Klagt der Lea­sing­ge­ber auf Her­aus­ga­be des Lea­sing­ge­gen­stands (hier: ei­nes Fahr­zeugs) und ist strei­tig, ob der Lea­sing­ver­trag be­en­det ist, so ist der Streit­wert ge­mäß § 48 I GKG zu be­mes­sen (ent­ge­gen OLG Mün­chen, Beschl. v. 11.03.2020 – 32 W 284/20, ju­ris).

OLG Hamm, Be­schluss vom 29.01.2021 – 30 W 10/20

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­lang­te von dem Be­klag­ten, mit dem sie ei­nen – aus ih­rer Sicht mitt­ler­wei­le be­en­de­ten – Lea­sing­ver­trag über ein Fahr­zeug ge­schlos­sen hat­te, die Her­aus­ga­be die­ses Fahr­zeug, des­sen Wert 14.632,48 € be­trug. Der Lea­sing­ver­trag hat­te ei­ne ur­sprüng­li­che Lauf­zeit von zwölf Mo­na­ten; der Be­klag­te hat­te je­doch das Recht, den Ver­trag durch Ab­ga­be ei­ner Op­ti­ons­er­klä­rung um bis zu 18 wei­te­re Mo­na­te zu ver­län­gern. Der Be­klag­te hat be­haup­tet, er ha­be die­se Ver­län­ge­rungs­op­ti­on recht­zei­tig aus­ge­übt, so­dass der Lea­sing­ver­trag über die ur­sprüng­li­chen zwölf Mo­na­te hin­aus fort­be­stan­den ha­be.

Das Land­ge­richt hat den Streit­wert mit Be­schluss vom 17.01.2020 auf 14.632,48 € (Wert des Fahr­zeugs) fest­ge­setzt. Mit sei­ner da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­schwer­de hat der Be­klag­te die Her­ab­set­zung des Streit­werts auf 1.377,84 € (= 12 mo­nat­li­che Lea­sing­ra­ten) be­gehrt. Er meint, dass in Fäl­len, in de­nen – wie hier – der Be­stand des Lea­sing­ver­trags in Streit ste­he, die Re­ge­lung des § 41 I GKG An­wen­dung fin­de.

Das Land­ge­richt hat der Be­schwer­de nicht ab­ge­hol­fen und zur Be­grün­dung im We­sent­li­chen aus­ge­führt, dass ei­ne Be­mes­sung des Streits nach § 41 I GKG nach dem ein­deu­ti­gen Wort­laut der Vor­schrift aus­schei­de. Da­nach müs­se das Be­ste­hen oder die Dau­er ei­nes Miet­ver­hält­nis­ses, ei­nes Pacht­ver­hält­nis­ses oder ei­nes ähn­li­chen Nut­zungs­ver­hält­nis­ses strei­tig sein. Zwar dürf­te ein Lea­sing­ver­trag ein „ähn­li­ches Nut­zungs­ver­hält­nis“ i. S. des § 41 I 1 GKG sein. Streit­ge­gen­stand sei hier je­doch ge­ra­de nicht das Be­ste­hen oder die Dau­er die­ses Ver­hält­nis­ses, son­dern viel­mehr ein Her­aus­ga­be­an­spruch der Klä­ge­rin. Ob die­ser be­ste­he, hän­ge zwar von der Vor­fra­ge ab, ob der zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­ne Lea­sing­ver­trag durch Zeit­ab­lauf be­en­det sei oder ob das nicht der Fall sei, weil der Be­klag­te sein Op­ti­ons­recht wirk­sam aus­ge­übt ha­be. § 41 I GKG sei je­doch nicht schon dann an­wend­bar, wenn (nur) ein aus ei­nem Nut­zungs­ver­hält­nis ab­ge­lei­te­ter ein­zel­ner An­spruch (hier: der Rück­ga­be­an­spruch des § 546 I BGB) gel­tend ge­macht wer­de und das Be­ste­hen oder die Dau­er des Nut­zungs­ver­hält­nis­ses selbst nicht Streit­ge­gen­stand sei. Vor die­sem Hin­ter­grund schlie­ße sich die Kam­mer der Auf­fas­sung des OLG Mün­chen (Beschl. v. 11.03.2020 – 32 W 284/20, ju­ris) an, wo­nach § 41 I GKG in ei­nem Fall wie dem vor­lie­gen­den nicht an­wend­bar sei.

Im wei­te­ren Ver­lauf hat­te die Be­schwer­de des Be­klag­ten Er­folg: Das OLG Hamm hat den Be­schluss des Land­ge­richts vom 17.01.2020 da­hin ab­ge­än­dert, dass der Streit­wert auf 1.377,84 € fest­ge­setzt wird, und die Rechts­be­schwer­de zu­ge­las­sen.

Aus den Grün­den: II. Die Be­schwer­de ist be­grün­det. Der Streit­wert ist ge­mäß § 41 I GKG auf den Wert des ein­jäh­ri­gen Ent­gelts für die Nut­zung des Lea­sing­fahr­zeugs fest­zu­set­zen.

Ent­ge­gen der An­sicht des Land­ge­richts ist der An­wen­dungs­be­reich des § 41 I GKG vor­lie­gend er­öff­net. Nach die­ser Re­ge­lung ist dann, wenn das Be­ste­hen oder die Dau­er ei­nes Miet-, Pacht- oder ähn­li­chen Nut­zungs­ver­hält­nis­ses strei­tig ist, der Be­trag des auf die strei­ti­ge Zeit ent­fal­len­den Ent­gelts und, wenn das ein­jäh­ri­ge Ent­gelt ge­rin­ger ist, die­ser Be­trag für die Wert­be­rech­nung maß­ge­bend. Bei dem hier vor­lie­gen­den Lea­sing­ver­trag han­delt es sich um ein „ähn­li­ches Nut­zungs­ver­hält­nis“ i. S. des § 41 I 1 GKG (vgl. BGH, Beschl. v. 26.08.2014 – VI­II ZR 335/13, ju­ris Rn. 18). Fer­ner ist das Be­ste­hen die­ses Nut­zungs­ver­hält­nis­ses strei­tig, denn der Be­klag­te hat sich ge­gen den von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­ten Her­aus­ga­be­an­spruch mit der Be­haup­tung ver­tei­digt, das Lea­sing­ver­hält­nis ha­be fort­be­stan­den.

Dass der Fort­be­stand des Lea­sing­ver­trags nicht al­lei­ni­ger Ge­gen­stand die­ses Rechts­streits, son­dern viel­mehr Vor­fra­ge ei­ner Her­aus­ga­be­kla­ge ist, steht nach Auf­fas­sung des Se­nats der An­wen­dung des § 41 I GKG nicht ent­ge­gen.

So setzt der Wort­laut des § 41 I 1 GKG nur vor­aus, dass Streit über das Be­ste­hen oder die Dau­er ei­nes Nut­zungs­ver­hält­nis­ses vor­liegt. Dass ein sol­cher al­lei­ni­ger Ge­gen­stand des Rechts­streits sein muss – was den An­wen­dungs­be­reich des § 41 I GKG letzt­lich auf rei­ne Fest­stel­lungs­kla­gen re­du­zie­ren wür­de – geht dar­aus hin­ge­gen nicht her­vor (so aber OLG Mün­chen, Beschl. v. 11.03.2020 – 32 W 284/20, ju­ris Rn. 5; an­ders wohl noch OLG Mün­chen, Beschl. v. 26.03.2018 – 32 W 412/18, ju­ris Rn. 13 ff.). Auch in der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung wird – so­weit er­sicht­lich – nicht von ei­ner der­art ein­ge­schränk­ten Reich­wei­te des § 41 I GKG aus­ge­gan­gen (vgl. et­wa BGH, Beschl. v. 29.10.2008 – XII ZB 75/08, NJW-RR 2009, 156 Rn. 9, wo­nach sol­che Strei­tig­kei­ten [le­dig­lich] „re­gel­mä­ßig und ty­pi­scher­wei­se in Form von Fest­stel­lungs­kla­gen aus­ge­tra­gen“ wer­den; vgl. zur Un­er­heb­lich­keit der Kla­ge­art auch NK-GK/​Kur­pat, 2. Aufl. [2017], § 41 GKG Rn. 11).

Eben­so we­nig folgt nach Auf­fas­sung des Se­nats aus dem sys­te­ma­ti­schen Ver­gleich zu der Re­ge­lung in § 41 II GKG – an­ders als et­wa zu­letzt vom OLG Mün­chen in sei­ner Ent­schei­dung vom 11.03.2020 – 32 W 284/20, ju­ris Rn. 5 – ver­tre­ten –, dass der Ge­setz­ge­ber Her­aus­ga­be­kla­gen aus dem An­wen­dungs­be­reich des Ab­satz 1 her­aus­neh­men woll­te. Zwar trifft § 41 II GKG ei­ne Son­der­re­ge­lung für Strei­tig­kei­ten über die „Räu­mung ei­nes Grund­stü­ckes, Ge­bäu­des oder Ge­bäu­de­teils“, was zu­nächst dar­auf hin­deu­ten könn­te, dass der­ar­ti­ge Strei­tig­kei­ten nicht be­reits von Ab­satz 1 er­fasst sind. Ge­gen ei­ne sol­che Aus­le­gung spricht nach Auf­fas­sung des Se­nats je­doch die wei­te­re For­mu­lie­rung in Ab­satz 2, wo­nach „oh­ne Rück­sicht dar­auf, ob über das Be­ste­hen des Nut­zungs­ver­hält­nis­ses Streit be­steht, das für die Dau­er ei­nes Jah­res zu zah­len­de Ent­gelt“ maß­ge­bend ist. Aus die­sem Halb­satz lässt sich viel­mehr schlie­ßen, dass nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers § 41 I GKG auch Her­aus­ga­be­kla­gen er­fas­sen soll; an­de­ren­falls hät­te es die­sen Halb­sat­zes näm­lich nicht be­durft. Die Er­wei­te­rung des Ab­sat­zes 2 von § 41 GKG be­steht al­so nicht dar­in, dass ab­wei­chend von Ab­satz 1 die Vor­schrift un­ter be­stimm­ten Fäl­len auch auf Her­aus­ga­be­kla­gen An­wen­dung fin­den soll, son­dern viel­mehr dar­in, dass die grund­sätz­li­che An­wend­bar­keit auch auf Her­aus­ga­be­kla­gen für sol­che, die Grund­stü­cke, Ge­bäu­de oder Ge­bäu­de­tei­le be­tref­fen, da­hin ge­hend er­wei­tert wird, dass ein Streit über das Be­ste­hen ei­nes Nut­zungs­ver­hält­nis­ses nicht wei­te­re Vor­aus­set­zung für die An­wend­bar­keit ist. Für ein sol­ches Ver­ständ­nis spricht wei­ter­hin die Ver­wei­sung in Ab­satz 2 auf Ab­satz 1 („wenn sich nicht aus Ab­satz 1 ein ge­rin­ge­rer Streit­wert er­gibt“); denn ein ge­rin­ge­rer Streit­wert nach Ab­satz 1 kann sich nur dann für sol­che Her­aus­ga­be­kla­gen er­ge­ben, wenn Ab­satz 1 über­haupt auf die­se Kla­ge­art auch an­wend­bar ist.

Fer­ner ste­hen auch te­leo­lo­gi­sche Er­wä­gun­gen der An­wen­dung des Ab­satz 1 auf Her­aus­ga­be­kla­gen nicht ent­ge­gen. Wie die Vor­gän­ger­vor­schrift des § 16 GKG a.F. ent­hält § 41 GKG in den Ab­sät­zen 1, 2 und 5 aus so­zia­len Grün­den Re­ge­lun­gen zur Be­gren­zung der Hö­he des Ge­büh­ren­streit­werts. Ziel die­ser Be­gren­zung ist es, Mie­ter nicht durch ho­he Ge­richts­ge­büh­ren da­von ab­zu­hal­ten, das Be­ste­hen oder die Dau­er ei­nes Miet­ver­hält­nis­ses oder et­wa die Be­rech­ti­gung ei­ner Räu­mung der bis­her ge­nutz­ten Woh­nung ge­richt­lich prü­fen zu las­sen (BT-Drs. 15/1971, S. 154; vgl. OLG Mün­chen, Beschl. v. 26.03.2018 – 32 W 412/18, ju­ris Rn. 10). Der Se­nat ver­kennt nicht, dass die­se Er­wä­gun­gen auf ent­gelt­li­che Nut­zungs­ver­hält­nis­se über be­weg­li­che Sa­chen nicht im glei­chen Ma­ße An­wen­dung fin­den. So kann, an­ders als bei der Mie­te von Grund­stü­cken, et­wa beim Lea­sing von be­weg­li­chen Ge­gen­stän­den nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Zu­grun­de­le­gung des Werts des Lea­sing­ge­gen­stands re­gel­mä­ßig zu ho­hen Ge­richts­ge­büh­ren führt, die den Lea­sing­neh­mer da­von ab­hal­ten, die Be­rech­ti­gung des Her­aus­ga­be­ver­lan­gens des Lea­sing­ge­bers ge­richt­lich über­prü­fen zu las­sen (vgl. OLG Mün­chen, Beschl. v. 26.03.2018 – 32 W 412/18, ju­ris Rn. 12). Je­doch hat der Ge­setz­ge­ber in § 41 I GKG die Grund­ent­schei­dung ge­trof­fen, auch bei be­weg­li­chen Sa­chen Strei­tig­kei­ten über ent­gelt­li­che Nut­zungs­ver­hält­nis­se ge­büh­ren­recht­lich zu be­güns­ti­gen. Dass die­ses Pri­vi­leg nur für (rei­ne) Fest­stel­lungs­kla­gen gel­ten soll, ist – wie be­reits aus­ge­führt – nicht er­sicht­lich. Da­ge­gen spricht auch, dass es dann vom Zu­fall ab­hin­ge, wel­che Par­tei mit wel­chem In­halt Kla­ge er­hö­be, ob die Ver­güns­ti­gung des § 41 I GKG An­wen­dung fän­de oder nicht. Bei ei­ner Her­aus­ga­be­kla­ge des Lea­sing­ge­bers/​Ver­mie­ters ei­ner Sa­che grif­fe die Ver­güns­ti­gung nicht, bei ei­ner von ihm oder dem Lea­sing­neh­mer/Mie­ter er­ho­be­nen Fest­stel­lung­kla­ge, ge­rich­tet auf das Be­ste­hen oder Nicht­be­ste­hen ei­nes Nut­zungs­ver­hält­nis­ses, hin­ge­gen grif­fe sie.

Nichts an­de­res er­gibt sich schließ­lich aus dem Um­stand, dass – wie das OLG Mün­chen in sei­ner neue­ren Ent­schei­dung (Beschl. v. 11.03.2020 – 32 W 284/20, ju­ris Rn. 6) kri­ti­siert – bei der An­wen­dung des § 41 I GKG ein un­ter­schied­li­cher Streit­wert für Her­aus­ga­be­kla­gen maß­ge­bend sein kann, je nach­dem, ob das (Fort-) Be­ste­hen ei­nes zu­grun­de lie­gen­den Nut­zungs­ver­hält­nis­ses strei­tig ist oder nicht. Denn die­se un­ter­schied­li­che Be­hand­lung liegt dar­in be­grün­det, dass die Pri­vi­le­gie­rung des § 41 I GKG ge­ra­de an ei­nen Streit über den Be­stand oder die Dau­er ei­nes Nut­zungs­ver­hält­nis­ses an­knüpft.

III. Die Rechts­be­schwer­de ist zu­zu­las­sen (§ 574 II, III 1 ZPO). Im Hin­blick auf die ent­ge­gen­ste­hen­de Ent­schei­dung des OLG Mün­chen (Beschl. v. 11.03.2020 – 32 W 284/20, ju­ris) zu § 41 I GKG ist ei­ne Ent­schei­dung des Re­vi­si­ons­ge­richts zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung er­for­der­lich.

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