Ei­ne Ver­ein­ba­rung, wo­nach der Käu­fer ei­nes Neu­wa­gens von dem Ver­käu­fer ei­ne in Hö­he der Um­satz­steu­er ge­leis­te­te Kau­ti­on zu­rück­er­hält, „so­bald das Fi­nanz­amt ei­ner Aus­zah­lung zu­stimmt“, ist da­hin aus­zu­le­gen, dass der An­spruch auf Rück­zah­lung der Kau­ti­on fäl­lig wird, so­bald das für den Ver­käu­fer zu­stän­di­ge Fi­nanz­amt be­stä­tigt hat, dass die Fahr­zeu­glie­fe­rung um­satz­steu­er­frei ist. Es ist Sa­che des Ver­käu­fers als Steu­er­schuld­ner, ei­ne ent­spre­chen­de Be­stä­ti­gung zu er­lan­gen.

AG Nor­der­stedt, Ur­teil vom 26.08.2019 – 49 C 143/18

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt von der be­klag­ten Kfz-Händ­le­rin, von der er ein Fahr­zeug er­wor­ben hat, die Rück­zah­lung ei­ner Kau­ti­on in Hö­he der Um­satz­steu­er.

An­fang 2016 er­warb der Klä­ger, der sei­nen Wohn­sitz sei­ner­zeit in Frank­reich hat­te, von der in Nor­der­stedt (Deutsch­land) an­säs­si­gen Be­klag­ten ei­nen Pkw ŠKO­DA Oc­ta­via. Der Kauf­preis be­trug ins­ge­samt 17.619,33 € net­to; zu­sätz­lich wur­den dem Klä­ger un­ter dem 29.01.2016 die Um­satz­steu­er (3.347,67 €) so­wie die Kos­ten für ei­ne Ga­ran­tie­ver­län­ge­rung (976 €) und für ei­ne „Ex­port­zu­las­sung“ (283 €) – ins­ge­samt 22.226 € brut­to – in Rech­nung ge­stellt.

Vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags hat­te der Klä­ger der Be­klag­ten mit­ge­teilt, dass er das Fahr­zeug in Deutsch­land in Emp­fang neh­men und so­dann dau­er­haft nach Frank­reich ver­brin­gen wol­le. Au­ßer­dem hat­te er die Be­klag­te dar­über in­for­miert, dass er der Eu­ro­päi­schen Or­ga­ni­sa­ti­on für Kern­for­schung (CERN) an­ge­hö­re. Da die Par­tei­en vor die­sem Hin­ter­grund da­von aus­gin­gen, dass die Fahr­zeu­glie­fe­rung um­satz­steu­er­frei sei, ver­ein­bar­ten sie, dass der Klä­ger ei­ne Kau­ti­on in Hö­he der Um­satz­steu­er an die Be­klag­te zahlt. In der Rech­nung vom 29.01.2016 heißt es dies­be­züg­lich:

„Die MwSt. wird zu­rück­er­stat­tet, so­bald die Zu­las­sung in Frank­reich nach­ge­wie­sen wur­de, die Hal­te­dau­er ein­ge­hal­ten wur­de und das Fi­nanz­amt B. ei­ner Aus­zah­lung zu­stimmt.“

Der Klä­ger über­wies nach­fol­gend, noch vor Über­ga­be des Fahr­zeugs, zum ei­nen (22.226 € − 3.347,67 € =) 18.878,33 € und zum an­de­ren – se­pa­rat und mit dem Ver­wen­dungs­zweck „Zah­lung als Kau­ti­on“ – 3.347,67 € an die Be­klag­te.

Nach­dem der ŠKO­DA Oc­ta­via dem Klä­ger am 13.02.2016 in Nor­der­stedt über­ge­ben wor­den war und er den Pkw dau­er­haft nach Frank­reich ver­bracht hat­te, über­sand­te der Klä­ger der Be­klag­ten erst­mals un­ter dem 28.06.2016 ei­ne Ko­pie der fran­zö­si­schen Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung („cer­ti­fi­cat d'im­ma­tri­cu­la­ti­on“).

Die Be­klag­te wei­ger­te sich in der Fol­ge­zeit, dem Klä­ger die Kau­ti­on in Hö­he von 3.347,67 € zu­rück­zu­zah­len. Sie teil­te dem Klä­ger mit E-Mail vom 17.01.2017 mit, dass sie „von hier nichts wei­ter un­ter­neh­men“ kön­ne. Nach­dem der spä­te­re Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te des Klä­gers die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 02.11.2017 zur Rück­zah­lung der Kau­ti­on auf­ge­for­dert hat­te, mach­te die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 20.11.2017 gel­tend, dass ihr das Fi­nanz­amt B. ei­nen „ne­ga­ti­ven Be­scheid“ des In­halts er­teilt ha­be, dass die Fahr­zeu­glie­fe­rung an den Klä­ger der Um­satz­steu­er un­ter­lie­ge. Dem lag zu­grun­de, dass das Fi­nanz­amt B. der Be­klag­ten un­ter dem 20.01.2016 mit­ge­teilt hat­te, was grund­sätz­lich „[f]ür die Ge­wäh­rung der Steu­er­frei­heit nach § 4 Nr. 7 d UStG […] zu be­ach­ten“ ist, und zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt er­gän­zend an­ge­merkt hat­te, dass „die Steu­er­be­frei­ung nach § 4 Nr. 7 a–d UStG nicht für die Lie­fe­rung neu­er Fahr­zeu­ge gilt“. Zu­gleich hat­te das Fi­nanz­amt dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es den ihm von der Be­klag­ten un­ter­brei­te­ten Sach­ver­halt „nur im Ver­an­la­gungs­ver­fah­ren oder wäh­rend ei­ner Au­ßen­prü­fung“ prü­fen wer­de, und die Be­klag­te an ih­ren Steu­er­be­ra­ter ver­wie­sen. Dar­auf wies der spä­te­re Pro­zess­be­voll­mäch­ti­ge des Klä­gers die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 28.12.2017 hin und for­der­te sie er­neut – er­folg­los – zur Rück­zah­lung der Kau­ti­on auf.

Die Be­klag­te hat sich ge­gen die Kla­ge mit der Be­haup­tung ver­tei­digt, der Klä­ger ha­be ihr ge­gen­über vor Ab­schluss des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags er­klärt, dass er über ei­nen Di­plo­ma­ten­sta­tus ver­fü­ge, der zur Um­satz­steu­er­frei­heit des Pkw-Kaufs füh­re. Tat­säch­lich aber – so hat die Be­klag­te gel­tend ge­macht – ha­be ein sol­cher Di­plo­ma­ten­sta­tus nicht vor­ge­le­gen. Sie, die Be­klag­te, ha­be den Klä­ger vor Ver­trags­schluss dar­auf hin­ge­wie­sen, dass sie auf­grund schlech­ter Er­fah­run­gen in der Ver­gan­gen­heit grund­sätz­lich kei­ne Ex­port­ver­käu­fe mehr an­bie­te. Dar­über hin­aus hat die Be­klag­te gel­tend ge­macht, der Klä­ger ha­be nicht al­le er­for­der­li­chen Un­ter­la­gen für die In­an­spruch­nah­me ei­ner Steu­er­be­frei­ung nach § 4 Nr. 1 lit. b UStG i. V. mit § 6a UStG (in­ner­ge­mein­schaft­li­che Lie­fe­rung) ein­ge­reicht.

Die Um­satz­steu­er in Hö­he von 3.347,67 € hat die Be­klag­te an den Fis­kus ab­ge­führt. Nach Zu­stel­lung der Kla­ge­schrift hat sie sich nach ih­rem Vor­trag mit dem Fi­nanz­amt B. we­gen ei­ner Um­satz­steu­er­be­frei­ung in Ver­bin­dung ge­setzt; über das Er­geb­nis ist nichts be­kannt.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die Kla­ge ist zu­läs­sig. Die ört­li­che Zu­stän­dig­keit des AG Nor­der­stedt für die­sen Rechts­streit ge­gen die Be­klag­te, die in Nor­der­stedt ih­ren Sitz hat, folgt aus §§ 12, 17 I ZPO, §§ 4 I, 63 I Eu­GV­VO n.F.

II. Die Kla­ge ist be­grün­det. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Zah­lung von 3.347,67 € aus der ver­trag­li­chen Ab­re­de der Par­tei­en hin­sicht­lich der Rück­zah­lung der als Kau­ti­on ge­zahl­ten Um­satz­steu­er, da die­se Ab­re­de Teil des zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags ge­mäß §§ 433, 311 I BGB ge­wor­den ist und da die Vor­aus­set­zun­gen für die Rück­zah­lungs­pflicht der Be­klag­ten er­füllt sind.

Die Par­tei­en tra­fen aus­weis­lich der Rech­nung vom 29.01.2016 die Ver­ein­ba­rung, dass die als Kau­ti­on ge­zahl­te Um­satz­steu­er von der Be­klag­ten an den Klä­ger zu­rück­er­stat­tet wird,

„so­bald die Zu­las­sung in Frank­reich nach­ge­wie­sen wur­de, die Hal­te­dau­er ein­ge­hal­ten wur­de und das Fi­nanz­amt B. ei­ner Aus­zah­lung zu­stimmt.“

Die­se Ver­ein­ba­rung ist nach dem ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont ge­mäß §§ 133, 157 BGB da­hin ge­hend aus­zu­le­gen, dass der Klä­ger al­le für die Um­satz­steu­er­frei­heit er­for­der­li­chen Nach­wei­se an die Be­klag­te zu lei­ten hat, wo­für die Zu­sen­dung ei­nes Nach­wei­ses über die Zu­las­sung in Frank­reich aus­reicht, und dass ein po­si­ti­ver Be­scheid des Fi­nanz­amts B. hin­sicht­lich der Um­satz­steu­er­frei­heit er­ge­hen muss, was je­doch vor­aus­setzt, dass die Be­klag­te ih­ren Mit­wir­kungs­pflich­ten ge­gen­über dem Fi­nanz­amt B. in die­ser An­ge­le­gen­heit hin­rei­chend nach­kommt.

1. Der wört­li­che Teil der Ver­ein­ba­rung, dass der Klä­ger die Zu­las­sung in Frank­reich nach­zu­wei­sen hat, ist nach dem Sinn und Zweck der Ver­ein­ba­rung weit da­hin ge­hend aus­zu­le­gen, dass der Klä­ger ver­pflich­tet ist, al­le für die er­folg­rei­che Be­an­tra­gung der Um­satz­steu­er­frei­heit durch die Be­klag­te bei dem Fi­nanz­amt er­for­der­li­chen Un­ter­la­gen an die Be­klag­te zu lei­ten, die in der Sphä­re des Klä­gers lie­gen und nicht in der­je­ni­gen der Be­klag­ten. Von der Ver­ein­ba­rung kön­nen da­her auch wei­te­re Do­ku­men­te über den Nach­weis der Zu­las­sung in Frank­reich hin­aus er­fasst sein. Ge­schul­det ist sei­tens des Klä­gers hin­ge­gen kein Tä­tig­wer­den ge­gen­über dem Fi­nanz­amt B., da die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Fi­nanz­amt in der Sphä­re der Be­klag­ten als Steu­er­schuld­ne­rin liegt. Ge­gen­über der Be­klag­ten hat der Klä­ger die Zu­las­sung in Frank­reich durch Zu­sen­dung der ent­spre­chen­den Ko­pie der fran­zö­si­schen Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung („cer­ti­fi­cat d'im­ma­tri­cu­la­ti­on“) am 28.06.2016 er­füllt.

2. Ent­ge­gen der wei­tern wört­li­chen Ver­ein­ba­rung, dass ei­ne Zu­stim­mung des Fi­nanz­amts B. Vor­aus­set­zung für den Rück­zah­lungs­an­spruch sei, er­gibt die Aus­le­gung nach §§ 133, 157 BGB, dass ei­ne Be­stä­ti­gung der Um­satz­steu­er­frei­heit durch das Fi­nanz­amt B. er­for­der­lich ist, was Mit­wir­kungs­pflich­ten der Be­klag­ten als Teil der Ver­ein­ba­rung mit sich bringt.

a) Nach dem ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont konn­te nicht von ei­ner Zu­stim­mung des Fi­nanz­amts B. der­ge­stalt aus­ge­gan­gen wer­den, dass die­ses sich im Hin­blick auf das Ver­trags­ver­hält­nis zwi­schen den hie­si­gen Par­tei­en, ins­be­son­de­re auf ei­ne Rück­zah­lung der Kau­ti­on durch die Be­klag­te an den Klä­ger, er­klärt. Ei­nem ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger wä­re be­wusst ge­we­sen, dass das Fi­nanz­amt le­dig­lich über die Steu­er­schuld der Be­klag­ten als Steu­er­schuld­ne­rin mit die­ser kom­mu­ni­ziert, nicht hin­ge­gen über et­wai­ge pri­vat­recht­li­che Ver­pflich­tun­gen der Be­klag­ten Drit­ten ge­gen­über, die aus der et­wai­gen An­er­ken­nung der Um­satz­steu­er­frei­heit ei­nes Ge­schäfts re­sul­tie­ren wür­den. Da es den Par­tei­en bei der Ver­ein­ba­rung auf die Um­satz­steu­er­frei­heit an­kam, er­gibt die Aus­le­gung, dass sie kei­ne aus­drück­li­che Zu­stim­mung des Fi­nanz­amts, son­dern ei­ne Be­stä­ti­gung der Um­satz­steu­er­frei­heit durch das Fi­nanz­amt mein­ten.

b) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klä­gers ge­nüg­te es nach der Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en nicht, dass der Pkw-Ver­kauf recht­lich als steu­er­frei an­zu­se­hen ist, son­dern es kam den Par­tei­en dar­auf an, dass das Fi­nanz­amt B. zu die­ser An­sicht ge­langt und dies ge­gen­über der Be­klag­ten zum Aus­druck bringt. Denn nach der Ver­ein­ba­rung soll­te die Be­klag­te nicht die Kau­ti­on an den Klä­ger zu­rück­zah­len müs­sen, wenn sie die Um­satz­steu­er an das Fi­nanz­amt zah­len muss. Des­halb kam es den Par­tei­en auf ei­ne Be­stä­ti­gung der Um­satz­steu­er­frei­heit durch das Fi­nanz­amt B. an.

c) Ei­ne sol­che Be­stä­ti­gung der Um­satz­steu­er­frei­heit durch das Fi­nanz­amt liegt hier zwar un­strei­tig nicht vor, doch er­wach­sen aus der Ver­ein­ba­rung auch Mit­wir­kungs­pflich­ten der Be­klag­ten, die die­se vor­lie­gend nicht er­füllt hat. Nur der Be­klag­ten war es mög­lich, die Um­satz­steu­er­frei­heit ge­gen­über dem Fi­nanz­amt gel­tend zu ma­chen. Dem Klä­ger hin­ge­gen war dies nicht mög­lich, da es ei­ne Steu­er­schuld der Be­klag­ten be­trifft und das Fi­nanz­amt hier­über nicht mit dem Klä­ger kom­mu­ni­ziert hät­te. Es wä­re da­her von der Be­klag­ten treu­wid­rig (§ 242 BGB) im Ver­hält­nis zum Klä­ger als Ver­trags­part­ner der Ver­ein­ba­rung, sich nicht durch sach­ge­mä­ße, al­so kor­rek­te, voll­stän­di­ge und recht­zei­ti­ge Be­an­tra­gung ge­gen­über dem Fi­nanz­amt dar­um zu be­mü­hen, ei­ne Be­stä­ti­gung der Um­satz­steu­er­frei­heit durch das Fi­nanz­amt her­bei­zu­füh­ren, sei es durch ei­nen ent­spre­chen­den Steu­er­be­scheid oder aber durch ein ge­son­der­tes Schrift­stück des Fi­nanz­amts.

d) Die­sen Mit­wir­kungs­pflich­ten ist die Be­klag­te je­doch nicht hin­rei­chend nach­ge­kom­men.

An­ders als nach der un­zu­tref­fen­den Auf­fas­sung der Be­klag­ten fehl­ten kei­ne Do­ku­men­te sei­tens des Klä­gers, um die Um­satz­steu­er­frei­heit ge­gen­über dem Fi­nanz­amt gel­tend zu ma­chen. Die Be­klag­te hat von dem Klä­ger vor­pro­zes­su­al kei­ne wei­te­ren Un­ter­la­gen als den er­brach­ten Nach­weis über die Zu­las­sung in Frank­reich ver­langt. Zu­dem lie­gen der Be­klag­ten al­le re­le­van­ten Do­ku­men­te des Klä­gers vor. Die ein­zi­ge nicht of­fen­sicht­lich er­füll­te Vor­aus­set­zung des § 17a USt­DV, näm­lich dass der Klä­ger das Fahr­zeug in das üb­ri­ge Ge­mein­schafts­ge­biet, vor­lie­gend nach Frank­reich, be­för­dert hat, hat der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten hin­rei­chend be­legt. Hier­für ge­nüg­te ge­mäß § 17a III 1 Nr. 5 USt­DV die Be­schei­ni­gung über die Zu­las­sung in Frank­reich, wel­che der Klä­ger der Be­klag­ten im Ju­ni 2016 als Ko­pie über­sand­te. Denn nach der ge­nann­ten Vor­schrift ge­nügt bei der Lie­fe­rung von Fahr­zeu­gen, die durch den Ab­neh­mer be­för­dert wer­den und für die ei­ne Zu­las­sung für den Stra­ßen­ver­kehr er­for­der­lich ist, ein Nach­weis über die Zu­las­sung des Fahr­zeugs auf den Er­wer­ber im Be­stim­mungs­mit­glied­staat der Lie­fe­rung. Die­se Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung er­setzt als Al­ter­na­ti­ve die Ge­lan­gens­be­stä­ti­gung (Bun­jes/Ro­bisch, UStG, 18. Aufl. [2019], § 6a Rn. 65j).

Die Be­klag­te durf­te auch an­hand der vom Fi­nanz­amt er­hal­te­nen In­for­ma­tio­nen nicht an­neh­men, ih­ren Mit­wir­kungs­pflich­ten be­reits hin­rei­chend nach­ge­kom­men zu sein, da wei­te­re Be­mü­hun­gen oh­ne­hin auf­grund ei­ner et­wai­gen ab­leh­nen­den Hal­tung des Fi­nanz­amts schei­tern könn­ten. Das Fi­nanz­amt hat­te le­dig­lich ge­ne­rel­le Aus­füh­run­gen zu den Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Um­satz­steu­er­frei­heit nach § 4 Nr. 7 lit. d UStG ge­macht und mit­ge­teilt, dass es den von der Be­klag­ten un­ter­brei­te­ten Sach­ver­halt ma­te­ri­ell-recht­lich „nur im Ver­an­la­gungs­ver­fah­ren oder wäh­rend ei­ner Au­ßen­prü­fung“ prü­fen wer­de (vgl. An­la­ge K 4). Ei­ne ab­leh­nen­de Hal­tung oder gar end­gül­ti­ge Ab­leh­nung ei­ner Um­satz­steu­er­frei­heit ist hier­aus nicht zu ent­neh­men. Auch aus dem wei­ter in An­la­ge K 4 ge­nann­ten Hin­weis des Fi­nanz­amts, dass ei­ne Steu­er­be­frei­ung nach § 4 Nr. 7 lit. a–d UStG nicht für die Lie­fe­rung neu­er Fahr­zeu­ge gel­te und dass es sich bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug um ein neu­es Fahr­zeug han­de­le, ließ sich aus der ob­jek­ti­ven Sicht der Be­klag­ten nicht ab­lei­ten, die Mit­wir­kungs­pflicht be­reits hin­rei­chend er­füllt zu ha­ben. Der Hin­weis galt le­dig­lich be­züg­lich des ei­nen Tat­be­stands für die mög­li­che Um­satz­steu­er­frei­heit.

Un­er­heb­lich ist, ob die Be­klag­te den Klä­ger vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags dar­auf hin­ge­wie­sen hat, auf­grund schlech­ter Er­fah­run­gen in der Ver­gan­gen­heit grund­sätz­lich kei­ne Ex­port­ver­käu­fe mehr an­zu­bie­ten. Je­den­falls schloss die Be­klag­te den Kauf­ver­trag mit dem Klä­ger in Kennt­nis des­sen ab, dass die­ser das Fahr­zeug so­dann nach Frank­reich ver­brin­gen wer­de. Fer­ner ent­hielt die Rech­nung ei­ne Po­si­ti­on für ei­ne „Ex­port­zu­las­sung“.

e) Der Ver­stoß der Be­klag­ten ge­gen ih­re Mit­wir­kungs­pflich­ten war auch ur­säch­lich da­für, dass kei­ne Be­stä­ti­gung durch das Fi­nanz­amt B. er­teilt wur­de.

Bei der Über­prü­fung der Ur­säch­lich­keit darf da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass das Fi­nanz­amt die Be­stä­ti­gung er­teilt, wenn recht­zei­tig al­le Un­ter­la­gen vor­lie­gen und der Vor­gang recht­lich als um­satz­steu­er­frei zu be­wer­ten ist.

Die Recht­zei­tig­keit liegt in der Ri­si­ko­sphä­re der Be­klag­ten. Die er­for­der­li­chen Un­ter­la­gen stan­den der Be­klag­ten recht­zei­tig zur Ver­fü­gung, da der Klä­ger der Be­klag­ten erst­mals am 28.06.2016 ei­ne Ko­pie der fran­zö­si­schen Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung („cer­ti­fi­cat d'im­ma­tri­cu­la­ti­on“) über­sand­te.

Recht­lich ist der vor­lie­gen­de Pkw-Ver­kauf als um­satz­steu­er­frei ein­zu­stu­fen. Die Rechts­grund­la­ge der Um­satz­steu­er­frei­heit bil­den § 4 Nr. 1 lit. b UStG i. V. mit § 6a I 1 UStG. Da­nach sind von den un­ter § 1 I Nr. 1 UStG fal­len­den Um­sät­zen die in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­run­gen steu­er­frei, wenn (1.) der Un­ter­neh­mer oder der Ab­neh­mer den Ge­gen­stand der Lie­fe­rung in das üb­ri­ge Ge­mein­schafts­ge­biet be­för­dert oder ver­sen­det hat, (2.) es sich um die Lie­fe­rung ei­nes neu­en Fahr­zeugs han­delt (§ 6a I 1 Nr. 2 lit. c UStG)1Bei ei­ner – ge­mäß § 4 Nr. 1 lit. b UStG steu­er­frei­en – in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­rung (§ 6a UStG muss der Ge­gen­stand der Lie­fe­rung kein neu­es Fahr­zeug sein. Die vom Amts­ge­richt zi­tier­te Vor­schrift (§ 6a I 1 Nr. 2 lit. c UStG) be­stimmt le­dig­lich, dass „bei der Lie­fe­rung ei­nes neu­en Fahr­zeugs“ der Ab­neh­mer „je­der an­de­re Er­wer­ber“ sein darf, es sich al­so ins­be­son­de­re nicht um ei­nen Un­ter­neh­mer han­deln muss. und (3.) der Er­werb des Ge­gen­stan­des der Lie­fe­rung beim Ab­neh­mer in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat den Vor­schrif­ten der Um­satz­be­steue­rung un­ter­liegt. Vor­lie­gend sind die­se Vor­aus­set­zun­gen er­füllt, da es sich um ein neu­es Fahr­zeug han­del­te, das der Klä­ger als Ab­neh­mer nach Frank­reich ver­brach­te, wo es der Um­satz­be­steue­rung un­ter­lag. Letz­te­res er­gibt sich aus Art. 2 I lit. b Zif­fer ii der Richt­li­nie 2006/112/EG, wo­nach die Um­satz­steu­er beim Er­werb ei­nes neu­en Fahr­zeugs beim Er­wer­ber an­fällt, so­mit nach der Um­satz­be­steue­rung des Mit­glied­staats des Er­wer­bers.

Die CERN-Mit­glied­schaft des Klä­gers und ein et­wai­ger Di­plo­ma­ten­sta­tus des Klä­gers sind da­her un­er­heb­lich, da un­ge­ach­tet des­sen be­reits ei­ne Um­satz­steu­er­frei­heit vor­liegt.

Die Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en lässt auch we­der wört­lich noch nach den Um­stän­den er­ken­nen, dass die Um­satz­steu­er­frei­heit von den Par­tei­en nur un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­nes et­wai­gen Di­plo­ma­ten­sta­tus des Klä­gers an­ge­strebt war. Al­lein dem Um­stand, dass die Ver­ein­ba­rung den As­pekt der Ein­hal­tung der Hal­te­dau­er auf­weist, lässt sich dies nicht ent­neh­men. Viel­mehr war bei­den Par­tei­en be­kannt, dass das neue Fahr­zeug nach Frank­reich ver­bracht wer­den soll­te. Be­reits aus die­sem Grund muss­te auch für die Be­klag­te, die mit Kraft­fahr­zeu­gen han­delt, er­sicht­lich sein, dass die Kon­stel­la­ti­on ei­ner ex­port­be­ding­ten Um­satz­steu­er­frei­heit in Be­tracht kommt. In der E-Mail vom 06.01.2016 brach­te der Klä­ger fer­ner vor Ver­trags­schluss ge­gen­über der Be­klag­ten zum Aus­druck, dass er die CERN-Mit­glied­schaft hin­sicht­lich der Um­satz­steu­er­frei­heit nicht für re­le­vant hal­te, da es le­dig­lich auf die Zu­las­sung in Frank­reich an­kom­me. Dem­nach wä­re bei hin­rei­chen­der Mit­wir­kung der Be­klag­ten ei­ne Be­stä­ti­gung der Um­satz­steu­er­frei­heit durch das Fi­nanz­amt er­teilt wor­den.

f) Die Be­klag­te ver­wei­ger­te die Rück­zah­lung der als Kau­ti­on ge­zahl­ten Um­satz­steu­er, in­dem sie in der E-Mail vom 17.01.2017 ge­gen­über dem Klä­ger er­klär­te, im Hin­blick auf das Fi­nanz­amt B. und die Kau­ti­on in Hö­he der Um­satz­steu­er „von hier nichts wei­ter un­ter­neh­men“ zu kön­nen. Durch die Wei­ge­rung der Be­klag­ten, wei­ter hin­sicht­lich ei­ner Be­an­tra­gung der Um­satz­steu­er­frei­heit tä­tig zu wer­den, lös­te die Be­klag­te die Rück­zah­lungs­pflicht ge­gen­über dem Klä­ger aus. Dem steht nicht – et­wa im We­ge ei­ner feh­len­den Fäl­lig­keit – ent­ge­gen, dass die Be­klag­te nun­mehr wäh­rend des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens noch­mals zu dem Fi­nanz­amt Kon­takt auf­nahm, um ei­ne Um­satz­steu­er­frei­heit zu be­wir­ken. Die vor­he­ri­ge Wei­ge­rung war als end­gül­tig zum Aus­druck ge­bracht. Zu­dem ist in­zwi­schen Zeit ver­stri­chen. Ob die Be­klag­te nun­mehr an­ge­sichts et­wai­ger Fris­ten noch ei­ne Um­satz­steu­er­frei­heit er­rei­chen kann, liegt we­gen des vor­he­ri­gen Ver­sto­ßes ge­gen die Mit­wir­kungs­pflich­ten nicht im Ri­si­ko­be­reich des Klä­gers. Auch dass auf­grund des Ver­sto­ßes ge­gen die Mit­wir­kungs­pflich­ten mög­li­cher­wei­se im Er­geb­nis ei­ne Rück­zah­lung an den Klä­ger er­folgt, ob­wohl die Be­klag­te kei­ne Um­satz­steu­er­be­frei­ung mehr er­reicht, liegt im Ri­si­ko­be­reich der Be­klag­ten. Die Ver­ein­ba­rung ist nicht da­hin ge­hend aus­zu­le­gen, dass nur bei ei­ner tat­säch­li­chen Er­stat­tung durch das Fi­nanz­amt ei­ne Rück­zah­lung er­fol­gen soll­te, son­dern die Aus­le­gung er­gibt das oben be­reits Aus­ge­führ­te.

3. Hin­sicht­lich des Ein­hal­tens ei­ner Hal­te­dau­er ist die Ver­ein­ba­rung nach de­ren Sinn und Zweck da­hin ge­hend nach §§ 133, 157 BGB aus­zu­le­gen, dass vor­lie­gend kei­ne be­stimm­te Hal­te­dau­er ein­zu­hal­ten ist und dies­be­züg­lich auch kei­ne Nach­wei­se sei­tens des Klä­gers zu er­brin­gen sind. Ziel der Par­tei­en war es, mit die­sem Teil der Ver­ein­ba­rung die Um­satz­steu­er­frei­heit des Pkw-Ver­kaufs si­cher­zu­stel­len. Dem lag die Vor­stel­lung der Par­tei­en zu­grun­de, die Um­satz­steu­er­frei­heit set­ze das Ein­hal­ten ei­ner be­stimm­ten Hal­te­dau­er durch den Klä­ger vor­aus. Ei­ne sol­che Vor­aus­set­zung gibt es in der vor­lie­gen­den Kon­stel­la­ti­on je­doch nicht. An­ge­sichts des­sen, dass die Vor­aus­set­zun­gen für die Um­satz­steu­er­frei­heit so­mit vor­lie­gend auch oh­ne das Ein­hal­ten ei­ner Hal­te­dau­er er­reicht wer­den konn­ten, ist nach dem Sinn und Zweck der Ver­ein­ba­rung im We­ge der Aus­le­gung an die­sem Teil der Ver­ein­ba­rung auch nicht wei­ter fest­zu­hal­ten.

4. Die wei­te­re Vor­aus­set­zung für die Rück­zah­lung, näm­lich die ur­sprüng­li­che Zah­lung des Be­trags der Um­satz­steu­er als Kau­ti­on, ist er­füllt. Der Klä­ger zahl­te an die Be­klag­te 3.347,67 € als Kau­ti­on für die Um­satz­steu­er.

III. Der Zins­an­spruch des Klä­gers in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz be­züg­lich der nach den obi­gen Aus­füh­run­gen be­grün­de­ten Haupt­for­de­rung folgt aus §§ 280 I und II, 286 I 1, II Nr. 3, 288 I BGB. Zins­be­ginn ist der 18.01.2017, da die Be­klag­te die Rück­zah­lung der Kau­ti­on am 17.01.2017 ab­lehn­te und je­den­falls da­durch in Ver­zug ge­riet.

Die vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 413,64 € sind eben­falls als Ver­zugs­scha­den zu er­stat­ten (§§ 280 I und II, 286 I, II Nr. 3 BGB). Durch die Ab­leh­nung der Zah­lung auf die Haupt­for­de­rung sei­tens der Be­klag­ten am 17.01.2017 ge­riet die Be­klag­te in Ver­zug. Da­nach for­der­te der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te des Klä­gers die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 02.11. und vom 28.12.2017 zur Zah­lung auf. Der ge­nann­te Be­trag er­gibt sich bei ei­nem Ge­gen­stands­wert bis 4.000 € aus ei­ner 1,3-fa­chen Ge­schäfts­ge­bühr nach An­la­ge 2 zu § 13 RVG zu­züg­lich Aus­la­gen­pau­scha­le und Um­satz­steu­er.

Der Klä­ger hat fer­ner ei­nen Zins­an­spruch auf die vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten aus §§ 291, 288 I 2 BGB als Pro­zess­zin­sen in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz. Zins­be­ginn ist der 12.07.2018, da die Kla­ge am 11.07.2018 zu­ge­stellt wor­den ist. …

Hin­weis: In die­sem Rechts­streit ha­be ich den Klä­ger ver­tre­ten.

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