1. Wird ei­ne an­fecht­bar er­wor­be­ne be­weg­li­che Sa­che vor der An­fech­tung wei­ter­ver­äu­ßert, so bleibt der Drit­te trotz der An­fech­tung des Vor­er­werbs Ei­gen­tü­mer, wenn er die An­fecht­bar­keit we­der kann­te noch in­fol­ge gro­ber Fahr­läs­sig­keit nicht kann­te.
  2. Zur Fra­ge der gro­ben Fahr­läs­sig­keit ei­nes Ge­braucht­wa­gen­händ­lers, der von ei­nem an­de­ren Ge­braucht­wa­gen­händ­ler ein Fahr­zeug zu ei­nem er­heb­lich un­ter dem durch­schnitt­li­chen Händ­ler­ein­kaufs­preis lie­gen­den Preis er­wirbt.

BGH, Ur­teil vom 01.07.1987 – VI­II ZR 331/86

Aus den Grün­den: Am 09.02.1985, ei­nem Sams­tag, ver­kauf­te der Klä­ger sei­nen mit ei­ner Bra­bus-Aus­stat­tung ver­se­he­nen Mer­ce­des-Benz 190 E für 35.200 DM an K, der un­ter dem Na­men Scheff­ler auf­trat. K gab dem Klä­ger ei­nen über den Kauf­preis lau­ten­den – ge­stoh­le­nen – Scheck und er­hielt das Fahr­zeug nebst Fahr­zeug­brief.

K bot den Pkw am sel­ben Tag oder am 10.02.1985 auf ei­nem Au­to­markt in B. dem Kfz-Händ­ler H zum Kauf an. H kauf­te das Fahr­zeug und ver­äu­ßer­te es sei­ner­seits am 10.02.1985 an den Be­klag­ten, der eben­falls Kfz-Händ­ler ist, für 24.500 DM wei­ter.

Am 11.02.1985 leg­te der Klä­ger den von K er­hal­te­nen Scheck zur Zah­lung vor; er wur­de nicht ein­ge­löst. Bei die­ser Ge­le­gen­heit er­fuhr der Klä­ger, dass der Scheck ge­stoh­len war. Er er­stat­te­te dar­auf­hin An­zei­ge ge­gen K we­gen Be­tru­ges. Die Po­li­zei stell­te im Zu­ge ih­rer Er­mitt­lun­gen am 13.02.1985 den Pkw bei dem Be­klag­ten si­cher, gab ihn aber am 15.02.1985 auf An­wei­sung der Staats­an­walt­schaft wie­der zu­rück. Am sel­ben Tag ver­äu­ßer­te ihn der Be­klag­te für 28.000 DM an F.

Wäh­rend des vor­lie­gen­den Rechts­streits hat der Klä­ger mit zwei gleich­lau­ten­den Schrei­ben vom 23.12.1985 und vom 13.01.1986 ge­gen­über K den mit die­sem ab­ge­schlos­se­nen „Kauf­ver­trag vom 09.02.1985 so­wie das Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft“ we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung an­ge­foch­ten. Er hat den Be­klag­ten auf Scha­dens­er­satz in Hö­he von 35.200 DM nebst Zin­sen we­gen Un­mög­lich­keit der Her­aus­ga­be des Pkw in An­spruch ge­nom­men. Der Klä­ger hat vor­ge­bracht, er sei Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs ge­blie­ben. We­der H noch der Be­klag­te sei­en beim Er­werb gut­gläu­big ge­we­sen, weil sie es grob fahr­läs­sig un­ter­las­sen hät­ten, sich bei ihm – dem Klä­ger – als dem im Kfz-Brief ein­ge­tra­ge­nen Hal­ter nach der Ver­fü­gungs­be­rech­ti­gung des K bzw. des H zu er­kun­di­gen.

Das Land­ge­richt hat den Be­klag­ten an­trags­ge­mäß ver­ur­teilt. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung in Hö­he von 31.000 DM nebst Zin­sen auf­recht­er­hal­ten und die Kla­ge im Üb­ri­gen ab­ge­wie­sen. Auf die Re­vi­si­on des Be­klag­ten, der da­mit die voll­stän­di­ge Ab­wei­sung der Kla­ge er­streb­te, wur­de das Be­ru­fungs­ur­teil auf­ge­ho­ben und die Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

Aus den Grün­den: I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat aus­ge­führt, dem Klä­ger ste­he ge­mäß §§ 990, 989 BGB ein Scha­dens­er­satz­an­spruch zu, weil der Be­klag­te den Pkw in­fol­ge des Wei­ter­ver­kaufs an F nicht mehr her­aus­ge­ben kön­ne. Je­den­falls bis zu die­sem Wei­ter­ver­kauf sei der Klä­ger Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs ge­we­sen. Zwar ha­be er zu­nächst durch die am 09.02.1985 er­folg­te Über­eig­nung an K das Ei­gen­tum dar­an ver­lo­ren. Da­durch, dass er die Über­eig­nung frist­ge­mäß an­ge­foch­ten ha­be, sei die­se aber rück­wir­kend ent­fal­len (§ 142 I BGB) und K so­mit nicht Ei­gen­tü­mer ge­wor­den.

Dass H das Ei­gen­tum ge­mäß §§ 929, 932 BGB kraft gu­ten Glau­bens von K er­wor­ben ha­be, ha­be der Be­klag­te nicht be­wie­sen. Der Er­wer­ber sei nicht gut­gläu­big, wenn ihm be­kannt oder in­fol­ge gro­ber Fahr­läs­sig­keit un­be­kannt sei, dass die Sa­che dem Ver­äu­ße­rer nicht ge­hö­re. Ei­ne sol­che grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis des H sei zu be­ja­hen, weil er aus der feh­len­den Über­ein­stim­mung des im Kfz-Brief ein­ge­tra­ge­nen Hal­ters mit dem ver­fü­gen­den K oh­ne Wei­te­res hät­te er­ken­nen müs­sen, dass K nicht Ei­gen­tü­mer des Pkw und nicht ver­fü­gungs­be­fugt ge­we­sen sei. Die Be­haup­tung des Be­klag­ten, H ha­be sich vor oder bei An­kauf des Wa­gens te­le­fo­nisch bei ei­nem Fa­mi­li­en­an­ge­hö­ri­gen des Klä­gers nach dem Ei­gen­tum an dem Wa­gen oder der Ver­fü­gungs­be­fug­nis des K er­kun­digt und die Aus­kunft er­hal­ten, der Wa­gen sei ver­kauft, sei nicht be­wie­sen. Die­ses un­ter Be­weis ge­stell­te Vor­brin­gen des Be­klag­ten sei nach §§ 528 II, 282 ZPO als ver­spä­tet zu­rück­zu­wei­sen, weil es erst in der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung so sub­stan­zi­iert wor­den sei, dass der Klä­ger sach­dien­lich un­ter An­tritt von Ge­gen­be­wei­sen ha­be re­agie­ren kön­nen.

Auch der Be­klag­te sei beim Er­werb des Fahr­zeugs von H nicht gut­gläu­big i. S. von § 932 BGB ge­we­sen. Wer – wie hier – von ei­nem Kfz-Händ­ler er­wer­be, der den Kfz-Brief be­sit­ze, kön­ne zwar auch oh­ne Vor­ein­tra­gung des Händ­lers grund­sätz­lich von des­sen Ver­fü­gungs­be­fug­nis aus­ge­hen. Nach­for­schun­gen nach dem Ei­gen­tum oder der Ver­fü­gungs­be­fug­nis des Händ­lers sei­en nur dann er­for­der­lich, wenn be­son­de­re Um­stän­de der Ver­äu­ße­rung zwei­fel­haft sei­en. Sol­che Um­stän­de, die den Be­klag­ten nach dem Ei­gen­tum oder der Ver­fü­gungs­be­fug­nis (§ 366 HGB) des H hät­ten fra­gen las­sen müs­sen, hät­ten hier je­den­falls in der Preis­ge­stal­tung vor­ge­le­gen. Der Be­klag­te ha­be den PKW für 24.500 DM ein­schließ­lich Mehr­wert­steu­er ge­kauft, ob­wohl der Händ­ler­ein­kaufs­preis nach der Schwa­cke-Lis­te oh­ne Mehr­wert­steu­er 20.800 DM be­tra­gen ha­be und die durch die Bra­bus-Aus­stat­tung be­ding­te Wert­er­hö­hung mit min­des­tens 4.000 DM an­zu­set­zen sei. Der an H ge­zahl­te Kauf­preis sei da­her schon sehr ge­ring ge­we­sen. Auch wenn man ihn nicht als auf­fäl­lig ge­ring an­se­he, ha­be sich dem Be­klag­ten auf­drän­gen müs­sen, dass je­den­falls H, der an dem Ge­schäft im­mer­hin auch ha­be ver­die­nen wol­len, ei­nen er­heb­lich ge­rin­ge­ren Be­trag ge­zahlt ha­ben müs­se. Au­ßer­dem ha­be der Be­klag­te auch nicht die ge­gen­über H über­nom­me­ne Ver­pflich­tung er­füllt, das Fahr­zeug schnells­tens ab­zu­mel­den, wo­durch des­sen Ver­bleib be­kannt ge­wor­den wä­re.

II. Die­se Aus­füh­run­gen hal­ten nicht in al­len Punk­ten der recht­li­chen Nach­prü­fung stand.

1. Nicht zu be­an­stan­den ist al­ler­dings die – still­schwei­gen­de – An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, der Klä­ger ha­be die an K er­folg­te Über­eig­nung des Pkw wirk­sam we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung (§ 123 BGB) an­ge­foch­ten. Zwar hat das Be­ru­fungs­ge­richt le­dig­lich fest­ge­stellt, dass die An­fech­tungs­er­klä­rung in­ner­halb der in § 124 BGB ge­re­gel­ten Jah­res­frist ab­ge­ge­ben wor­den ist. Ob auch die zur Wirk­sam­keit der An­fech­tung er­for­der­li­chen ma­te­ri­el­len Vor­aus­set­zun­gen des § 123 BGB er­füllt wa­ren, ist in den Ent­schei­dungs­grün­den da­ge­gen nicht er­ör­tert. Dies ist aber un­schäd­lich und wird von der Re­vi­si­on auch nicht ge­rügt. Nach dem un­strei­ti­gen Sach­vor­trag des Klä­gers kann es kei­nem Zwei­fel un­ter­lie­gen, daß K den Klä­ger be­wusst über sei­ne – nicht vor­han­de­ne – Zah­lungs­be­reit­schaft ge­täuscht hat, um den Klä­ger, was ihm auch ge­lang, zum Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges vom 09.02.1985 und des dar­auf be­ru­hen­den Ver­fü­gungs­ge­schäfts, die Über­eig­nung des Pkw, zu be­we­gen.

2. Das Be­ru­fungs­ge­richt geht fer­ner im An­satz zu­tref­fend da­von aus, dass in­fol­ge der be­grün­de­ten An­fech­tung des Ver­fü­gungs­ge­schäfts H das Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug nur kraft gu­ten Glau­bens er­wer­ben konn­te und dass dies auch für den Be­klag­ten gilt, falls H beim Er­werb von K nicht gut­gläu­big war.

Wenn ein an­fecht­ba­res Rechts­ge­schäft wirk­sam an­ge­foch­ten wor­den ist, dann steht es ei­nem von An­fang an nich­ti­gen Rechts­ge­schäft gleich (§ 142 I BGB). Die An­fech­tung be­sei­tigt die Rechts­fol­gen, die zu­nächst ein­ge­tre­ten wa­ren, rück­wir­kend; das heißt, die Rechts­la­ge ist von nun an so zu be­ur­tei­len, als ob das Rechts­ge­schäft nicht vor­ge­nom­men wor­den wä­re. Ist – wie hier – Ei­gen­tum an ei­ner be­weg­li­chen Sa­che über­tra­gen wor­den, so fällt es durch die An­fech­tung die­ses Ver­fü­gungs­ge­schäfts an den Ver­äu­ße­rer zu­rück, oh­ne dass es ei­ner Rück­über­tra­gung be­darf; der Er­wer­ber ver­liert das Ei­gen­tum mit rück­wir­ken­der Kraft. Die An­fech­tung wirkt in sol­cher Wei­se nicht nur im Ver­hält­nis zwi­schen An­fech­ten­dem und An­fech­tungs­geg­ner, son­dern – vor­be­halt­lich der Vor­schrif­ten über den gut­gläu­bi­gen Er­werb – auch ge­gen­über Drit­ten. Ver­fügt der An­fech­tungs­geg­ner an sie, ha­ben sie dem­ge­mäß von ei­nem Nicht­be­rech­tig­ten er­wor­ben (vgl. So­er­gel/He­f­er­mehl, BGB, 11. Aufl., § 142 Rn. 14). Dies hat hier zur Fol­ge, dass das zwi­schen K und H ge­tä­tig­te Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft recht­lich so zu be­ur­tei­len ist, als ob dem K das Fahr­zeug bei der Ver­äu­ße­rung nicht ge­hör­te. H und ge­ge­be­nen­falls (s. oben) auch der Be­klag­te konn­ten so­mit das Ei­gen­tum dar­an nur er­wer­ben, wenn sie bei dem je­wei­li­gen Über­eig­nungs­akt „gut­gläu­big“ wa­ren.

3. Rechts­irr­tüm­lich hat das Be­ru­fungs­ge­richt in­des­sen bei der – un­ter dem Blick­win­kel des § 932 BGB er­folg­ten – Be­ur­tei­lung der Gut­gläu­big­keit des H und des Be­klag­ten auf das Ei­gen­tum als Ge­gen­stand des gu­ten Glau­bens ab­ge­stellt.

a) Wenn der Er­wer­ber in der Zeit zwi­schen Vor­nah­me des an­fecht­ba­ren Rechts­ge­schäfts und der An­fech­tung über den auf­grund die­ses Rechts­ge­schäfts über­tra­ge­nen Ge­gen­stand zu­guns­ten ei­nes Drit­ten wei­ter­ver­fügt hat, so ver­mag der Drit­te das Ei­gen­tum dar­an zwar nur kraft gu­ten Glau­bens zu er­wer­ben. Der gut­gläu­bi­ge Er­werb kann aber nicht da­von ab­hän­gen, ob der Drit­te i. S. des § 932 BGB an das Ei­gen­tum des Ver­fü­gen­den glaub­te oder glau­ben durf­te.

So­lan­ge das an­fecht­ba­re Rechts­ge­schäft nicht an­ge­foch­ten wird, ist es gül­tig (RG, WarnRspr. 1911 Nr. 360). Es steht le­dig­lich un­ter ei­ner „auf­lö­sen­den Ge­set­zes­be­din­gung“ (Mo­ti­ve zu dem Ent­wur­fe ei­nes Bür­ger­li­chen Ge­setz­bu­ches, Band I, S. 219), de­ren Ein­tritt (die An­fech­tung) rück­wir­ken­de Kraft hat. Er­folgt die Wei­ter­über­tra­gung des an­fecht­bar er­wor­be­nen Ei­gen­tums vor der An­fech­tung, so hat der Ver­fü­gen­de dem­ge­mäß zu die­ser Zeit noch als Be­rech­tig­ter, näm­lich als Ei­gen­tü­mer ge­han­delt; sei­ne Be­rech­ti­gung ist erst durch die Rück­wir­kungs­fik­ti­on des § 142 I BGB ent­fal­len. Als Ge­gen­stand des gu­ten Glau­bens bzw. der Bös­gläu­big­keit des Drit­ten, zu des­sen Guns­ten die Ei­gen­tums­ver­fü­gung er­folg­te, schei­det so­mit das – zu­nächst noch be­ste­hen­de – Ei­gen­tum des Ver­fü­gen­den aus (h. M., vgl. u. a. Stau­din­ger/Dil­cher, BGB, 12. Aufl., § 142 Rn. 17; Jau­er­nig, BGB, 3. Aufl., § 142 Anm. 4).

Für die Fra­ge, ob der Drit­te vor der An­fech­tung kraft gu­ten Glau­bens Ei­gen­tü­mer der vom Ver­äu­ße­rer an­fecht­bar er­wor­be­nen be­weg­li­chen Sa­che ge­wor­den ist, kommt es viel­mehr dar­auf an, ob er im Zeit­punkt sei­nes Er­werbs die Mög­lich­keit des rück­wir­ken­den Weg­falls der Be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers, al­so der Ver­nicht­bar­keit die­ser Be­rech­ti­gung durch An­fech­tung kann­te oder hät­te er­ken­nen müs­sen (Stau­din­ger/Dil­cher, a. a. O., § 142 Rn. 17; Jau­er­nig, a. a. O., § 142 Anm. 4; MünchKomm-BGB/May­er-Ma­ly, 2. Aufl., § 142 Rdn. 19; Krü­ger-Nie­land/Zöl­ler, in: RGRK-BGB, 12. Aufl., § 142 Rn. 29 f.; So­er­gel/He­f­er­mehl, a. a. O., § 142 Rn. 14 f.). Dies folgt aus der Vor­schrift des § 142 II BGB. Da­nach wird für den Fall, dass es zur An­fech­tung kommt, der­je­ni­ge, der die An­fecht­bar­keit kann­te oder ken­nen muss­te, so be­han­delt, wie wenn er die Nich­tig­keit des Rechts­ge­schäfts und da­mit die Nicht­be­rech­ti­gung des Ver­fü­gen­den ge­kannt hät­te oder hät­te ken­nen müs­sen. Beim Fahr­nis­er­werb scha­det ihm aber in die­sem Fal­le der – durch An­fech­tung – her­bei­ge­führ­ten fik­ti­ven Nicht­be­rech­ti­gung eben­so wie bei wirk­li­cher Nicht­be­rech­ti­gung (vgl. § 932 II BGB) nur grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis (Mo­ti­ve zu dem Ent­wur­fe ei­nes Bür­ger­li­chen Ge­setz­bu­ches, Band I, S. 219; So­er­gel/He­f­er­mehl, a. a. O., § 142 Rn. 15; Stau­din­ger/Dil­cher, a. a. O., § 142 Rn. 18; Jau­er­nig, a. a. O., § 142 Anm. 4; MünchKomm-BGB/May­er-Ma­ly, a. a. O., § 142 Rn. 20; Er­man/Brox, BGB, 7. Aufl., § 142 Rn. 11; Krü­ger-Nie­land/Zöl­ler, in: RGRK-BGB, a.a.O., § 142 Rn. 30; La­renz, BGB AT, 6. Aufl., S. 471). Der Er­wer­ber ei­ner vom Ver­äu­ße­rer an­fecht­bar zu Ei­gen­tum er­lang­ten be­weg­li­chen Sa­che bleibt da­her im Fal­le der An­fech­tung Ei­gen­tü­mer der Sa­che, wenn er die An­fecht­bar­keit der Ei­gen­tums­über­tra­gung durch den ur­sprüng­li­chen Ei­gen­tü­mer nicht kann­te und sei­ne Un­kennt­nis auch nicht auf gro­be Fahr­läs­sig­keit zu­rück­zu­füh­ren ist.

Gut­gläu­big­keit in die­sem Sin­ne ist al­ler­dings schon dann zu ver­nei­nen, wenn der Drit­te beim Er­werb die Um­stän­de kann­te oder grob fahr­läs­sig nicht kann­te, aus de­nen sich die An­fecht­bar­keit des Er­werbs­vor­gangs er­gab, der sich zwi­schen dem An­fech­ten­den und dem An­fech­tungs­geg­ner voll­zo­gen hat. Die Kennt­nis oder das Ken­nen­müs­sen der Rechts­fol­ge der An­fech­tung ist da­ge­gen nicht er­for­der­lich (BGH, Urt. v. 28.04.1952 – IV ZR 122/51, LM BGB § 142 Nr. 1; So­er­gel/He­f­er­mehl, a. a. O., § 142 Rn. 15; Stau­din­ger/Dil­cher, a. a. O., § 142 Rn. 18 m. w. Nachw).

b) Da ei­ne Kennt­nis des H bzw. des Be­klag­ten von sol­chen Um­stän­den hier aus­schei­det, kommt es für die Ent­schei­dung des Rechts­streits al­lein dar­auf an, ob ih­nen die Tat­sa­chen, die die An­fecht­bar­keit der Ei­gen­tums­über­tra­gung vom Klä­ger auf K be­grün­de­ten, in­fol­ge gro­ber Fahr­läs­sig­keit un­be­kannt ge­blie­ben sind.

Grob fahr­läs­sig han­delt, wer die im Ver­kehr er­for­der­li­che Sorg­falt in be­son­ders schwe­rem Ma­ße ver­letzt, weil er das un­be­ach­tet lässt, was im kon­kre­ten Fall je­dem hät­te ein­leuch­ten müs­sen (vgl. Se­nat, Urt. v. 23.05.1966 – VI­II ZR 60/64, WM 1966, 678 m. w. Nachw.). Beim Er­werb vom Nicht­be­rech­tig­ten ist dies re­gel­mä­ßig an­zu­neh­men, wenn der Er­wer­ber trotz Vor­lie­gens von Ver­dachts­grün­den, die Zwei­fel an der Be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers we­cken müs­sen, sach­dien­li­che Nach­for­schun­gen nicht un­ter­nimmt (vgl. Se­nat, Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, WM 1975, 362 [363, un­ter II c]). Wann ei­ne sol­che Nach­for­schungs­pflicht, die nicht all­ge­mein als Vor­aus­set­zung für ei­nen gut­gläu­bi­gen Ei­gen­tums­er­werb be­jaht wer­den kann (Se­nat, Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, WM 1975, 362 [363, un­ter II c]), be­steht, ist ei­ne Fra­ge des Ein­zel­fal­les. Für den Ge­braucht­wa­gen­han­del hat der er­ken­nen­de Se­nat in­des­sen we­gen der dort nicht sel­ten vor­kom­men­den Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten in stän­di­ger Recht­spre­chung bei der Be­wer­tung der Um­stän­de, die für den Käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs ei­ne Nach­for­schungs­pflicht hin­sicht­lich der Ver­fü­gungs­be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers be­grün­den, ei­nen stren­gen Maß­stab an­ge­legt (vgl. Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, WM 1975, 362 [363, un­ter II c], Urt. v. 23.11.1966 – VI­II ZR 151/64, WM 1966, 1325; Urt. v. 23.05.1966 – VI­II ZR 60/64, WM 1966, 678). Wenn, wie hier, Ge­gen­stand des gu­ten Glau­bens nicht – wie in den bis­her ent­schie­de­nen Fäl­len – das Ei­gen­tum (§ 932 BGB) oder die Ver­fü­gungs­be­fug­nis (§ 366 HGB) des Ver­äu­ße­rers, son­dern die feh­len­de An­fecht­bar­keit des Vor­er­werbs (§ 142 II BGB) ist, kann grund­sätz­lich we­der in Be­zug auf die Um­stän­de, die ei­ne Nach­for­schungs­pflicht aus­lö­sen kön­nen, noch hin­sicht­lich der stren­gen An­for­de­run­gen, die an die Be­wer­tung die­ser Um­stän­de zu stel­len sind, et­was an­de­res gel­ten.

4. Die vom Be­ru­fungs­ge­richt un­ter dem Blick­win­kel des § 932 BGB fest­ge­stell­ten Um­stän­de sind da­her glei­cher­ma­ßen auch für die sich im Rah­men des § 142 II BGB stel­len­de Fra­ge er­heb­lich, ob H und den Be­klag­ten die Pflicht traf, sich bei dem Klä­ger als dem im Kraft­fahr­zeug­brief noch ein­ge­tra­ge­nen Hal­ter da­nach zu er­kun­di­gen, ob er das Fahr­zeug ver­äu­ßert hat und das Ver­äu­ße­rungs­ge­schäft in Ord­nung ging.

a) Ei­ne sol­che Nach­for­schungs­pflicht des H hat das Be­ru­fungs­ge­richt der Tat­sa­che ent­nom­men, dass K, von dem er das Fahr­zeug er­warb, nicht als Hal­ter im Kraft­fahr­zeug­brief ein­ge­tra­gen war. Die­se auf tatrich­ter­li­chem Ge­biet lie­gen­de Wür­di­gung wird von der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fen.

Sie ist aus Rechts­grün­den auch nicht zu be­an­stan­den. Dem­je­ni­gen, der von ei­ner Pri­vat­per­son ei­nen Ge­braucht­wa­gen er­wirbt, die nicht als Hal­ter im Kraft­fahr­zeug­brief aus­ge­wie­sen ist, muss sich der – ei­ne Nach­for­schungs­pflicht aus­lö­sen­de – Ver­dacht auf­drän­gen, dass der Ver­äu­ße­rer auf un­red­li­che Wei­se in den Be­sitz des Fahr­zeugs ge­langt sein könn­te. Dem Vor­wurf der – ei­nen gu­ten Glau­ben aus­schlie­ßen­den – gro­ben Fahr­läs­sig­keit kann der Er­wer­ber in ei­nem der­ar­ti­gen Fal­le nur ent­ge­hen, wenn er – was im Streit­fall zu sei­ner Be­weis­last steht – Nach­for­schun­gen an­ge­stellt hat, die ge­eig­net wa­ren, sei­nen Ver­dacht zu be­sei­ti­gen. Sol­che Nach­for­schun­gen des H hat der Be­klag­te hier schlüs­sig dar­ge­legt, in­dem er un­ter Be­weis­an­tritt be­haup­tet hat, H ha­be sich vor oder bei dem An­kauf des Fahr­zeugs te­le­fo­nisch bei der Fa­mi­lie des Klä­gers er­kun­digt und die Aus­kunft er­hal­ten, der Wa­gen sei ver­kauft, der Klä­ger bzw. des­sen Fa­mi­lie hät­ten nichts mehr da­mit zu tun.

Den in­so­weit an­ge­tre­te­nen Be­weis wird das Be­ru­fungs­ge­richt noch zu er­he­ben ha­ben. Es hat die Be­haup­tung des Be­klag­ten zwar als ver­spä­tet zu­rück­ge­wie­sen. Da das an­ge­foch­te­ne Ur­teil aber oh­ne­hin auf­ge­ho­ben und die Sa­che er­neut ver­han­delt und ent­schie­den wer­den muss (un­ten b), ste­hen der Be­rück­sich­ti­gung der Be­haup­tung die für ih­re Zu­rück­wei­sung vom Be­ru­fungs­ge­richt als maß­geb­lich an­ge­se­he­nen Grün­de nicht mehr ent­ge­gen. Es kann da­her of­fen­blei­ben, ob die Zu­rück­wei­sung des Vor­brin­gens – je­den­falls mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung – der re­vi­si­ons­recht­li­chen Prü­fung stand­hiel­te.

b) Ei­ne Er­kun­di­gungs­pflicht des Be­klag­ten hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend nicht schon al­lein aus dem Um­stand her­ge­lei­tet, dass H nicht als Hal­ter im Kraft­fahr­zeug­brief ein­ge­tra­gen war. An­ders als bei ei­ner Ver­äu­ße­rung durch ei­ne Pri­vat­per­son ist es nicht au­ßer­ge­wöhn­lich, wenn – wie hier – ein Kraft­fahr­zeug­händ­ler im Rah­men sei­nes Ge­schäfts­be­triebs ein ge­brauch­tes Fahr­zeug ver­kauft, oh­ne dass zu­vor der Kraft­fahr­zeug­brief auf ihn als Hal­ter um­ge­schrie­ben wor­den ist (vgl. Se­nat, Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, WM 1975, 362 [363, un­ter II c]).

Das Be­ru­fungs­ge­richt hat aber an­ge­nom­men, dass die feh­len­de Iden­ti­tät zwi­schen ein­ge­tra­ge­nem Hal­ter und H den Be­klag­ten im Zu­sam­men­hang mit der Preis­ge­stal­tung nach­for­schungs­pflich­tig mach­te. Dem wä­re zu­zu­stim­men, wenn der Be­ur­tei­lung der vom Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­me­ne Ein­kaufs­wert des Fahr­zeugs zu­grun­de ge­legt wer­den könn­te.

Das Be­ru­fungs­ge­richt hat auf­grund der so­ge­nann­ten Schwa­cke-Lis­te – von der Re­vi­si­on un­be­an­stan­det – als Händ­ler­ein­kaufs­preis oh­ne Mehr­wert­steu­er ei­nen Be­trag von 20.800 DM an­ge­setzt. Die durch die Bra­bus-Aus­stat­tung ein­ge­tre­te­ne Wert­er­hö­hung hat es aus­ge­hend von der Be­haup­tung des Klä­gers, die Um­bau­kos­ten hät­ten sich auf 12.201,96 DM be­lau­fen, auf 4.000 DM ge­schätzt. Hier­nach er­gab sich – ein­schließ­lich der Mehr­wert­steu­er – ein Ein­kaufs­preis von ins­ge­samt 28.272 DM. Die Dif­fe­renz zwi­schen die­sem Preis und dem vom Be­klag­ten ge­zahl­ten Kauf­preis be­trug dem­nach 3.772 DM. Der Un­ter­schieds­be­trag zwi­schen dem vom Be­ru­fungs­ge­richt als an­ge­mes­sen an­ge­nom­me­nen Ein­kaufs­preis und dem von H mit K ver­ein­bar­ten An­kaufs­preis muss­te da­her, was sich dem Be­klag­ten auf­drän­gen muss­te, noch hö­her lie­gen, weil nach der Le­bens­er­fah­rung da­von aus­zu­ge­hen ist, dass H als Kraft­fahr­zeug­händ­ler das Fahr­zeug ge­winn­brin­gend wei­ter­ver­äu­ßer­te. Ei­ne sol­che Preis­ge­stal­tung hät­te in Ver­bin­dung mit der Tat­sa­che, dass im Kraft­fahr­zeug­brief nicht der Ver­käu­fer, son­dern ein Drit­ter als Hal­ter ein­ge­tra­gen war, und dem wei­te­ren Um­stand, dass es sich bei dem Kauf um ein aus dem Rah­men des Üb­li­chen fal­len­des Sonn­tags­ge­schäft han­del­te, beim Be­klag­ten Zwei­fel an der Ord­nungs­mä­ßig­keit der Vor­er­werbs­vor­gän­ge we­cken und ihn ver­an­las­sen müs­sen, bei dem Klä­ger als ein­ge­tra­ge­nem Hal­ter Er­kun­di­gun­gen ein­zu­zie­hen. Da­bei wä­re an­ge­sichts der ge­sam­ten Um­stän­de mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit zur Spra­che ge­kom­men, daß der Klä­ger das Fahr­zeug erst am Vor­tag ge­gen ei­nen noch nicht ein­ge­lös­ten Scheck zu ei­nem er­heb­lich hö­he­ren Preis an ei­nen ihm bis da­hin Un­be­kann­ten ver­äu­ßert hat­te. Dann aber durf­te der Be­klag­te erst recht nicht vor ei­ner ab­schlie­ßen­den Klä­rung, die erst bei Vor­la­ge des Schecks mög­lich war, das Fahr­zeug er­wer­ben, woll­te er sich nicht dem Vor­wurf der gro­ben Fahr­läs­sig­keit aus­set­zen.

Der vom Be­ru­fungs­ge­richt fest­ge­stell­te Ein­kaufs­preis von 28.272 DM kann der Ent­schei­dung bei dem der­zei­ti­gen Sach­stand in­des­sen nicht zu­grun­de ge­legt wer­den. Die Re­vi­si­on rügt zu Recht als Ver­stoß ge­gen § 286 ZPO, dass das Be­ru­fungs­ge­richt die un­ter Be­weis ge­stell­te Be­haup­tung des Be­klag­ten über­gan­gen hat, der so­ge­nann­te Bra­bus-Um­bau kos­tet ge­ra­de et­wa 1.400 DM.

Trä­fe dies zu, dann wä­re die durch die Bra­bus-Aus­stat­tung er­folg­te Wert­er­hö­hung nach dem vom Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­leg­ten Schät­zungs­maß­stab al­len­falls mit et­wa 450 DM an­zu­set­zen. Dem­nach er­gä­be sich – ein­schließ­lich Mehr­wert­steu­er – ein Ein­kaufs­preis von 24.225 DM. Da die­ser un­ter dem vom Be­klag­ten ge­zahl­ten Kauf­preis lä­ge, hät­te die Preis­ge­stal­tung dem Be­klag­ten kei­nen An­lass zu Nach­for­schun­gen ge­ben müs­sen. Die da­nach ver­blei­ben­den be­son­de­ren Um­stän­de, dass H nicht im Kraft­fahr­zeug­brief ein­ge­tra­gen war und es sich bei dem Kauf um ein Sonn­tags­ge­schäft han­del­te, wür­den je­den­falls nicht die An­nah­me recht­fer­ti­gen, der Be­klag­te ha­be es grob fahr­läs­sig un­ter­las­sen, sich beim Klä­ger zu er­kun­di­gen.

Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil konn­te so­mit kei­nen Be­stand ha­ben. Zwecks wei­te­rer Auf­klä­rung war die Sa­che viel­mehr an das Be­ru­fungs­ge­richt zur an­der­wei­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung zu­rück­zu­ver­wei­sen.

PDF er­stel­len