1. Verlangt der Käufer (weiterhin) unter Fristsetzung Nacherfüllung (§ 439 I BGB), obwohl der Verkäufer eine solche bereits i. S. von § 281 II Fall 1, § 323 II Nr. 1 BGB ernsthaft und endgültig verweigert hat, so ist er an sein Nacherfüllungsverlangen zumindest für die Dauer der dem Verkäufer gesetzten Frist gebunden.
  2. Lässt ein Kfz-Käufer einen Mangel des Fahrzeugs sach- und fachgerecht beseitigen und unterschreiten die dafür tatsächlich aufgewendeten Kosten die von einem Sachverständigen angesetzten Kosten, dann hat der Käufer im Rahmen einer „fiktiven“ Abrechnung nur dann einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB) in Höhe des von dem Sachverständigen angesetzten Nettobetrags zuzüglich der tatsächlich angefallenen Umsatzsteuer, wenn das Fahrzeug nicht in dem Umfang instand gesetzt wurde, den der Sachverständige für notwendig gehalten hat. Andernfalls – wenn also das Fahrzeug tatsächlich so repariert wurde, wie es der Sachverständige für notwendig gehalten hat – besteht der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung auch im Rahmen einer „fiktiven“ Abrechnung nur in Höhe der tatsächlich angefallenen Bruttokosten.
  3. Ein mangelbedingter Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB) umfasst auch den Ersatz eines merkantilen Minderwerts, wenn ein solcher trotz einer vollständigen und fachgerechten Mangelbeseitigung verbleibt. Die insoweit von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für Unfallfahrzeuge aufgestellten Grundsätze geltend entsprechend für ein Fahrzeug, bei dem ein nicht ganz unerheblicher Schaden beseitigt wurde; das heißt, ein solches Fahrzeug ist einem Unfallfahrzeug gleichzusetzen.

LG Itzehoe, Urteil vom 19.06.2018 – 6 O 266/17
(nachfolgend: OLG Schleswig, Urteil vom 14.12.2018 – 1 U 45/18)

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 08.07.2016 einen Pkw VW Sharan 2.0 TDI zum Preis von 23.950 €.

Am 27.12.2016 löste sich während des selbsttätigen Schließens der elektrischen Gepäckraumklappe die Antriebseinheit hinten rechts und drückte sich zwischen Gepäckraumklappe und Fahrzeugdach nach außen. Dadurch, dass der Schließvorgang weiterlief, wurde die Antriebseinheit zwischen Dach und Gepäckraumklappe eingeklemmt, wodurch das Fahrzeug beschädigt wurde. Über diesen Vorfall informierte der Kläger die Beklagte noch am selben Tag telefonisch.

Am Folgetag ließ der Kläger, wie mit der Beklagten abgesprochen, in einer Kfz-Werkstatt einen Kostenvoranschlag für die Reparatur seines Fahrzeugs erstellen. Diesen übersandte er der Beklagten am 29.12.2016 per E-Mail und forderte sie zugleich zur Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) auf. Die Beklagte erwiderte, dass sie für den Schaden am Fahrzeug des Klägers nicht einstehen müsse, weil es sich dabei nicht um einen Sachmangel handele. Sie bot dem Kläger an, von „ihrem“ Lackierer einen Kostenvoranschlag erstellen zu lassen, und erklärte sich aus Kulanz bereit, einen beschädigten Gasdämpfer an dem streitgegenständlichen Pkw zu ersetzen.

Nachdem die Parteien einige Male miteinander telefoniert hatten, erkundigte sich der Kläger mit E-Mail vom 12.01.2017 erneut nach dem Sachstand in Bezug auf eine Nachbesserung seines Fahrzeugs. Die Beklagte antwortete am 13.01.2017, dass sich ausweislich des von ihr eingeholten Kostenvoranschlags die Kosten für eine Reparatur des VW Sharan auf 1.200 € netto beliefen.

Mit E-Mail vom 13.01.2017 lehnte der Kläger das Angebot der Beklagten, das Fahrzeug auf seine Kosten zu diesem Preis instand setzen zu lassen, ab und forderte die Beklagte auf, bis zum 18.01.2017 verbindlich zu erklären, dass sie den Pkw im Rahmen der Gewährleistung auf ihre Kosten reparieren werde. Die Beklagte wies Gewährleistungsansprüche des Klägers mit E-Mail vom 18.01.2017 mit der Begründung zurück, dass kein Mangel, sondern Verschleiß vorliege, und verwies nochmals auf ihr Kulanzangebot, das Fahrzeug für 1.200 € netto instand setzen zu lassen.

Der Kläger ließ das Fahrzeug daraufhin von einem Sachverständigen begutachten. Dieser stellte fest, dass die hintere rechte Sicherungsklammer der Antriebseinheit nicht richtig arretiert gewesen sei. Deshalb sei die Antriebseinheit beim selbsttätigen Schließen der elektrischen Gepäckraumklappe aus einer Führung herausgesprungen; sie habe sich nach oben gedrückt, und dadurch seien das Dach und die Gepäckraumklappe stark beschädigt worden. Es liege ein Sachmangel und kein Verschleiß vor, weil das defekte Bauteil so konstruiert sei, dass es während der Nutzungsdauer des Pkw nicht ohne mechanische Einwirkung von außen schadhaft werden könne. Um das Fahrzeug des Kläger – unter anderem durch einen Austausch der Gepäckraumklappe und der schadhaften Antriebseinheit – instand zu setzen, müssten Kosten in Höhe 4.006,29 € (= 4.767,40 € brutto) aufgewendet werden. Der verbleibende merkantile Minderwert betrage 600 €.

Nachdem der Sachverständige sein Gutachten erstellt hatte, ließ der Kläger sein Fahrzeug im März 2017 für 1.876,43 € instand setzen.

Gleichwohl forderte der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte unter dem 04.05.2017 nochmals zur Nachbesserung auf und setzte ihr dafür eine Frist bis zum 19.05.2017. Mit Schreiben vom 16.05.2017, dem das vom Kläger eingeholte Gutachten vom 17.03.2017 beigefügt war, teilte der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten mit, dass übersehen worden sei, dass die Beklagte eine Nachbesserung schon am 29.12.2016 ernsthaft und endgültig abgelehnt habe. Aus diesem Grund verlange der Kläger statt Nachbesserung nunmehr Schadensersatz, und zwar in Höhe von 5.405,29 €. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den im Gutachten ausgewiesenen Reparaturkosten (4.006,29 €), dem dort ausgewiesenen merkantilen Minderwert (600 €) und den Kosten für das Gutachten selbst (799 €). Zur Zahlung wurde der Beklagten eine Frist von einer Woche gesetzt.

Die Beklagte erbat zunächst mit anwaltlichem Schreiben vom 18.05.2017 eine Verlängerung dieser Frist bis zum 29.05.2017 und bot sodann mit Schreiben von diesem Tag an, den Pkw des Klägers nachzubessern. Daraufhin forderte der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte unter dem 02.06.2017 erneut zur Zahlung von 5.405,29 € auf und setzte ihr dafür eine (weitere) Frist bis zum 12.06.2017. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nach.

Das Landgericht hat der auf Zahlung von 5.405,29 € nebst Zinsen gerichteten Klage, mit der der Kläger auch vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € nebst Zinsen ersetzt verlangt hat, stattgegeben.

Aus den Gründen: I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I 1 BGB in Höhe von 5.405,29 €. Nach diesen Vorschriften kann der Käufer Schadensersatz verlangen, wenn die Sache mangelhaft ist. Die Voraussetzungen liegen vor.

Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Kaufvertrag über den streitgegenständlichen VW Sharan 2.0 TDI zu einem Kaufpreis von 23.950 € zustande gekommen.

Bei Gefahrübergang lag ein Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB vor. Die hintere rechte Sicherungsklammer der Antriebseinheit war nicht richtig arretiert. Dies stellt keinen Verschleißschaden, sondern einen Sachmangel dar.

Der Kläger hat der Beklagten eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt, welche aber erfolglos verstrichen ist (vgl. § 281 I 1 BGB). Bereits mit E-Mail vom 29.12.2016 hat der Kläger die Beklagte unter Berufung auf Gewährleistungsrechte zur Nacherfüllung aufgefordert. Am 13.01.2017 forderte der Kläger die Beklagte erneut – unter Fristsetzung bis zum 18.01.2017 – zur Mangelbeseitigung auf. Die Beklagte reagierte hierauf allerdings nicht, sondern verweigerte unter Hinweis auf das Vorliegen eines Verschleißteils die Nacherfüllung mit Schreiben vom 18.01.2017.

Entgegen der vom Gericht mit Hinweis vom 22.02.2018 geäußerten vorläufigen rechtlichen Einschätzung gilt hier nicht der Vorrang der Nacherfüllung. Hintergrund der vorläufigen Auffassung des Gerichts war das mit Schreiben vom 04.05.2017 neuerlich geltend gemachte Nacherfüllungsverlangen des Klägers. In diesem Schreiben hatte der Kläger der Beklagten erneut eine Frist (bis zum 19.05.2017) unter Berufung auf seine Mängelgewährleistungsrechte gesetzt. Gleichwohl machte der Kläger noch vor Ablauf der von ihm selbst gesetzten Frist einen Schadensersatzanspruch in Höhe der Klagforderung geltend und nahm von dem Nacherfüllungsverlangen Abstand. Das Gericht sah hierin ein nach § 242 BGB zu berücksichtigendes widersprüchliches Verhalten des Klägers. Denn grundsätzlich kann der Gläubiger, nachdem der Schuldner die Nacherfüllung ernsthaft verweigert hat, weiterhin auf der Nacherfüllung bestehen oder Schadensersatz verlangen; Erfüllungsanspruch und Schadensersatzanspruch stehen zunächst in elektiver Konkurrenz nebeneinander (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. [2018], § 281 Rn. 49). Gemäß § 281 IV BGB ist der Anspruch auf Leistung erst ausgeschlossen, sobald der Gläubiger statt der Leistung Schadensersatz verlangt. Verlangt der Gläubiger aber zunächst weiterhin die Leistung und setzt er dem Schuldner hierfür eine Frist, dann ist er zumindest für die Dauer dieser Frist an der Ausübung seiner Befugnis, Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen, gehindert (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl. [2016], § 281 Rn. 105). Allerdings reichte der Kläger als Anlage zum Schreiben vom 22.03.2018 die Reparaturrechnung des im März 2017 reparierten Fahrzeuges zur Gerichtsakte. In Anbetracht dieses – dem Gericht bis dahin unbekannten – Umstands gab das Gericht seine ursprüngliche Auffassung auf. Denn zum Zeitpunkt des Schreibens an die Beklagte – am 04.05.2017 – war aufgrund der durchgeführten Reparatur eine Nacherfüllung schon nicht mehr möglich und damit ausgeschlossen. Vielmehr kam es aufgrund von Kommunikationsschwierigkeiten zwischen dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten zu dem – irrtümlich – mit Schreiben vom 04.05.2017 geltend gemachten Nacherfüllungsverlangen. Der Kläger konnte mithin mit Schreiben vom 16.05.2017 einen Anspruch auf Schadensersatz wirksam geltend machen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der klägerischen Schreiben vom 04.05.2017 und 16.05.2017 keine Kenntnis von der durchgeführten Reparatur hatte. Die Beklagte ist insoweit nicht schutzwürdig, da sie bereits mit Schreiben vom 18.01.2017 die Leistung endgültig verweigert hatte.

Die Beklagte hat die Pflichtverletzung nach § 280 I 2 BGB zu vertreten.

Der Kläger kann die Nettoreparaturkosten in Höhe von 4.006,29 € gemäß dem Gutachten des Sachverständigen S vom 24.03.2017, die Kosten für die Erstellung des Gutachtens in Höhe von 799 € sowie den merkantilen Minderwert in Höhe von 600 € ersetzt verlangen.

1. Der Geschädigte hat auch dann die Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung auf Gutachtenbasis, wenn er das Fahrzeug reparieren lässt. Gemäß § 249 I BGB kann der Geschädigte verlangen, dass derjenige Zustand hergestellt wird, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte statt der Herstellung den hierfür „erforderlichen“ Geldbetrag verlangen (vgl. § 249 II 1 BGB). Dem Geschädigten steht es dabei frei, welchen Weg der Naturalrestitution er wählt. Danach kommt es nicht darauf an, was gerade dieser Geschädigte für die von ihm durchgeführte Reparatur ausgegeben hat, sondern darauf, was dazu erforderlich wäre; der Ersatzanspruch ist „objektiv“ zu bemessen (vgl. BGH, Urt. v. 20.06.1989 – VI ZR 334/88, juris Rn. 9). Inhalt des Geldanspruchs ist es nicht, dem Geschädigten die Kosten, die er für die Herstellung ausgegeben hat, zu ersetzen. Inhalt des Anspruchs ist vielmehr, dass der Schädiger mit der Geldzahlung den Schaden an der von ihm beschädigten Sache ausgleicht. Mithin muss der Betrag, der für die Reparatur tatsächlich aufgewendet worden ist, begrifflich von dem Betrag, der für die Herstellung „erforderlich“ ist, unterschieden werden (vgl. BGH, Urt. v. 26.05.1970 – VI ZR 168/68, BGHZ 54, 82, 85 = juris Rn. 7). Nach § 249 II 1 BGB bestimmt sich der Geldanspruch der Höhe nach dahin, dass die „erforderlichen“ Kosten zu ermitteln sind. Das erfolgt mithilfe eines Sachverständigen oder durch eine Schätzung nach § 287 ZPO.

Die Kosten der Reparatur werden in dem durch das Gutachten des Sachverständigen für notwendig erachteten Umfang in Höhe der Nettoreparaturkosten und gerade nicht in Höhe der tatsächlich angefallenen Bruttoreparaturkosten erstattet. Nach dem Urteil des BGH vom 03.12.2013 (VI ZR 24/13, juris Rn. 12) beläuft sich zwar im Rahmen einer fiktiven Abrechnung der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag auf die tatsächlich angefallenen Bruttoreparaturkosten, wenn der Geschädigte einen Kraftfahrzeugschaden sach- und fachgerecht in dem Umfang reparieren lässt, den der eingeschaltete Sachverständige für notwendig gehalten hat, die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten aber die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten unterschreiten. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die beauftragte Werkstatt eine sach- und fachgerechte Instandsetzung durchgeführt hat. Allerdings hat die beauftragte Werkstatt den Schaden nicht in dem vom Sachverständigen für notwendig gehaltenen Umfang repariert, sondern einen Reparaturweg vorgenommen, der hinter dem vom Sachverständigen für notwendig erachteten Reparaturumfang zurückbleibt. Dies ergibt sich aus der als Anlage zum Schriftsatz vom 22.03.2018 beigefügten Reparaturrechnung. Aus dieser folgt, dass, anstatt die verzogene Heckklappe durch ein Neuteil zu ersetzen – wie vom Sachverständigen für notwendig gehalten –, die beauftragte Werkstatt lediglich Richtarbeiten vornahm und die betroffene Stelle anlackierte. Zudem wurde der auszutauschende Dachquerträger im Fahrzeug belassen und lediglich lackiert.

Abzüge von den Nettoreparaturkosten sind auch nicht deshalb vorzunehmen, weil die beauftragte Werkstatt dem Kläger bei den Stundenverrechnungssätzen entgegengekommen ist. Das Gericht verkennt insoweit nicht, dass das Gutachten stets lediglich Grundlage einer Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ist und als solches im Gegensatz zu einer Reparaturkostenrechnung den tatsächlich erforderlichen Instandsetzungsaufwand nur mit verbleibenden Unsicherheiten und Risiken belegen kann. Der Geschädigte ist in diesem Zusammenhang daher gehalten, dem Schädiger die Reparaturkostenrechnung vorzulegen, damit dieser die Möglichkeit erhält, substanziierte Einwendungen gegen das der fiktiven Abrechnung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten und den dort aufgeführten Aufwand zu erheben. Der Schädiger ist vor diesem Hintergrund bei einer Bewertung der Schadenshöhe über § 287 ZPO daher grundsätzlich nicht benachteiligt, weil er die Richtigkeit des Gutachtens bestreiten kann. Das hat die Beklagte aber nicht substanziiert getan, wenn sie pauschal behauptet, dass die in der Rechnung aufgeführten Arbeitskosten angemessen seien, zu den im Gutachten angegebenen AW-Stundenverrechnungssätzen aber schweigt. Sie hätte im Einzelnen darlegen müssen, weshalb der von ihr angegebene Betrag in Höhe von 73 € angemessen, der AW-Stundenverrechnungssatz aus dem Gutachten des Sachverständigen in Höhe von 112 € hingegen gerade überhöht oder unangemessen ist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass unterschiedliche AW-Stundensätze und Unterschiede in diesen Bereichen bei Kraftfahrzeugwerkstätten üblich sind. Vor diesem Hintergrund ist auch ein Verstoß gegen das im Schadensrecht geltende Bereicherungsverbot nicht zu sehen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 29.04.2013 – VI ZR 393/02, BGHZ 154, 395, 398 = juris Rn. 8).

2. Der Kläger kann von der Beklagten Ausgleich der Sachverständigenkosten gemäß Rechnung vom 24.03.2017 in Höhe von 799 € verlangen.

Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1988 – X ZR 112/87, juris Rn. 45). Für die Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Demnach kommt es darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte (vgl. BGH, Urt. v. 26.05.1970 – VI ZR 168/68, BGHZ 54, 82, 85 = juris Rn. 8). Die Beauftragung war erforderlich und zweckmäßig. Dies galt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte bereits im Januar 2017 die Leistung endgültig verweigert hatte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die geltend gemachten Sachverständigenkosten auch nicht überhöht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige mehr Zeit als gewöhnlich für die Erstellung des Gutachtens benötigt hat. Ein Gesamtaufwand von 3 Stunden und 55 Minuten ist üblich und angemessen. Insbesondere hat der Sachverständige auf Seite 4 des Gutachtens auch Gründe dafür angegeben, weshalb eine zweite Begutachtung des Fahrzeugs erforderlich war.

3. Der Kläger kann zudem den merkantilen Minderwert in Höhe von 600 € von der Beklagten ersetzt verlangen.

Der zu ersetzende Schaden umfasst gemäß §§ 249 I, 251 BGB nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch einen merkantilen Minderwert, wenn ein solcher nach fachgerechter Reparatur des Fahrzeugs verbleibt (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2004 – VI ZR 357/03, BGHZ 161, 151, 159 ff. = juris Rn. 15 ff.). Ob ein solcher Schaden entstanden ist und wie hoch er ist, hat das Gericht gemäß § 287 I ZPO nach freier Überzeugung zu entscheiden, wobei es unter Würdigung aller bekannten Faktoren eine Schätzung vorzunehmen hat.

Nach den vorstehenden Grundsätzen hat sich das Gericht die Überzeugung gebildet, dass nach der Reparatur des Fahrzeugs ein relevanter Minderwert verblieben ist, den es mit 600 € als zutreffend beziffert einschätzt. Grundlage der diesbezüglichen Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO sind insbesondere die Ausführungen des Sachverständigen S in seinem Gutachten vom 24.03.2017.

Dem Anspruch des Klägers steht nicht entgegen, dass das am 21.05.2013 erstmals zugelassene Fahrzeug zum Zeitpunkt des Schadenseintritts schon eine Fahrleistung von über 144.627 km hatte.

Es entspricht nicht mehr der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass bei Personenkraftwagen im Allgemeinen eine Fahrleistung von 100.000 km als obere Grenze für den Ersatz eines merkantilen Minderwerts anzusetzen ist. Diese früher vertretene Auffassung beruhte darauf, dass solche Fahrzeuge nur noch einen derart geringen Handelswert hatten, dass ein messbarer Minderwert nach Behebung der Unfallschäden nicht mehr eintrat. Maßgeblich ist nicht allein die Laufleistung des Fahrzeugs, sondern deren Bedeutung für die Bewertung des Fahrzeugs auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Diese Bedeutung hat sich im Laufe der Zeit mit der technischen Entwicklung und der zunehmenden Langlebigkeit der Fahrzeuge geändert (vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 01.03.2007 – 8 U 246/06, juris Rn. 25).

Angesichts der Tatsache, dass der Sachverständige nach den Ausführungen unter Ziffer 5 des Gutachtens insbesondere den Schadenumfang, den Reparaturweg, das Fahrzeugalter und den Erhaltungszustand bei dem Ansatz der Wertminderung ausdrücklich berücksichtigt hat und die Beklagte die tatsächlichen Feststellungen des Gutachtens nicht bestreitet, genügt das pauschale Bestreiten einer Wertminderung unter Verweis auf die Wiederherstellungskosten in Höhe von nur 1.876,43 € ohne nähere Begründung nicht. Der Auffassung der Beklagten, das Fahrzeug habe keine Wertminderung erlitten, da die durchgeführte Reparatur zu einer vollständigen Behebung der Beschädigung geführt habe und es nur um Blech- und Lackierarbeiten gehe, folgt das Gericht nicht. Auch nach der fachgerecht durchgeführten Reparatur des Fahrzeugs des Klägers verbleibt ein ersatzfähiger merkantiler Minderwert, da vorliegend ein im Falle eines Weiterverkaufs des Fahrzeugs mitteilungspflichtiger Schadenfall vorliegt, der die Kaufentscheidung eines potenziellen Käufers beeinflussen kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann bei einem Unfallfahrzeug auch dann, wenn der Unfallschaden vollständig und fachgerecht beseitigt wurde, wegen eines merkantilen Minderwerts noch ein Mangel bestehen bleiben, weil der Charakter eines Fahrzeugs als Unfallfahrzeug sich nicht durch Nachbesserung korrigieren lässt. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines erheblich beschädigten Kraftfahrzeugs bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen eines nicht auszuschließenden Verdachts verborgen gebliebener Schäden und des Risikos höherer Schadensanfälligkeit infolge nicht fachgerechter Reparatur, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb eines derart beschädigten Kraftfahrzeugs besteht (BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 = juris Rn. 16). Diese Rechtsprechung lässt sich entsprechend bei Vorliegen nicht ganz unerheblicher Schäden an Fahrzeugen anwenden. In diesen Fällen sind die Fahrzeuge einem Unfallfahrzeug gleichzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170 = juris Rn. 16 f.). Die Grenze für nicht mitteilungspflichtige Bagatellschäden ist bei Pkw dabei sehr eng zu ziehen. Als Bagatellschäden hat der BGH bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden anerkannt, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war (s. BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, juris Rn. 20).

In Anwendung dieser Grundsätze ist das klägerische Fahrzeuge einem Unfallfahrzeug gleichzusetzen. Den Kläger trifft eine Offenbarungspflicht hinsichtlich des aufgetretenen und reparierten Schadens an dem streitgegenständlichen Fahrzeug, da es sich bei dem aufgetretenen Schaden nicht lediglich um einen Bagatellschaden gehandelt hat. Der Schadensumfang war nicht unerheblich. Insbesondere wurden nicht nur Lackierarbeiten, sondern auch Richtarbeiten an dem Fahrzeug im Rahmen der durchgeführten Reparatur vorgenommen.

II. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 I 2 BGB.

III. Der Kläger hat gegen die Beklagte außerdem einen Anspruch auf Freihaltung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 €. Aus Sicht des Klägers war es spätestens mit der Verweigerung der Nacherfüllung durch die Beklagte erforderlich und zweckmäßig, für die Geltendmachung seiner Rechte einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Gegenstand eines Schadensersatzanspruchs sind auch die zur Durchsetzung erforderlichen Rechtsverfolgungskosten, soweit sie aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte und Pflichten erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 249 Rn. 57). …

Hinweis: Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG Schleswig die Klage mit Urteil vom 14.12.2018 – 1 U 45/18 – abgewiesen, weil der Kläger der Beklagten entgegen § 281 I 1 BGB keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe und eine Fristsetzung auch nicht entbehrlich gewesen sei. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt:

„Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 433 I, 434 I, § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB liegen nicht vor.

1. Das Fahrzeug, das der Kläger bei der Beklagten kaufte, ist unstreitig mangelhaft i. S. des § 434 I BGB. Die Beklagte hat bereits vorgerichtlich eingeräumt, dass es sich bei der fehlerhaften Arretierung der Antriebseinheit der Heckklappe um einen bei Gefahrübergang vorhandenen Mangel des Fahrzeuges handelt.

2. Der Schadensersatzanspruch gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 BGB setzt voraus, dass zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nachbesserung verstrichen ist (§ 281 I 1 BGB). Eine solche Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert oder wenn besondere Umstände vorliegen, die die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzes rechtfertigen (§ 281 II BGB). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

a) Es kann unentschieden bleiben, ob in der Mail der Beklagten vom 18.01.2017 eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nachbesserung liegt. Denn der Kläger hat die Beklagte durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 04.05.2017 – und damit nach dieser Erklärung – erneut zur Nachbesserung aufgefordert. Mit einer solchen Aufforderung hat der Kläger deutlich gemacht, dass er davon ausging, dass die Beklagte weiterhin zu einer ordnungsgemäßen Nacherfüllung bereit sei. Er hat somit aus Sicht der Erklärungsempfängerin deutlich gemacht, deren vorhergehende Äußerungen eben nicht als ‚letztes Wort‘ der Ablehnung zu verstehen (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2010 – V ZR 147/09, juris Rn. 10, für den Fall einer wegen Arglist nicht notwendigen Fristsetzung).

b) Der Kläger hat die Fristsetzung zur Nachbesserung durch das anwaltliche Schreiben vom 16.05.2017 in ein Schadensersatzverlangen gewandelt. Er hat somit die ursprüngliche Fristsetzung widerrufen. Eine solche Fristsetzung ist, da dies für den Schuldner unabhängig von der Rechtsnatur dieser Erklärung keine negativen Folgen hat, während ihres Laufs widerruflich (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl., § 323 Rn. 54). Damit kommt es auf die Ausführungen der Beklagten zum Zeitpunkt des Nacherfüllungsangebots nicht an, insbesondere ist unerheblich, ob die Nacherfüllung in der restlichen Frist noch möglich gewesen wäre oder ob sie eine Fristverlängerung im Hinblick auf die Nachbesserungsfrist oder die bereits gesetzte Zahlungsfrist erbat.

3. Für die Bewertung der Folgen des Widerrufs der Fristsetzung ist unerheblich, aus welchen Gründen diese Aufforderung erfolgte, insbesondere kommt es nicht darauf an, ob es sich hierbei um einen Fehler des Prozessbevollmächtigten des Klägers oder um ein Kommunikationsproblem handelte. Die Erklärung ist aus Sicht ihres Empfängers eindeutig und schaffte ein schutzwürdiges Vertrauen in eine Nachbesserungsmöglichkeit. Ein etwaiger Irrtum in der Motivation für die Erklärung hat im Verhältnis zwischen den Parteien keine Auswirkungen.

Weitere Ausnahmetatbestände, die eine Fristsetzung zur Nachbesserung entbehrlich machen, liegen nicht vor.

4. Entgegen der Auffassung des Landgerichts war die Nachbesserung zum Zeitpunkt der Aufforderung vom 04.05.2017 nicht unmöglich. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Reparatur, wie der Senat bereits in der Ladungsverfügung deutlich gemacht hat, in der Form, in der der Sachverständige sie für erforderlich gehalten hat, in weiten Teilen noch möglich. Insbesondere ist die Heckklappe nicht getauscht und auch der Querträger nicht gewechselt worden. Dadurch, dass der Kläger aber bereits Schadensersatz verlangte, ist ihm eine erneute Rückkehr zum Nacherfüllungsanspruch verwehrt (§ 281 IV BGB).1Nach der Rechtsprechung des BGH tritt die in § 281 IV BGB genannte Rechtsfolge – Erlöschen des (Nach-)Erfüllungsanspruchs – nur bei einem berechtigten Schadensersatzverlangen ein (BGH, Urt. v. 14.10.2020 – VIII ZR 318/19 Rn. 14 ff.). Selbst bei einer vollständigen Reparatur wäre es aber nicht der Beklagten anzulasten, dass der Kläger die später verlangte Nachbesserung unmöglich gemacht hat. …“

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