Ein Kraft­fahr­zeug­händ­ler ver­stößt ge­gen § 1 I 1 PAngV in der vor dem 28.05.2022 gel­ten­den Fas­sung und han­delt da­her wett­be­werbs­wid­rig (§ 3a UWG i. V. mit § 1 I 1 PAngV a.F.), wenn er – hier: in ei­nem „mobile.​de“-In­se­rat – nicht den tat­säch­lich für ein elek­trisch be­trie­be­nes Neu­fahr­zeug zu zah­len­den Kauf­preis, son­dern ei­nen um den Um­welt­bo­nus re­du­zier­ten Kauf­preis an­gibt.

LG Leip­zig, Ur­teil vom 04.11.2022 – 05 O 555/22

Sach­ver­halt: Der Klä­ger, ein rechts­fä­hi­ger Ver­band zur För­de­rung ge­werb­li­cher In­ter­es­sen, macht ge­gen die in Chem­nitz an­säs­si­ge, ge­werb­lich mit Kraft­fahr­zeu­gen han­deln­de Be­klag­te ei­nen wett­be­werbs­recht­li­chen Un­ter­las­sungs­an­spruch gel­tend.

Die Be­klag­te bot auf der In­ter­net­platt­form „mobile.​de“ ei­nen Pkw Re­nault ZOE Life R110 für 22.789 € zum Kauf an. Tat­säch­lich wa­ren beim Kauf des Fahr­zeugs je­doch 28.789 € an die Be­klag­te zu zah­len. Dem lag zu­grun­de, dass die Be­klag­te bei der An­ga­be des Kauf­prei­ses in dem „mobile.​de“-In­se­rat den – nach dem Er­werb des Pkw vom Käu­fer beim Bun­des­amt für Wirt­schaft und Aus­fuhr­kon­trol­le (BA­FA) zu be­an­tra­gen­den – Um­welt­bo­nus in Hö­he von 6.000 € be­reits be­rück­sich­tigt hat­te, oh­ne dar­auf in dem In­se­rat hin­zu­wei­sen.

Der Klä­ger mahn­te die Be­klag­te des­halb mit Schrei­ben vom 13.01.2022 ab und for­der­te sie auf, bis zum 27.01.2022 ei­ne straf­be­wehr­te Un­ter­las­sungs­er­klä­rung ab­zu­ge­ben. Die Be­klag­te lehn­te die Ab­ga­be ei­ner straf­be­wehr­ten Un­ter­las­sungs­er­klä­rung ab. Sie be­grün­de­te ih­re Wei­ge­rung im We­sent­li­chen da­mit, dass die An­ga­be des den Um­welt­bo­nus be­rück­sich­ti­gen­den Kauf­prei­ses der Feh­ler ei­ner ein­zel­nen Per­son – der Mit­ar­bei­te­rin M – ge­we­sen sei. M sei in ei­nem Mee­ting am 09.03.2021 dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, Fahr­zeug­prei­se oh­ne Be­rück­sich­ti­gung ei­nes Um­welt­bo­nus an­zu­ge­ben.

Nach Auf­fas­sung des Klä­gers hat die Be­klag­te wett­be­werbs­wid­rig ge­han­delt. Der Klä­ger be­strei­tet, dass die Mit­ar­bei­te­rin M ei­nen ein­ma­li­gen Feh­ler be­gan­gen und ei­ner in­ter­nen Ab­spra­che zu­wi­der ge­han­delt hat, in­dem sie in dem streit­ge­gen­ständ­li­chen In­se­rat nicht den tat­säch­lich an die Be­klag­te zu zah­len­den Kauf­preis, son­dern den um den Um­welt­bo­nus re­du­zier­ten Kauf­preis an­ge­ge­ben hat. Er be­strei­tet au­ßer­dem, dass – wie die Be­klag­te be­haup­tet – am 09.03.2021 ein Mee­ting oder ei­ne Mit­ar­bei­ter­schu­lung statt­ge­fun­den hat und die Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten an­ge­wie­sen wur­den, Fahr­zeug­prei­se oh­ne Be­rück­sich­ti­gung ei­nes Um­welt­bo­nus aus­zu­wei­sen. Im Üb­ri­gen ver­weist der Klä­ger auf § 8 II UWG. Da­nach ist ein wett­be­werbs­recht­li­cher Un­ter­las­sungs­an­spruch auch ge­gen den In­ha­ber ei­nes Un­ter­neh­mens be­grün­det, wenn die Zu­wi­der­hand­lung von ei­nem Mit­ar­bei­ter oder Be­auf­trag­ten be­gan­gen wur­de.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger über den Un­ter­las­sungs­an­spruch hin­aus den Er­satz von Ab­mahn­kos­ten in Hö­he von 374,50 € (brut­to) nebst Zin­sen ver­langt. Die tat­säch­li­chen Kos­ten, die ihm durch ei­ne Ab­mah­nung ent­ste­hen, hat er mit durch­schnitt­lich 1.164,97 € (net­to) be­zif­fert.

Die Be­klag­te ist der Kla­ge ent­ge­gen­ge­tre­ten und hat auf ein – an­geb­lich auch von M un­ter­zeich­ne­tes – Be­spre­chungs­pro­to­koll vom 09.03.2021 ver­wie­sen. Da­nach sei fest­ge­legt wor­den, dass die Prei­se al­ler Neu­wa­gen oh­ne Be­rück­sich­ti­gung ei­ner Prä­mie an­zu­ge­ben sind. Dass M da­von ab­ge­wi­chen sei, sei ein ein­ma­li­ger Feh­ler („Black­out“), so­dass kei­ne Wie­der­ho­lungs­ge­fahr be­ste­he. Da von dem „Black­out“ der M nur ein Fahr­zeug be­trof­fen ge­we­sen sei, sei auch kei­ne ho­he Zahl an po­ten­zi­el­len Käu­fern er­reicht wor­den. Sie, die Be­klag­te, ver­kau­fe Tau­sen­de von Fahr­zeu­gen; dass ihr (nur) bei ei­nem ein­zi­gen Pkw ein Feh­ler un­ter­lau­fen sei, füh­re da­her nicht zu ei­ner Ab­satz­stei­ge­rung. Viel­mehr sei der „Black­out“ der M im Hin­blick auf die Ge­samt­zahl der Fahr­zeug­ver­käu­fe schon nicht ge­eig­net, die In­ter­es­sen der Ver­brau­cher spür­bar zu be­ein­träch­ti­gen. Ei­nem be­stimm­ten Ver­brau­cher sei es auch mög­lich ge­we­sen, Preis­an­ga­ben zu ver­glei­chen, denn M ha­be in E-Mails und te­le­fo­nisch ge­gen­über die­sem Ver­brau­cher aus­ge­führt, dass über den an­ge­ge­be­nen Kauf­preis hin­aus zu­nächst (wei­te­re) 6.000 € zu zah­len sei­en, die dann als Um­welt­bo­nus von­sei­ten des Bun­des­am­tes für Wirt­schaft und Aus­fuhr­kon­trol­le er­stat­tet wür­den. Da­mit sei der Ver­brau­cher über den zu zah­len Ge­samt­preis in­for­miert ge­we­sen, zu­mal ei­nem durch­schnitt­lich in­for­mier­ten und ver­stän­di­gen Ver­brau­cher be­kannt sei, dass der Kauf­preis für ein Elek­tro­fahr­zeug ei­nen Um­welt­bo­nus in Hö­he von 6.000 € ent­hal­te. In ei­nem Ver­kaufs­ge­spräch wä­re des­halb si­cher­lich die Fra­ge auf­ge­kom­men, wann die­ser Be­trag in Ab­zug zu brin­gen, wie hoch al­so letzt­lich der Ge­samt­preis des Fahr­zeugs sei.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die Kla­ge ist be­grün­det, denn der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen Un­ter­las­sungs­an­spruch ge­mäß § 8 I, III Nr. 2, §§ 3 I, 3a UWG i. V. mit § 1 I 1 PAngV; §§ 3 I, 5a II 1 und II 2 Nr. 3, IV UWG und ge­mäß §§ 3 I, V 1 1, V 2 Nr. 2 UWG (in der je­weils bis zum 27.05.2022 gel­ten­den Fas­sung). Dem Klä­ger steht fer­ner ein An­spruch auf Er­satz der Ab­mahn­kos­ten in Hö­he von 374,50 € ge­mäß § 13 III UWG zu.

1. Der Klä­ger ist nach § 8 III Nr. 2 UWG ak­tiv­le­gi­ti­miert.

2. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen Un­ter­las­sungs­an­spruch im be­an­trag­ten Um­fan­ge.

Nach § 8 I UWG kann bei Wie­der­ho­lungs­ge­fahr auf Un­ter­las­sung in An­spruch ge­nom­men wer­den, wer ei­ne nach § 3 UWG un­zu­läs­si­ge ge­schäft­li­che Hand­lung vor­ge­nom­men hat. Nach § 3 UWG ist ei­ne ge­schäft­li­che Hand­lung un­zu­läs­sig, wenn sie un­lau­ter ist.

a) Ei­ne ge­schäft­li­che Hand­lung nach § 2 I Nr. 1 UWG (seit dem 28.05.2022: § 2 I Nr. 2 UWG) liegt vor.

Da­nach ist ei­ne ge­schäft­li­che Hand­lung je­des Ver­hal­ten ei­ner Per­son zu­guns­ten des ei­ge­nen oder ei­nes frem­den Un­ter­neh­mens bei oder nach ei­nem Ge­schäfts­ab­schluss, das mit der För­de­rung des Ab­sat­zes oder des Be­zugs von Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen ob­jek­tiv zu­sam­men­hängt. Das Merk­mal des ob­jek­ti­ven Zu­sam­men­hangs ist funk­tio­nal zu ver­ste­hen und setzt vor­aus, dass die Hand­lung bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung dar­auf ge­rich­tet ist, durch die Be­ein­flus­sung der ge­schäft­li­chen Ent­schei­dung der Ver­brau­cher oder sons­ti­gen Markt­teil­neh­mer den Ab­satz oder Be­zug von Wa­ren oder Dienst­leis­tun­gen des ei­ge­nen oder ei­nes frem­den Un­ter­neh­mens zu för­dern (BGH, Urt. v. 06.06.2019 – I ZR 216/17, GRUR 2019, 1202 Rn. 13 – Iden­ti­täts­dieb­stahl; Urt. v. 31.03.2016 – I ZR 160/14 GRUR 2016, 710 Rn. 12 – Im Im­mo­bi­li­en­sumpf). Ent­schei­dend ist al­lein, ob nach den ob­jek­ti­ven Ge­ge­ben­hei­ten ein Zu­sam­men­hang zwi­schen dem be­an­stan­de­ten Ver­hal­ten und der güns­ti­gen Be­ein­flus­sung des Ab­sat­zes im Sin­ne ei­ner Ab­satz­stei­ge­rung be­steht (Münch­Komm-UWG/​Bähr, 3. Aufl. [2020], § 2 Rn. 107).

Zu­tref­fend weist die Klä­ger­sei­te dar­auf hin, dass das ab­ge­mahn­te Ver­hal­ten der Be­klag­ten bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung dar­auf ge­rich­tet war, die ge­schäft­li­che Ent­schei­dung der Ver­brau­cher zu be­ein­flus­sen und da­durch den Ab­satz zu för­dern. Denn das streit­ge­gen­ständ­li­che In­se­rat auf „mobile.​de“, wo­mit für den Ver­kauf ei­nes Pkw ge­wor­ben wur­de, er­mög­licht es der Be­klag­ten, ei­ne ho­he Zahl an po­ten­zi­el­len Kun­den an­zu­spre­chen, um die­se zu ei­nem Kauf zu mo­ti­vie­ren. Durch ein In­se­rat auf „mobile.​de“ er­höht sich dem­zu­fol­ge die Chan­ce, das je­wei­li­ge an­ge­bo­te­ne Fahr­zeug zu ver­kau­fen. Das streit­ge­gen­ständ­li­che In­se­rat auf „mobile.​de“ dient mit­hin der güns­ti­gen Be­ein­flus­sung des Ab­sat­zes im Sin­ne ei­ner Ab­satz­stei­ge­rung und stellt da­her ei­ne ge­schäft­li­che Hand­lung dar.

Die ge­schäft­li­che Hand­lung ent­fällt nicht da­durch, dass die Be­klag­te nur ein Fahr­zeug un­ter Tau­sen­den ir­re­füh­rend be­wor­ben hat. Da­durch fällt der Ab­satz ge­ring aus, aber den­noch soll­te durch das An­ge­bot zum Kauf der Ab­satz des Un­ter­neh­mens ge­för­dert wer­den. Auch durch ei­ne feh­ler­haf­te, an­geb­lich ver­se­hent­li­che, wei­sungs­wid­ri­ge, je­doch wei­ter­hin ir­re­füh­ren­de Be­prei­sung zielt das im In­se­rat ent­hal­te­ne An­ge­bot zum Ver­kauf ei­nes Fahr­zeugs auf ei­ne Ab­satz­för­de­rung.

b) Mit dem im In­se­rat auf „mobile.​de“ an­ge­bo­te­nen Kauf des Fahr­zeugs, oh­ne den zu­tref­fen­den zu zah­len­den Ge­samt­preis an­zu­ge­ben, hat die Be­klag­te gleich meh­re­re – drei – Tat­be­stän­de ei­ner un­lau­te­ren ge­schäft­li­chen Hand­lung im Sin­ne des Ge­set­zes ge­gen den un­lau­te­ren Wett­be­werb (UWG) rea­li­siert, der je­der für sich ei­nen Un­ter­las­sungs­an­spruch des Klä­gers be­grün­det.

aa) Die Be­klag­te hat da­mit zum ei­nen wett­be­werbs­wid­rig ge­mäß § 3a UWG i. V. mit § 1 I 1 PAngV ge­han­delt.

In­dem die Be­klag­te für den Ver­kauf des Pkw un­ter An­ga­be von Prei­sen ge­wor­ben hat, oh­ne den für das kon­kret be­wor­be­ne Fahr­zeug tat­säch­lich zu zah­len­den Ge­samt­preis an­zu­ge­ben, hat sie ge­gen § 1 I 1 PAngV ver­sto­ßen.

Ge­mäß § 1 I 1 PAngV hat, wer Ver­brau­chern ge­mäß § 13 BGB ge­werbs- oder ge­schäfts­mä­ßig oder wer ih­nen re­gel­mä­ßig in sons­ti­ger Wei­se Wa­ren oder Leis­tun­gen an­bie­tet oder als An­bie­ter von Wa­ren oder Leis­tun­gen ge­gen­über Ver­brau­chern un­ter An­ga­be von Prei­sen wirbt, die Prei­se an­zu­ge­ben, die ein­schließ­lich der Um­satz­steu­er und sons­ti­ger Preis­be­stand­tei­le zu zah­len sind (Ge­samt­prei­se).

Bei § 1 I 1 PAngV han­delt es sich auch um ei­ne markt­ver­hal­tens­re­geln­de Norm i. S. des § 3a UWG.

Der tat­säch­lich zu zah­len­de Ge­samt­preis be­trug 28.789 € und nicht wie in­se­riert 22.789 €. Die Um­welt­prä­mie in Hö­he von 6.000 € durf­te die Be­klag­te nicht vom Ge­samt­preis ab­zie­hen, denn hier­durch wird der Kauf­preis nicht per se her­ab­ge­setzt.

Die­se Zu­wi­der­hand­lung ist auch ge­eig­net, wie von § 3a UWG ge­for­dert, die In­ter­es­sen der Ver­brau­cher spür­bar zu be­ein­träch­ti­gen. Die Ver­brau­cher wer­den durch die streit­ge­gen­ständ­li­che Preis­an­ga­be der Be­klag­ten dem­nach dar­an ge­hin­dert, ei­ne in­for­mier­te ge­schäft­li­che Ent­schei­dung zu tref­fen. Zu­dem in­di­ziert der Ver­stoß ge­gen ei­ne Markt­ver­hal­tens­re­ge­lung im Re­gel­fall die Eig­nung zur spür­ba­ren Be­ein­träch­ti­gung der In­ter­es­sen der Markt­teil­neh­mer.

bb) Zum an­de­ren han­del­te die Be­klag­te nach § 5 I 1 und I 2 Nr. 2 UWG wett­be­werbs­wid­rig.

Nach § 5a II Satz 1 UWG han­delt un­lau­ter, wer Ver­brau­chern we­sent­li­che In­for­ma­tio­nen vor­ent­hält, die be­nö­tigt wer­den, um ei­ne in­for­mier­te ge­schäft­li­che Ent­schei­dung zu tref­fen, und dar­über hin­aus für ih­re Ent­schei­dungs­fä­hig­keit im Hin­blick auf das Pro­dukt von Be­deu­tung sind.

Die An­ga­be des Ge­samt­prei­ses ist ei­ne we­sent­li­che In­for­ma­ti­on i. S. des § 5a II 1, IV UWG. Denn bei den Be­stim­mun­gen des § 1 PAngV han­delt es sich um sol­che, die auf den uni­ons­recht­li­chen Vor­ga­ben der Preis­an­ga­ben-Richt­li­nie1Richt­li­nie 98/6/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 16.02.1998 über den Schutz der Ver­brau­cher bei der An­ga­be der Prei­se der ih­nen an­ge­bo­te­nen Er­zeug­nis­se, Abl. 1998 L 80, 27. be­ru­hen.

Die­se we­sent­li­che In­for­ma­ti­on wur­de den an­ge­spro­che­nen Ver­brau­chern auch vor­ent­hal­ten. Als Vor­ent­hal­ten gilt nach § 5a II 2 Nr. 3 UWG auch das nicht recht­zei­ti­ge Be­reit­stel­len der In­for­ma­ti­on. Auch wenn von der Zeu­gin M die An­ga­be ge­gen­über ei­nem ein­zeln po­ten­zi­el­len Käu­fer auf Nach­fra­ge rich­tig­ge­stellt wur­de, än­dert dies nichts dar­an, dass die In­for­ma­ti­on zum ei­nen nicht recht­zei­tig be­reit­ge­stellt, zum an­de­ren al­len wei­te­ren po­ten­zi­el­len Käu­fern vor­ent­hal­ten wur­de.

cc) Fer­ner hat die Be­klag­te ge­mäß § 5 I 1 und I II Nr. 2 UWG wett­be­werbs­wid­rig ge­han­delt. Nach die­ser Vor­schrift liegt ei­ne ir­re­füh­ren­de ge­schäft­li­che Hand­lung vor, wenn sie un­wah­re An­ga­ben oder sons­ti­ge zur Täu­schung ge­eig­ne­te An­ga­ben über den An­lass des Ver­kaufs wie das Vor­han­den­sein ei­nes be­son­de­ren Preis­vor­teils, den Preis oder die Art und Wei­se, in der er be­rech­net wird, ent­hält.

c) Die Be­klag­te kann sich auch nicht da­mit ent­las­ten, dass die Zeu­gin M wei­sungs­wid­rig, da ent­ge­gen den Fest­le­gun­gen im Be­spre­chungs­pro­to­koll vom 09.03.2021 (An­la­ge B 2), wo­nach al­le Neu­wa­gen oh­ne die E-Prä­mie aus­zu­prei­sen sind, in ei­ner Art „Black­out“ ge­han­delt ha­be. Den ent­spre­chen­den Be­weis­an­ge­bo­ten war nicht nach­zu­ge­hen.

Nach § 8 II UWG wer­den dem Un­ter­neh­mens­in­ha­ber Zu­wi­der­hand­lun­gen sei­ner An­ge­stell­ten oder Be­auf­trag­ten wie ei­ge­ne Hand­lun­gen zu­ge­rech­net, weil die ar­beits­tei­li­ge Or­ga­ni­sa­ti­on sei­nes Un­ter­neh­mens die Ver­ant­wor­tung für das Ver­hal­ten im Wett­be­werb nicht be­sei­ti­gen soll (BGH, Urt. v. 28.06.2007 – I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Rn. 22 – Te­le­fon­ak­ti­on). Die Vor­schrift des § 8 II UWG re­gelt den Un­ter­las­sungs­an­spruch ge­gen den Un­ter­neh­mens­in­ha­ber bei Zu­wi­der­hand­lun­gen sei­ner Mit­ar­bei­ter und Be­auf­trag­ten im Sin­ne ei­ner Er­folgs­haf­tung oh­ne Ent­las­tungs­mög­lich­keit (Köh­ler/​Fed­der­sen, in: Köh­ler/​Born­kamm/​Fed­der­sen, UWG, 40. Aufl. [2022], § 8 Rn. 2.33; Münch­Komm-UWG/​Fritz­sche, 3. Aufl. [2022], § 8 Rn. 377). Da­her spielt es ins­be­son­de­re kei­ne Rol­le, ob der Mit­ar­bei­ter oder Be­auf­trag­te ei­gen­mäch­tig ge­han­delt hat (Münch­Komm-UWG/​Fritz­sche, a. a. O., § 8 Rn. 374). Das heißt, der Un­ter­neh­mens­in­ha­ber kann sich we­gen § 8 II UWG nicht dar­auf be­ru­fen, dass der Mit­ar­bei­ter wei­sungs­wid­rig ge­han­delt ha­be (OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 07.03.2018 – 1 U 17/17, GRUR 2018, 742 Rn. 30; Köh­ler/​Fed­der­sen, in: Köh­ler/​Born­kamm/​Fed­der­sen, a. a. O., § 8 Rn. 2.33). Mit­hin hilft es dem Un­ter­neh­mens­in­ha­ber nicht, wenn er sei­ne Mit­ar­bei­ter an­ge­wie­sen hat, be­stimm­te un­zu­läs­si­ge Hand­lun­gen nicht vor­zu­neh­men( Münch­Komm-UWG/​Fritz­sche, a. a. O., § 8 Rn. 377).

So hält der BGH in sei­nem Be­schluss vom 04.04.2012 (I ZR 103/11, ju­ris Rn. 9) fest:

„Für die Haf­tung nach § 8 II UWG ist es un­er­heb­lich, wie die Be­tei­lig­ten ih­re Rechts­be­zie­hun­gen aus­ge­stal­tet ha­ben (vgl. für § 14 VII Mar­kenG: BGH, Urt. v. 07.10.2009 – I ZR 109/06, GRUR 2009, 1167 Rn. 21 = WRP 2009, 1520 – Part­ner­pro­gramm), ob der Be­auf­trag­te ge­gen den Wil­len des Un­ter­neh­mens­in­ha­bers sei­ne ver­trag­li­chen Be­fug­nis­se über­schrit­ten hat (vgl. BGH, Urt. v. 28.06.2007 – I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Rn. 23 = WRP 2008, 220 – Te­le­fon­ak­ti­on; Oh­ly, in: Pi­per/​Oh­ly/​Sos­nitza, UWG, 5. Aufl., § 8 Rn. 147; Köh­ler, in: Köh­ler/​Bom­kamm, UWG, 30. Aufl., § 8 Rn. 2.47) oder ob der Be­auf­trag­te oh­ne Wis­sen oder so­gar ge­gen den Wil­len des Un­ter­neh­mens­in­ha­bers ge­han­delt hat (vgl. für § 14 VII Mar­kenG: BGH, Urt. v. 07.10.2009 – I ZR 109/06, GRUR 2009, 1167 Rn. 21 – Part­ner­pro­gramm; Urt. v. 18.11.2010 – I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 54 = WRP 2011, 881 – Se­do; Har­te/​Hen­ning/​Berg­mann, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 254). Die Be­stim­mung in § 8 II UWG re­gelt viel­mehr den Un­ter­las­sungs­an­spruch ge­gen den Un­ter­neh­mens­in­ha­ber bei Zu­wi­der­hand­lun­gen sei­ner Mit­ar­bei­ter und Be­auf­trag­ten im Sin­ne ei­ner Er­folgs­haf­tung oh­ne jeg­li­che Ent­las­tungs­mög­lich­keit (vgl. zu § 13 IV UWG a.F.: BGH, Urt. v. 29.06.2000 – I ZR 29/98, GRUR 2000, 907, 909 = WRP 2000, 1258 – Fi­li­al­lei­ter­feh­ler; Urt. v. 07.04.2005 – I ZR 221/02, GRUR 2005, 864 = WRP 2005, 1248 – Meiß­ner De­kor II; zu § 8 II UWG: BGH, Urt. v. 28.10.2010 – I ZR 174/08, GRUR 2011, 543 Rn. 13 = WRP 2011, 749 – Än­de­rung der Vor­ein­stel­lung III; Te­plitz­ky, Wett­be­werbs­recht­li­che An­sprü­che und Ver­fah­ren, 10. Aufl., Kap. 14 Rn. 19; Oh­ly, in: Pi­per/​Oh­ly/​Sos­nitza, a. a. O., § 8 Rn. 143; Köh­ler, in: Köh­ler/​Born­kamm, a. a. O., § 8 Rn. 2.33; Lehm­ler, in: Bü­scher/​Ditt­mer/​Schi­wy, Ge­werb­li­cher Rechts­schutz · Ur­he­ber­recht · Me­di­en­recht, 2. Aufl., § 8 UWG Rn. 56; In­gerl/​Rohn­ke, Mar­ken­ge­setz, 3. Aufl., vor §§ 14–19 Rn. 43; Ha­cker, in: Strö­be­le/​Ha­cker, Mar­kenG, 10. Aufl., § 14 Rn. 552).“

Da der BGH bei ei­nem Un­ter­las­sungs­an­spruch bei Zu­wi­der­hand­lun­gen von Mit­ar­bei­tern und Be­auf­trag­ten ei­ne Er­folgs­haf­tung des Un­ter­neh­mens­in­ha­bers oh­ne jeg­li­che Ent­las­tungs­mög­lich­keit an­nimmt, kommt es in­so­weit nicht dar­auf an, dass die Zeu­gin M ge­gen aus­drück­li­che Wei­sun­gen ge­han­delt hat.

d) Ist es zu ei­nem Wett­be­werbs­ver­stoß, wie vor­lie­gend, ge­kom­men, strei­tet nach stän­di­ger Recht­spre­chung ei­ne tat­säch­li­che Ver­mu­tung für die Wie­der­ho­lungs­ge­fahr (nur bei­spiel­haft: BGH, Ver­säum­nis­urt. v. 26.10.2000 – I ZR 180/98, GRUR 2001 , 453, 455 – TCM-Cen­trum). An den Fort­fall der Wie­der­ho­lungs­ge­fahr sind stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len (BGH, Urt. v. 06.07.1954 – I ZR 38/53, BGHZ 14, 163, 167 f.). Die tat­säch­li­che Ver­mu­tung ist zwar wi­der­leg­lich (Köh­ler/​Fed­der­sen, in: Köh­ler/​Born­kamm/​Fed­der­sen, a. a. O., § 8 Rn. 1.44). Die­se Wi­der­le­gung ge­lingt im All­ge­mei­nen aber nur da­durch, dass der Ver­let­zer ei­ne be­din­gungs­lo­se und un­wi­der­ruf­li­che Un­ter­las­sungs­ver­pflich­tungs­er­klä­rung ab­gibt un­ter zu­sätz­li­cher Über­nah­me ei­ner an­ge­mes­se­nen Ver­trags­stra­fe für je­den Fall der Zu­wi­der­hand­lung (BGH, Urt. v. 15.03.1984 – I ZR 74/82, GRUR 1984, 593, 595 – adi­das-Sport­ar­ti­kel). Zu Recht geht die Recht­spre­chung seit je­her da­von aus, dass der blo­ße Weg­fall der Stö­rung, bei­spiels­wei­se die Än­de­rung der Wer­bung oder die Zu­sa­ge des Ver­let­zers, künf­tig von Wie­der­ho­lun­gen Ab­stand zu neh­men, für sich al­lein nicht aus­rei­chend sind (BGH, Urt. v. 06.03.1951 – I ZR 40/50, BGHZ 1, 241 , 248; Köh­ler/​Fed­der­sen, in: Köh­ler/​Born­kamm/​Fed­der­sen, a. a. O., § 8 Rn. 1.49 m. w. Nachw.).

Da der Klä­ger le­dig­lich ei­ne ein­zi­ge Zu­wi­der­hand­lung ge­gen das Ge­setz ge­gen den un­lau­te­ren Wett­be­werb (UWG) dar­le­gen und be­wei­sen muss, da­mit die Wie­der­ho­lungs­ge­fahr ver­mu­tet wird (vgl. Münch­Komm-UWG/​Fritz­sche, a. a. O., § 8 Rn. 47), kann die Be­klag­te die Wie­der­ho­lungs­ge­fahr auch nicht mit der Ar­gu­men­ta­ti­on aus dem Weg räu­men, es ha­be nur ein ein­zi­ger Ver­stoß vor­ge­le­gen.

Auch der even­tu­el­le Weg­fall der Prä­mie än­dert nichts dar­an, dass die Wie­der­ho­lungs­ge­fahr nicht ent­fällt, weil dann ei­ne Be­wer­bung mit ei­nem Ge­samt­preis un­ter Ab­zug der Um­welt­prä­mie nicht mehr er­fol­gen wer­de. Hier­bei wird ver­kannt, dass die­se auch der­zeit noch be­an­tragt wer­den kann und dass der Un­ter­las­sungs­ti­tel auch kern­glei­che Ver­stö­ße um­fasst.

3. Dem Klä­ger steht fer­ner ein An­spruch auf Er­satz der Ab­mahn­kos­ten in Hö­he von 374,50 € zu.

Dem Ab­mah­nen­den sind ge­mäß § 13 III UWG die er­for­der­li­chen Auf­wen­dun­gen zu er­set­zen. Als Ver­band zur För­de­rung ge­werb­li­cher In­ter­es­sen kann die Klä­ge­rin vom Be­klag­ten da­bei den an­tei­li­gen Er­satz der Per­so­nal- und Sach­kos­ten in Form ei­ner Kos­ten­pau­scha­le ver­lan­gen (vgl. Born­kamm/​Fed­der­sen, in: Köh­ler/​Born­kamm/​Fed­der­sen, UWG, 40. Aufl. [2022], § 13 Rn. 132).

Ei­ne Kos­ten­pau­scha­le in Hö­he von 374,50 € brut­to (= 350 € zzgl. 7 % MwSt.) ent­spricht ei­nem an­ge­mes­se­nen An­teil der er­for­der­li­chen Auf­wen­dun­gen des Klä­gers, auch wenn die Her­lei­tung und die Be­rech­nung im Tat­säch­li­chen von der Be­klag­ten be­strit­ten wer­den.

Der Klä­ger hat die ihm mo­men­tan durch ei­ne Ab­mah­nung ent­ste­hen­den tat­säch­li­chen Kos­ten mit durch­schnitt­lich 1.164,97 € (oh­ne Mehr­wert­steu­er) plau­si­bel her­ge­lei­tet und be­rech­net, wenn auch auf das Jahr 2020 be­zo­gen (ei­ne Be­rech­nung aus dem Zah­len­ma­te­ri­al für das Jahr 2022 ist der­zeit noch nicht mög­lich). Das Ge­richt schätzt die Kos­ten ge­mäß § 287 II ZPO. Der An­wen­dungs­be­reich die­ser Norm ist er­öff­net, weil der Auf­wand für die Er­mitt­lung der tat­säch­lich an­fal­len­den Kos­ten im Ver­hält­nis zur hier be­an­spruch­ten Hö­he der Auf­wen­dungs­er­satz­pau­scha­le in kei­nem Ver­hält­nis steht. Der Klä­ger hat Kos­ten dar­ge­legt und hier­von ei­nen ab­ge­run­de­ten Be­trag gel­tend ge­macht. Die ex­ak­te Auf­klä­rung wä­re hier un­ver­hält­nis­mä­ßig (vgl. LG Müns­ter, Urt. v. 02.08.2021 – 25 O 56/17, ju­ris Rn. 145). Die An­ge­mes­sen­heit der Hö­he der gel­tend ge­mach­ten Pau­scha­le schätzt das Ge­richt an­hand der an­der­wei­tig auf Schät­zung be­ru­hen­den zu­ge­spro­che­nen Pau­scha­len in an­de­ren Ur­tei­len der 5. Zi­vil­kam­mer (et­wa 5 O 552/22).

III. Die Kos­ten­ent­schei­dung stützt sich auf § 91 ZPO, …

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