Ein Ver­käu­fer, der ver­trag­lich ver­pflich­tet ist, dem Käu­fer ei­nen „Neu­wa­gen“ zu ver­schaf­fen, er­füllt die­se Ver­pflich­tung auch dann, wenn er dem Käu­fer ein Fahr­zeug mit Ta­ges- oder Kurz­zu­las­sung über­gibt. Da­bei macht es kei­nen Un­ter­schied, ob die Ta­ges- oder Kurz­zu­las­sung be­reits vor oder erst nach dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags er­folgt ist.

LG Wup­per­tal, Ur­teil vom 09.02.2006 – 9 S 146/05

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten im Jah­re 1998 ei­nen „Neu­wa­gen“. Mit der Be­grün­dung, er ha­be Jah­re spä­ter bei Über­ga­be des als Si­cher­heit für ein Dar­le­hen ein­be­hal­te­nen Fahr­zeug­briefs fest­ge­stellt, dass das Fahr­zeug – un­strei­tig – zu­nächst am 31.07.1998 auf die Be­klag­te und erst am 07.08.1998 auf ihn, den Klä­ger, zu­ge­las­sen wor­den sei, nimmt er die Be­klag­te auf Scha­dens­er­satz in An­spruch.

Durch das an­ge­foch­te­ne Ur­teil hat das Amts­ge­richt die in ers­ter In­stanz auf Zah­lung von 2.213,07 € nebst Zin­sen ge­rich­te­te Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es un­ter Be­ru­fung auf ei­ne Ent­schei­dung des BGH (Urt. v. 12.01.2005 – VI­II ZR 109/04) aus­ge­führt, dem Fahr­zeug ha­be zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs we­der ei­ne zu­ge­si­cher­te Ei­gen­schaft ge­fehlt, noch ha­be die Be­klag­te ei­nen Feh­ler arg­lis­tig ver­schwie­gen; denn auch bei ei­nem Fahr­zeug mit so­ge­nann­ter Kurz­zu­las­sung han­de­le es sich um ei­nen Neu­wa­gen, wie ihn der Klä­ger nach dem Kauf­ver­trag ge­kauft ha­be.

Die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Kam­mer teilt die Auf­fas­sung des Amts­ge­richts, die im üb­ri­gen in vol­lem Ein­klang mit der Ent­schei­dung des BGH (Urt. v. 12.01.2005 – VI­II ZR 109/04) steht. Die Be­ru­fungs­be­grün­dung recht­fer­tigt in kei­ner­lei Hin­sicht ei­ne an­der­wei­ti­ge Be­ur­tei­lung.

In­wie­fern es ei­nen maß­geb­li­chen Un­ter­schied zu der vom BGH be­han­del­ten Fall­kon­stel­la­ti­on des­we­gen ge­ben soll, weil vor­lie­gend die „Kurz­zu­las­sung“ erst nach Ver­trags­ab­schluss er­folgt sein soll, er­schließt sich der Kam­mer nicht. Maß­geb­lich ist, ob die Be­klag­te dem Klä­ger, wie nach dem Kauf­ver­trag ge­schul­det, ei­nen „Neu­wa­gen“ über­ge­ben hat. Dies ist zu be­ja­hen, da die „Kurz­zu­las­sung“ an der Ei­gen­schaft „Neu­wa­gen“ schlecht­hin nichts än­dert. Zu Recht ver­weist der BGH dar­auf, dass es für den durch­schnitt­lich in­for­mier­ten und ver­stän­di­gen Au­to­käu­fer bei dem Er­werb ei­nes „Neu­wa­gens“ dar­um geht, ein un­be­nutz­tes Fahr­zeug zu er­wer­ben. Dies ist hier ge­sche­hen.

Auch mit dem Ar­gu­ment, dass hier die „Kurz­zu­las­sung“ ei­ne Wert­min­de­rung be­deu­te, kann der Klä­ger letzt­end­lich nicht durch­drin­gen. Nach­tei­le hier­aus sind nicht ernst­lich für den Klä­ger bei ei­nem even­tu­el­len Wei­ter­ver­kauf (im Üb­ri­gen be­sitzt er das Fahr­zeug mehr als sechs Jah­re) zu be­fürch­ten. Wes­halb er durch Vor­la­ge des Kauf­ver­trags und sons­ti­ger Pa­pie­re ei­nem even­tu­el­len Kauf­in­ter­es­sen­ten nicht be­le­gen kön­nen soll, dass das Fahr­zeug nur we­ni­ge Ta­ge zu­ge­las­sen war und un­be­nutzt an ihn ge­langt ist, bleibt un­er­find­lich. Der Klä­ger er­geht sich in­so­fern weit­ge­hend in rein theo­re­ti­schen Er­wä­gun­gen. Des­we­gen kann auch kei­ne Re­de da­von sein, dass die Ent­schei­dung des BGH mög­li­cher­wei­se zu ei­ner Aus­höh­lung des „Ver­brau­cher­schut­zes“ füh­ren kön­nen soll.

Das von dem Klä­ger in die­sem Zu­sam­men­hang vor­ge­leg­te Gut­ach­ten des Kfz-Sach­ver­stän­di­gen­bü­ros S vom 10.06.2005 ist in­halt­lich nichts­sa­gend. Dort ist le­dig­lich die Re­de da­von, dass „sach­ver­stän­di­gen­seits fest­ge­stellt“ wer­de, dass „zu den nor­ma­len Haus­prei­sen bei die­sem Fahr­zeug ein Preis­nach­lass von um­ge­rech­net 1,700 € … beim Neu­kauf ge­recht­fer­tigt“ sei. Auf­grund wel­cher Er­kennt­nis­se der Sach­ver­stän­di­ge zu die­sem Er­geb­nis ge­langt ist, lässt sich nicht – und sei es auch nur an­satz­wei­se – er­ken­nen.

Im Üb­ri­gen mag da­hin­ste­hen, wie sich der Klä­ger ver­hal­ten hät­te, wenn ihm von vor­ne­her­ein of­fen­bart wor­den wä­re, dass ei­ne „Kurz­zu­las­sung“ er­fol­gen wer­de. Sein Vor­brin­gen er­laubt noch nicht ein­mal den Schluss dar­auf, dass er sich dann nicht auf den ver­ein­bar­ten Kauf­preis ein­ge­las­sen, ei­ne Re­du­zie­rung des­sel­ben durch­ge­setzt oder gar von dem Kauf ab­ge­se­hen hät­te. Da­bei ist auch zu be­ach­ten, dass der Klä­ger un­be­strit­ten beim Er­werb des Fahr­zeugs ei­nen „Ra­batt“ er­hal­ten hat­te. …

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