Ein Die­sel­fahr­ver­bot, das heißt der Um­stand, dass mit ei­nem Die­sel­fahr­zeug be­stimm­te Stra­ßen in ei­ner Stadt (hier: Ham­burg) nicht be­fah­ren wer­den dür­fen, wirkt sich nicht auf die Hö­he der für das Fahr­zeug zu zah­len­den Kraft­fahr­zeug­steu­er aus.

FG Ham­burg, Ur­teil vom 14.11.2018 – 4 K 86/18

Sach­ver­halt: Der Klä­ger, der seit dem 07.11.2017 Hal­ter ei­nes Die­sel­fahr­zeugs (Eu­ro 5) ist, be­gehrt die Her­ab­set­zung der Kraft­fahr­zeug­steu­er. Die­se wur­de sei­tens des be­klag­ten Haupt­zoll­amts mit Be­scheid vom 16.11.2017 für die Zeit vom 07.11.2017 bis zum 06.11.2018 in Hö­he von 192 € fest­ge­setzt.

Der Klä­ger er­hob ge­gen den Be­scheid vom 16.11.2017 Ein­spruch. Zur Be­grün­dung mach­te er un­ter an­de­rem gel­tend, dass sein Fahr­zeug, da es ein Die­sel­fahr­zeug sei, un­ab­hän­gig von sei­nem Schad­stoff­aus­stoß be­steu­ert wer­de; die Steu­er wer­de für die Be­nut­zung von Stra­ßen er­ho­ben. Seit 2018 wür­den in­des ein­zel­ne Städ­te und Ge­mein­den die Stra­ßen­nut­zung für Die­sel­fahr­zeu­ge ein­schrän­ken, so­dass er – der Klä­ger – un­recht­mä­ßig un­gleich be­han­delt wer­de. Das be­klag­te Haupt­zoll­amt wies den Ein­spruch des Klä­gers un­ter dem 28.06.2018 zu­rück.

Mit sei­ner am 25.07.2018 er­ho­be­nen Kla­ge ver­folgt der Klä­ger sein Be­geh­ren wei­ter. Er macht im We­sent­li­chen gel­tend: Der an­ge­grif­fe­ne Steu­er­be­scheid ent­spre­che nach dem Er­lass von Die­sel­fahr­ver­bo­ten für In­nen­städ­te nicht mehr dem Grund­satz ei­ner gleich­mä­ßi­gen Be­steue­rung. Ein Fahr­ver­bot ha­be zur Fol­ge, dass sein – des Klä­gers – Fahr­zeug po­ten­zi­ell we­ni­ger schäd­lich sei als von dem Ver­bot nicht be­trof­fe­ne Fahr­zeu­ge, da es Stick­oxi­de dort, wo sie ge­fähr­lich wür­den, nicht (mehr) aus­sto­ßen kön­ne. Da der Schad­stoff­aus­stoß Be­steue­rungs­grund­la­ge sei, müs­se sich dies im Sin­ne ei­ner gleich­mä­ßi­gen Be­steue­rung in ei­ner her­ab­ge­setz­ten Kraft­fahr­zeug­steu­er aus­drü­cken.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: 1. So­weit der Klä­ger mit sei­nem Haupt­an­trag ei­ne ge­rin­ge­re Fest­set­zung der Kraft­fahr­zeug­steu­er be­gehrt, ist die Kla­ge un­zu­läs­sig.

In § 65 I 2 FGO ist be­stimmt, dass die Kla­ge ei­nen be­stimm­ten An­trag ent­hal­ten soll. Ein Klag­an­trag ist grund­sätz­lich nur dann hin­rei­chend be­stimmt, wenn er den gel­tend ge­mach­ten An­spruch kon­kret be­zeich­net, da­durch den Rah­men der rich­ter­li­chen Ent­schei­dungs­be­fug­nis kon­kret ab­steckt (§ 96 I 2 FGO), In­halt und Um­fang der ma­te­ri­el­len Rechts­kraft der be­gehr­ten Ent­schei­dung hin­rei­chend er­ken­nen lässt (§ 110 FGO), das Ri­si­ko ei­nes Un­ter­lie­gens des Klä­gers nicht durch ver­meid­ba­re Un­ge­nau­ig­keit auf die Be­klag­ten­sei­te ab­wälzt und schließ­lich die Zwangs­voll­stre­ckung aus dem Ur­teil oh­ne ei­ne Fort­set­zung des Streits im Voll­stre­ckungs­ver­fah­ren er­war­ten lässt. Zwar er­for­dert die grund­sätz­li­che Ver­pflich­tung, ei­nen be­stimm­ten An­trag zu stel­len, nicht die ju­ris­ti­sche Aus­for­mu­lie­rung ei­nes An­trags. Aus der Kla­ge bzw. den Schrift­sät­zen des Klä­gers muss sich in­des im We­ge der Aus­le­gung zu­ver­läs­sig ent­neh­men las­sen, in wel­chem Um­fang der Klä­ger ge­richt­li­chen Rechts­schutz be­gehrt, wo­bei bei rechts­un­kun­di­gen Klä­gern nicht die ge­wähl­te For­mu­lie­rung, son­dern der er­kenn­ba­re Zweck des Rechts­schutz­be­geh­rens maß­ge­bend ist.

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der vor­ste­hend skiz­zier­ten Grund­sät­ze ist der vom Klä­ger ge­stell­te (Haupt-)An­trag zu un­be­stimmt. Denn der An­trag lässt auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Schrift­ver­kehrs im Ein­spruchs­ver­fah­ren und der Schrift­sät­ze im Kla­ge­ver­fah­ren nicht er­ken­nen, in wel­cher Hö­he der Klä­ger die fest­ge­setz­te Kraft­fahr­zeug­steu­er an­greift oder, mit an­de­ren Wor­ten, auf wel­chen Be­trag kon­kret die fest­ge­setz­te Steu­er re­du­ziert wer­den soll.

2. Der Hilfs­an­trag ist zwar zu­läs­sig, je­doch nicht be­grün­det. Die an­ge­foch­te­nen Be­schei­de sind recht­mä­ßig und ver­let­zen den Klä­ger nicht in sei­nen Rech­ten (§ 100 I 1 FGO).

Rechts­grund­la­ge für den vom Klä­ger an­ge­foch­te­nen Kraft­fahr­zeug­steu­er­be­scheid ist die Vor­schrift des § 1 I Nr. 1 Kraft­StG. Da­nach un­ter­liegt das Hal­ten von in­län­di­schen Fahr­zeu­gen zum Ver­kehr auf öf­fent­li­chen Stra­ßen der Kraft­fahr­zeug­steu­er. Die Steu­er ent­steht mit Be­ginn der Steu­er­pflicht (§ 6 Kraft­StG). Steu­er­schuld­ner ist ge­mäß § 7 Nr. 1 Kraft­StG bei ei­nem – wie hier – in­län­di­schen Fahr­zeug die Per­son, für die das Fahr­zeug zum Ver­kehr zu­ge­las­sen ist. Die Steu­er be­misst sich nach § 8 Nr. 1 lit. b Kraft­StG bei Fahr­zeu­gen der Klas­se M, die erst­mals ab dem 01.07.2009 zu­ge­las­sen sind, nach den Koh­len­di­oxid­emis­sio­nen und dem Hub­raum. In § 2 II Nr. 2 Kraft­StG hat der Ge­setz­ge­ber zu­dem be­stimmt, dass un­ter an­de­rem für die Schad­stoff-, Koh­len­di­oxid- und Ge­räu­sche­mis­sio­nen die Fest­stel­lun­gen der Zu­las­sungs­be­hör­den ver­bind­lich sind. Die Jah­res­steu­er be­trägt für ei­nen wie auf den Klä­ger zu­ge­las­se­nen Per­so­nen­kraft­wa­gen der Ab­gas­norm Eu­ro 5 9,50 € je 100 ccm3 Hub­raum zu­züg­lich 2 € für je­des Gramm Koh­len­di­oxid­emis­si­on je Ki­lo­me­ter, das den Wert von 120 g/kg über­schrei­tet (§ 9 I Nr. 2 lit. b Kraft­StG).

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der vor­ste­hend be­schrie­be­nen ge­setz­li­chen Vor­ga­ben ist die vom be­klag­ten Haupt­zoll­amt ge­gen­über dem Klä­ger fest­ge­setz­te Kraft­fahr­zeug­steu­er in Hö­he von 192 € nicht zu be­an­stan­den. Der Klä­ger ist seit dem 07.11.2017 Hal­ter des Per­so­nen­kraft­wa­gens (Eu­ro 5) mit dem amt­li­chen Kenn­zei­chen …. Als Hal­ter die­ses in­län­di­schen Fahr­zeugs ist er Steu­er­schuld­ner. Die vom be­klag­ten Haupt­zoll­amt vor­ge­nom­me­ne Steu­er­be­rech­nung ent­spricht den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben des § 8 Nr. 1 lit b Kraft­StG i. V. mit § 9 I Nr. 2 lit. b Kraft­StG und er­gibt ei­ne Jah­res­steu­er über 192 €.

Dass der Klä­ger mit dem auf ihn zu­ge­las­se­nen Eu­ro-5-Fahr­zeug auf­grund zwi­schen­zeit­lich von ein­zel­nen Kom­mu­nen wie auch der Frei­en und Han­se­stadt Ham­burg ver­häng­ten Fahr­ver­bo­ten ein­zel­ne Stra­ßen nicht be­fah­ren darf, führt zu kei­ner Re­du­zie­rung bzw. Auf­he­bung der fest­ge­setz­ten Kraft­fahr­zeug­steu­er. Ei­ne sol­che Re­du­zie­rung bzw. Auf­he­bung der Kraft­fahr­zeug­steu­er sieht das gel­ten­de Kraft­fahr­zeug­steu­er­ge­setz nicht vor. An die­se ge­setz­ge­be­ri­sche Ent­schei­dung ist nicht nur das be­klag­te Haupt­zoll­amt als ge­set­zes­voll­zie­hen­de Be­hör­de, son­dern auch das er­ken­nen­de Ge­richt ge­bun­den.

Der Ein­wand des Klä­gers, nach dem Er­lass von Die­sel­fahr­ver­bo­ten für ein­zel­ne In­nen­städ­te ent­spre­che der an­ge­foch­te­ne Steu­er­be­scheid nicht mehr dem Grund­satz der gleich­mä­ßi­gen Be­steue­rung (§ 85 AO), geht fehl. Die Gleich­mä­ßig­keit der Be­steue­rung ist Aus­fluss des in Art. 3 I GG nor­mier­ten all­ge­mei­nen Gleich­heits­sat­zes. Die­ser Grund­satz be­sagt zum ei­nen, dass der Ge­setz­ge­ber al­le un­ter ei­nen sach­ge­rech­ten Be­steue­rungs­maß­stab Fal­len­den als Steu­er­sub­jekt er­fas­sen und prin­zi­pi­ell gleich­mä­ßig be­las­ten muss (sog. Rechts­set­zungs­gleich­heit). Zum an­de­ren be­inhal­tet der Grund­satz, dass die Fi­nanz- und Zoll­be­hör­den die Steu­er­ge­set­ze gleich­mä­ßig an­wen­den und durch­set­zen müs­sen (sog. Rechts­an­wen­dungs­gleich­heit; vgl. nur Se­er, in: Tip­ke/Kru­se, AO, FGO, § 85 AO Rn. 10; BFH, Beschl. v. 22.08.2017 – II B 93/16, BFH/NV 2018, 40; je­weils m. w. Nachw.). Hin­sicht­lich des Streit­falls lässt sich ein Ver­stoß ge­gen den Grund­satz der gleich­mä­ßi­gen Be­steue­rung we­der un­ter dem Ge­sichts­punkt der Rechts­set­zungs­gleich­heit noch un­ter dem Blick­win­kel der Rechts­an­wen­dungs­gleich­heit fest­stel­len. Be­mes­sungs­grund­la­ge für die Kraft­fahr­zeug­steu­er ist der CO2-Aus­stoß des je­wei­li­gen Fahr­zeugs, nicht aber die Koh­len­di­oxid­be­las­tung der Luft in den Stra­ßen, die vom Klä­ger be­fah­ren wer­den bzw. be­fah­ren wer­den dür­fen. Die Be­mes­sungs­grund­la­ge ist für al­le Hal­ter ei­nes Eu­ro-5-Fahr­zeugs als Steu­er­sub­jekt gleich.

Die Ar­gu­men­ta­ti­on des Klä­gers, durch den Er­lass von Fahr­ver­bo­ten wer­de sein Fahr­zeug im Ver­hält­nis zu an­de­ren Fahr­zeu­gen po­ten­zi­ell we­ni­ger schäd­lich, da es Stick­oxi­de nicht dort aus­sto­ßen kön­ne, wo sie ge­fähr­lich wür­den, ver­fängt des­halb nicht, weil der Tat­be­stand des § 1 I Nr. 1 Kraft­StG be­reits ver­wirk­licht ist, wenn das Fahr­zeug nach den ver­kehrs­recht­li­chen Be­stim­mun­gen zum Ver­kehr zu­ge­las­sen wor­den ist. Dar­auf, ob das Fahr­zeug über­haupt ge­nutzt, über wel­chen Zeit­raum und in wel­chem Aus­maß das Fahr­zeug ge­nutzt wird oder wel­che Stra­ßen be­fah­ren bzw. nicht be­fah­ren wer­den, kommt es nach der ge­setz­li­chen Aus­ge­stal­tung der Kraft­fahr­zeug­steu­er nicht an. Im Üb­ri­gen über­sieht der Klä­ger, dass sein Eu­ro-5-Fahr­zeug nicht da­durch we­ni­ger Schad­stof­fe aus­stößt, dass er be­stimm­te Stra­ßen nicht be­fah­ren darf. Der Schad­stoff­aus­stoß sei­nes Fahr­zeu­ges im Stra­ßen­ver­kehr bleibt un­ver­än­dert und über­schrei­tet den in § 9 I Nr. 2 lit. b Kraft­StG ver­bind­lich fest­ge­schrie­be­nen Wert von 120 g/km un­ab­hän­gig da­von, wel­che Stra­ßen er be­fährt bzw. nicht be­fährt.

Dem Klä­ger ist zu­zu­ge­ben, dass der Ge­setz­ge­ber mit dem Kraft­fahr­zeug­steu­er­ge­setz als len­kungs­po­li­ti­schen Zweck die In­ten­ti­on ver­folgt, ei­nen hö­he­ren Schad­stoff­aus­stoß mit ei­ner hö­he­ren Steu­er zu be­le­gen und schad­stoff­ar­me Fahr­zeu­ge steu­er­lich zu ent­las­ten. Ent­spre­chend die­sem öko­lo­gisch ori­en­tier­ten Zweck flie­ßen in die Be­rech­nung der Kraft­fahr­zeug­steu­er ne­ben dem Hub­raum des Fahr­zeugs auch die Ab­gas­norm so­wie der Koh­len­stoff­di­oxid­aus­stoß ein. Der Klä­ger über­sieht in­des, dass in die Be­mes­sungs­grund­la­ge für die Kraft­fahr­zeug­steu­er, die als Mas­sen­steu­er prak­ti­ka­bel und ver­wal­tungs­öko­no­misch aus­ge­stal­tet sein muss, kei­ne Über­le­gun­gen des In­halts ein­flie­ßen, ob durch die Nut­zung ei­nes Fahr­zeu­ges im Stra­ßen­ver­kehr be­stimm­te Grenz­wer­te für NO2-Kon­zen­tra­tio­nen über­schrit­ten wer­den, die nach­weis­lich si­gni­fi­kan­te Ge­sund­heits­ef­fek­te ha­ben. Ei­ne sol­che Be­mes­sungs­grund­la­ge wä­re im Üb­ri­gen auch für die Ver­wal­tung nicht prak­ti­ka­bel.

Schließ­lich ist im zu be­trach­ten Kon­text zu be­den­ken, dass Fahr­ver­bo­te für Die­sel-Kraft­fahr­zeu­ge ih­re Rechts­grund­la­ge au­ßer­halb des Kraft­fahr­zeug­steu­er­ge­set­zes in den Nor­mie­run­gen des Bun­des­im­mis­si­ons­schutz­ge­set­zes (§ 40 I BIm­SchG) und der Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung (An­la­ge 2 zu § 41 I StVO, Zei­chen 251) ha­ben. Der Er­lass ei­nes Fahr­ver­bots für Die­sel-Kraft­fahr­zeu­ge folgt ei­ge­nen Re­geln und strahlt auf die Be­rech­nung und Hö­he der Kraft­fahr­zeug­steu­er nicht aus.

3. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 135 I FGO. Grün­de, die Re­vi­si­on zu­zu­las­sen (§ 115 II FGO), sind nicht ge­ge­ben.

Hin­weis: Die Be­schwer­de des Klä­gers ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on hat der BFH mit Be­schluss vom 13.08.2019 – III B 2/19 als un­be­grün­det zu­rück­ge­wie­sen.

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