Ei­gen­tum an ei­nem ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeug kann man nur un­ter der Vor­aus­set­zung gut­gläu­big vom Nicht­be­rech­tig­ten er­wer­ben, dass der Ver­äu­ße­rer den Kfz-Brief im Ori­gi­nal vor­le­gen kann. Die Vor­la­ge von Fo­to­ko­pi­en ge­nügt eben­so we­nig wie die Vor­la­ge ei­nes ent­wer­te­ten Kfz-Briefs.

LG Wies­ba­den, Ur­teil vom 17.07.2009 – 7 O 68/09

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­langt von dem Be­klag­ten die Her­aus­ga­be von Fahr­zeug­pa­pie­ren für ei­nen Pkw der Mar­ke Por­sche.

Der Be­klag­te schloss als Käu­fer un­ter dem 25.09.2008 mit der R-GmbH als Ver­käu­fe­rin ei­nen Kauf­ver­trag über ei­nen Pkw der Mar­ke Por­sche. Der Be­klag­te zahl­te den Kauf­preis an die R-GmbH und er­hielt von ihr ne­ben dem Pkw auch die Fahr­zeug­pa­pie­re. Den Pkw über­ließ der Be­klag­te dem Ge­schäfts­füh­rer der W-GmbH, Herrn L, und zwar zu­sam­men mit ei­nem ent­wer­te­ten Kraft­fahr­zeug­brief.

Über den Por­sche schloss die W-GmbH, ver­tre­ten durch Herrn L, mit der Klä­ge­rin un­ter dem 13.10.2008 ei­nen Kauf­ver­trag. Den ge­schul­de­ten Kauf­preis be­glich die Klä­ge­rin durch Über­wei­sung; den Por­sche hol­te sie am Sitz der W-GmbH in H. ab und nahm ihn mit nach Frank­reich.

Die Klä­ge­rin meint, der Be­klag­te müs­se ihr die Kraft­fahr­zeug­pa­pie­re her­aus­ge­ben, weil sie Ei­gen­tü­me­rin des Por­sche ge­wor­den sei. Sie, die Klä­ge­rin, sei beim Er­werb des Pkw von der W-GmbH gut­gläu­big ge­we­sen und ha­be zu­min­dest an de­ren Ver­fü­gungs­be­fug­nis  ge­glaubt. An­halts­punk­te da­für, dass die W-GmbH nicht Ei­gen­tü­me­rin des Por­sche sei, ha­be es nicht ge­ge­ben.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Klä­ge­rin kann nicht im We­ge der Kla­ge von dem Be­klag­ten die Her­aus­ga­be der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I und Teil II ver­lan­gen, weil die Klä­ge­rin nicht Ei­gen­tü­me­rin des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw ge­wor­den ist (§§ 985, 986, 952 BGB).

Es ist an­er­kann­ten Rechts, dass das Ei­gen­tums­recht an ei­nem Pkw sich auf die zu­ge­hö­ri­gen Fahr­zeug­pa­pie­re er­streckt (§ 952 BGB). Die Klä­ge­rin ist al­ler­dings nicht Ei­gen­tü­me­rin des streit­ge­gen­ständ­li­chen Por­sche.

Ob das Ei­gen­tum an dem Pkw ehe­dem ei­nem Herrn D zu­stand, wie dies von dem Ein­trag in dem Kfz-Brief sug­ge­riert wird, kann da­hin­ste­hen. Auf­grund des ge­sam­ten In­halts der Ver­hand­lun­gen, ein­schließ­lich der zu den Ge­richts­ak­ten ge­lang­ten Un­ter­la­gen, steht zur Über­zeu­gung des er­ken­nen­den Ge­richts fest, dass der Be­klag­te den streit­ge­gen­ständ­li­chen Por­sche un­ter dem 25.09.2008 von der R-GmbH käuf­lich er­wor­ben hat und hier­bei auch Ei­gen­tü­mer des Pkw ge­wor­den ist. Dem Vor­trag des Be­klag­ten, wo­nach er sei­ner­zeit den Kauf­preis ent­rich­tet und im Ge­gen­zug den Pkw samt Pa­pie­ren aus­ge­hän­digt be­kom­men ha­be, ist die Klä­ge­rin er­heb­lich nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten. Selbst wenn die R-GmbH sei­ner­zeit als Nich­tei­gen­tü­me­rin ver­fügt ha­ben soll­te, tat sie dies un­ter Vor­la­ge des Brie­fes, so­dass der Be­klag­te je­den­falls un­ter den Vor­aus­set­zun­gen der §§ 929, 932 BGB Ei­gen­tum an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw er­wer­ben konn­te.

Die­ses hat er zur Über­zeu­gung des er­ken­nen­den Ge­richts nicht da­durch ver­lo­ren, dass er den Por­sche an Herrn L wei­ter­gab. Denn dass es sich bei der Über­ga­be des Por­sche an Herrn L um ei­ne Über­ga­be i. S. von § 929 Satz 1 BGB ge­han­delt ha­ben könn­te, wird noch nicht ein­mal von der Klä­ge­rin be­haup­tet. Hier­ge­gen spricht im Üb­ri­gen ins­be­son­de­re auch der Ver­bleib der Fahr­zeug­pa­pie­re bei dem Be­klag­ten.

Der Be­klag­te ist des Ei­gen­tums an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Por­sche aber auch nicht da­durch ver­lus­tig ge­gan­gen, dass die W-GmbH eben die­sen Pkw un­ter dem 13.10.2008 an die Klä­ge­rin ver­äu­ßer­te. Dies kann nicht un­ter den Vor­aus­set­zun­gen des § 929 Satz 1 BGB ge­sche­hen sein. Denn die W-GmbH ist nicht Ei­gen­tü­me­rin des Por­sche ge­wor­den, als sie die­sen von dem Be­klag­ten er­hielt. Zur Ver­mei­dung von Wie­der­ho­lun­gen wird in­so­weit auf die vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen ver­wie­sen. Die Klä­ge­rin ist aber auch nicht un­ter den Vor­aus­set­zun­gen des § 932 BGB Ei­gen­tü­me­rin ge­wor­den, als sie den streit­ge­gen­ständ­li­chen Por­sche von der W-GmbH über­nahm. Denn die Klä­ge­rin war in­so­weit nicht in gu­tem Glau­ben (§ 932 II BGB). Es ist an­er­kannt, dass der gut­gläu­bi­ge Er­werb des Ei­gen­tums an ei­nem Pkw von ei­nem Nicht­be­rech­tig­ten die Vor­la­ge des Kfz-Brie­fes vor­aus­setzt (vgl. zu­letzt BGH, Urt. v. 13.09.2006 – VI­II ZR 184/05, NJW 2006, 3488). Da­bei ist es oh­ne Be­lang, ob der Ver­äu­ße­rer selbst in dem Kfz-Brief ein­ge­tra­gen ist. Ent­schei­dend ist, dass er eben die­sen aus An­lass der Ver­äu­ße­rung vor­le­gen kann. Das war hier nicht der Fall. Dass die W-GmbH aus An­lass der Ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges vom 13.10.2008 kei­nen Kfz-Brief vor­le­gen konn­te, folgt al­lein schon aus dem Um­stand, dass der Be­klag­te, wie er un­wi­der­spro­chen vor­tra­gen ließ, nach dem käuf­li­chen Er­werb des streit­ge­gen­ständ­li­chen Por­sche von der R-GmbH der zu­ge­hö­ri­gen Kfz-Pa­pie­re sich nie­mals ent­äu­ßert hat­te.

Die Klä­ge­rin be­ruft sich zum Be­leg für die von ihr be­haup­te­te Gut­gläu­big­keit aber auch ver­geb­lich dar­auf, dass die W-GmbH sei­ner­zeit zu­min­dest ei­nen ent­wer­te­ten Kfz-Brief ha­be vor­le­gen kön­nen. Dem er­ken­nen­den Ge­richt er­schließt sich nicht, wie aus un­ver­kenn­bar ent­wer­te­ten Kfz-Pa­pie­ren auf ei­ne wie auch im­mer ge­ar­te­te Ver­fü­gungs­be­fug­nis ge­schlos­sen wer­den kön­nen soll. Aus den von der Klä­ge­rin … vor­ge­leg­ten Schrift­stü­cken folgt nichts an­de­res. Zum ei­nen ent­spricht es dem Vor­trag der Klä­ge­rin, dass es sich in­so­weit nur um Fo­to­ko­pi­en han­delt. Gut­gläu­big­keit i. S. von § 932 BGB setzt aber die Vor­la­ge von Ori­gi­nal­pa­pie­ren vor­aus. Zum an­de­ren hat der Be­klag­te un­wi­der­spro­chen vor­tra­gen las­sen, dass die [Fo­to­ko­pi­en] er­sicht­lich aus der Er­mitt­lungs­ak­te stam­men, wo­hin sie auf­grund der von dem Be­klag­ten un­ter dem 17.12.2008 er­stat­te­ten Straf­an­zei­ge ge­langt sind, wes­halb sie der Klä­ge­rin schwer­lich be­reits am 13.10.2008 oder aber we­ni­ge Ta­ge spä­ter aus An­lass der Ab­wick­lung des Kauf­ver­trags vom 13.10.2008 von­sei­ten der W-GmbH vor­ge­legt wor­den sein kön­nen. Mit ih­ren ge­gen­läu­fi­gen Be­teue­run­gen konn­te die Klä­ge­rin schon des­halb kein Ge­hör fin­den, weil die von ihr … vor­ge­leg­ten Fo­to­ko­pi­en un­ver­kenn­bar die Fax-Ken­nung der Po­li­zei in W. tra­gen …

Die Klä­ge­rin be­ruft sich we­gen der von ihr be­haup­te­ten Gut­gläu­big­keit auch ver­geb­lich dar­auf, von der W-GmbH ins­be­son­de­re auch das so­ge­nann­te COC-Pa­pier vor­ge­legt be­kom­men zu ha­ben. Ab­ge­se­hen da­von, dass die­ses vom 23.10.2008 da­tiert, wo­hin­ge­gen das Kauf­ge­schäft zwi­schen der Klä­ge­rin ei­ner­seits und der W-GmbH an­de­rer­seits vom 13.10.2008 stammt, wes­halb mehr als zwei­fel­haft er­scheint, ob aus An­lass der Ab­wick­lung des Kauf­ge­schäf­tes vom 13.10.2008 be­reits ein erst am 23.10.2008 aus­ge­stell­tes COC-Pa­pier vor­ge­le­gen ha­ben kann, bleibt zu kon­sta­tie­ren, dass ein sol­ches für die Fra­ge der Gut­gläu­big­keit i. S. von § 932 BGB letzt­lich oh­ne Be­lang ist. Bei dem so­ge­nann­ten COC-Pa­pier, was für „Cer­ti­fi­ca­te of Con­for­mi­ty“ steht, han­delt es sich näm­lich letzt­lich um nichts an­de­res als um ei­ne Be­stä­ti­gung, dass ein Fahr­zeug, für wel­ches ei­ne EU-Be­triebs­er­laub­nis exis­tiert, im Zeit­punkt der Aus­lie­fe­rung beim Her­stel­ler der EU-Be­triebs­er­laub­nis für eben die­ses Fahr­zeug ent­sprach. Über die Ei­gen­tums­ver­hält­nis­se an eben die­sem Fahr­zeug ist da­mit nichts ge­sagt.

Ge­gen die von der Klä­ge­rin be­haup­te­te Gut­gläu­big­keit spricht da­ne­ben der Um­stand, dass die Klä­ge­rin bei Über­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Por­sche le­dig­lich ei­nen ein­zi­gen Fahr­zeug­schlüs­sel und da­ne­ben über­haupt kein Zu­be­hör er­hielt. Auch dies hät­te ihr War­nung ge­nug sein müs­sen, dass die Ver­fü­gungs­be­fug­nis der W-GmbH al­les an­de­re als un­zwei­fel­haft ist …

We­gen der von ihr be­haup­te­ten ei­ge­nen Gut­gläu­big­keit be­ruft sich die Klä­ge­rin aber auch ver­geb­lich auf die Ent­schei­dung des LG Bo­chum vom 01.04.1992 – 4 O 44/92, NJW-RR 1992, 1274. In dem dort ent­schie­de­nen Fall ging es um den gut­gläu­bi­gen Er­werb des Ei­gen­tums an ei­nem zu­vor in Ita­li­en von ei­nem Lea­sing­neh­mer un­ter­schla­ge­nen Kraft­fahr­zeug. Das LG Bo­chum hat die Gut­gläu­big­keit des Dritter­wer­bers bzw. Vierter­wer­bers be­jaht, weil für das be­tref­fen­de Fahr­zeug zwi­schen­zeit­lich ein deut­scher Kraft­fahr­zeug­brief aus­ge­stellt wor­den ist, den der Er­wer­ber sich hat vor­le­gen las­sen. Mit dem hier zur Ent­schei­dung an­ste­hen­den Fall hat dies nichts zu tun.

Zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis ge­langt man un­ter Be­rück­sich­ti­gung der von der Klä­ge­rin für ein­schlä­gig ge­hal­te­nen Ent­schei­dung des LG Darm­stadt vom 30.08.2001 – 8 O 490/00, NJW-RR 2002, 417. Dort ist die Bös­gläu­big­keit des Er­wer­bers als pri­va­ten Kun­den ver­neint wor­den, weil er als Lea­sing­neh­mer des be­tref­fen­den Fahr­zeugs beim käuf­li­chen Er­werb des­sel­ben vom Ver­trags­händ­ler an des­sen Ver­fü­gungs­be­fug­nis glaub­te, zu­mal die­ser die Zu­sen­dung des Kfz-Briefs ge­gen Zah­lung des Kauf­prei­ses zu­ge­sagt hat­te. Auch dies hat mit dem hier zur Ent­schei­dung an­ste­hen­den Fall nichts ge­mein. Die Klä­ge­rin agier­te beim Kauf des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw er­sicht­lich und ih­rem ei­ge­nen Vor­trag zu­fol­ge nicht als Pri­vat­kun­de. Sie hat­te den Pkw zu­vor auch nicht ge­least. Bei der W-GmbH han­delt es sich un­ver­kenn­bar um kei­nen Por­sche-Ver­trags­händ­ler. Letz­te­res kann der Klä­ge­rin, die den In­ter­net­auf­tritt der W-GmbH zu ken­nen scheint, bei Durch­sicht des­sel­ben schwer­lich ent­gan­gen sein. Der ent­schei­den­de Un­ter­schied zu der vom LG Darm­stadt ent­schie­de­nen Fall­ge­stal­tung be­steht schließ­lich dar­in, dass es in dem dort ent­schie­de­nen Fall um die Zu­sa­ge des Händ­lers ging, den Kfz-Brief ge­gen Zah­lung des Kauf­prei­ses über­sen­den zu wol­len, wo­hin­ge­gen die hie­si­ge Klä­ge­rin nach Über­wei­sung des Kauf­prei­ses sich mit der Mit­tei­lung der W-GmbH aus­ein­an­der­zu­set­zen hat­te, den Pkw un­ge­ach­tet der Kauf­preis­zah­lung nicht so­gleich mit al­len zu­ge­hö­ri­gen Kraft­fahr­zeug­pa­pie­ren mit­neh­men zu kön­nen. Wie sie, die Klä­ge­rin, des­sen un­ge­ach­tet in gu­tem Glau­ben agiert ha­ben will, er­schließt sich dem er­ken­nen­den Ge­richt nicht …

Ins­ge­samt steht zur Über­zeu­gung des er­ken­nen­den Ge­richts fest, dass die Klä­ge­rin aus An­lass der Ab­wick­lung des Kauf­ge­schäfts vom 13.10.2008 in nicht mehr nach­zu­voll­zie­hen­der Wei­se al­le Warn­zei­chen un­be­ach­tet ließ und statt des­sen ei­ne Kom­pen­sa­ti­on für den von ihr be­reits vor­ab ge­leis­te­ten Kauf­preis zu er­lan­gen such­te. Dies be­grün­det ih­re Bös­gläu­big­keit, wes­halb sie von der W-GmbH kein Ei­gen­tum an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw er­wer­ben konn­te. Ist aber der Be­klag­te aus An­lass des Voll­zu­ges des Kauf­ge­schäf­tes vom 13.10.2008 des Ei­gen­tums an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Por­sche nicht ver­lus­tig ge­gan­gen, so steht ihm denn auch nach wie vor das Ei­gen­tum an den Kraft­fahr­zeug­pa­pie­ren zu (§ 952 BGB), wes­halb die Kla­ge nach al­lem ab­zu­wei­sen war …

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