Eine Klausel in den Bedingungen für eine Kfz-Garantie, die schon dann zur Leistungsfreiheit des Garantiegebers führen soll, wenn der Garantienehmer gegen seine Obliegenheit zur regelmäßigen Wartung des Fahrzeugs verstoßen hat, ist unwirksam. Denn wenn der Verstoß des Garantienehmers gar nicht ursächlich für den konkreten Schaden geworden ist, darf dies nicht zu einem Anspruchsverlust führen.

LG Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2004 – 20 S 109/04

Sachverhalt: Der Kläger schloss mit der Beklagten anlässlich eines Gebrauchtwagenkaufs am 04.03.2003 einen Garantievertrag. Darin sicherte die Beklagte dem Kläger die Erstattung der Reparaturkosten für einen nicht vom Halter oder Fahrer des erworbenen Fahrzeugs verursachten Schaden zu. Die Parteien vereinbarten den Leistungsumfang „1 Plus Z 100“, der beschrieben wurde mit „alle geschützten Teile wie 1 Plus Z, zusätzlich: Material- und Lohnkostenerstattung 100 % gemäß den Bedingungen“.

Am 18.07.2003 blieb der Kläger mit seinem Pkw auf der Autobahn bei Helmstedt liegen. Der Wagen wurde zu einem Autohaus gebracht, das einen Motorschaden diagnostizierte, dessen Reparatur nach einem Voranschlag der Werkstatt vom 21.07.2003 insgesamt 4.302,81 € kosten soll. Der Kläger zeigte den Schaden der Beklagten unter dem 21.07.2003 auf dem dafür vorgesehenen Formular an. Gleichzeitig reichte er einen von einer Tankstelle in Berlin ausgefüllten Beleg über eine am 11.03.2003 durchgeführte Wartungsinspektion inklusive Ölwechsel nebst dazugehöriger Quittung ein.

Die Beklagte leistete keine Zahlungen.

Sie meint, eine Haftung sei nach ihren Garantiebedingungen im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da der Kläger – entgegen § 3 II der Bedingungen – die seit dem Erwerb des Fahrzeugs durchzuführenden Wartungsinspektionen bzw. Ölwechsel nicht durch rechtzeitiges Einsenden der dafür vorgesehenen Inspektionskarten nachgewiesen habe. Der streitgegenständliche Schaden sei aufgrund einer nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführten Inspektion bzw. wegen mangelhafter Wartung eingetreten, sodass eine Haftung auch gemäß § 2 VIc der Bedingungen ausgeschlossen sei. Davon abgesehen seien Reparaturkosten gemäß § 2 V der Garantiebedingungen ohnehin nur nach einer bereits durchgeführten Reparatur erstattungsfähig.

Schließlich stehe der Anspruch dem Kläger auch der Höhe nach nicht zu. Denn nach § 2 III der Garantiebedingungen seien Teile wie Dichtungen, Betriebs- und Hilfsstoffe, Öle und Frostschutzmittel von der Garantie ausgeschlossen, sodass sich die Forderung um 183,88 € zzgl. MwSt. reduziere. Im Übrigen könne der Motor wieder instand gesetzt werden; ein kompletter Austausch – wie im Kostenvoranschlag vorgesehen – sei nicht notwendig. Letztlich belaufe sich die Garantiehöchstsumme für die hier maßgebliche Baugruppe „Motor“ gemäß § 2 V Nr. 3 der Bedingungen ohnehin nur auf 1.500 €.

Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 4.302,81 € gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem Garantievertrag vom 04.03.2003 ein Anspruch auf Zahlung von Reparaturkosten in Höhe von 4.302,81 € zu.

1. Die Beklagte kann sich zur Begründung eines Haftungsausschlusses weder darauf berufen, dass der Kläger sein Fahrzeug während der Laufzeit des Garantievertrags nicht entsprechend den Garantiebedingungen gewartet bzw. mit einem Ölwechsel versehen habe, noch dass er keinerlei Inspektionsnachweiskarten vorgelegt bzw. nicht die richtigen Karten und diese auch nicht rechtzeitig bei ihr eingereicht habe.

Die in den Gewährleistungsbedingungen der Beklagten enthaltenen Klauseln, nach denen die Gewährleistung in den genannten Fällen erlischt (§ 2 VIIb i. V. mit § 3 II), sind gemäß § 307 I, II Nr. 1 BGB unwirksam.

a) Die Klauseln sind zunächst nicht gemäß § 307 III 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 I, II BGB entzogen. Zwar sind nach dieser Vorschrift Abreden, durch die die vertraglichen Hauptleistungspflichten der Parteien festgelegt werden, von einer Inhaltskontrolle freigestellt. Dies gilt jedoch nur für die Beschreibung des unmittelbaren Leistungsgegenstands, nicht dagegen für Regelungen, die die Leistungspflicht des Verwenders einschränken bzw. anordnen, dass der Verwender unter bestimmten Voraussetzungen die versprochene Leistung nur modifiziert oder überhaupt nicht zu erbringen hat (Palandt/Heinrichs, BGB, § 307 Rn. 57 m. w. Nachw.). So liegen die Dinge hier. Die Beklagte hat sich durch den Garantievertrag verpflichtet, Reparaturkosten in einer bestimmten Höhe zu übernehmen, wenn innerhalb der Garantiezeit Schäden an einer der näher beschriebenen Baugruppen des Kraftfahrzeugs auftreten. Damit sind die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Garantieverpflichtung in der Hauptsache beschrieben. Dass die Beklagte von ihrer Leistungsverpflichtung unter bestimmten Bedingungen frei sein soll, schränkt ihr Versprechen ein. Insoweit liegt keine der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsabrede, sondern eine bloße Nebenabrede vor (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 1013 [1014]).

b) Die vorgenannten Klauseln stehen mit § 307 I BGB nicht in Einklang. Eine Formularklausel ist nach ständiger Rechtsprechung unter anderem dann unangemessen im Sinne dieser Vorschrift, wenn der Verwender mit ihr missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vorneherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts trifft dies für die oben genannten Klauseln zu. Sie stellen die Beklagte von ihrer Leistungsverpflichtung nämlich ohne Rücksicht darauf frei, ob der Verstoß des Garantienehmers gegen seine Obliegenheit zur regelmäßigen Wartung des Fahrzeugs bzw. zum regelmäßigen Ölwechsel für den reparaturbedürftigen Schaden ursächlich geworden ist oder nicht. Wenn sich aber ein Verstoß des Kunden gegen seine Obliegenheiten nicht schadensursächlich ausgewirkt haben kann, darf dies nicht zum Anspruchsverlust führen (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 1013 [1014]). Der Gefahr ungerechtfertigter Inanspruchnahme kann die Beklagte ohne Weiteres dadurch begegnen, dass sie den Beweis fehlender Ursächlichkeit ihrem Kunden auferlegt.

Die Regelung des § 2 VIIb i. V. mit § 3 II 2, 3, 6 und 7 der Garantiebedingungen (Erlöschen des Garantieanspruchs im Falle nicht rechtzeitiger Einsendung der Inspektionsnachweiskarten) hält zudem einer Überprüfung anhand des § 307 II Nr. 1 BGB nicht stand, da sie der Beklagten Leistungsfreiheit selbst bei fehlendem Verschulden des Garantienehmers einräumt. Die Klausel kommt in ihrer Rechtsfolge einer Vertragsstrafe gleich, deren Verwirkung nach § 339 BGB grundsätzlich ein Verschulden des Betroffenen voraussetzt. Hiervon weicht die oben genannte Regelung ab, ohne dass ein ausreichender sachlicher Grund dafür ersichtlich ist (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 1013 [1015]).

2. Die Leistungsfreiheit der Beklagten folgt auch nicht aus § 2 VIc ihrer Garantiebedingungen.

Zum einen sind die Folgen einer nicht hinreichenden Wartung des Fahrzeugs durch den Garantienehmer in der – allerdings unwirksamen – Spezialregelung des § 2 VII i. V. mit § 3 II der Bedingungen abschließend geregelt, sodass dieser Fall einer Obliegenheitsverletzung des Kunden von der allgemeinen Regelung des § 2 VIc gar nicht erfasst wird.

Zum anderen ist die Behauptung der Beklagten, der eingetretene Schaden beruhe auf einem Verschulden des Klägers, nämlich auf einem nicht bzw. nur mangelhaft durchgeführten Ölwechsel, ersichtlich „ins Blaue hinein“ erfolgt, sodass ihr nicht nachzugehen war. Wie sich aus der vom Kläger bei der Beklagten eingereichten Schadensanzeige ergibt, beruht der Motorschaden nach der verbindlichen Aussage der Werkstatt nämlich gerade nicht auf einer mangelnden Schmierung, einem Schmierölverlust oder einem ungenügenden Kühlwasser- bzw. Ölstand. Objektive Anhaltspunkte für eine mangelhafte Wartung des Fahrzeugs, insbesondere für einen nicht erfolgten Ölwechsel, sind daher nicht ersichtlich. Hiermit hat sich die Beklagte nicht ansatzweise auseinandergesetzt. Sie hat auch nicht von ihrem in § 4 III der Garantiebedingungen vorgesehenen Recht Gebrauch gemacht, das Fahrzeug durch einen Sachverständigen untersuchen zu lassen. Angesichts dieser Umstände stellt sich ihr Vorbringen als unsubstanziiert und damit prozessual unbeachtlich dar.

Gleiches gilt auch für die Behauptung der Beklagten, ein Austausch des Motors – wie im Kostenvoranschlag des Autohauses R vorgesehen – sei nicht erforderlich, da der beschädigte Motor wieder instand gesetzt werden könne. Auch insoweit genügt das – angesichts des vorliegenden Kostenvoranschlags unsubstanziierte – Bestreiten der Beklagten nicht den Anforderungen an einen prozesserheblichen Vortrag.

3. Die Beklagte kann sich des Weiteren nicht darauf berufen, ein Erstattungsanspruch bestehe schon deshalb nicht, weil das Fahrzeug des Klägers noch nicht repariert worden sei. § 2 V Nr. 1 der Garantiebedingungen ist nämlich ebenfalls unwirksam, soweit die Kostenerstattung von einer bereits durchgeführten Reparatur abhängig gemacht wird.

Zum einen ist die Klausel überraschend i. S. des § 305c I BGB, zum anderen benachteiligt sie den Garantienehmer in unangemessener Weise (§ 307 I BGB). Die Regelung stellt eine Abweichung von der gesetzlichen Grundwertung dar, wonach Schadens- und Aufwendungsersatz unabhängig davon zu gewähren ist, ob eine Reparatur tatsächlich durchgeführt wird. Ausreichend ist grundsätzlich vielmehr eine Abrechnung auf Gutachten- bzw. Kostenvoranschlagsbasis. Die Klausel enthält ferner eine Beschränkung des Garantieumfangs, die mit den berechtigten Erwartungen des Verbrauchers unvereinbar sind. Sie bewirkt nämlich, dass der Garantienehmer mit der Zahlung der Reparaturkosten regelmäßig in Vorkasse treten muss, um im Anschluss daran die Erstattung gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Dies zu vermeiden, stellt aber vielfach gerade einen Beweggrund für den Abschluss eines Gewährleistungs- bzw. Garantievertrags dar.

Die Klausel ist darüber hinaus auch in ihrem Zusammenwirken mit § 3 VIe der Garantiebedingungen unwirksam, wonach eine Regulierung nicht erfolgt, wenn eine Reparatur ohne schriftliche Freigabeerklärung der Beklagten begonnen wird. Durch die Kombination beider Klauseln hat die Beklagte es in der Hand, durch Verweigerung der Reparaturfreigabe – wie hier – den Handlungsspielraum ihres Vertragspartners in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise einzuengen. Repariert der Garantienehmer ohne Freigabeerklärung, verliert er schon deshalb seinen Anspruch endgültig. Verzichtet er auf eine Reparatur, steht ihm wegen § 2 V Nr. 1 der Garantiebedingungen ein Erstattungsanspruch nicht zu. Ihm bliebe damit allenfalls noch die Möglichkeit, die Beklagte zunächst auf Abgabe einer Freigabeerklärung zu verklagen, was indes unzumutbar erscheint. Insgesamt stellt die Regelung damit eine unangemessene Benachteiligung des Garantienehmers dar, die ersichtlich darauf abzielt, einen Erstattungsanspruch nach Möglichkeit gänzlich auszuschließen. Ihr berechtigtes Interesse zu überprüfen, ob wirklich ein Garantiefall vorliegt, könnte die Beklagte unschwer dadurch erreichen, dass sie das Fahrzeug in Zweifelsfällen – wie in ihren Bedingungen vorgesehen – vor der Reparatur durch einen Sachverständigen untersuchen lässt.

4. Schließlich besteht der Erstattungsanspruch des Klägers auch in der geltend gemachten Höhe.

a) Die Beklagte kann sich zunächst nicht darauf berufen, dass sich die Garantiehöchstsumme (einschließlich Mehrwertsteuer) gemäß § 2 V Nr. 3 der Garantiebedingungen hinsichtlich der im vorliegenden Fall maßgeblichen Baugruppe „Motor“auf nur 1.500 € beläuft. Diese Einschränkung des Garantieumfangs ist – jedenfalls im Falle des hier vereinbarten Leistungsumfangs „1 Plus Z 100“ – wegen fehlender Transparenz unwirksam (§ 307 I 2 BGB). Das Transparenzgebot, das auch für Klauseln gilt, die das Preis-Leistungs-Verhältnis betreffen (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 307 Rn. 55), verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar und überschaubar darzustellen. Dabei gebieten Treu und Glauben, dass eine Klausel wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 307 Rn. 17 m. w. Nachw.). Diesen Anforderungen wird die in Rede stehende Regelung nicht gerecht. Im Garantieantrag und in § 2 II der Garantiebedingungen wird der Leistungsumfang „1 Plus Z 100“ mit „alle geschützten Teile wie bei 1 Plus Z, zusätzlich: 100 % Lohn- und Materialkostenerstattung“ umschrieben. Damit, dass – entgegen dieser Beschreibung – Lohn- und Materialkosten doch nicht zu 100 %, sondern aufgrund einer an einer anderen Stelle des Regelwerks „versteckten“ Klausel nur bis zu bestimmten Höchstbeträgen erstattet werden, muss der Garantienehmer nicht rechnen. Transparent wäre die Haftungseinschränkung nur dann, wenn auf sie bereits in unmittelbarem Zusammenhang mit der Leistungsbeschreibung unmissverständlich hingewiesen würde.

b) Ebenso wenig kann die Beklagte die vom Kläger durch den vorgelegten Kostenvoranschlag ausgewiesenen Reparaturkosten um die darin enthaltenen Beträge für Dichtungen, Motoröl und Frostschutzmittel kürzen. Zwar sind gemäß § 2 III der Garantiebedingungen die vorgenannten Teile von der Garantie ausdrücklich ausgeschlossen. Die Klausel kann indes auch so verstanden werden, dass diese Einschränkung nur für isolierte Schäden an den genannten Teilen gelten soll, nicht aber in solchen Fällen, in denen – wie hier – ein ganzes Aggregat auszutauschen ist und im Zusammenhang damit auch diese Teile ersetzt bzw. eingefüllt werden müssen. Diese Unklarheit geht gemäß § 305c II BGB zulasten der Beklagten als Verwenderin. …

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