Die Veräußerung von Fahrzeugteilen, die gewonnen werden, indem Gebrauchtfahrzeuge von Privatpersonen angekauft und anschließend zerlegt werden, unterliegt mangels Identität der erworbenen und veräußerten Gegenständen nicht der Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG, sondern der Regelbesteuerung.
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.10.2015 – 7 K 7183/13
(nachfolgend: BFH, Urteil vom 23.02.2017 – V R 37/15)
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob die Veräußerung von gebrauchten Fahrzeugteilen, die der Kläger aus von Privatpersonen erworbenen Fahrzeugen ausgebaut hat, der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterliegt.
Der Kläger meldete erstmals zum 01.07.2006 gewerberechtlich unter anderem den An- und Verkauf von – neuen und gebrauchten – Autos, Motorrädern und Ersatzteilen an. Seine Umsätze ermittelte er mit Genehmigung des beklagten Finanzamts nach vereinnahmten Entgelten; seine Gewinne ermittelte er durch Einnahme-Überschuss-Rechnung.
In den Streitjahren erzielte der Kläger insbesondere dadurch Umsätze, dass er Gebrauchtfahrzeuge, die in einer Vielzahl von Fällen nicht mehr fahrtüchtig waren, von Privatpersonen im ganzen Bundesgebiet ankaufte, sie in ihre Einzelteile zerlegte und diese Einzelteile insbesondere über das Internet verkaufte. Dieses Verfahren praktizierte er insbesondere mit Motorrädern der Marke C.
Am 14.06.2010 reichte der Kläger seine Umsatzsteuererklärung 2009 ein, in der er unter anderem nicht steuerbare Umsätze in Höhe von 45.832 € erklärte. Dabei handelte es sich um die Einkaufspreise der Gebrauchtwaren, die der Kläger bei der Ermittlung von Umsätzen nach § 25a UStG abgezogen hatte. Die Umsatzsteuererklärung, die eine festzusetzende Umsatzsteuer (= Zahllast) von 6.182,55 € auswies, wirkte als Festsetzung.
Vom 28.02.2011 bis 11.04.2011 führte der Beklagte beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung für das Streitjahr 2009 durch. Die Prüferin gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger zu Unrecht solche Umsätze der Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG unterworfen habe, die darauf beruhten, dass er Gebrauchtfahrzeuge erworben und zerlegt und die so gewonnenen Einzelteile veräußert habe. Es fehle an der Identität der erworbenen und veräußerten Gegenstände, sodass die Umsätze mit den Fahrzeugeinzelteilen dem Regelbesteuerungsverfahren unterlägen. Die als nicht steuerbar erklärten Umsätze seien mit dem Nettobetrag (38.514,29 €) der Umsatzsteuer (7.317,71 €) zu unterwerfen.
Dem folgend erließ der Beklagte am 27.05.2011 einen nach § 164 II AO geänderten Umsatzsteuerbescheid 2009, mit dem die Umsatzsteuer auf 13.500,21 € festgesetzt wurde, sodass sich eine Nachzahlung von 7.317,66 € ergab. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 30.06.2011 Einspruch ein.
Seine Umsatzsteuererklärung 2010 reichte der Kläger am 28.02.2012 unter Zugrundelegung der Auffassung der Umsatzsteuersonderprüferin ein, erklärte also Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen in Höhe von 124.072 €, eine festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von 16.559,18 € und eine Abschlusszahlung in Höhe von 8.211,80 €. Gegen die auf diese Weise erfolgte Umsatzsteuerfestsetzung legte der Kläger am 28.02.2012 Einspruch ein und machte geltend, die Abschlusszahlung gehe ausschließlich auf die Nichtanwendung der Differenzbesteuerung zurück.
Im Streitjahr 2011 legte der Kläger die Auffassung der Umsatzsteuersonderprüferin bereits im Voranmeldungsverfahren zugrunde. Mit seiner am 31.08.2012 beim Beklagten eingegangenen Umsatzsteuererklärung 2011 erklärte er Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen in Höhe von 145.859 €, eine festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von 20.522,53 € und eine Abschlusszahlung in Höhe von 291,46 €. Gegen die auf diese Weise erfolgte Umsatzsteuerfestsetzung legte der Kläger am 31.08.2012 Einspruch ein und machte geltend, bei Anwendung der Differenzbesteuerung werde sich die Umsatzsteuerfestsetzung erheblich reduzieren.
Der Beklagte wies die Einsprüche unter dem 15.05.2013 als unbegründet zurück, woraufhin der Kläger am 13.06.2013 Klage erhob.
Er macht geltend, es seien unter Berücksichtigung des § 25a UStG nur Umsätze in Höhe von 56.878 € (2009; Minderung um 38.514 €), 76.844 € (2010; Minderung um 48.694 €) und 112.480 € (2011; Minderung um 34.845 €) der Umsatzsteuer zu unterwerfen.
Beispielhaft seien in den Streitjahren folgende Transaktionen vorgenommen worden:
Ankauf | Typ | Kaufpreis | Veräußerungszeitraum | Erlös | Überschuss |
05.03.2009 | C1 | 2.500 € | 31.03.2009–29.11.2012 | 8.713,38 € | 6.213,38 € |
07.07.2009 | C2 | 1.400 € | 12.08.2009–04.03.2012 | 5.136,33 € | 3.736,33 € |
14.12.2009 | C3 | 650 € | 24.03.2010–15.11.2013 | 5.221,38 € | 4.571,38 € |
03.03.2010 | C4 | 1.250 € | 26.04.2010–27.04.2012 | 2.228,89 € | 978,89 € |
Auf die streitigen Umsätze – so meint der Kläger – sei § 25a UStG anwendbar, weil er die veräußerten Gegenstände lediglich aus den erworbenen Fahrzeugen ausgebaut, gereinigt und ansonsten unverändert gelassen habe. Da Instandsetzungen der Anwendung des § 25a UStG nicht entgegenstünden, müssten die hier streitigen Umsätze, die mit eher geringeren Eingriffen in die veräußerten Gegenstände verbunden seien, erst recht in den Anwendungsbereich des § 25a UStG fallen.
Während der Kläger vorprozessual ausgeführt hatte, er erwerbe die Altfahrzeuge notgedrungen zusammengebaut, weil sie nicht in zerlegtem Zustand angeboten würden, hat er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, gelegentlich habe er auch bereits zerlegte Fahrzeuge erworben und in Kisten abtransportiert, so zum Beispiel die oben erwähnten Fahrzeuge C3 und C4. Die Veräußerung erfolge zeitnah und im Wesentlichen vollständig. Durch die Versagung der Anwendung des § 25a UStG gerate er gegenüber privaten Anbietern in einen Wettbewerbsnachteil. Denn über Verkaufsportale wie eBay könnten Private vergleichbare Angebote machen, und dies geschehe auch.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: I. Der Kläger wird i. S. des § 100 I und II FGO durch die angefochtenen Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt. Die Veräußerung von Gegenständen, die durch das Zerlegen komplexerer Gebrauchtgegenstände gewonnen wurden, unterliegt mangels Identität von erworbenen und veräußerten Gegenständen nicht der Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG.
1. a) Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der Wortlaut des § 25a UStG dafür spricht, dass nur solche Umsätze in den Anwendungsbereich des § 25a UStG fallen, bei denen (neben weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen) ein und derselbe Gegenstand vom Unternehmer erworben und unter Beibehaltung der Identität des Gegenstands weiterveräußert wird. Dies ergibt sich aus folgenden Formulierungen des § 25a UStG:
§ 25a I Nr. 1 Satz 2 UStG: „Als Wiederverkäufer gilt, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt …“;
§ 25a I Nr. 2 Satz 1 UStG: „Die Gegenstände wurden an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert.“
§ 25a III 1 UStG: „Der Umsatz wird nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt.“ (Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, 162. Lfg., § 25a Rn. 93).
b) Diese Sichtweise steht auch im Einklang mit dem Unionsrecht. Der Beklagte verweist insoweit zu Recht auf die Definition der Gebrauchtgegenstände i. S. des Art. 313 I MwStSystRL, die in Art. 311 I Nr. 1 MwStSystRL enthalten ist und die Identität von erworbenen und veräußerten Gegenständen voraussetzt (Stadie, in: Rau/Dürrwächter, a. a. O., § 25a Rn. 93). Letzteres gilt auch für Art. 315 II MwStSystRL, wonach die Differenz (Handelsspanne) des steuerpflichtigen Wiederverkäufers dem Unterschied zwischen dem von ihm geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis des Gegenstands entspricht.
c) Die beim Kläger womöglich vorhandene Vorstellung, er erwerbe mit einem gebrauchten, nicht mehr funktionstüchtigen Motorrad eine Gesamtheit von einzeln veräußerbaren Ersatzteilen, steht nicht im Einklang mit der im Geschäftsverkehr üblichen Betrachtung eines solchen Vorgangs, wonach ein Motorrad (auch wenn es nicht mehr fahrtüchtig ist) ein aliud gegenüber der Summe der Einzelteile darstellt. Dies gilt auch umgekehrt, das heißt, selbst wenn der Kläger sämtliche Einzelteile eines Motorrads bis zur letzten Schraube veräußert, steht dies nicht der Veräußerung eines vollständigen Motorrads gleich, auch nicht der Veräußerung eines funktionsunfähigen Motorrads.
d) Soweit der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, die von ihm erworbenen Motorräder seien bereits im zerlegten Zustand erworben worden, hält das Gericht dies nicht für glaubhaft. Denn dieser Vortrag steht im Widerspruch zu der seit 2011 kontinuierlich vorgetragenen Darstellung, nach der der Kläger durch das Zerlegen von Motorrädern gewonnene Einzelteile veräußert hat. Auch aus den Kaufverträgen für die angeblich zerlegt erworbenen Motorräder ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte. Allein die Angabe „Garagenfund“ lässt noch nicht auf ein zerlegtes Fahrzeug schließen. Sie kann auch für eine lange Standzeit stehen. Vielmehr spricht die Anzeige … für die C4, die ein vollständig aufgebautes Motorrad zeigt und auch in ihrem Text keinen Hinweis auf eine bereits erfolgte Zerlegung enthält, gerade gegen die Darstellung des Klägers. Da der Kläger auf weitere Ermittlungen verzichtet und um eine Entscheidung nach Aktenlage gebeten hat, ist das Gericht diesem Wunsch gefolgt.
2. a) Für die hier vertretene Auffassung spricht die systematische Auslegung. Denn § 25a UStG bzw. Art. 313 ff. MwStSystRL sind Ausnahmeregelungen, die eher eng auszulegen sind (EuGH, Urt. v. 08.12.2005 – C-280/04, UR 2006, 360 Rn. 35 – Jyske Finans; Urt. v. 03.03.2011 – C-203/10, UR 2012, 372 Rn. 46 – Auto Nikolovi; Urt. v. 19.07.2012 – C-160/11, UR 2012, 807 Rn. 28 f. – Bawaria Motors).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass es im gegenwärtigen Mehrwertsteuersystem kein durchgängig verwirklichtes Prinzip gibt, wonach jeweils nur der „Mehrwert“ (die Bemessungsgrundlage abzüglich solcher Eingangsleistungen, die mittelbar der Umsatzsteuer unterlegen haben, aber nicht dem Vorsteuerabzug unterliegen), der Besteuerung unterliegt. Vielmehr gehen in eine Vielzahl von Umsätzen Leistungen ein, für die dem Leistungsempfänger nicht der Vorsteuerabzug zusteht, die aber zum Teil auf Vorstufen der Umsatzbesteuerung unterlegen haben, zum Beispiel Eingangsleistungen, die nach § 4 Nr. 8 ff. UStG von der Umsatzsteuer befreit sind oder von Kleinunternehmern i. S. des § 19 UStG erbracht werden. Dass es auf diese Weise unter Umständen zu einer umsatzsteuerlichen Doppelbelastung von einzelnen Leistungselementen kommt, wird vom Richtliniengeber in Kauf genommen. Diese Doppelbelastung auszuscheiden, wäre nur mit einem enormen Dokumentations- und Verwaltungsaufwand für die beteiligten Unternehmen und die Finanzverwaltung möglich. Ferner ist der Gesichtspunkt der Neutralität der Umsatzsteuer keine Regel des Primärrechts der EU, die für den Umfang des Anwendungsbereichs der Art. 313 ff. MwStSystRL bestimmend sein könnte, sondern ein Auslegungsgrundsatz, der neben dem Grundsatz der engen Auslegung von Ausnahmeregelungen anzuwenden ist (vgl. EuGH, Urt. v. 02.07.2015 – C-334/14, MwStR 2015, 680 Rn. 37 – De Fruytier).
b) Dem Kläger ist einzuräumen, dass sein Fall relativ nah verwandt mit den Fällen ist, in denen ein Steuerpflichtiger einen gebrauchten Gegenstand mit erheblichem Aufwand vor der Veräußerung instand setzt oder ansonsten erhebliche Aufwendungen in das später veräußerte Wirtschaftsgut investiert (vgl. auch EuGH, Urt. v. 01.04.2004 – C-320/02, UR 2004, 253 Rn. 27 – Stenholmen; Urt. v. 08.12.2005 – C-280/04, UR 2006, 360 Rn. 37 ff. – Jyske Finans [zur Vorgängerregelung im Rahmen der 6. EG-Richtlinie 77/388/EWG]). Gleichwohl war in den genannten, vom EuGH entschiedenen Fällen – abweichend vom Streitfall – die Identität der erworbenen und der veräußerten Gegenstände gewahrt. Der Richtliniengeber und der Gesetzgeber stehen vor der schwierigen Aufgabe, eine Grenzlinie für den Anwendungsbereich der Differenzbesteuerung zu ziehen. Diese Grenze gegenüber dem durch den Vorsteuerabzug geprägten Regelbesteuerungsverfahren ist durch das Merkmal der Identität von erworbenem und veräußertem Gegenstand gezogen worden.
3. a) Die vom Gericht vertretene Auffassung steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Regelung. Nach dem 51. Erwägungsgrund der MwStSystRL besteht der Zweck der Regelungen über die Differenzbesteuerung darin, Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Steuerpflichtigen im Bereich der Gebrauchtgegenstände zu vermeiden (EuGH Urt. v. 03.03.2011 – C-203/10, UR 2012, 372 Rn. 47 – Auto Nikolovi; vgl. auch EuGH, Urt. v. 08.12.2005 – C-280/04, UR 2006, 360 Rn. 37 ff. – Jyske Finans [zur Vorgängerregelung im Rahmen der 6. EG-Richtlinie 77/388/EWG]; kritisch demgegenüber Stadie, in Rau/Dürrwächter, a. a. O., § 25a Rn. 9 ff.; für das Abstellen auf den Wettbewerb mit Privatpersonen: Widmann, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, Stand: 13.05.2015, § 25a Rn. 18 ff., 31). Im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass es zu Wettbewerbsverzerrungen im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen käme. Selbst wenn man davon abweichend auf Wettbewerbsverzerrungen zu Privatpersonen abstellen würde, wären diese hinzunehmen. Denn der Kläger ist aufgrund seiner intensiven Branchenkenntnisse und der Breite seines Angebots in einem erheblichen Wettbewerbsvorteil, gegenüber dem der Wettbewerbsnachteil der Umsatzsteuerpflicht zurücktritt. Der Kläger kann nämlich aufgrund seiner Branchenkenntnisse Interessenten sachkundig Auskünfte, zum Beispiel über die Verwendbarkeit der von ihm angebotenen Waren, geben. Wie die vom Kläger dargestellten Beispiele zeigen, hatte er in 2011 Bauteile aus mindestens vier Motorrädern verfügbar. Er kann aufgrund der Breite seines Warenbestands auf konkrete Anfragen Angebote unterbreiten. Entgegen seiner schriftsätzlichen Darstellung hat der Kläger nämlich die von ihm erworbenen Altfahrzeuge nicht binnen kurzer Frist abgesetzt. In den vier von ihm dargestellten Beispielsfällen zog sich der Vertrieb der Einzelteile vielmehr über Zeiträume von 24 bis 44 Monate hin. Ein „Privatmann“, der in nur annähernd großem Umfang mit gebrauchten Fahrzeugersatzteilen handeln würde, wäre als Unternehmer i. S. des § 2 I UStG zu behandeln und würde daher den gleichen Wettbewerbsbedingungen unterliegen wie der Kläger.
b) Ferner setzt die Anwendung der Differenzbesteuerung grundsätzlich voraus, dass ein Vorumsatz (Wareneinkauf) dem Ausgangsumsatz zugeordnet wird (Widmann, in Schwarz/Widmann/Radeisen, a. a. O., § 25a Rn. 26), was in Fällen wie dem Streitfall zu einem erheblichen Dokumentationsaufwand führt. Dass – wie der Kläger vorträgt – die Gesamtdifferenzmethode gemäß § 25a IV UStG im Streitfall anwendbar sein soll, erscheint zweifelhaft, weil die erworbenen Altfahrzeuge nach den vom Kläger dargestellten Beispielen im Regelfall Einkaufspreise hatten, die die in § 25a IV 2 UStG normierte Schwelle von 500 € überstiegen.
c) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Beschränkung der Differenzbesteuerung auf den Verkauf von Gegenständen, die mit den erworbenen Gegenständen identisch sind, auf der Erwartung beruhen dürfte, dass typischerweise die durch einen solchen Handel erzielbare Wertschöpfung geringer ist als die, die sich erzielen lässt, wenn erworbene und verkaufte Gegenstände nicht mehr identisch sind. Im Streitfall wurde durch die Tätigkeit des Klägers eine erhebliche Wertschöpfung erzielt. Dies belegen die aus den übersandten Unterlagen (Beispielsfälle) ersichtlichen Ergebnisse, die ausweisen, dass der Kläger als Bruttoerlös das 3,5-fache (C1), 3,7-fache (C2), 8-fache (C3) und 1,8-fache (C4) des Einkaufspreises erzielt hat. Dass bei aufwändig instand gesetzten Einzelgegenständen ähnliche oder noch höhere Aufschlagsätze erzielt werden können, steht dem nicht entgegen, weil der Richtliniengeber im Interesse einer praktikablen Regelung nicht umhin konnte, solche „Ausreißer“ ebenfalls zu erfassen.
4. Die Entscheidung des Gerichts entspricht der in Rechtsprechung, Verwaltungsanweisungen und Literatur geäußerten Auffassung (FG Münster, Urt. v. 27.04.1999 – 15 K 7988/98 U, EFG 1999, 1000; Abschnitt 25a.1 Abs. 4 Satz 5 UStAE; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, a. a. O., § 25a Rn. 93 ff.; Wäger, in: Birkenfeld/Wäger, USt-Handbuch, 58. Lfg., § 236 Rn. 50; Oelmaier, in: Sölch/Ringleb, UStG, 74. Lfg., § 25a Rn. 23; Radeisen, in Hartmann/Metzenmacher, UStG, Lfg. 2/11, § 25a Rn. 49; Hundt-Eßwein, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, Stand: März 2015, § 25a Rn. 22 a. E.; Langer, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Stand: 01.12.2013, § 25a Rn. 122; Bunjes/Leonard, UStG, 14. Aufl. [2015], § 25a Rn. 29; BeckOK-UStG/Buschmann, 7. Aufl. [2015], § 25a Rn. 22.3).
II. Das Gericht hat die Revision nach § 115 II Nr. 1 FGO zugelassen, weil zu der streitigen Frage keine höchstrichterliche Rechtsprechung besteht. …
Hinweis: Auf die Revision des Klägers hat der Bundesfinanzhof das Urteil des aufgehoben und die Sache an das FG Berlin-Brandenburg zurückverwiesen (BFH, Urt. v. 23.02.2017 – V R 37/15).