und sich auch hin­sicht­lich des zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wichts und der Nutz­last von ei­nem Pkw nicht we­sent­lich un­ter­schei­den. Ei­ne Be­steue­rung sol­cher Fahr­zeu­ge als Lkw nach dem Fahr­zeug­ge­wicht kommt des­halb erst dann in Be­tracht, wenn sie den ty­pi­schen Ge­wichts­be­reich und die ge­wöhn­li­chen Zu­la­dungs­mög­lich­kei­ten von Pkw deut­lich über­schrei­ten. Ein deut­li­ches Über­schrei­ten des ge­wöhn­li­chen Ge­samt­ge­wichts und der ge­wöhn­li­chen Zu­la­dungs­mög­lich­kei­ten ei­nes Pkw liegt nur bei sol­chen Fahr­zeu­gen vor, die ein zu­läs­si­ges Ge­samt­ge­wicht von mehr als 2.800 kg und ei­ne Nutz­last von mehr als 800 kg ha­ben. Denn Li­mou­si­nen oder Kom­bi­na­ti­ons­kraft­wa­gen mit ei­nem zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wicht von 2.500–2.700 kg und ei­ner Zu­la­dung von 500–650 kg sind heu­te kei­ne Sel­ten­heit. Fahr­zeu­ge, die nach ih­rem äu­ße­ren Er­schei­nungs­bild (Ka­ros­se­rie­form) so­wie ih­rer tech­ni­schen Aus­stat­tung (Fahr­ge­stell und Mo­to­ri­sie­rung) ei­nem an­nä­hernd bau­glei­chen Pkw-Typ ent­spre­chen und die nicht so­wohl ein zu­läs­si­ges Ge­samt­ge­wicht von 2.800 kg als auch ei­ne Zu­la­dung von 800 kg über­schrei­ten, gel­ten mit­hin stets als Pkw und un­ter­lie­gen wie die­se der emis­si­ons­be­zo­ge­nen Hub­raum­be­steue­rung ge­mäß § 8 Nr. 1 Kraft­StG.

Bei Fahr­zeu­gen mit La­de­prit­sche so­wie bei Fahr­zeu­gen mit ei­nem zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wicht von mehr als 2.800 kg und ei­ner Nutz­last von mehr als 800 kg er­folgt die Ab­gren­zung zwi­schen Pkw und Lkw wei­ter­hin ent­spre­chend der bis­he­ri­gen Rechts­pra­xis nach der ob­jek­ti­ven Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs und den von der Recht­spre­chung da­zu ent­wi­ckel­ten Kri­te­ri­en (vgl. hier­zu BFH, Beschl. v. 23.02.2007 – IX B 222/06, BFH/NV 2007, 1351; Urt. v. 01.10.2008 – II R 63/07, BFHE 222, 100 = BSt­Bl II 2009, 20).

b) Bei dem Fahr­zeug des Klä­gers, ei­nem Opel AS­TRA-F-LFW, han­delt es sich um ein Fahr­zeug, wel­ches durch werks­sei­ti­ge Aus­stat­tung nur ei­ne auf die vor­de­re Sitz­rei­he be­schränk­te Mög­lich­keit zur Per­so­nen­be­för­de­rung bie­tet, im Üb­ri­gen aber ei­nem an­nä­hernd bau­glei­chen Pkw-Typ ent­spricht. Es könn­te des­halb nur dann nach dem Ge­wicht als Lkw be­steu­ert wer­den, wenn es die un­ter II 1a ge­nann­ten Ge­wichts- und Zu­la­dungs­wer­te er­rei­chen wür­de. Da dies nicht der Fall ist, hat das Fi­nanz­ge­richt im Er­geb­nis zu­tref­fend ei­ne kraft­fahr­zeug­steu­er­recht­li­che Be­hand­lung des Fahr­zeugs als Lkw ab­ge­lehnt.

Auf die nach Auf­fas­sung des Klä­gers für das Vor­lie­gen ei­nes Lkw spre­chen­den Kri­te­ri­en wie bei­spiels­wei­se das Ver­hält­nis der Flä­chen von La­de­raum und Fahr­gast­raum so­wie die Trans­port­ka­pa­zi­tä­ten und Ähn­li­ches kommt es nach den Aus­füh­run­gen un­ter II 1a nicht an.

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