Un­ter­lässt es ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler, sich da­nach zu er­kun­di­gen, ob der­je­ni­ge, von dem er ein Fahr­zeug er­wirbt, das Fahr­zeug sei­ner­seits von dem zu­letzt im Kfz-Brief Ein­ge­tra­ge­nen er­wor­ben hat, so ver­bie­tet es die Red­lich­keit, beim Wei­ter­ver­kauf die­ses Fahr­zeugs an­zu­ge­ben, es stam­me „aus ers­ter Hand“.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 12.03.2003 – 3 U 45/02

Sach­ver­halt: Mit Kauf­ver­trag vom 23.09.1999 er­war­ben die Klä­ger von der Be­klag­ten ei­nen Au­di A4 Avant TDI zum Preis von 29.700 DM. In dem Ver­trag heißt es un­ter Be­zeich­nung des Fahr­zeugs: „1. Hd., EZ: 10.02.1997“.

Bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs, die kur­ze Zeit spä­ter statt­fand, er­hiel­ten die Klä­ger die Ko­pie ei­nes Fahr­zeug­briefs mit der Num­mer BL881395. Dar­aus ging her­vor, dass das Fahr­zeug – je­weils mit dem Kenn­zei­chen … – am 10.02.1997 auf die S-GmbH & Co. KG und am 05.08.1997 auf die S-GmbH zu­ge­las­sen und am 13.04.1999 still­ge­legt wor­den war.

Im April 2001 er­hiel­ten die Klä­ger von der B-Bank ih­ren Kfz-Brief mit der Num­mer TS706331. Dar­aus er­gab sich, dass das Fahr­zeug am 04.10.1999 auf die Be­klag­te und am glei­chen Tag auf den klä­ge­ri­schen Ehe­mann zu­ge­las­sen wor­den und der bis­he­ri­ge Kfz-Brief (Nr. BL881395) ein­ge­zo­gen wor­den war. Au­ßer­dem war an­ge­ge­ben: „An­zahl Vor­hal­ter: 2“.

Das Fahr­zeug wies am 17.11.1998 ei­ne Fahr­leis­tung von 136.216 km auf. Es soll zu ei­nem nicht nä­her be­kann­ten Zeit­punkt – mit ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 161.554 – an die Fir­ma K ver­kauft wor­den sein.

Die Be­klag­te hat das Fahr­zeug nach ih­ren An­ga­ben „im Jah­re 1999“ von W er­wor­ben. Sie ließ es am 14.05.1999 beim TÜV in Es­sen un­ter­su­chen, wo ein Ki­lo­me­ter­stand von 64.563 ab­ge­le­sen wur­de. Am 28.10.1999 wies das Fahr­zeug ei­nen Ki­lo­me­ter­stand von 66.100 auf.

Die Klä­ger ha­ben die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ver­langt und be­haup­tet, sie sei­en beim Kauf des Fahr­zeugs von der Be­klag­ten arg­lis­tig ge­täuscht wor­den. Denn ent­ge­gen der An­ga­be im Kauf­ver­trag ha­be es sich bei dem er­wor­be­nen Fahr­zeug nicht um ein sol­ches aus ers­ter Hand ge­han­delt. Au­ßer­dem ha­be die Be­klag­te den wah­ren Ki­lo­me­ter­stand des Fahr­zeugs arg­lis­tig ver­schwie­gen.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung der Klä­ger hat­te teil­wei­se Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Klä­ger ver­lan­gen zu Recht ge­mäß §§ 462, 463 Satz 2 BGB a.F. Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des ver­kauf­ten Pkw … Rück­zah­lung des ge­zahl­ten Kauf­prei­ses, der al­ler­dings um den Wert der von ih­nen er­lang­ten Ge­brauchs­vor­tei­le ge­min­dert wer­den muss. Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob die Be­klag­te beim Ver­kauf des Fahr­zeugs … Män­gel des Fahr­zeugs arg­lis­tig ver­schwie­gen hat, denn je­den­falls fehl­te dem ver­kau­fen Fahr­zeug ei­ne zu­ge­si­cher­te Ei­gen­schaft.

1. Die von der Be­klag­ten im schrift­li­chen Kauf­ver­trag vom 23.09.1999 ab­ge­ge­be­ne Er­klä­rung, das Fahr­zeug stam­me aus „1. Hand (1. Hd.)“, war falsch.

a) Ob die An­ga­be der Be­klag­ten „1. Hd.“ schon des­halb un­rich­tig war, weil als Hal­ter des Fahr­zeugs aus­weis­lich des Kfz-Briefs be­reits zwei ver­schie­de­ne Rechts­trä­ger, näm­lich zu­nächst die Fir­ma S-GmbH & Co. KG und so­dann die Fir­ma S-GmbH, ein­ge­tra­gen wa­ren, oder ob man an­ge­sichts der bloß „fir­men­recht­li­chen“ Än­de­rung der Hal­ter­ei­gen­schaft dar­in le­dig­lich „no­mi­nell“ zwei ver­schie­de­ne Hal­ter sieht, kann of­fen­blei­ben, denn die­se Ein­tra­gung war den Klä­gern beim Ver­trags­ab­schluss be­kannt, so­dass die An­ga­be im Kauf­ver­trag „1. Hd.“ für sie in­so­weit kei­ne un­rich­ti­ge Zu­si­che­rung dar­stel­len konn­te, zu­mal in der bloß fir­men­recht­li­chen Än­de­rung nicht un­be­dingt ein wert­bil­den­der Fak­tor im Hin­blick auf das Fahr­zeug ge­se­hen wer­den kann.

b) An­ders ver­hält es sich je­doch da­mit, dass das Fahr­zeug nach der Still­le­gung durch den zu­letzt im Kfz-Brief ein­ge­tra­ge­nen Hal­ter mehr­fach den Be­sit­zer (oder auch den Ei­gen­tü­mer) ge­wech­selt hat.

Laut Aus­kunft der X-Kre­dit­bank ist das Fahr­zeug mit ei­ner Fahr­leis­tung von mehr als 160.000 km an die Fir­ma K ver­kauft wor­den. Die Be­klag­te selbst hat das Fahr­zeug auch nicht von ei­nem im Kfz-Brief ein­ge­tra­ge­nen Vor­be­sit­zer, son­dern von dem als Zeu­gen be­nann­ten W, den sie als „Zwi­schen­händ­ler“ be­zeich­net hat, er­wor­ben.

Auch wenn die­ser Ei­gen­tü­mer­wech­sel sich nicht in dem Kfz-Brief nie­der­ge­schla­gen hat, ist doch die Tat­sa­che, dass je­weils der un­mit­tel­ba­re Be­sitz auf an­de­re Per­so­nen über­ge­gan­gen war, für den letz­ten Er­wer­ber ei­nes Fahr­zeugs von we­sent­li­cher Be­deu­tung. Al­lein auf die Hal­ter­ei­gen­schaft ab­zu­stel­len, wird der Be­deu­tung der An­ga­be „1. Hand“ für den Er­wer­ber ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs nicht ge­recht. Er ver­bin­det mit der An­ga­be „aus ers­ter Hand“ näm­lich die – ver­läss­li­che – Zu­si­che­rung des Ver­käu­fers, dass das Fahr­zeug ge­ra­de nicht durch meh­re­re „Hän­de“ ge­gan­gen ist. Für ihn und sei­ne Kauf­ent­schei­dung ist es in Be­zug auf Kauf­preis und Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs wich­tig zu wis­sen, durch wel­che und durch wie vie­le „Hän­de“ das Fahr­zeug bis zu dem von ihm be­ab­sich­tig­ten Er­werb ge­gan­gen ist. Für den po­ten­zi­el­len Käu­fer kommt es dar­auf an, ob er da­von aus­ge­hen kann, dass das Fahr­zeug – auch wenn es mög­li­cher­wei­se von an­de­ren Per­so­nen wie zum Bei­spiel Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen … be­nutzt wor­den ist – bei der an­schlie­ßen­den Wei­ter­ver­äu­ße­rung je­den­falls noch im Ver­ant­wor­tungs­be­reich des­je­ni­gen war, der als letz­ter im Kfz-Brief ein­ge­tra­gen ist.

Ist – wie hier – das Fahr­zeug in­ner­halb kur­zer Zeit mehr­fach ver­äu­ßert wor­den, so ist es von we­sent­li­cher Be­deu­tung für den Er­wer­ber, dass sein Ver­käu­fer ihn hier­über in Kennt­nis setzt oder aber zu­min­dest da­von un­ter­rich­tet, dass er das Fahr­zeug nicht von dem zu­letzt im Kfz-Brief ein­ge­tra­ge­nen Hal­ter er­wor­ben hat. Ab­ge­se­hen da­von, dass ein mehr­fa­cher Ver­kauf sich letzt­lich auch auf den Kauf­preis, den der letz­te Er­wer­ber be­zah­len muss, aus­wirkt, ist auch die Ge­fahr, dass an dem Fahr­zeug Ma­ni­pu­la­tio­nen vor­ge­nom­men wer­den, bei mehr­fa­chen schnel­len Ei­gen­tums­wech­seln als er­heb­lich hö­her ein­zu­stu­fen als bei ei­nem Er­werb von dem zu­letzt im Kfz-Brief ein­ge­tra­ge­nen Hal­ter, weil der letz­te Er­wer­ber von den zahl­rei­chen „Zwi­schen­ver­käu­fen“ kei­ne Kennt­nis hat und sein Ver­käu­fer sich le­dig­lich dar­auf be­ruft, er sei von der Rich­tig­keit zum Bei­spiel der an­ge­ge­be­nen Ki­lo­me­ter­leis­tung aus­ge­gan­gen.

Un­ter­lässt es der ge­werbs­mä­ßig mit ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeu­gen han­deln­de „Au­to­mo­bil­fach­be­trieb“, sich zu er­kun­di­gen bzw. zu ver­ge­wis­sern, ob der­je­ni­ge, von dem er das Au­to er­wor­ben hat, das Fahr­zeug sei­ner­seits von dem zu­letzt im Brief ein­ge­tra­ge­nen oder von ei­ner wei­te­ren „Zwi­schen­händ­ler“ ge­kauft hat, so ver­bie­tet es die Red­lich­keit, beim Wei­ter­ver­kauf die­ses Fahr­zeugs an­zu­ge­ben, das Fahr­zeug stam­me „aus ers­ter Hand“.

c) Die Ge­brauchs­vor­tei­le, wel­che die Klä­ger durch die Be­nut­zung des Fahr­zeugs er­langt ha­ben, be­mes­sen sich auf ins­ge­samt 6.380,92 € (= 12.480 DM).

Die Klä­ger ha­ben mit dem Fahr­zeug bis zum 19.02.2003 rund 76.400 km zu­rück­ge­legt. Nach ih­ren An­ga­ben im Ver­hand­lungs­ter­min be­trug der Ki­lo­me­ter­stand an die­sem Tag rund 142.500. Zwei­fel an die­ser An­ga­be der Klä­ger be­ste­hen nicht …

Bei der Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags wird die dem Ver­käu­fer zu er­stat­ten­den Nut­zungs­ent­schä­di­gung nach un­ter­schied­li­chen Kri­te­ri­en be­rech­net. Teil­wei­se wird sie – aus­ge­hend von ei­ner durch­schnitt­li­chen Ge­samt­fahr­leit­s­tung von 150.000 km – mit 0,67 % des Brut­to­kauf­prei­ses pro tau­send Ki­lo­me­ter Lauf­leis­tung er­rech­net (vgl. OLG Hamm, OLGR 1993, 333; OLG Köln, DAR 1993, 349; OLG Ko­blenz, NJW-RR 1997, 431; OLG Ros­tock, DAR 1995, 277). Bei Fahr­zeu­gen der Ober­klas­se und bei Die­sel­fahr­zeu­gen, bei de­nen ei­ne durch­schnitt­li­che Ge­samt­fahr­leis­tung von min­des­tens 200.000 km zu­grun­de ge­legt wird, geht die Recht­spre­chung teil­wei­se von ei­ner Be­rech­nung von 0,5 % des Brut­to­kauf­prei­ses pro 1.000 km Fahr­leis­tung oder auch pau­schal von 0,15 DM pro ge­fah­re­nem Ki­lo­me­ter aus (vgl. OLG Stutt­gart, DAR 1998, 393; OLG Cel­le, DAR 1995, 404; OLG Düs­sel­dorf, NJW-RR 1999, 278; OLG Dres­den, DAR 1999, 68 [69]).

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung die­ser Grund­sät­ze geht der Se­nat hier von ei­ner durch­schnitt­li­chen Ge­samt­fahr­leis­tung ei­nes Au­di A4 TDI von rund 250.000 km und von der im Grund­satz all­ge­mein an­ge­wen­de­ten For­mel

{\frac{\text{Kauf­preis}}{\text{Rest­lauf­leis­tung in Ki­lo­me­tern}}}\times\text{ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter}

aus.

Al­ler­dings ist da­bei zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Käu­fer hier von ei­ner un­rich­ti­gen Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs bei Ver­trags­schluss an­ge­sichts der vor­ge­nom­me­nen Ma­ni­pu­la­ti­on am Ta­cho­me­ter aus­ge­gan­gen sind.

Der Kauf­preis von 29.700 DM war be­mes­sen nach ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von rund 66.000. Legt man die­sen Ki­lo­me­ter­stand der Be­rech­nung zu­grun­de, so muss an­de­rer­seits die Rest­lauf­leis­tung auch nach dem die­sem Preis zu­grun­de lie­gen­den Ki­lo­me­ter­stand be­rech­net wer­den und die – tat­säch­li­che – Lauf­leis­tung von rund 160.000 km im Zeit­punkt des Ver­kaufs au­ßer Be­tracht blei­ben, weil an­sons­ten die Käu­fer des Fahr­zeugs un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­ligt wür­den, weil sie ei­nen dem Markt­wert des Fahr­zeugs er­heb­lich über­stei­gen­den Kauf­preis ge­zahlt ha­ben und zu­dem ei­ne in­fol­ge der un­rich­ti­gen Ki­lo­me­ter­an­ga­be im Zeit­punkt des Ver­kaufs er­heb­lich nied­ri­ge­re Rest­lauf­leis­tung in Kauf neh­men müss­ten (vgl. da­zu OLG Düs­sel­dorf, NJW-RR 1999, 278).

Wür­de man der Be­rech­nung die – tat­säch­li­che – Lauf­leis­tung von rund 160.000 km im Zeit­punkt des Ver­kaufs und da­mit ei­ne Rest­lauf­zeit von nur 90.000 km zu­grun­de­le­gen, er­gä­be sich ei­ne an­zu­rech­nen­de Nut­zungs­ent­schä­di­gung von rund 25.200 DM (= 0,33 DM pro ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter). Er­rech­ne­te man die Nut­zungs­ent­schä­di­gung mit 0,67 % des Brut­to­kauf­prei­ses pro 1.000 km Fahr­leis­tung, er­gä­be sich ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung von rund 15.202 DM.

Un­ter die­sen Um­stän­den hält der Se­nat ei­ne Be­wer­tung der Nut­zungs­ent­schä­di­gung ge­mäß § 287 II ZPO mit rund 12.480 DM für an­ge­mes­sen. Dies ent­spricht ei­nem Be­trag von 0,55 % des Kauf­prei­ses pro ge­fah­re­nen tau­send Ki­lo­me­tern … oder rund 0,16 DM pro Ki­lo­me­ter …

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