1. Ob bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen ei­ne Nach­er­fül­lung durch Er­satz­lie­fe­rung mög­lich ist, rich­tet sich nach dem durch Aus­le­gung zu er­mit­teln­den Wil­len der Ver­trags­par­tei­en bei Ver­trags­schluss. Mög­lich ist ei­ne Er­satz­lie­fe­rung nach der Vor­stel­lung der Par­tei­en dann, wenn die Kauf­sa­che im Fal­le ih­rer Man­gel­haf­tig­keit durch ei­ne gleich­ar­ti­ge und gleich­wer­ti­ge er­setzt wer­den kann. Dies ist bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen al­len­falls der Fall, wenn der Käu­fer sei­ne Kauf­ent­schei­dung al­lein auf­grund ob­jek­ti­ver An­for­de­run­gen ge­trof­fen hat.
  2. Wird die Ori­gi­nal­la­ckie­rung ei­nes Fahr­zeugs durch Van­da­lis­mus (Zer­krat­zen) und da­mit durch von au­ßen her auf das Fahr­zeug plötz­lich ein­wir­ken­de me­cha­ni­sche Ge­walt zer­stört, ist dies ei­nem Un­fall­ge­sche­hen gleich­zu­set­zen.

OLG Mün­chen, Ur­teil vom 13.06.2007 – 20 U 5646/06

Sach­ver­halt: Zwi­schen den Par­tei­en sind An­sprü­che aus ei­nem Kfz-Kauf­ver­trag strei­tig.

Am 18.11.2004 schlos­sen die Par­tei­en ei­nen Kauf­ver­trag über ei­nen ge­brauch­ten Pkw Mer­ce­des CLK Ca­brio, den die Be­klag­te am 12.02.2004 vom Klä­ger an­ge­kauft hat­te. Der Klä­ger leis­tet auf den ver­ein­bar­ten Kauf­preis von 32.900 € ei­ne An­zah­lung von 5.000 € in bar. Der rest­li­che Kauf­preis war bis März 2005 ge­schul­det, wo­bei das Fahr­zeug bis zur voll­stän­di­gen Kauf­preis­zah­lung auf dem Fir­men­ge­län­de der Be­klag­ten ver­blei­ben soll­te. Dort wur­de es am 25.02.2005 zu­sam­men mit an­de­ren Fahr­zeu­gen vor der Über­ga­be an den Klä­ger zer­kratzt. Mit Schrei­ben vom 30.03.2005 trat der Klä­ger dar­auf­hin vom Kauf­ver­trag zu­rück und for­der­te die Be­klag­te zur Rück­zah­lung der ge­leis­te­ten An­zah­lung auf.

Der Klä­ger ist der An­sicht, er sei auf­grund der Lack­be­schä­di­gun­gen zum Rück­tritt be­rech­tigt ge­we­sen. Et­was an­de­res er­ge­be sich auch nicht aus dem Ver­trag vom 12.02.2004.

Das LG Lands­hut hat die Kla­ge mit En­dur­teil vom 07.12.2006 ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Der Klä­ger hat auf­grund wirk­sa­men Rück­tritts von dem ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag An­spruch auf Rück­ab­wick­lung. Die­ser An­spruch ist von den im An­kaufs­schein vom 12.02.2004 ein­ge­gan­ge­nen Ver­pflich­tun­gen nicht be­trof­fen.

a) Der Klä­ger hat ein Recht auf Rück­tritt vom Ver­trag ge­mäß §§ 433, 434, 437 I Nr. 2, 440, 323 BGB, § 326 V BGB, § 275 I BGB, da der Be­klag­ten die Lie­fe­rung des ver­kauf­ten Fahr­zeugs in ver­trags­ge­mä­ßem Zu­stand un­mög­lich ge­wor­den ist.

Un­strei­tig kam zwi­schen den Par­tei­en am 18.11.2004 ein Kauf­ver­trag über den ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Pkw zu­stan­de, wo­nach – mit Aus­nah­me ei­ner in bar ge­leis­te­ten An­zah­lung in Hö­he von 5.000 € – der Kauf­preis erst im März 2005 fäl­lig sein soll­te. Des Wei­te­ren un­strei­tig ver­blieb das Fahr­zeug in der Fol­ge­zeit auf dem Ge­län­de der Be­klag­ten und wur­de am 25.02.2005 dort von Un­be­kann­ten im Lack zer­kratzt.

Aus­weis­lich des Er­geb­nis­ses der Be­weis­auf­nah­me vor dem Land­ge­richt war das Fahr­zeug zu die­sem Zeit­punkt noch nicht an den Klä­ger über­eig­net wor­den. Der Zeu­ge B gab hier­zu an, dass kein Fahr­zeug her­aus­ge­ge­ben wer­de, das nicht voll­stän­dig be­zahlt sei. Dies be­stä­tig­te der Zeu­ge N, Ver­kaufs­lei­ter der Be­klag­ten, mit den Wor­ten, dass erst nach Re­ge­lung des Fi­nan­zi­el­len dem Kun­den Schlüs­sel und Pa­pie­re aus­ge­hän­digt wür­den. Dem Klä­ger wä­re das Fahr­zeug je­der­zeit über­eig­net wor­den, wenn er das Fahr­zeug voll­stän­dig be­zahlt hät­te. Letz­te­res wie­der­um war un­strei­tig nicht er­folgt. Auf­grund der Stun­dungs­ab­re­de im Kauf­ver­trag war der Klä­ger auch nicht zu vor­zei­ti­ger Be­glei­chung des Kauf­prei­ses und Ab­nah­me des Fahr­zeugs ver­pflich­tet.

So­mit stand das Fahr­zeug am 25.02.2005 noch im Ei­gen­tum der Be­klag­ten, die folg­lich die Ge­fahr der zu­fäl­li­gen Ver­schlech­te­rung oder des Un­ter­gangs trug (§ 446 Satz 1 BGB). Es kann da­hin­ste­hen, ob die Be­klag­te dem Klä­ger das Fahr­zeug be­reits vor die­sem Zeit­punkt zur Über­nah­me an­ge­bo­ten hat­te, da der Klä­ger je­den­falls in Fol­ge der wirk­sa­men Stun­dungs­ab­re­de im Kauf­ver­trag hier­durch nicht hät­te in An­nah­me­ver­zug ge­setzt wer­den kön­nen (§ 446 Satz 3 BGB).

In­fol­ge der Lack­be­schä­di­gung ist der Be­klag­ten die Er­fül­lung des Kauf­ver­trags un­mög­lich ge­wor­den (§ 275 I BGB).

Auf­grund des Ver­trags vom 18.11.2004 schul­det die Be­klag­te die Über­eig­nung des ge­brauch­ten, un­fall­frei­en Mer­ce­des CLK 320 Ca­brio, Fahr­ge­stell-Nr. …, Erst­zu­las­sung 15.05.2001, Lauf­leis­tung ca. 23.900 km, in dem am 18.11.2004 vor­ge­fun­de­nen Zu­stand. Ge­schul­det wird da­mit ei­ne Stücksa­che, näm­lich ein durch spe­zi­el­len Ge­brauch und spe­zi­el­le Ab­nut­zung in­di­vi­dua­li­sier­ter Ge­braucht­wa­gen (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1220 [1221]). Die­ser Ge­gen­stand ist nicht mehr lie­fer­bar, da zwi­schen­zeit­lich die bis da­hin un­strei­tig be­ste­hen­de Ori­gi­nal­la­ckie­rung des Fahr­zeugs durch Zer­krat­zen zer­stört wor­den war.

Die grund­sätz­lich ge­mäß § 439 BGB nicht auf den Gat­tungs­kauf be­schränk­te Mög­lich­keit der Nach­lie­fe­rung ei­nes gleich­wer­ti­gen an­de­ren Fahr­zeugs (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, NJW 2006, 2839 [2842]) schei­det hier aus. Ob ei­ne Er­satz­lie­fe­rung in Be­tracht kommt, ist nach dem durch Aus­le­gung zu er­mit­teln­den Wil­len der Ver­trags­par­tei­en bei Ver­trags­schluss zu be­ur­tei­len (§§ 133, 157 BGB; vgl. Pa­landt/Putzo, BGB 66. Aufl, § 439 Rn. 15). Mög­lich ist die Er­satz­lie­fe­rung nach der Vor­stel­lung der Par­tei­en dann, wenn die Kauf­sa­che im Fal­le ih­rer Man­gel­haf­tig­keit durch ei­ne gleich­ar­ti­ge und gleich­wer­ti­ge er­setzt wer­den kann. Hier kann nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Kauf­sa­che nach dem Wil­len der Be­tei­lig­ten aus­tausch­bar war. Der Klä­ger hat sei­ne Kauf­ent­schei­dung nicht nur auf­grund ob­jek­ti­ver An­for­de­run­gen ge­trof­fen. Er hat viel­mehr sein ei­ge­nes Fahr­zeug zu­rück­ge­kauft, das er bei der Be­klag­ten mit Ver­trag vom 12.02.2004 in Zah­lung ge­ge­ben hat­te. Die­ses Fahr­zeug war ihm in al­len wert­be­grün­den­den Ei­gen­schaf­ten da­her bes­tens be­kannt. Er hat­te ei­ne kon­kre­te Vor­stel­lung vom Wie­der­ver­kaufs­wert ge­ra­de die­ses Fahr­zeugs, was für ihn die Mo­ti­va­ti­on war, die­ses Fahr­zeug und nicht ir­gend­ein an­de­res zu­rück zu kau­fen. Da­her war das Fahr­zeug für den Klä­ger ge­ra­de nicht aus­tausch­bar, was die Be­klag­te in Kennt­nis der Vor­ge­schich­te auch er­ken­nen konn­te.

Die Nachla­ckie­rung des Fahr­zeu­ges führt nicht zur Wie­der­her­stel­lung der ge­schul­de­ten Kauf­sa­che.

Auch wenn aus­drück­lich im Ver­trag vom 18.11.2004 kei­ne Ori­gi­nal­la­ckie­rung auf­ge­führt war, so war das Fahr­zeug doch im da­ma­li­gen – bei­den Par­tei­en be­kann­ten – un­be­schä­dig­ten und un­fall­frei­en Zu­stand ge­schul­det, und dies be­deu­tet mit Ori­gi­nal­lack. Der Ori­gi­nal­lack war un­strei­tig durch Van­da­lis­mus zer­stört wor­den, durch von au­ßen her auf das Fahr­zeug plötz­lich ein­wir­ken­de me­cha­ni­sche Ge­walt. Dies ist ei­nem Un­fall­ge­sche­hen gleich­zu­set­zen (vgl. BGH, NJW 1997, 3027 [3028]). Die Be­schä­di­gung war er­heb­lich. Aus­weis­lich des von der Be­klag­ten in Auf­trag ge­ge­be­nen DE­KRA-Gut­ach­tens hät­ten die Kos­ten der Neu­la­ckie­rung bei 4.407.50 € net­to ge­le­gen. Ein da­nach re­pa­rier­tes Fahr­zeug ist nicht mehr die ge­schul­de­te Kauf­sa­che.

In­fol­ge­des­sen war ge­mäß § 323 II Nr. 3 BGB ei­ne Frist­set­zung vor der Rück­tritts­er­klä­rung ent­behr­lich. Die ge­schul­de­te Kauf­sa­che hät­te die Be­klag­te auch in­ner­halb ge­setz­ter Frist nicht be­schaf­fen kön­nen. Da so­mit am 25.02.2005 of­fen­sicht­lich war, dass die Vor­aus­set­zun­gen des Rück­tritts ein­tre­ten wür­den, konn­te der Klä­ger mit Schrei­ben vom 30.03.2005, noch vor Fäl­lig­keit der bei­der­sei­ti­gen Leis­tun­gen, wirk­sam vom Ver­trag zu­rück­tre­ten, oh­ne ver­trags­un­treu zu wer­den (§ 323 IV BGB).

b) Die im An­kaufs­schein vom 12.02.2004 ein­ge­gan­ge­nen Ver­pflich­tun­gen sind oh­ne Ein­fluss auf den An­spruch des Klä­gers auf Rück­ab­wick­lung des ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags vom 18.11.2004.

Die Über­nah­me des Ver­lust­ri­si­kos durch den Be­klag­ten bei Wei­ter­ver­kauf des Fahr­zeugs un­ter dem Ein­kaufs­preis ist da­hin ge­hend zu ver­ste­hen (§§ 133, 157 BGB), dass der Klä­ger das han­dels­ty­pi­sche Wei­ter­ver­kaufs­ri­si­ko bei Ge­braucht­wa­gen, nicht aber al­le Ri­si­ken bis hin zum Un­ter­gang des Fahr­zeugs bei der Be­klag­ten über­neh­men woll­te und soll­te. Dies er­gibt sich zum ei­nen aus der ge­wähl­ten For­mu­lie­rung „Ver­lust bei Ver­kauf“, zum an­de­ren aber auch aus der nach Treu und Glau­ben ge­bo­te­nen Aus­le­gung die­ser Ver­ein­ba­rung. Soll­te der Klä­ger auch den Ver­lust aus­zu­glei­chen ha­ben, der der Klä­ge­rin durch Be­schä­di­gung des Fahr­zeugs in ih­rer Ob­hut ent­steht, kä­me dies ei­ner um­fas­sen­den Ga­rantie­haf­tung des Klä­gers für das Schick­sal des Fahr­zeugs gleich, die ei­ner ent­spre­chen­den ein­deu­ti­gen For­mu­lie­rung im Ver­trag be­durft hät­te.

Ein Wei­ter­ver­kauf des Fahr­zeugs im ur­sprüng­li­chen Zu­stand ist auf­grund der ein­ge­tre­te­nen Be­schä­di­gun­gen nicht mehr mög­lich, so­dass in­so­weit auch ein Ver­lust­aus­gleich durch den Klä­ger nicht mehr in Be­tracht kom­men kann …

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