1. Macht der Käufer eines Tesla Model 3 geltend, das Fahrzeug sei gemäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil es zu „Phantombremsungen“ komme, die ihre Ursache in den Besonderheiten des GPS-unterstützten Abstandsgeschwindigkeitsreglers hätten, dann können als Vergleichsmaßstab nicht Fahrzeuge anderer Hersteller herangezogen werden, die mit Abstandsgeschwindigkeitsreglern ohne GPS-Unterstützung ausgestattet sind. Ob das Fahrzeug „eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann“, kann vielmehr nur mit Blick auf Fahrzeuge beurteilt werden, die ebenfalls mit einem GPS-unterstützten Abstandsgeschwindigkeitsregler ausgestattet sind.
  2. Ein Kraftfahrzeug, das dem Stand der Technik gleichartiger Fahrzeuge entspricht, ist nicht deswegen nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil der Stand der Technik hinter der tatsächlichen oder durchschnittlichen Käufererwartung zurückbleibt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VIII ZR 160/08, NJW 2009, 2056 Rn. 11).
  3. Auch ein mit einem „Autopiloten“ ausgestatteter Pkw darf nicht ohne zwingenden Grund automatisch „stark bremsen“ i. S. von § 4 I 2 StVO. Ein „starkes Bremsen“ in diesem Sinne liegt vor, wenn es durch heftiges Bremsen zu einer hohen Bremsverzögerung kommt, wie es etwa bei einer „Vollbremsung“ der Fall ist.

OLG München, Beschluss vom 04.10.2022 – 8 U 1627/22

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten aufgrund einer Bestellung vom 07.07.2020 für 45.990 € einen Neuwagen Tesla Model 3. Dieses Fahrzeug wurde dem Kläger am 20.08.2020 übergeben.

Mit E-Mails vom 21.8.2020 und vom 23.08.2020 sowie mit Einschreiben vom 10.09.2020 rügte der Kläger gegenüber der Beklagten Mängel des Fahrzeuges. Sodann forderte er die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 26.10.2020 zur Nachbesserung auf und setzte ihr dafür eine Frist bis zum 16.11.2020.

Das Fahrzeug des Klägers wurde am 06.01.21 in eine Servicestätte in G. gebracht. Dort wurden mehrere Kameras gesäubert und neu kalibriert und es wurde ein Softwareupdate aufgespielt. Eine von dem Kläger geforderte Ersatzlieferung eines mangelfreien lehnte die Beklagte ab.

Der Kläger hat in erster Instanz unter anderem geltend gemacht, dass der Tempomat, mit dem sein Tesla Model 3 ausgestattet ist, die eingestellte Geschwindigkeit nicht halte, sondern diese selbstständig und ohne vorherige Warnungen erheblich reduziere. Der Pkw – so meint der Kläger – dürfe zwar die tatsächliche Geschwindigkeit ändern, wenn er Hindernisse erkenne; er dürfe aber nicht die vom Fahrer eingestellte Geschwindigkeit ändern. Er, der Kläger, könne den Tempomaten nicht nutzen, weil er sonst Gefahr laufe, dass das Fahrzeug unvorhergesehen bremse und hierdurch ein Unfall verursacht werde. Die Bremsungen erfolgten unabhängig davon, ob vorausfahrende Fahrzeuge oder Verkehrszeichen vorhanden seien. Das Fahrzeug entspreche nicht dem Stand der Technik. Es eigne sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, zumindest aber nicht für die übliche Verwendung. Das Fahrzeug orientiere sich an veralteten Karten. Da eine Nachbesserung fehlgeschlagen sei, bleibe nur eine Nacherfüllung in Gestalt einer Ersatzlieferung.

Die Beklagte hat einen Mangel des Tesla Model 3 in Abrede gestellt. Die adaptive Geschwindigkeitsregelung funktioniere wie im Fahrzeughandbuch beschrieben. Dort werde auf bestimmte Einschränkungen hingewiesen. Während der Fahrt könne es aufgrund verschiedener Ursachen und in Abhängigkeit von der konkreten Verkehrssituation zu einer Reduzierung der voreingestellten Geschwindigkeit kommen. Zudem greife der Tempomat unter anderem auf Kartenmaterial von Drittanbietern zu, die die GPS-Daten zur Verfügung stellten. Sie, die Beklagte, könne nicht gewährleisten und habe dem Kläger auch nicht zugesichert, dass der Tempomat zu jeder Zeit die aktuelle Verkehrssituation reflektiere. Diese sei vielmehr durch Baumaßnahmen und neue Verkehrsschilder ständig im Fluss.

Eine Ersatzlieferung – so hat die Beklagte geltend gemacht – dürfe sie wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern. Eine Ersatzlieferung sei auch nicht zielführend; selbst der Kläger gehe davon aus, dass es zu der behaupteten anlasslosen Geschwindigkeitsreduzierung auch bei anderen Fahrzeugen derselben Modelreihe komme. Eine (weitere) Nachbesserung über die bereits erfolgten Software- und Kartenupdates hinaus sei möglich.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ob der dem Kläger gelieferte Pkw sachmangelhaft sei, sei zweifelhaft, könne aber im Ergebnis offenbleiben. Es fehle insoweit wohl schon an substanziiertem Vortrag des Klägers dazu, auf welchen konkreten Mangel er sein Nacherfüllungsverlangen stütze. Der Kläger führe in der Klageschrift aus, er habe schon auf der Überführungsfahrt, nach der Übergabe des Fahrzeugs, feststellen müssen, dass der Tempomat die eingestellte Geschwindigkeit nicht gleichmäßig halte, sondern unvermittelt selbstständig reduziere, ohne den Fahrer vorher zu warnen. Mit Schriftsatz vom 23.08.2021 habe der Kläger weitere Vorfälle geschildert, bei den das Fahrzeug selbständig die eingestellte Geschwindigkeit geändert habe. Das Gericht habe dem Kläger in der mündlichen Verhandlung aufgegeben, zu den von ihm behaupteten „Phantombremsungen“ näher vorzutragen (Zeitpunkt, Dauer, Geschwindigkeitsänderung, Ort, Wetter- und Verkehrsverhältnisse), und ihm dafür eine Frist gewährt. Der Kläger habe indes nicht vorgetragen, unter welchen genauen Umständen es zu den von ihm vorgetragenen anlasslosen Geschwindigkeitsreduzierungen gekommen sei. Es fehle daher an einer substanziierten Darlegung eines Mangels und damit schon an ausreichenden Anknüpfungstatsachen für die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Hierauf komme es jedoch nicht entscheidend an, weil die vom Kläger gewählte Art der Nacherfüllung ohnehin nicht in Betracht komme. Die Beklagte dürfe die von dem Kläger gewünschte Ersatzlieferung eines mangelfreien Pkw verweigern, da sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich sei. Die Beklagte habe insoweit geltend gemacht – und der Kläger habe nicht bestritten –, dass eine Nachbesserung in Gestalt laufender Softwareupdates möglich sei. Die Kosten eines solchen Updates seien signifikant geringer als die Kosten einer Ersatzlieferung. Letztere sei überdies nicht zielführend, weil die Beklagte nicht garantieren könne, dass der Tempomat weltweit jederzeit die aktuelle Verkehrssituation reflektiere.

Mit seiner dagegen gerichteten Berufung hat der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, das Rechtsmittel gemäß § 522 II 1 ZPO zurückzuweisen.

Aus den Gründen: II. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 II 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

1. Die Entscheidung des Landgerichts erscheint zumindest im Ergebnis offensichtlich zutreffend. Die hiergegen von der Berufung erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

Vorauszuschicken ist, dass die Berufungsbegründung ebenso wie der weitere Schriftsatz vom 06.09.2022 auch Vorbringen enthält, das sich im Ersturteil so nicht findet und von dem der Senat daher davon ausgehen muss, dass es im Berufungsverfahren neu ist und dort schon mangels entsprechender Berufungsrüge i. S. von § 520 III Nr. 4 ZPO nicht mehr gemäß § 531 II ZPO zugelassen werden kann und vom Senat deshalb auch nicht mehr zugelassen wird. Das neue Vorbringen in dem weiteren Schriftsatz vom 06.09.2022 ist daneben auch gemäß §§ 530, 296 ZPO zurückzuweisen (vgl. die mitgeteilten allgemeinen Verfahrenshinweise des Senats). Auch das verspätete Vorbringen hätte aber keine andere Entscheidung gerechtfertigt.

a) Der Kläger hat einen Sachmangel i. S. von § 434 I BGB schon nicht schlüssig dargelegt; deshalb bedurfte es dazu auch keiner Beweisaufnahme.

Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Weiter ist es einer Partei grundsätzlich nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder möglich hält. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich nur auf vermutete Tatsachen stützen kann, weil sie mangels Sachkunde und Einblick in die Produktion des von der Gegenseite hergestellten und verwendeten Fahrzeugs keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann. Eine Behauptung ist erst dann unbeachtlich, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt worden ist. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte gerechtfertigt werden können (BGH, Beschl. v. 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7 f. [zum Dieselskandal]).

aa) Zur Feststellung der Mangelfreiheit beziehungsweise Mangelhaftigkeit eines Fahrzeugs ist gemäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB darauf abzustellen, ob es sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Als Vergleichsmaßstab wird dabei in § 434 I 2 Nr. 2 BGB ausdrücklich die Beschaffenheit bezeichnet, die bei „Sachen der gleichen Art“ üblich ist und die der Käufer „nach der Art der Sache“ erwarten kann. Deshalb können zum Beispiel dann, wenn Ursache einer fehlenden Eignung für einen überwiegenden Kurzstreckenbetrieb eines Fahrzeugs gerade der Dieselpartikelfilter sein soll, als „Sachen der gleichen Art“ nicht Dieselfahrzeuge herangezogen werden, die nicht mit einem Partikelfilter ausgestattet sind und bei denen diese Störungsursache daher von vornherein nicht vorliegen kann (BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VIII ZR 160/08, NJW 2009, 2056: kein Sachmangel bei Erforderlichkeit von „Regenerationsfahrten“ bei allen Dieselfahrzeugen mit Dieselpartikelfilter).

So liegt es auch hier: Wenn Ursache des klägerseits geltend gemachten angeblichen „Grundmangels“ die Besonderheiten des im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten GPS-unterstützten Abstandstempomaten sein sollen, können zum Vergleich nicht andere Fahrzeuge anderer Hersteller mit Abstandstempomaten ohne GPS-Unterstützung herangezogen werden, wie der Kläger wohl meint. Denn der Kläger hat nicht nur ein Fahrzeug mit einfachem Abstandstempomaten erworben, sondern ein Fahrzeug mit „Autopilot“ (vgl. Rechnung Anlage K 1).

Insoweit hat die Beklagte nachvollziehbar dargelegt, dass es aufgrund verschiedener Ursachen zu einer Reduzierung der Geschwindigkeit des Tempomaten während des Fahrvorgangs kommen könne. Wann es zu einer Reduzierung der Geschwindigkeit komme, sei abhängig von der jeweils konkreten Fahrsituation. Zudem hänge die Funktionsweise des Tempomaten unter anderem von vorhandenem Kartenmaterial und damit von Drittanbietern, welche die GPS-Daten zur Verfügung stellen, ab. Die Beklagte könne deshalb nicht gewährleisten, dass der Tempomat weltweit zu jeder Zeit die aktuelle Verkehrssituation wiedergebe, da diese durch Umbaumaßnahmen und neue Verkehrsschilder ständig im Fluss sei.

Das deckt sich letztlich auch mit der eigenen Darstellung des Klägers, der in der Berufungsbegründung (S. 5) selbst ausführt, dass die Beklagte in der Lage sei, entsprechende Problemstellen zu korrigieren, wenn entsprechende Meldungen an die Beklagte erfolgten. Hieran liege es auch, dass die erstinstanzlich vorgetragenen konkreten Positionen, an denen der Kläger „Phantombremsungen“ erlebt habe, derzeit nicht mehr reproduzierbar seien, da die Beklagte dafür gesorgt habe, dass diese Problemstellen nicht mehr existieren und die streitgegenständlichen „Phantombremsungen“ an diesen Stellen nicht mehr geschehen, da offensichtlich das Kartenmaterial über einen Onlinezugriff seitens der Beklagten auf das Fahrzeug modifiziert worden sei.

Bei dieser Sachlage fehlt es schon an konkretem Klägervortrag dazu, inwieweit das Fahrzeug nicht „dem Stand der Technik“ für GPS-unterstützte Abstandstempomaten entsprechen soll, wie der Kläger nur pauschal und ins Blaue behauptet, ohne anzugeben, welche andere technische Lösung zur Zeit des Gefahrübergangs möglich gewesen sein soll. Dass das Fahrzeug auch außerhalb der in den Benutzerhinweisen angesprochenen Umständen (s. unten) die eingestellte Geschwindigkeit nicht hält, hat der Kläger trotz Hinweises des Landgerichts nicht konkret dargelegt. Dass es sich bei den – deshalb verspätet – im Schriftsatz vom 06.09.2022 beschriebenen Situationen um solche außerhalb der in den Benutzerhinweisen angesprochenen Umstände handelt, wird dort schon nicht konkret behauptet. Angesichts der eigenen Feststellungen des Klägers zur Korrektur entsprechender Problemstellen durch die Beklagte stellt sich auch die Behauptung des Klägers, das Fahrzeug orientiere sich an „veralteten Karten“ als unsubstanziiert und ins Blaue dar.

bb) Dabei spielt es auch kein Rolle, ob ein durchschnittlich informierter Käufer ohne weitere Aufklärung zu der Erkenntnis gelangen konnte, dass ein GPS-unterstützter Abstandstempomat anders als Fahrzeuge anderer Hersteller mit Abstandstempomaten ohne GPS-Unterstützung funktioniert (vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VIII ZR 160/08, NJW 2009, 2056: Erforderlichkeit von „Regenerationsfahrten“ bei allen Dieselfahrzeugen mit Dieselpartikelfilter).

Denn für die Sollbeschaffenheit nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB kommt es danach weder auf die konkret vorhandene Vorstellung des jeweiligen Käufers noch auf einen durchschnittlichen technischen Informationsstand – sofern ein solcher überhaupt feststellbar sein sollte – der Käuferseite an, sondern allein darauf, welche Beschaffenheit der Käufer „nach der Art der Sache“ erwarten kann. Maßstab ist danach die objektiv berechtigte Käufererwartung, die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert. Als übliche Beschaffenheit kann der Käufer in technischer Hinsicht aber grundsätzlich nicht mehr erwarten, als dass die Kaufsache dem jeweiligen Stand der Technik entspricht.

Sind nach dem Stand der Technik für GPS-unterstützte Abstandstempomaten einzelne automatische Geschwindigkeitsreduzierungen – etwa wegen nicht völlig aktuellem Kartenmaterial (s. oben) – nicht ausgeschlossen, kann der Käufer eines Fahrzeugs mit einem solchen System objektiv keinen stets völlig fehlerfreien Betrieb erwarten. Ob dem durchschnittlichen Autokäufer diese Einschränkung bekannt ist, ist für die objektiv berechtigte Käufererwartung irrelevant.

Eine Kaufsache, die dem Stand der Technik gleichartiger Sachen entspricht, ist nicht deswegen nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil der Stand der Technik hinter der tatsächlichen oder durchschnittlichen Käufererwartung zurückbleibt (vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VIII ZR 160/08, NJW 2009, 2056 Rn. 11).

cc) Eine davon abweichende Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien in Bezug auf die Funktion des GPS-unterstützte Abstandstempomaten in dem streitgegenständlichen Fahrzeug, die gemäß § 434 I 1 BGB vorrangig zu berücksichtigen wäre, hat der Kläger nicht behauptet.

Darauf, dass der Tempomat des Fahrzeugs die eingestellte Geschwindigkeit nicht bedingungslos und in jedem Falle hält, wie der Kläger es wohl erwartet, wurde in den als Anlage B 1 und B 3 vorgelegten Benutzerhinweisen vielfach hingewiesen. Unter anderem findet sich dort der Hinweis, dass der Geschwindigkeitsassistent möglicherweise nicht voll funktionsfähig ist, wenn die in der GPS-Datenbank gespeicherten Geschwindigkeitslimits falsch oder veraltet sind, in einem Gebiet gefahren wird, für das keine GPS-Daten verfügbar sind oder eine Straße oder ein Geschwindigkeitslimit kürzlich geändert wurde. Dass dem Kläger von der Beklagten vor dem Kauf anderes konkret versprochen worden wäre, macht er nicht geltend.

dd) Soweit der Kläger meint, die „Phantombremsungen“ des Fahrzeugs seien so stark, dass der nachfolgende Verkehr hierdurch gefährdet werden könnte, stellt sich das ebenfalls als unsubstanziierte Behauptung ins Blaue dar:

Gemäß § 4 I 1 StVO muss der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Allerdings darf, wer vorausfährt, nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen (§ 4 I 2 StVO). „Starkes Bremsen“ in diesem Sinne liegt vor, wenn es durch heftiges Bremsen zu einer hohen Bremsverzögerung kommt; das ist etwa bei einer „Vollbremsung“ der Fall. Ohne entsprechende Anhaltspunkte braucht der Nachfolgende nicht mit einem plötzlichen, sondern nur mit einem allmählichen, verkehrsgerechten Bremsen des Vordermannes zu rechnen (MüKomm-StVR/​Bender, 2016, § 4 StVO Rn. 22 f.). Die obergerichtliche Rechtsprechung qualifiziert „plötzliches“ Abbremsen dann als „starkes“ Abbremsen i. S. von § 4 I 2 StVO, wenn es deutlich über das Maß des „normalen“ Bremsvorgangs hinausgeht (KG, Urt. v. 11.07.2002 – 12 U 9923/00, NZV 2003, 41 f.).

Diese Grundsätze gelten selbstverständlich auch für den Betrieb des GPS-unterstützten Abstandstempomaten der Beklagten. Ein automatisiertes „starkes Bremsen“ des GPS-unterstützten Abstandstempomaten der Beklagten, das in Richtung einer „Vollbremsung“ deutlich über das Maß eines „normalen” Bremsvorgangs hinausginge , hat der Kläger aber weder konkret dargelegt (z. B. durch Angabe der Bremsverzögerung in m/s²) noch hat er hierfür konkrete Anhaltspunkte geliefert (z. B. durch eigene Messungen).

Außerdem kann der Kläger dem als Anlage B 3 vorgelegten Benutzerhandbuch zufolge eine solche „Phantombremsung“ jederzeit dadurch unterbinden, dass er manuell beschleunigt, also das Gaspedal betätigt.

b) Da der Kläger einen Sachmangel nicht schlüssig dargelegt hat, stellt sich somit die Frage, ob die Beklagte die Ersatzlieferung gemäß § 439 IV BGB wegen Unverhältnismäßigkeit hätte verweigern dürfen, wie das Landgericht meint, zumindest derzeit nicht.

Insoweit wäre allerdings darauf hinzuweisen gewesen, dass der auf Ersatzlieferung in Anspruch genommene Verkäufer den Käufer nicht unter Ausübung der Einrede der Unverhältnismäßigkeit auf eine Nachbesserung verweisen darf, wenn er den Mangel dadurch nicht vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigen kann (BGH, Urt. v. 24.10.2018 – VIII ZR 66/17, BGHZ 220, 134 Rn. 76). Unterstellt, der GPS-unterstützte Abstandstempomat der Beklagten wäre hinsichtlich der klägerseits monierten „Phantombremsungen“ mangelhaft, wäre bisher weder konkret von ihr vorgetragen noch sonst ersichtlich, wie die Beklagte diesen – unterstellten – Mangel angesichts der von ihr überzeugend geschilderten technischen Notwendigkeiten (s. oben) mit einem Softwareupdate vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigen könnte.

2. Bei dieser Sachlage wird schon aus Kostengründen empfohlen, die Berufung zurückzunehmen. …

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