Die Ver­äu­ße­rung von Fahr­zeug­tei­len, die ge­won­nen wer­den, in­dem Ge­braucht­fahr­zeu­ge von Pri­vat­per­so­nen an­ge­kauft und an­schlie­ßend zer­legt wer­den, un­ter­liegt man­gels Iden­ti­tät der er­wor­be­nen und ver­äu­ßer­ten Ge­gen­stän­den nicht der Dif­fe­renz­be­steue­rung ge­mäß § 25a UStG, son­dern der Re­gel­be­steue­rung.

FG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 01.10.2015 – 7 K 7183/13
(nach­fol­gend: BFH, Ur­teil vom 23.02.2017 – V R 37/15)

Sach­ver­halt: Die Be­tei­lig­ten strei­ten dar­über, ob die Ver­äu­ße­rung von ge­brauch­ten Fahr­zeug­tei­len, die der Klä­ger aus von Pri­vat­per­so­nen er­wor­be­nen Fahr­zeu­gen aus­ge­baut hat, der Dif­fe­renz­be­steue­rung nach § 25a UStG un­ter­liegt.

Der Klä­ger mel­de­te erst­mals zum 01.07.2006 ge­wer­be­recht­lich un­ter an­de­rem den An- und Ver­kauf von – neu­en und ge­brauch­ten – Au­tos, Mo­tor­rä­dern und Er­satz­tei­len an. Sei­ne Um­sät­ze er­mit­tel­te er mit Ge­neh­mi­gung des be­klag­ten Fi­nanz­amts nach ver­ein­nahm­ten Ent­gel­ten; sei­ne Ge­win­ne er­mit­tel­te er durch Ein­nah­me-Über­schuss-Rech­nung.

In den Streit­jah­ren er­ziel­te der Klä­ger ins­be­son­de­re da­durch Um­sät­ze, dass er Ge­braucht­fahr­zeu­ge, die in ei­ner Viel­zahl von Fäl­len nicht mehr fahr­tüch­tig wa­ren, von Pri­vat­per­so­nen im gan­zen Bun­des­ge­biet an­kauf­te, sie in ih­re Ein­zel­tei­le zer­leg­te und die­se Ein­zel­tei­le ins­be­son­de­re über das In­ter­net ver­kauf­te. Die­ses Ver­fah­ren prak­ti­zier­te er ins­be­son­de­re mit Mo­tor­rä­dern der Mar­ke C.

Am 14.06.2010 reich­te der Klä­ger sei­ne Um­satz­steu­er­er­klä­rung 2009 ein, in der er un­ter an­de­rem nicht steu­er­ba­re Um­sät­ze in Hö­he von 45.832 € er­klär­te. Da­bei han­del­te es sich um die Ein­kaufs­prei­se der Ge­braucht­wa­ren, die der Klä­ger bei der Er­mitt­lung von Um­sät­zen nach § 25a UStG ab­ge­zo­gen hat­te. Die Um­satz­steu­er­er­klä­rung, die ei­ne fest­zu­set­zen­de Um­satz­steu­er (= Zahl­last) von 6.182,55 € aus­wies, wirk­te als Fest­set­zung.

Vom 28.02.2011 bis 11.04.2011 führ­te der Be­klag­te beim Klä­ger ei­ne Um­satz­steu­er­son­der­prü­fung für das Streit­jahr 2009 durch. Die Prü­fe­rin ge­lang­te zu der Auf­fas­sung, dass der Klä­ger zu Un­recht sol­che Um­sät­ze der Dif­fe­renz­be­steue­rung ge­mäß § 25a UStG un­ter­wor­fen ha­be, die dar­auf be­ruh­ten, dass er Ge­braucht­fahr­zeu­ge er­wor­ben und zer­legt und die so ge­won­ne­nen Ein­zel­tei­le ver­äu­ßert ha­be. Es feh­le an der Iden­ti­tät der er­wor­be­nen und ver­äu­ßer­ten Ge­gen­stän­de, so­dass die Um­sät­ze mit den Fahr­zeug­ein­zel­tei­len dem Re­gel­be­steue­rungs­ver­fah­ren un­ter­lä­gen. Die als nicht steu­er­bar er­klär­ten Um­sät­ze sei­en mit dem Net­to­be­trag (38.514,29 €) der Um­satz­steu­er (7.317,71 €) zu un­ter­wer­fen.

Dem fol­gend er­ließ der Be­klag­te am 27.05.2011 ei­nen nach § 164 II AO ge­än­der­ten Um­satz­steu­er­be­scheid 2009, mit dem die Um­satz­steu­er auf 13.500,21 € fest­ge­setzt wur­de, so­dass sich ei­ne Nach­zah­lung von 7.317,66 € er­gab. Ge­gen die­sen Be­scheid leg­te der Klä­ger am 30.06.2011 Ein­spruch ein.

Sei­ne Um­satz­steu­er­er­klä­rung 2010 reich­te der Klä­ger am 28.02.2012 un­ter Zu­grun­de­le­gung der Auf­fas­sung der Um­satz­steu­er­son­der­prü­fe­rin ein, er­klär­te al­so Um­sät­ze aus Lie­fe­run­gen und sons­ti­gen Leis­tun­gen in Hö­he von 124.072 €, ei­ne fest­zu­set­zen­de Um­satz­steu­er in Hö­he von 16.559,18 € und ei­ne Ab­schluss­zah­lung in Hö­he von 8.211,80 €. Ge­gen die auf die­se Wei­se er­folg­te Um­satz­steu­er­fest­set­zung leg­te der Klä­ger am 28.02.2012 Ein­spruch ein und mach­te gel­tend, die Ab­schluss­zah­lung ge­he aus­schließ­lich auf die Nicht­an­wen­dung der Dif­fe­renz­be­steue­rung zu­rück.

Im Streit­jahr 2011 leg­te der Klä­ger die Auf­fas­sung der Um­satz­steu­er­son­der­prü­fe­rin be­reits im Vor­an­mel­dungs­ver­fah­ren zu­grun­de. Mit sei­ner am 31.08.2012 beim Be­klag­ten ein­ge­gan­ge­nen Um­satz­steu­er­er­klä­rung 2011 er­klär­te er Um­sät­ze aus Lie­fe­run­gen und sons­ti­gen Leis­tun­gen in Hö­he von 145.859 €, ei­ne fest­zu­set­zen­de Um­satz­steu­er in Hö­he von 20.522,53 € und ei­ne Ab­schluss­zah­lung in Hö­he von 291,46 €. Ge­gen die auf die­se Wei­se er­folg­te Um­satz­steu­er­fest­set­zung leg­te der Klä­ger am 31.08.2012 Ein­spruch ein und mach­te gel­tend, bei An­wen­dung der Dif­fe­renz­be­steue­rung wer­de sich die Um­satz­steu­er­fest­set­zung er­heb­lich re­du­zie­ren.

Der Be­klag­te wies die Ein­sprü­che un­ter dem 15.05.2013 als un­be­grün­det zu­rück, wor­auf­hin der Klä­ger am 13.06.2013 Kla­ge er­hob.

Er macht gel­tend, es sei­en un­ter Be­rück­sich­ti­gung des § 25a UStG nur Um­sät­ze in Hö­he von 56.878 € (2009; Min­de­rung um 38.514 €), 76.844 € (2010; Min­de­rung um 48.694 €) und 112.480 € (2011; Min­de­rung um 34.845 €) der Um­satz­steu­er zu un­ter­wer­fen.

Bei­spiel­haft sei­en in den Streit­jah­ren fol­gen­de Trans­ak­tio­nen vor­ge­nom­men wor­den:

An­kauf Typ Kauf­preis Ver­äu­ße­rungs­zeit­raum Er­lös Über­schuss
05.03.2009 C1 2.500 € 31.03.2009–29.11.2012 8.713,38 € 6.213,38 €
07.07.2009 C2 1.400 € 12.08.2009–04.03.2012 5.136,33 € 3.736,33 €
14.12.2009 C3 650 € 24.03.2010–15.11.2013 5.221,38 € 4.571,38 €
03.03.2010 C4 1.250 € 26.04.2010–27.04.2012 2.228,89 € 978,89 €

Auf die strei­ti­gen Um­sät­ze – so meint der Klä­ger – sei § 25a UStG an­wend­bar, weil er die ver­äu­ßer­ten Ge­gen­stän­de le­dig­lich aus den er­wor­be­nen Fahr­zeu­gen aus­ge­baut, ge­rei­nigt und an­sons­ten un­ver­än­dert ge­las­sen ha­be. Da In­stand­set­zun­gen der An­wen­dung des § 25a UStG nicht ent­ge­gen­stün­den, müss­ten die hier strei­ti­gen Um­sät­ze, die mit eher ge­rin­ge­ren Ein­grif­fen in die ver­äu­ßer­ten Ge­gen­stän­de ver­bun­den sei­en, erst recht in den An­wen­dungs­be­reich des § 25a UStG fal­len.

Wäh­rend der Klä­ger vor­pro­zes­su­al aus­ge­führt hat­te, er er­wer­be die Alt­fahr­zeu­ge not­ge­drun­gen zu­sam­men­ge­baut, weil sie nicht in zer­leg­tem Zu­stand an­ge­bo­ten wür­den, hat er in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor­ge­tra­gen, ge­le­gent­lich ha­be er auch be­reits zer­leg­te Fahr­zeu­ge er­wor­ben und in Kis­ten ab­trans­por­tiert, so zum Bei­spiel die oben er­wähn­ten Fahr­zeu­ge C3 und C4. Die Ver­äu­ße­rung er­fol­ge zeit­nah und im We­sent­li­chen voll­stän­dig. Durch die Ver­sa­gung der An­wen­dung des § 25a UStG ge­ra­te er ge­gen­über pri­va­ten An­bie­tern in ei­nen Wett­be­werbs­nach­teil. Denn über Ver­kaufspor­ta­le wie eBay könn­ten Pri­va­te ver­gleich­ba­re An­ge­bo­te ma­chen, und dies ge­sche­he auch.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Der Klä­ger wird i. S. des § 100 I und II FGO durch die an­ge­foch­te­nen Be­schei­de nicht in sei­nen Rech­ten ver­letzt. Die Ver­äu­ße­rung von Ge­gen­stän­den, die durch das Zer­le­gen kom­ple­xe­rer Ge­braucht­ge­gen­stän­de ge­won­nen wur­den, un­ter­liegt man­gels Iden­ti­tät von er­wor­be­nen und ver­äu­ßer­ten Ge­gen­stän­den nicht der Dif­fe­renz­be­steue­rung ge­mäß § 25a UStG.

1. a) Der Be­klag­te weist zu Recht dar­auf hin, dass der Wort­laut des § 25a UStG da­für spricht, dass nur sol­che Um­sät­ze in den An­wen­dungs­be­reich des § 25a UStG fal­len, bei de­nen (ne­ben wei­te­ren hier nicht strei­ti­gen Vor­aus­set­zun­gen) ein und der­sel­be Ge­gen­stand vom Un­ter­neh­mer er­wor­ben und un­ter Bei­be­hal­tung der Iden­ti­tät des Ge­gen­stands wei­ter­ver­äu­ßert wird. Dies er­gibt sich aus fol­gen­den For­mu­lie­run­gen des § 25a UStG:

§ 25a I Nr. 1 Satz 2 UStG: „Als Wie­der­ver­käu­fer gilt, wer ge­werbs­mä­ßig mit be­weg­li­chen kör­per­li­chen Ge­gen­stän­den han­delt …“;
§ 25a I Nr. 2 Satz 1 UStG: „Die Ge­gen­stän­de wur­den an den Wie­der­ver­käu­fer im Ge­mein­schafts­ge­biet ge­lie­fert.“
§ 25a III 1 UStG: „Der Um­satz wird nach dem Be­trag be­mes­sen, um den der Ver­kaufs­preis den Ein­kaufs­preis für den Ge­gen­stand über­steigt.“ (Sta­die, in: Rau/Dürrwäch­ter, UStG, 162. Lfg., § 25a Rn. 93).

b) Die­se Sicht­wei­se steht auch im Ein­klang mit dem Uni­ons­recht. Der Be­klag­te ver­weist in­so­weit zu Recht auf die De­fi­ni­ti­on der Ge­braucht­ge­gen­stän­de i. S. des Art. 313 I MwSt­Sys­tRL, die in Art. 311 I Nr. 1 MwSt­Sys­tRL ent­hal­ten ist und die Iden­ti­tät von er­wor­be­nen und ver­äu­ßer­ten Ge­gen­stän­den vor­aus­setzt (Sta­die, in: Rau/Dürrwäch­ter, a. a. O., § 25a Rn. 93). Letz­te­res gilt auch für Art. 315 II MwSt­Sys­tRL, wo­nach die Dif­fe­renz (Han­dels­span­ne) des steu­er­pflich­ti­gen Wie­der­ver­käu­fers dem Un­ter­schied zwi­schen dem von ihm ge­for­der­ten Ver­kaufs­preis und dem Ein­kaufs­preis des Ge­gen­stands ent­spricht.

c) Die beim Klä­ger wo­mög­lich vor­han­de­ne Vor­stel­lung, er er­wer­be mit ei­nem ge­brauch­ten, nicht mehr funk­ti­ons­tüch­ti­gen Mo­tor­rad ei­ne Ge­samt­heit von ein­zeln ver­äu­ßer­ba­ren Er­satz­tei­len, steht nicht im Ein­klang mit der im Ge­schäfts­ver­kehr üb­li­chen Be­trach­tung ei­nes sol­chen Vor­gangs, wo­nach ein Mo­tor­rad (auch wenn es nicht mehr fahr­tüch­tig ist) ein ali­ud ge­gen­über der Sum­me der Ein­zel­tei­le dar­stellt. Dies gilt auch um­ge­kehrt, das heißt, selbst wenn der Klä­ger sämt­li­che Ein­zel­tei­le ei­nes Mo­tor­rads bis zur letz­ten Schrau­be ver­äu­ßert, steht dies nicht der Ver­äu­ße­rung ei­nes voll­stän­di­gen Mo­tor­rads gleich, auch nicht der Ver­äu­ße­rung ei­nes funk­ti­ons­un­fä­hi­gen Mo­tor­rads.

d) So­weit der Klä­ger erst­mals in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor­ge­tra­gen hat, die von ihm er­wor­be­nen Mo­tor­rä­der sei­en be­reits im zer­leg­ten Zu­stand er­wor­ben wor­den, hält das Ge­richt dies nicht für glaub­haft. Denn die­ser Vor­trag steht im Wi­der­spruch zu der seit 2011 kon­ti­nu­ier­lich vor­ge­tra­ge­nen Dar­stel­lung, nach der der Klä­ger durch das Zer­le­gen von Mo­tor­rä­dern ge­won­ne­ne Ein­zel­tei­le ver­äu­ßert hat. Auch aus den Kauf­ver­trä­gen für die an­geb­lich zer­legt er­wor­be­nen Mo­tor­rä­der er­ge­ben sich da­für kei­ne An­halts­punk­te. Al­lein die An­ga­be „Ga­ra­gen­fund“ lässt noch nicht auf ein zer­leg­tes Fahr­zeug schlie­ßen. Sie kann auch für ei­ne lan­ge Stand­zeit ste­hen. Viel­mehr spricht die An­zei­ge … für die C4, die ein voll­stän­dig auf­ge­bau­tes Mo­tor­rad zeigt und auch in ih­rem Text kei­nen Hin­weis auf ei­ne be­reits er­folg­te Zer­le­gung ent­hält, ge­ra­de ge­gen die Dar­stel­lung des Klä­gers. Da der Klä­ger auf wei­te­re Er­mitt­lun­gen ver­zich­tet und um ei­ne Ent­schei­dung nach Ak­ten­la­ge ge­be­ten hat, ist das Ge­richt die­sem Wunsch ge­folgt.

2. a) Für die hier ver­tre­te­ne Auf­fas­sung spricht die sys­te­ma­ti­sche Aus­le­gung. Denn § 25a UStG bzw. Art. 313 ff. MwSt­Sys­tRL sind Aus­nah­me­re­ge­lun­gen, die eher eng aus­zu­le­gen sind (EuGH, Urt. v. 08.12.2005 – C-280/04, UR 2006, 360 Rn. 35  – Jys­ke Fin­ans; Urt. v. 03.03.2011 – C-203/10, UR 2012, 372 Rn. 46 – Au­to Ni­ko­lo­vi; Urt. v. 19.07.2012 – C-160/11, UR 2012, 807 Rn. 28 f. – Ba­wa­ria Mo­tors).

Da­bei ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass es im ge­gen­wär­ti­gen Mehr­wert­steu­er­sys­tem kein durch­gän­gig ver­wirk­lich­tes Prin­zip gibt, wo­nach je­weils nur der „Mehr­wert“ (die Be­mes­sungs­grund­la­ge ab­züg­lich sol­cher Ein­gangs­leis­tun­gen, die mit­tel­bar der Um­satz­steu­er un­ter­le­gen ha­ben, aber nicht dem Vor­steu­er­ab­zug un­ter­lie­gen), der Be­steue­rung un­ter­liegt. Viel­mehr ge­hen in ei­ne Viel­zahl von Um­sät­zen Leis­tun­gen ein, für die dem Leis­tungs­emp­fän­ger nicht der Vor­steu­er­ab­zug zu­steht, die aber zum Teil auf Vor­stu­fen der Um­satz­be­steue­rung un­ter­le­gen ha­ben, zum Bei­spiel Ein­gangs­leis­tun­gen, die nach § 4 Nr. 8 ff. UStG von der Um­satz­steu­er be­freit sind oder von Klein­un­ter­neh­mern i. S. des § 19 UStG er­bracht wer­den. Dass es auf die­se Wei­se un­ter Um­stän­den zu ei­ner um­satz­steu­er­li­chen Dop­pel­be­las­tung von ein­zel­nen Leis­tungs­ele­men­ten kommt, wird vom Richt­li­ni­en­ge­ber in Kauf ge­nom­men. Die­se Dop­pel­be­las­tung aus­zu­schei­den, wä­re nur mit ei­nem enor­men Do­ku­men­ta­ti­ons- und Ver­wal­tungs­auf­wand für die be­tei­lig­ten Un­ter­neh­men und die Fi­nanz­ver­wal­tung mög­lich. Fer­ner ist der Ge­sichts­punkt der Neu­tra­li­tät der Um­satz­steu­er kei­ne Re­gel des Pri­mär­rechts der EU, die für den Um­fang des An­wen­dungs­be­reichs der Art. 313 ff. MwSt­Sys­tRL be­stim­mend sein könn­te, son­dern ein Aus­le­gungs­grund­satz, der ne­ben dem Grund­satz der en­gen Aus­le­gung von Aus­nah­me­re­ge­lun­gen an­zu­wen­den ist (vgl. EuGH, Urt. v. 02.07.2015 – C-334/14, MwStR 2015, 680 Rn. 37 – De Fruy­tier).

b) Dem Klä­ger ist ein­zu­räu­men, dass sein Fall re­la­tiv nah ver­wandt mit den Fäl­len ist, in de­nen ein Steu­er­pflich­ti­ger ei­nen ge­brauch­ten Ge­gen­stand mit er­heb­li­chem Auf­wand vor der Ver­äu­ße­rung in­stand setzt oder an­sons­ten er­heb­li­che Auf­wen­dun­gen in das spä­ter ver­äu­ßer­te Wirt­schafts­gut in­ves­tiert (vgl. auch EuGH, Urt. v. 01.04.2004 – C-320/02, UR 2004, 253 Rn. 27 – Sten­hol­men; Urt. v. 08.12.2005 – C-280/04, UR 2006, 360 Rn. 37 ff. – Jys­ke Fin­ans [zur Vor­gän­ger­re­ge­lung im Rah­men der 6. EG-Richt­li­nie 77/388/EWG]). Gleich­wohl war in den ge­nann­ten, vom EuGH ent­schie­de­nen Fäl­len – ab­wei­chend vom Streit­fall – die Iden­ti­tät der er­wor­be­nen und der ver­äu­ßer­ten Ge­gen­stän­de ge­wahrt. Der Richt­li­ni­en­ge­ber und der Ge­setz­ge­ber ste­hen vor der schwie­ri­gen Auf­ga­be, ei­ne Grenz­li­nie für den An­wen­dungs­be­reich der Dif­fe­renz­be­steue­rung zu zie­hen. Die­se Gren­ze ge­gen­über dem durch den Vor­steu­er­ab­zug ge­präg­ten Re­gel­be­steue­rungs­ver­fah­ren ist durch das Merk­mal der Iden­ti­tät von er­wor­be­nem und ver­äu­ßer­tem Ge­gen­stand ge­zo­gen wor­den.

3. a) Die vom Ge­richt ver­tre­te­ne Auf­fas­sung steht im Ein­klang mit dem Sinn und Zweck der Re­ge­lung. Nach dem 51. Er­wä­gungs­grund der MwSt­Sys­tRL be­steht der Zweck der Re­ge­lun­gen über die Dif­fe­renz­be­steue­rung dar­in, Dop­pel­be­steue­run­gen und Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen zwi­schen Steu­er­pflich­ti­gen im Be­reich der Ge­braucht­ge­gen­stän­de zu ver­mei­den (EuGH Urt. v. 03.03.2011 – C-203/10, UR 2012, 372 Rn. 47 – Au­to Ni­ko­lo­vi; vgl. auch EuGH, Urt. v. 08.12.2005 – C-280/04, UR 2006, 360 Rn. 37 ff. – Jys­ke Fin­ans [zur Vor­gän­ger­re­ge­lung im Rah­men der 6. EG-Richt­li­nie 77/388/EWG]; kri­tisch dem­ge­gen­über Sta­die, in Rau/Dürrwäch­ter, a. a. O., § 25a Rn. 9 ff.; für das Ab­stel­len auf den Wett­be­werb mit Pri­vat­per­so­nen: Wid­mann, in Schwarz/Wid­mann/Ra­d­ei­sen, UStG, Stand: 13.05.2015, § 25a Rn. 18 ff., 31). Im Streit­fall ist nicht er­sicht­lich, dass es zu Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen im Ver­gleich zu an­de­ren Steu­er­pflich­ti­gen kä­me. Selbst wenn man da­von ab­wei­chend auf Wett­be­werbs­ver­zer­run­gen zu Pri­vat­per­so­nen ab­stel­len wür­de, wä­ren die­se hin­zu­neh­men. Denn der Klä­ger ist auf­grund sei­ner in­ten­si­ven Bran­chen­kennt­nis­se und der Brei­te sei­nes An­ge­bots in ei­nem er­heb­li­chen Wett­be­werbs­vor­teil, ge­gen­über dem der Wett­be­werbs­nach­teil der Um­satz­steu­er­pflicht zu­rück­tritt. Der Klä­ger kann näm­lich auf­grund sei­ner Bran­chen­kennt­nis­se In­ter­es­sen­ten sach­kun­dig Aus­künf­te, zum Bei­spiel über die Ver­wend­bar­keit der von ihm an­ge­bo­te­nen Wa­ren, ge­ben. Wie die vom Klä­ger dar­ge­stell­ten Bei­spie­le zei­gen, hat­te er in 2011 Bau­tei­le aus min­des­tens vier Mo­tor­rä­dern ver­füg­bar. Er kann auf­grund der Brei­te sei­nes Wa­ren­be­stands auf kon­kre­te An­fra­gen An­ge­bo­te un­ter­brei­ten. Ent­ge­gen sei­ner schrift­sätz­li­chen Dar­stel­lung hat der Klä­ger näm­lich die von ihm er­wor­be­nen Alt­fahr­zeu­ge nicht bin­nen kur­zer Frist ab­ge­setzt. In den vier von ihm dar­ge­stell­ten Bei­spiels­fäl­len zog sich der Ver­trieb der Ein­zel­tei­le viel­mehr über Zeit­räu­me von 24 bis 44 Mo­na­te hin. Ein „Pri­vat­mann“, der in nur an­nä­hernd gro­ßem Um­fang mit ge­brauch­ten Fahr­zeu­gersatz­tei­len han­deln wür­de, wä­re als Un­ter­neh­mer i. S. des § 2 I UStG zu be­han­deln und wür­de da­her den glei­chen Wett­be­werbs­be­din­gun­gen un­ter­lie­gen wie der Klä­ger.

b) Fer­ner setzt die An­wen­dung der Dif­fe­renz­be­steue­rung grund­sätz­lich vor­aus, dass ein Vor­um­satz (Wa­ren­ein­kauf) dem Aus­gangs­um­satz zu­ge­ord­net wird (Wid­mann, in Schwarz/Wid­mann/Ra­d­ei­sen, a. a. O., § 25a Rn. 26), was in Fäl­len wie dem Streit­fall zu ei­nem er­heb­li­chen Do­ku­men­ta­ti­ons­auf­wand führt. Dass – wie der Klä­ger vor­trägt – die Ge­samt­dif­fe­renz­me­tho­de ge­mäß § 25a IV UStG im Streit­fall an­wend­bar sein soll, er­scheint zwei­fel­haft, weil die er­wor­be­nen Alt­fahr­zeu­ge nach den vom Klä­ger dar­ge­stell­ten Bei­spie­len im Re­gel­fall Ein­kaufs­prei­se hat­ten, die die in § 25a IV 2 UStG nor­mier­te Schwel­le von 500 € über­stie­gen.

c) Schließ­lich ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Be­schrän­kung der Dif­fe­renz­be­steue­rung auf den Ver­kauf von Ge­gen­stän­den, die mit den er­wor­be­nen Ge­gen­stän­den iden­tisch sind, auf der Er­war­tung be­ru­hen dürf­te, dass ty­pi­scher­wei­se die durch ei­nen sol­chen Han­del er­ziel­ba­re Wert­schöp­fung ge­rin­ger ist als die, die sich er­zie­len lässt, wenn er­wor­be­ne und ver­kauf­te Ge­gen­stän­de nicht mehr iden­tisch sind. Im Streit­fall wur­de durch die Tä­tig­keit des Klä­gers ei­ne er­heb­li­che Wert­schöp­fung er­zielt. Dies be­le­gen die aus den über­sand­ten Un­ter­la­gen (Bei­spiels­fäl­le) er­sicht­li­chen Er­geb­nis­se, die aus­wei­sen, dass der Klä­ger als Brut­to­er­lös das 3,5-fa­che (C1), 3,7-fa­che (C2), 8-fa­che (C3) und 1,8-fa­che (C4) des Ein­kaufs­prei­ses er­zielt hat. Dass bei auf­wän­dig in­stand ge­setz­ten Ein­zel­ge­gen­stän­den ähn­li­che oder noch hö­he­re Auf­schlag­sät­ze er­zielt wer­den kön­nen, steht dem nicht ent­ge­gen, weil der Richt­li­ni­en­ge­ber im In­ter­es­se ei­ner prak­ti­ka­blen Re­ge­lung nicht um­hin konn­te, sol­che „Aus­rei­ßer“ eben­falls zu er­fas­sen.

4. Die Ent­schei­dung des Ge­richts ent­spricht der in Recht­spre­chung, Ver­wal­tungs­an­wei­sun­gen und Li­te­ra­tur ge­äu­ßer­ten Auf­fas­sung (FG Müns­ter, Urt. v. 27.04.1999 – 15 K 7988/98 U, EFG 1999, 1000; Ab­schnitt 25a.1 Abs. 4 Satz 5 UStAE; Sta­die, in: Rau/Dürrwäch­ter, a. a. O., § 25a Rn. 93 ff.; Wä­ger, in: Bir­ken­feld/Wä­ger, USt-Hand­buch, 58. Lfg., § 236 Rn. 50; Oel­mai­er, in: Sölch/Ring­leb, UStG, 74. Lfg., § 25a Rn. 23; Ra­d­ei­sen, in Hart­mann/Met­zen­ma­cher, UStG, Lfg. 2/11, § 25a Rn. 49; Hundt-Eß­wein, in: Of­fer­haus/Söhn/Lan­ge, UStG, Stand: März 2015, § 25a Rn. 22 a. E.; Lan­ger, in: Reiß/Kra­eu­sel/Lan­ger, UStG, Stand: 01.12.2013, § 25a Rn. 122; Bun­jes/Leo­nard, UStG, 14. Aufl. [2015], § 25a Rn. 29; Be­ckOK-UStG/Busch­mann, 7. Aufl. [2015], § 25a Rn. 22.3).

II. Das Ge­richt hat die Re­vi­si­on nach § 115 II Nr. 1 FGO zu­ge­las­sen, weil zu der strei­ti­gen Fra­ge kei­ne höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung be­steht. …

Hin­weis: Auf die Re­vi­si­on des Klä­gers hat der Bun­des­fi­nanz­hof das Ur­teil des auf­ge­ho­ben und die Sa­che an das FG Ber­lin-Bran­den­burg zu­rück­ver­wie­sen (BFH, Urt. v. 23.02.2017 – V R 37/15).

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