Der Käu­fer ei­nes Pkw hat un­ab­hän­gig von den Vor­aus­set­zun­gen des Ver­zugs An­spruch auf ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung, wenn der Ver­käu­fer die Lie­fe­rung der man­gel­haf­ten Sa­che ge­mäß § 276 BGB zu ver­tre­ten hat (§§ 437 Nr. 3, 280 I BGB).

LG Kre­feld, Ur­teil vom 24.09.2007 – 1 S 21/07

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt von der Be­klag­ten ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung für die Zeit, in der sich sein Fahr­zeug in der Werk­statt der Be­klag­ten be­fand.

Am 16.01.2006 brach­te der Klä­ger sei­nen am 05.04.2005 von der Be­klag­ten er­wor­be­nen Pkw mit ei­nem Mo­tor­scha­den zu der Be­klag­ten. Dort wur­de fest­ge­stellt, dass der Zahn­rie­men ent­ge­gen der An­ga­be im Ser­vice­heft am 04.04.2005 nicht aus­ge­wech­selt wor­den war. Der Klä­ger for­der­te die Be­klag­te mit An­walts­schrei­ben vom 25.01.2006 auf, bin­nen ei­ner Wo­che zu er­klä­ren dass sie das Fahr­zeug kos­ten­los re­pa­rie­ren wer­de. Ei­ne ent­spre­chen­de Er­klä­rung gab die Be­klag­te am 27.01.2006 ab; die Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten dau­er­ten bis zum 09.02.2006.

Das Amts­ge­richt hat die Be­klag­te am 09.01.2007 ver­ur­teilt, an den Klä­ger 750 € als Nut­zungs­aus­fall für die Zeit vom 26.01.2006 bis zum 09.02.2006 zu zah­len. Hier­ge­gen rich­tet sich die Be­ru­fung der Be­klag­ten. Das Rechts­mit­tel blieb er­folg­los.

Aus den Grün­den: Das AG Kem­pen hat die Be­klag­te im Er­geb­nis zu Recht zur Zah­lung ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung ver­ur­teilt, die in der Hö­he mit der Be­ru­fung auch nicht an­ge­grif­fen wird.

Dem Klä­ger steht der An­spruch auf Nut­zungs­aus­fall al­ler­dings nicht aus den §§ 437 Nr. 3, 280 I und II, 286 BGB zu, denn in­so­weit fehlt es an ei­nem zur Be­grün­dung des Ver­spä­tungs­scha­dens er­for­der­li­chen Ver­zug­s­ein­tritt.

Die Be­klag­te be­fand sich mit der Nach­er­fül­lung, das heißt mit der Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs, nicht be­reits ab dem 26.01.2006 in Ver­zug. Der Klä­ger hat die Be­klag­te we­der zur Leis­tung auf­ge­for­dert, noch war ei­ne Mah­nung ge­mäß § 286 II BGB hier ent­behr­lich. Ei­ne den Ver­zug­s­ein­tritt be­grün­den­de Mah­nung ist ent­ge­gen der An­sicht des Amts­ge­richts auch nicht in dem Schrei­ben vom 25.01.2006 zu se­hen. Denn dar­in wur­de die Be­klag­te nicht zur Leis­tung, das heißt zur Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs auf­ge­for­dert, son­dern von ihr wur­de nur ei­ne Er­klä­rung über de­ren „Haf­tungs­ver­pflich­tung“ ver­langt, mit der der Klä­ger die Fra­ge der Kos­ten­über­nah­me für die Re­pa­ra­tur ge­klärt wis­sen woll­te. Die blo­ße Auf­for­de­rung, sich zur Leis­tungs­be­reit­schaft zu er­klä­ren, stellt je­doch kei­ne Mah­nung i. S. des § 286 I BGB dar, die un­mit­tel­bar auf die Auf­for­de­rung zur Leis­tung selbst ge­rich­tet sein muss (vgl. Pa­landt/Hein­richs, BGB, 66. Aufl., § 286 Rn. 17 m. w. Nachw.). Ei­ne Mah­nung war auch nicht ge­mäß § 286 II BGB ent­behr­lich, da die Be­klag­te we­der die Leis­tung i. S. des § 286 II Nr. 3 BGB ver­wei­gert hat noch die üb­ri­gen Al­ter­na­ti­ven des § 286 II BGB ein­schlä­gig sind.

Al­ler­dings steht dem Klä­ger der An­spruch auf Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung un­ab­hän­gig von den Vor­aus­set­zun­gen des Ver­zugs hier aus §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB zu.

Zwar kann al­lein die blo­ße Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che ei­nen An­spruch auf Nut­zungs­aus­fall nicht be­grün­den. Et­was an­de­res muss je­doch gel­ten, wenn der Ver­käu­fer – was der Aus­nah­me­fall sein dürf­te (vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 9. Aufl. [2005], Rn. 353) – die Ver­let­zung sei­ner Pflicht zur man­gel­frei­en Lie­fe­rung ge­mäß § 276 BGB zu ver­tre­ten hat (vgl. LG Aa­chen, Urt. v. 11.04.2003 – 5 S 40/03, DAR 2003, 273; Lo­renz, NJW 2002, 2503; Schu­bel, JuS 2002, 319; vgl. da­ge­gen OLG Hamm, Urt. v. 23.02.2006 – 28 U 164/05 zum An­spruch auf Er­satz des bis zur Nach­bes­se­rung ent­stan­de­nen Nut­zungs­aus­falls auf­grund ei­ner Ver­zö­ge­rung). Dann haf­tet der Ver­käu­fer grund­sätz­lich nach §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB auch für ei­nen Nut­zungs­aus­fall, das heißt für den Scha­den, der nicht ge­mäß den §§ 437 Nr. 3, 280 I und III, 281 BGB auf die Be­sei­ti­gung des Man­gels und da­mit auf den Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ge­rich­tet ist (vgl. Pa­landt/Hein­richs, a. a. O., vor § 249 Rn. 21, § 280 Rn. 18; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 66. Aufl., § 437 Rn. 35; Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 353).

Im vor­lie­gen­den Fall trifft die Be­klag­te ein sol­ches Ver­schul­den ge­mäß den §§ 280 I, 276 BGB. Denn der zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­ne Kauf­ver­trag be­zog sich auch auf die An­ga­ben im Ser­vice­heft, wel­ches dem Klä­ger nach den Fest­stel­lun­gen des Amts­ge­richts bei dem Kauf des Fahr­zeugs aus­ge­hän­digt wor­den ist. Dar­in war an­ge­ge­ben, dass der Zahn­rie­men ei­nen Tag vor Kauf des Fahr­zeugs aus­ge­wech­selt wor­den war. Ent­ge­gen die­ser An­ga­be war der Zahn­rie­men je­doch un­strei­tig von der Be­klag­ten nicht am 04.04.2005 er­neu­ert wor­den, so­dass dem Pkw in­so­weit die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit fehl­te. Für die­sen Man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB ist die Be­klag­te auch ge­mäß § 276 BGB ver­ant­wort­lich, da sie die Er­neue­rung des Zahn­rie­mens – an­ders als im Ser­vice­heft ver­merkt ist – un­ter­las­sen hat. Die Be­klag­te hat in­so­weit auch kei­ne sie ge­mäß § 280 I 2 BGB ent­las­ten­den Um­stän­de vor­ge­tra­gen.

Da der Zahn­rie­men nicht von der Be­klag­ten aus­ge­tauscht wor­den ist, ist der Scha­den am Mo­tor ein­ge­tre­ten. Dies ist von der Be­klag­ten in ers­ter In­stanz nicht be­strit­ten wor­den. Un­ge­ach­tet der Fra­ge, ob sich die Be­klag­te nun­mehr in der Be­ru­fungs­in­stanz sub­stan­zi­iert da­ge­gen wen­det, ist ihr Be­strei­ten je­den­falls ge­mäß § 531 II Nr. 3 ZPO ver­spä­tet und da­mit un­be­acht­lich.

Auf­grund des durch den Zahn­rie­men ver­ur­sach­ten Mo­tor­scha­dens stand der Pkw in der Zeit vom 16.01.2006 bis zum 09.02.2006 in der Werk­statt der Be­klag­ten, so­dass ihn der Klä­ger in die­ser Zeit nicht nut­zen konn­te. In­so­weit hält die Kam­mer ei­nen Nut­zungs­wil­len des Klä­gers für den Zeit­raum, in wel­chem sich das Fahr­zeug bei der Be­klag­ten be­fun­den hat, auch für ge­ge­ben, ins­be­son­de­re hat der Klä­ger hin­rei­chend zu der Be­ein­träch­ti­gung durch die ent­fal­le­ne Nut­zungs­mög­lich­keit und den er­for­der­li­chen Nut­zungs­wil­len vor­ge­tra­gen. Der Klä­ger hat nach Hin­weis der Kam­mer sub­stan­zi­iert dar­ge­tan, dass er das Fahr­zeug im streit­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raum nicht nur für Ein­kaufs­fahr­ten, son­dern dar­über hin­aus ins­be­son­de­re für die Fahr­ten zu sei­ner Ar­beits­stät­te … hät­te nut­zen wol­len. Zu­dem hat er durch ei­ne Be­schei­nung sei­nes Ar­beit­ge­bers be­legt, dass er im Ja­nu­ar bzw. Fe­bru­ar 2006 kei­nen Ur­laub hat­te. Die­sem Vor­trag ist der Be­klag­te, der le­dig­lich pau­schal – oh­ne hin­rei­chen­den Be­zug zum Klä­ger – den Nut­zungs­wil­len des Klä­gers un­ter Hin­weis auf et­wai­ge Aus­schluss­grün­de (z. B. Zweit­wa­gen) in Ab­re­de stellt, nicht sub­stan­zi­iert ent­ge­gen­ge­tre­ten.

Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten trifft den Klä­ger hier er­sicht­lich auch kein Mit­ver­schul­den. Ein Mit­ver­schul­den kann ins­be­son­de­re nicht dar­in ge­se­hen wer­den, dass der Klä­ger der Be­klag­ten kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat. Denn be­reits aus dem Um­stand, dass der Klä­ger sein Fahr­zeug in die Werk­statt der Be­klag­ten ver­brach­te, zeigt sich, dass die­ser da­mit er­mög­licht wer­den soll­te, ih­rer Pflicht zur Nach­er­fül­lung nach­zu­kom­men. Dass die Be­klag­te zu­nächst wei­te­re Er­klä­run­gen des Klä­gers ab­ge­war­tet hat, be­vor sie mit der Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs be­gann, geht al­lein zu ih­ren Las­ten …

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