Es stellt kei­nen Man­gel dar, dass ein mit ei­nem Die­sel­par­ti­kel­fil­ter aus­ge­rüs­te­ter Pkw nicht für den rei­nen Kurz­stre­cken­ver­kehr und auch nicht für den haupt­säch­li­chen Ein­satz im Stadt­ver­kehr ge­eig­net ist.

OLG Hamm, Ur­teil vom 19.03.2009 – 2 U 194/08

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te von der Be­klag­ten ei­nen Pkw des Her­stel­lers Opel. Mit der Be­haup­tung, es sei häu­fig zu ei­nem Leis­tungs­ab­fall ge­kom­men, und dem Vor­brin­gen, es sei nicht die ak­tu­el­le Soft­ware auf­ge­spielt, hat er die Be­klag­te auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags in An­spruch ge­nom­men.

Das Land­ge­richt hat sei­ne Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es im We­sent­li­chen aus­ge­führt, der vom Klä­ger ge­rüg­te Leis­tungs­ab­fall be­ru­he nach dem von ihm ein­ge­hol­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten dar­auf, dass der Die­sel­par­ti­kel­fil­ter sich nicht ge­rei­nigt ha­be. Das sei bei die­ser Tech­nik kein Man­gel; der Fil­ter re­ge­ne­rie­re, wenn der Wa­gen ei­ne be­stimm­te Zeit hoch­tou­rig ge­fah­ren wer­de.

Ge­gen das Ur­teil rich­tet sich die Be­ru­fung des Klä­gers, mit der er gel­tend macht, das Fahr­zeug müs­se oh­ne Ein­schrän­kun­gen im Kurz­stre­cken­ver­kehr ver­wend­bar sein. Das Rechts­mit­tel hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Der Klä­ger war nicht zum Rück­tritt be­rech­tigt.

1. Funk­ti­on des Die­sel­par­ti­kel­fil­ters

Die Par­tei­en ha­ben kei­ne be­son­dern Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­run­gen ge­trof­fen. Von der zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB) weicht die Funk­ti­on des Die­sel­par­ti­kel­fil­ters nicht ab.

a) Dass Fahr­zeu­ge mit ei­nem Die­sel­par­ti­kel­fil­ter nicht für Kurz­stre­cken­be­trieb ge­eig­net sind, be­deu­tet kei­ne Ab­wei­chung von der zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit. Maß­stab da­für ist die Be­schaf­fen­heit, die bei Sa­chen glei­cher Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). So­weit es um ein Fahr­zeug mit Die­sel­par­ti­kel­fil­ter geht, sind Ver­gleichs­maß­stab Fahr­zeu­ge mit Die­sel­par­ti­kel­fil­ter (BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VI­II ZR 160/08).

Nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen be­steht bei mit ei­nem Die­sel­par­ti­kel­fil­ter aus­ge­stat­te­ten Fahr­zeu­gen die Ge­fahr, dass im rei­nen Kurz­stre­cken­ver­kehr und auch bei haupt­säch­li­chem Ein­satz im Stadt­ver­kehr kei­ne aus­rei­chen­den Tem­pe­ra­tu­ren für ei­ne Re­ge­ne­ra­ti­on des Fil­ters er­reicht wer­den. Das ist kein spe­zi­el­les Pro­blem von Opel. Viel­mehr be­steht auch bei an­de­ren Her­stel­lern das glei­che Pro­blem, dass es Be­triebs­be­din­gun­gen gibt, bei de­nen es nicht zu ei­ner selbst­stän­di­gen Re­ge­ne­ra­ti­on des Fil­ters kommt.

b) Auch im Üb­ri­gen lässt sich ei­ne Ab­wei­chung von der zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit nicht fest­stel­len. Es ist zwi­schen den Par­tei­en in­zwi­schen un­strei­tig, dass der vom Klä­ger be­an­stan­de­te Leis­tungs­ab­fall sei­ne Ur­sa­che dar­in hat, dass der Die­sel­par­ti­kel­fil­ter ver­stopf­te. Ein Die­sel­par­ti­kel­fil­ter ver­stopft, wenn er sich nicht frei­b­rennt. Feh­len­des Frei­b­ren­nen be­deu­tet dann ei­ne Ab­wei­chung von der zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit, wenn es ei­ne Ur­sa­che hat, die ih­rer­seits ei­ne Ab­wei­chung von der zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit – zum Bei­spiel tech­ni­sche Män­gel des ein­ge­bau­ten Sys­tems – be­deu­tet, oder ein Frei­b­ren­nen im Ver­gleich zu an­de­ren Fahr­zeu­gen mit Par­ti­kel­fil­ter nur un­ter un­ge­wöhn­li­chen Be­din­gun­gen er­folgt.

aa) Ei­nen tech­ni­schen Feh­ler der An­la­ge im Fahr­zeug des Klä­gers selbst hat der Sach­ver­stän­di­ge nicht fest­ge­stellt. Ein sol­cher wird vom Klä­ger auch nicht be­haup­tet. Der Klä­ger be­an­stan­det le­dig­lich, der Wa­gen ha­be kei­ne ak­tu­el­le Soft­ware. Das ver­mag ei­ne Be­schaf­fen­heits­ab­wei­chung nicht be­grün­den. Der Klä­ger hat den Wa­gen, der erst­mals im Ju­li 2005 zu­ge­las­sen wur­de, im Fe­bru­ar 2006 ge­kauft. Ein sol­ches Fahr­zeug kann bei Lie­fe­rung kei­ne „ak­tu­el­le Soft­ware“ aus 2007 oder 2008 ha­ben.

bb) So­weit der Klä­ger vor­trägt, der Fil­ter ha­be sich trotz län­ge­rer Fahr­ten wäh­rend sei­ner Be­triebs­zeit nicht frei­ge­brannt, und da­mit be­haup­tet, der Fil­ter sei­nes Fahr­zeugs bren­ne sich – im Ge­gen­satz zu an­de­ren Fahr­zeu­gen mit Par­ti­kel­fil­ter – trotz Nut­zung auf Land­stra­ßen und Au­to­bah­nen nicht frei, kann da­hin ste­hen, ob das vor dem Auf­spie­len ei­ner neu­en Soft­ware am 02.10.2006 der Fall ge­we­sen ist. Für die Be­ur­tei­lung ei­ner Be­schaf­fen­heits­ab­wei­chung ist der Zu­stand maß­geb­lich, in dem sich die Kauf­sa­che nach der letz­ten vom Käu­fer zu­ge­las­se­nen Nach­bes­se­rung be­fin­det. Das ist der vom Sach­ver­stän­di­gen ge­fun­de­ne Zu­stand. Denn dass nach dem Ab­stel­len des Fahr­zeugs bei der Be­klag­ten am 15.12.06 am Fahr­zeug ir­gend­et­was ver­än­dert wor­den wä­re, ist nicht vor­ge­tra­gen und auch an­sons­ten nicht er­sicht­lich. Ins­be­son­de­re hat der Sach­ver­stän­di­ge ei­ne ak­tu­el­le Soft­ware (ge­gen­über der am 02.10.2006 auf­ge­spiel­ten; Prü­fung des Sach­ver­stän­di­gen war im Au­gust 2007) nicht auf­spie­len las­sen, um kei­ne Ver­än­de­run­gen an dem Fahr­zeug vor­zu­neh­men, und ist aus dem glei­chen Grund dem An­ge­bot der Be­klag­ten, ei­ne sta­ti­sche und dy­na­mi­sche Re­ge­ne­ra­ti­on des Fil­ters vor­zu­neh­men, nicht nach­ge­kom­men.

So­weit der Klä­ger meint, die Be­klag­te müs­se dar­le­gen und be­wei­sen, dass es durch sein Fahr­ver­hal­ten zu Aus­fäl­len ge­kom­men sei, ist dem – ab­ge­se­hen da­von, dass es, was die Fahr­wei­se des Klä­gers be­trifft, oh­ne­hin nur auf den Zeit­raum ab dem Auf­spie­len der neu­en Soft­ware ge­hen könn­te – nicht zu fol­gen. Viel­mehr ist es Sa­che des Klä­gers, ei­ne Be­schaf­fen­heits­ab­wei­chung des Fahr­zeugs – für de­ren An­nah­me wäh­rend sei­nes Be­triebs auf­ge­tre­te­nes Zu­set­zen des Par­ti­kel­fil­ters an­ge­sichts der tech­ni­schen Ge­ge­ben­hei­ten nicht reicht – dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen.

Dass sich der Die­sel­par­ti­kel­fil­ter mit der am 02.10.2006 auf­ge­spiel­ten Soft­ware trotz Nut­zung auf Land­stra­ßen und Au­to­bah­nen nicht frei­b­rennt, hat der Klä­ger nicht be­wie­sen. Das Ge­gen­teil ist nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen – de­nen die vom Land­ge­richt an­ge­nom­me­ne Not­wen­dig­keit hoch­tou­rigen Fah­rens nicht zu ent­neh­men ist – der Fall. Die vom Klä­ger (als An­trag­stel­ler im Be­weis­ver­fah­ren wie in der Kla­ge) ge­schil­der­ten Sym­pto­me hat der Sach­ver­stän­di­ge bei sei­nen Fahr­ver­su­chen nicht fest­ge­stellt. Bei sei­nen Fahr­ten fand die ers­te Re­ge­ne­ra­ti­on 16 km nach Be­ginn der Über­füh­rungs­fahrt, kurz nach­dem auf die Au­to­bahn ge­fah­ren wur­de, statt. Auch bei haupt­säch­li­chem Kurz­stre­cken­be­trieb fand ei­ne Re­ge­ne­ra­ti­on statt. Ins­ge­samt wur­den nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen recht­zei­tig Fahr­be­din­gun­gen er­reicht, die zur selbst­stän­di­gen Re­ge­ne­ra­ti­on des Fil­ters führ­ten.

Der Vor­trag des Klä­gers, mit sei­nem jet­zi­gen Fahr­zeug, ei­nem Mer­ce­des, sei es zu kei­nem Zeit­punkt zu Pro­ble­men mit der Re­ge­ne­ra­ti­on ge­kom­men, ist un­ge­eig­net, das Er­geb­nis des Sach­ver­stän­di­gen in Fra­ge zu stel­len.

2. Be­die­nungs­an­lei­tung.

So­weit nach der Be­die­nungs­an­lei­tung – bei der es sich nicht um ei­ne Mon­ta­ge­an­lei­tung i. S. des § 434 II BGB han­delt – beim Auf­leuch­ten ei­ner Kon­troll­leuch­te der Die­sel­par­ti­kel­fil­ter ge­rei­nigt wer­den muss und die Ge­schwin­dig­keit für kur­ze Zeit auf über 40 km/h er­höht wer­den soll, ist das un­ge­eig­net, dar­aus ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB) da­hin ge­hend, dass der Par­ti­kel­fil­ter sich bei ent­spre­chen­der Fahr­wei­se re­ge­ne­rie­ren muss, her­zu­lei­ten. Es han­delt sich viel­mehr um ei­ne Un­zu­läng­lich­keit der Be­triebs­an­lei­tung, weil ein Fah­ren mit die­ser Ge­schwin­dig­keit für kur­ze Zeit bei Par­ti­kel­fil­tern nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen nicht aus­reicht, da­mit ei­ne selb­stän­di­ge Re­ge­ne­ra­ti­on statt­fin­det, weil ein be­stimm­tes Tem­pe­ra­tur­ni­veau vor­han­den sein muss, um ei­ne selb­stän­di­ge Re­ge­ne­ra­ti­on aus­zu­lö­sen.

Ob die Un­zu­läng­lich­keit der Be­die­nungs­an­lei­tung selbst ei­ne Be­schaf­fen­heits­ab­wei­chung be­deu­tet, kann da­hin ste­hen. Ab­ge­se­hen da­von, dass es dem Klä­ger nicht um Be­rich­ti­gung der Be­die­nungs­an­lei­tung geht und ging und er ent­spre­chend in­so­weit auch nicht zur Nach­er­fül­lung auf­ge­for­dert hat, ab­ge­se­hen auch da­von, dass nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me ers­ter In­stanz der Zeu­ge U dem Klä­ger ge­sagt hat, dass es nicht um Ge­schwin­dig­kei­ten geht, son­dern um die Dreh­zahl, han­del­te es sich je­den­falls um ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung, die zum Rück­tritt nicht be­rech­tig­te (§ 323 V 2 BGB).

3. Hin­weis auf man­geln­de Taug­lich­keit für Kurz­stre­cken­be­trieb

Dem Klä­ger ste­hen auch kei­ne An­sprü­che auf Rück­ab­wick­lung zu, weil die Be­klag­te ihn nicht auf man­geln­de Taug­lich­keit des Wa­gens für Kurz­stre­cken­fahr­ten hin­ge­wie­sen hat (§ 311 II BGB). Da der Klä­ger nach sei­nem ei­ge­nen Vor­trag das Fahr­zeug nicht nur im Kurz­stre­cken­ver­kehr fährt und das folg­lich bei den Ver­trags­ver­hand­lun­gen auch nicht ge­sagt hat, be­stand zu ent­spre­chen­dem Hin­weis kein An­lass …

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