Ver­langt der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs, das er nicht von der Volks­wa­gen AG er­wor­ben hat, nur von die­ser Scha­dens­er­satz aus un­er­laub­ter Hand­lung (§ 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB, § 826 BGB), ist für die Kla­ge ge­mäß § 32 ZPO so­wohl das Ge­richt, in des­sen Be­zirk der Kfz-Kauf­ver­trag ge­schlos­sen wur­de, als auch je­des Ge­richt, in des­sen Be­zirk ver­trag­li­che Er­fül­lungs­hand­lun­gen vor­ge­nom­men wur­den, ört­lich zu­stän­dig.

OLG Hamm, Be­schluss vom 26.10.2018 – 32 SA 30/18

Sach­ver­halt: Der in W. wohn­haf­te Klä­ger hat beim LG Arns­berg Kla­ge ge­gen die Volks­wa­gen AG er­ho­ben. Er ver­langt un­ter An­rech­nung ei­ner noch zu be­zif­fern­den Nut­zungs­ent­schä­di­gung Scha­dens­er­satz in Hö­he von 44.163,75 € nebst Zin­sen und vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten. Zur Be­grün­dung be­haup­tet der Klä­ger, die Be­klag­te ha­be ihm ver­schwie­gen, dass sein Die­sel­fahr­zeug mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung aus­ge­stat­tet sei.

Der Kauf­ver­trag über das Fahr­zeug wur­de am 21.06.2013 mit der in Ber­lin an­säs­si­gen V-GmbH (Ver­käu­fe­rin) ge­schlos­sen. Auf Käu­fer­sei­te stand die Schwä­ge­rin des Klä­gers, weil sie als Schwer­be­hin­der­te ei­nen Ra­batt in An­spruch neh­men konn­te. Den Kauf­preis über­wies der Klä­ger am 22.10.2013 von sei­nem Kon­to bei der Volks­bank W. eG auf das Kon­to der Ver­käu­fe­rin. Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug wur­de dar­auf­hin am 23.10.2013 zu­nächst auf die Schwä­ge­rin des Klä­gers und schließ­lich am 30.10.2014 auf den Klä­ger zu­ge­las­sen.

Mit Ver­trag vom 08.05.2018 hat die Schwä­ge­rin des Klä­gers ih­re sich aus dem Ei­gen­tum an den Kraft­fahr­zeug er­ge­ben­den An­sprü­che ge­gen die Be­klag­te an den Klä­ger ab­ge­tre­ten.

Mit Ver­fü­gung vom 11.05.2018 hat das LG Arns­berg dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es sich für ört­lich un­zu­stän­dig hal­te. Der be­haup­te­te Scha­den be­ste­he dar­in, dass ei­ne Ver­bind­lich­keit ein­ge­gan­gen wor­den sei; der Kfz-Kauf­ver­trag sei je­doch in Ber­lin ge­schlos­sen wor­den. Der Klä­ger hat dar­auf­hin un­ter dem 15.05.2018 vor­ge­tra­gen, der Kauf­ver­trag sei über ein In­ter­net­por­tal an­ge­bahnt wor­den. Der Be­trei­ber die­ses Por­tals ha­be ihm – dem Klä­ger – die Ver­trags­un­ter­la­gen mit der Bit­te über­sandt, sie un­ter­schrie­ben an die Ver­käu­fe­rin zu­rück­zu­sen­den. Da­her sei von ei­nem Ver­trags­schluss an sei­nem – des Klä­gers – Wohn­sitz aus­zu­ge­hen. Hilfs­wei­se hat der Klä­ger die Ver­wei­sung des Rechts­streits an das LG Ber­lin be­an­tragt.

Nach­dem die Be­klag­te in der münd­li­chen Ver­hand­lung er­klärt hat­te, sie wer­de sich nicht rü­ge­los auf die Kla­ge ein­las­sen, hat sich das LG Arns­berg mit Be­schluss vom 17.05.2018 für ört­lich un­zu­stän­dig er­klärt und den Rechts­streit an das LG Ber­lin ver­wie­sen. Es hat aus­ge­führt, Scha­dens­ort i. S. von § 32 ZPO sei nur der Be­ge­hungs­ort. Ei­nen Grund­satz, dass im Fal­le des § 826 BGB stets ein Ge­richts­stand der un­er­laub­ten Hand­lung am Wohn­sitz des Op­fers be­grün­det sei, ge­be es nicht.

Das LG Ber­lin hat die Par­tei­en nach Ein­gang der Ak­te mit Schrei­ben vom 23.06.2018 dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es sei­ne Zu­stän­dig­keit nicht für ge­ge­ben hal­te. Ei­ne der An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen, näm­lich der Ver­mö­gens­scha­den, sei im Be­zirk des LG Arns­berg ein­ge­tre­ten. Zu­dem sei nicht nach­voll­zieh­bar, dass das LG Arns­berg an­neh­me, der Kfz-Kauf­ver­trag sei in Ber­lin ge­schlos­sen wor­den. Ver­trags­part­ne­rin der Ver­käu­fe­rin sei zu­nächst, wie aus der ver­bind­li­chen Be­stel­lung vom 21.06.2013 her­vor­ge­he, die Schwä­ge­rin des Klä­gers ge­we­sen, die – so­weit er­sicht­lich – nicht als Ver­tre­te­rin des Klä­gers ge­han­delt ha­be. Hin­zu kom­me, dass ei­ne Schick­schuld ver­ein­bart wor­den sei, so­dass der Er­fül­lungs­ort in je­dem Fall im Be­zirk des LG Arns­berg ge­le­gen ha­be.

Der Klä­ger hat da­zu nicht Stel­lung ge­nom­men. Die Be­klag­te hat an­ge­regt, den Rechts­streit an das für ih­ren Ge­schäfts­sitz zu­stän­di­ge LG Braun­schweig zu ver­wei­sen.

Das LG Ber­lin hat sich dar­auf­hin mit Be­schluss vom 16.07.2018 für ört­lich un­zu­stän­dig er­klärt, da ein Be­zug des Rechts­streits zu Ber­lin nicht er­sicht­lich sei. Zur wei­te­ren Be­grün­dung hat es auf sei­nen Hin­weis vom 23.06.2018 Be­zug ge­nom­men und er­gän­zend aus­ge­führt, der Ein­tritt des Scha­dens ge­hö­re zu den haf­tungs­be­grün­den­den Um­stän­den. Woll­te man mit dem LG Arns­berg da­von aus­ge­hen, dass der Scha­den be­reits mit der Be­grün­dung der Ver­bind­lich­keit – dem Ab­schluss des Kfz-Kauf­ver­trags – ent­stan­den sei, so sei zu be­rück­sich­ti­gen, dass ei­ne im Be­zirk des LG Arns­berg zu er­fül­len­de Schick­schuld ver­ein­bart wor­den sei. Dies ha­be das LG Arns­berg au­ßer Acht ge­las­sen und ge­gen ei­ne „Viel­zahl von Recht­spre­chung, wel­che ins­be­son­de­re ak­tu­ell zu den Fäl­len des sog. Ab­gas­skan­dals er­gan­gen“ sei, ent­schie­den. Des­halb sei der Ver­wei­sungs­be­schluss ob­jek­tiv will­kür­lich und da­her nicht bin­dend.

Da­zu hat der Klä­ger mit Schrift­satz vom 15.08.2018 Stel­lung ge­nom­men und be­kräf­tigt, dass das LG Arns­berg ört­lich zu­stän­dig sei, da er sei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch auf § 826 BGB stüt­ze. Der Ort des Scha­den­s­ein­tritts ge­hö­re zur Be­ge­hung der un­er­laub­ten Hand­lung i. S. von § 32 ZPO, und der Scha­den sei an sei­nem – des Klä­gers – Wohn­ort ein­ge­tre­ten.

Die Be­klag­te hat mit Schrift­satz vom 20.08.2018 noch­mals dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Klä­ger kei­ne ver­trag­li­chen An­sprü­che gel­tend ma­che und da­her § 29 I ZPO nicht ein­schlä­gig sei. Dar­über hin­aus ha­be der Klä­ger nicht aus­rei­chend dar­ge­legt, dass sie – die Be­klag­te – den Klä­ger ge­täuscht (§ 263 I StGB) oder sich sit­ten­wid­rig ver­hal­ten (§ 826 BGB) ha­be und dass ihm – dem Klä­ger – ein Scha­den ent­stan­den sei. Auch wenn es sich in­so­weit um dop­pel­re­le­van­te Tat­sa­chen hand­le, die be­reits für die Zu­stän­dig­keit von Be­deu­tung sei­en, müs­se der Klä­ger da­zu schlüs­sig vor­tra­gen, was nicht ge­sche­hen sei. Der Rechts­streit sei da­her – auch un­ter dem Ge­sichts­punkt der Pro­zess­wirt­schaft­lich­keit durch Ver­fah­rens­kon­zen­tra­ti­on – an das LG Braun­schweig zu ver­wei­sen.

Das OLG Hamm hat ent­schie­den, dass das LG Arns­berg ört­lich zu­stän­dig sei.

Aus den Grün­den: II. Nach § 36 I Nr. 6 ZPO ist für die Be­stim­mung des zu­stän­di­gen Ge­richts das nächst­hö­he­re Ge­richt zu­stän­dig, da sich die Land­ge­rich­te Arns­berg und Ber­lin je­weils rechts­kräf­tig für un­zu­stän­dig er­klärt ha­ben. Da die­se Ge­rich­te in ver­schie­de­nen Ober­lan­des­ge­richts­be­zir­ken lie­gen und das LG Arns­berg zu­erst mit der Sa­che be­fasst war, ist das OLG Hamm für die Ge­richts­stand­be­stim­mung zu­stän­dig (§ 36 II ZPO).

1. Das LG Arns­berg ist ört­lich zu­stän­dig.

a) Sei­ne Zu­stän­dig­keit er­gibt sich al­ler­dings nicht aus § 29 I ZPO. Der Ge­richts­stand des Er­fül­lungs­orts ist ge­gen­über der Be­klag­ten nicht be­grün­det, da es im Ver­hält­nis der Par­tei­en an ei­ner ver­trag­li­chen oder ihr gleich­ste­hen­den Son­der­ver­bin­dung fehlt. Der Kauf­ver­trag ist mit der V-GmbH ge­schlos­sen wor­den, die der Klä­ger nicht mit­ver­klagt hat. Ein Schuld­ver­hält­nis mit der Be­klag­ten er­gibt sich auch nicht aus § 311 III 1 BGB. Ins­be­son­de­re hat die Be­klag­te nicht i. S. von § 311 III 2 BGB in be­son­de­rem Ma­ße Ver­trau­en für sich in An­spruch ge­nom­men und da­durch die Ver­trags­ver­hand­lun­gen oder den Ver­trags­schluss be­ein­flusst. Die Be­klag­te hat le­dig­lich Wer­be­aus­sa­gen ge­trof­fen. Für de­ren Fol­gen kommt ei­ne Haf­tung der Ver­käu­fe­rin nach § 434 I 3 BGB auf Ge­währ­leis­tung in Be­tracht. Der Klä­ger be­haup­tet zwar, dass die Wer­bung der Be­klag­ten mit­ent­schei­dend für den Ver­trags­schluss ge­we­sen sei. Selbst wenn dies zu­tref­fen soll­te, reich­te dies je­doch für ei­ne Ein­be­zie­hung der Be­klag­ten in den Schutz­be­reich der ver­trag­li­chen Haf­tung nicht aus, weil sie an den Ver­trags­ver­hand­lun­gen nicht be­tei­ligt war (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 77. Aufl. [2018], § 311 Rn. 63 m. w. Nachw.; für die kon­kre­te Sach­ver­halts­kon­stel­la­ti­on LG Mün­chen II, Urt. v. 07.07.2017 – 10 O 2708/16, dejure.​org).

b) Al­ler­dings ist im Be­zirk des LG Arns­berg der Ge­richts­stand der un­er­laub­ten Hand­lung ge­mäß § 32 ZPO be­grün­det, da der Klä­ger von sei­nem Kon­to bei der Volks­bank W. eG die maß­geb­li­che Zah­lung ge­tä­tigt hat, die zum Scha­den ge­führt hat.

aa) Be­ge­hungs­or­te der de­lik­ti­schen Hand­lung sind so­wohl der Hand­lungs- als auch der Er­folgs­ort, so­dass ei­ne Zu­stän­dig­keit wahl­wei­se dort ge­ge­ben ist, wo die Ver­let­zungs­hand­lung be­gan­gen wur­de, und dort, wo in ein ge­schütz­tes Rechts­gut ein­ge­grif­fen wur­de (BGH, Urt. v. 28.02.1996 – XII ZR 181/93, BGHZ 132, 105 = ju­ris Rn. 26; Urt. v. 02.03.2010 – VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 12; Urt. v. 06.11.2007 – VI ZR 34/07, NJW-RR 2008, 516 Rn. 24; Münch­Komm-ZPO/Patz­i­na, 5. Aufl. [2016], § 32 Rn. 20; je­weils m. w. Nachw.). Der Scha­dens­ort ist als sol­cher oh­ne Be­lang, es sei denn, dass der Scha­den­s­ein­tritt zum Tat­be­stand der Rechts­ver­let­zung ge­hört (Zöl­ler/Schultz­ky, ZPO, 32. Aufl. [2018], § 32 Rn. 19 m. w. Nachw.).

(1) Dar­aus folgt, dass der Klä­ger nicht auf den Ort be­schränkt ist, an dem nach sei­nem Vor­trag die Tat­hand­lung be­gan­gen wor­den ist. Ihm steht viel­mehr ein Wahl­recht zu, das er nach Be­lie­ben aus­zu­üben be­rech­tigt ist. Er kann auch dann am Er­folgs­ort kla­gen, wenn der Be­ge­hungs­ort wo­an­ders liegt. Eben­so kann er an je­dem Er­folgs­ort kla­gen, wenn die­ser in ver­schie­de­nen Ge­richts­be­zir­ken liegt (vgl. nur Roth, in: Stein/Jo­nas, ZPO, 23. Aufl. [2014], § 32 Rn. 26 m. w. Nachw.).

(2) Wird die Haf­tung auf die Er­fül­lung des Be­trugs­tat­be­stands ge­mäß § 823 II 1 BGB i. V. mit § 263 I StGB ge­stützt, ist der Er­folgs­ort dort, wo die Täu­schungs­hand­lung ei­nen Irr­tum er­regt oder die schä­di­gen­de Ver­mö­gens­ver­fü­gung aus­ge­löst hat. Wird ein An­spruch aus § 826 BGB gel­tend ge­macht, ge­hört zum Tat­be­stand der un­er­laub­ten Hand­lung der Ein­tritt ei­nes Ver­mö­gens­scha­dens (vgl. Be­ckOK-ZPO/Tous­saint, Stand: 01.07.2018, § 32 Rn. 12.1 m. w. Nachw.). Das nach § 32 ZPO zu­stän­di­ge Ge­richt ist da­her in die­sen Fäl­len nicht nur an­hand des Or­tes zu be­stim­men, an dem der Tä­ter ge­han­delt hat, son­dern auch dort be­grün­det, wo der Rechts­guts­ein­griff er­folgt und der Scha­den ent­stan­den ist (vgl. Smid/Hart­mann, in: Wiec­zo­rek/Schüt­ze, ZPO, 4. Aufl. [2015], § 32 Rn. 40 m. w. Nachw.).

Al­ler­dings ist der Er­folgs­ort ei­ner un­er­laub­ten Hand­lung der Ver­mö­gens­schä­di­gung nicht schon des­halb am Wohn­sitz des Ge­schä­dig­ten be­grün­det, weil sich dort sein Ver­mö­gen be­fin­det. Denn die Kon­zen­tra­ti­on der Zu­stän­dig­keit am Hand­lungs- oder Ver­let­zungs­ort der un­er­laub­ten Hand­lung knüpft an die Sach­nä­he und die da­mit ein­her­ge­hen­de leich­te­re Auf­klä­rung des Sach­ver­halts an. Die­ser Zweck wür­de ver­fehlt, wenn im­mer auch auf den Ort ab­ge­stellt wer­den könn­te, an dem sich das Ver­mö­gen des Ge­schä­dig­ten im Zeit­punkt der Vor­nah­me der schä­di­gen­den Hand­lung be­fun­den hat (OLG Mün­chen, Urt. v. 21.01.1992 – 25 U 2987/91, NJW-RR 1993, 701, 703 m. w. Nachw.; miss­ver­ständ­lich in­so­weit Zöl­ler/Schultz­ky, a. a. O., § 32 Rn. 19: „Be­trug am Be­le­gen­heits­ort des Klä­ger­ver­mö­gens“).

bb) Dem­nach ist auf die Um­stän­de des Ein­zel­falls ab­zu­stel­len und auf die­ser Grund­la­ge zu prü­fen, wo die Ver­let­zungs­hand­lung vor­ge­nom­men wor­den und der tat­be­stands­mä­ßi­ge Er­folg ein­ge­tre­ten ist.

(1) Dass die Be­klag­te nach dem Vor­trag des Klä­gers den Ein­satz ei­ner mit ei­ner so­ge­nann­ten Prüf­stan­d­ent­de­ckungs­soft­ware aus­ge­stat­te­ten Vor­schalt­ein­rich­tung ver­schwie­gen hat, kann ei­nen Ein­ge­hungs­be­trug i. S. von § 263 I StGB be­grün­den, der dar­in liegt, dass der Käu­fer ei­nen für ihn wirt­schaft­lich nach­tei­li­gen Ver­trag mit dem Ver­käu­fer des Fahr­zeugs ab­ge­schlos­sen hat. In­fol­ge die­ses Ver­trags­schlus­ses ist sein Ver­mö­gen mit ei­ner un­ge­woll­ten Ver­pflich­tung ne­ga­tiv be­las­tet wor­den. Dies folgt dar­aus, dass bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung und un­ter le­bens­na­her Be­trach­tung kein durch­schnitt­lich in­for­mier­ter und wirt­schaft­lich ver­nünf­tig den­ken­der Ver­brau­cher ein Fahr­zeug er­wer­ben wür­de, wel­ches mit ei­ner ge­set­zes­wid­ri­gen Soft­ware aus­ge­stat­tet ist. Ein sol­cher Ver­brau­cher kann und muss nicht da­von aus­ge­hen, dass die ge­setz­lich vor­ge­ge­be­nen und im tech­ni­schen Da­ten­blatt auf­ge­nom­me­nen Ab­gas­wer­te nur des­halb als ein­ge­hal­ten at­tes­tiert wer­den, weil ei­ne Soft­ware in­stal­liert wor­den ist, die da­für sorgt, dass der Lauf des Prüf­stands er­kannt und über ei­ne ent­spre­chen­de Pro­gram­mie­rung der Mo­tor­steue­rung des­we­gen – in ge­setz­lich un­zu­läs­si­ger Wei­se – ins­be­son­de­re der Stick­oxid­aus­stoß re­du­ziert wird (vgl. LG Pa­der­born, Urt. v. 07.04.2017 – 2 O 118/16, ju­ris Rn. 38; eben­so LG Kre­feld, Urt. v. 04.10.2017 – 2 O 19/17, ju­ris Rn. 25; Urt. v. 28.02.2018 – 7 O 10/17, ju­ris Rn. 34).

(2) Ein sol­cher Ein­ge­hungs­be­trug ist vom Klä­ger al­ler­dings schon gar nicht be­haup­tet wor­den. Er trägt nicht vor, dass die Ver­käu­fe­rin des Fahr­zeugs, die V-GmbH, bös­gläu­big ge­we­sen sei, so­dass ei­ne Mit­tä­ter­schaft oder Teil­nah­me ge­mäß §§ 263 I, 25 II, 26, 27 I StGB bzw. §§ 826, 830 I, II BGB aus­schei­det. In Be­tracht kommt al­len­falls ei­ne mit­tel­ba­re Tä­ter­schaft der Be­klag­ten i. S. von §§ 263 I, 25 I Fall 2 StGB, bei der die Tat­hand­lung i. S. von § 9 I Fall 1 StGB al­ler­dings so­wohl am Ort des ei­ge­nen Tä­tig­wer­dens des Tat­mitt­lers als auch dort be­gan­gen wird, wo das Werk­zeug ge­han­delt hat, da dem mit­tel­ba­re Tä­ter des­sen Hand­lung zu­ge­rech­net wird (vgl. BGH, Urt. v. 15.01.1991 – 1 StR 617/90, wis­tra 1991, 135; Eser, in: Schön­ke/Schrö­der, StGB, 29. Aufl. [2014], § 9 Rn. 4; Satz­ger, in: Satz­ger/Schlu­cke­bier/Wid­mai­er, StGB, 3. Aufl. [2017], § 9 Rn. 10; LK-StGB/Wer­le/Jeß­ber­ger, 12. Aufl. [2007], § 9 Rn. 14). Die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner mit­tel­ba­ren Tä­ter­schaft las­sen sich dem Klä­ger­vor­trag al­len­falls zum Zeit­punkt der Ver­trags­er­fül­lung ent­neh­men, al­so bei Über­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs durch die Be­klag­te, was kei­nen Ein­ge­hungs-, son­dern ei­nen Er­fül­lungs­be­trug dar­stel­len wür­de.

Dar­auf kommt es je­doch letzt­lich nicht an, da schon der Kauf­ver­trag nach dem Klä­ger­vor­trag nicht im Be­zirk des LG Ber­lin ge­schlos­sen wor­den ist, son­dern vom Wohn­sitz des Klä­gers aus durch Über­sen­dung der Ver­trags­un­ter­la­gen, die er von der Ver­käu­fe­rin er­hal­ten hat. Da­zu hat der Klä­ger spä­tes­tens auf den Hin­weis des LG Arns­berg, dass es sich nicht für zu­stän­dig hal­te, in sei­nem Schrift­satz vom 15.05.2018 sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen. Selbst wenn der Kauf­ver­trag erst ge­mäß § 151 Satz 1 BGB durch die Ab­ga­be der An­nah­me­er­klä­rung der V-GmbH zu­stan­de ge­kom­men sein soll­te, stellt der An­trag des Klä­gers ei­nen we­sent­li­chen Teil­akt der Ver­mö­gens­ver­fü­gung dar, auf den es für die Fra­ge der ört­li­chen Zu­stän­dig­keit ge­mäß § 32 ZPO an­kommt (vgl. Hein­richs, in: Mu­sielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. [2018], § 32 Rn. 16; Zöl­ler/Schultz­ky, a. a. O., § 32 Rn. 19 m. w. Nachw.).

(3) Ab­ge­se­hen da­von ist aber je­den­falls der Er­folgs­ort i. S. von § 9 I Fall 2 StGB und § 32 ZPO am Wohn­sitz des Klä­gers be­grün­det, da die Ver­mö­gens­ver­fü­gung i. S. von § 263 StGB und die den Scha­den be­grün­den­de Hand­lung i. S. von § 826 BGB in der Über­wei­sung des Kauf­prei­ses liegt, die vom Kon­to der Klä­gers bei der Volks­bank W. eG und da­mit im Be­zirk des LG Arns­berg er­folgt ist. Denn im Fall ei­ner Über­wei­sung liegt der Er­folgs­ort i. S. von § 32 ZPO dort, wo die Bank des Klä­gers des­sen An­wei­sung zum Geld­trans­fer er­hal­ten und zu­las­ten sei­nes Kon­tos aus­ge­führt hat (vgl. Ba­yO­bLG, Beschl. v. 27.03.2003 – 1Z AR 28/03, MDR 2003, 893 = ju­ris Rn. 7). Das war hier nach dem Klä­ger­vor­trag an sei­nem Wohn­ort der Fall.

2. Dem­nach ist fest­zu­stel­len, dass das LG Arns­berg den Kla­ge­vor­trag nicht in aus­rei­chen­der Wei­se ge­wür­digt und an we­sent­li­chen Stel­len über­gan­gen hat. Da­her ist ei­ne ört­li­che Zu­stän­dig­keit des LG Ber­lin auch nicht auf­grund des Ver­wei­sungs­be­schlus­ses vom 17.05.2018 be­grün­det.

a) Ein Ver­wei­sungs­be­schluss ist nach § 281 II 4 ZPO für das Ge­richt, an das der Rechts­streit ver­wie­sen wor­den ist, bin­dend. Die Bin­dungs­wir­kung ent­fällt nur dann, wenn der Ver­wei­sungs­be­schluss nicht als im Rah­men des § 281 I ZPO er­gan­gen an­zu­se­hen ist, et­wa weil er auf ei­ner Ver­let­zung recht­li­chen Ge­hörs be­ruht, nicht durch den ge­setz­li­chen Rich­ter er­las­sen wur­de oder je­der ge­setz­li­chen Grund­la­ge ent­behrt und des­halb als will­kür­lich be­trach­tet wer­den muss. Hier­für ge­nügt nicht, dass der Be­schluss in­halt­lich un­rich­tig oder feh­ler­haft ist. Will­kür liegt nur vor, wenn der Ver­wei­sungs­be­schluss bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung der das Grund­ge­setz be­herr­schen­den Ge­dan­ken nicht mehr ver­ständ­lich er­scheint und of­fen­sicht­lich un­halt­bar ist (BGH, Beschl. v. 17.05.2011 – X ARZ 109/11, NJW-RR 2011, 1364 Rn. 9; Beschl. v. 19.02.2013 – X ARZ 507/12, NJW-RR 2013, 764 Rn. 7; Beschl. v. 09.06.2015 – X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 9; st. Rspr.).

Ab­ge­se­hen von den Fäl­len, in de­nen der Ver­wei­sungs­be­schluss aus ver­fah­rens­recht­li­chen Grün­den kei­nen Be­stand ha­ben kann, ins­be­son­de­re weil das ver­wei­sen­de Ge­richt der be­klag­ten Par­tei kein recht­li­ches Ge­hör zum Ver­wei­sungs­an­trag ge­währt hat, ist die Ent­schei­dung, dass ei­ne Ver­wei­sung als ob­jek­tiv will­kür­lich an­zu­se­hen ist, ei­ne vom Ein­zel­fall ab­hän­gi­ge, un­ter Um­stän­den schwie­ri­ge Be­wer­tungs­fra­ge. Brauch­ba­re Kri­te­ri­en kön­nen sein, dass die all­ge­mei­ne Sys­te­ma­tik des Ver­fah­rens­rechts ei­ne Ver­wei­sung die­ser Art nicht vor­sieht, dass der Ak­ten­in­halt aus­drück­li­che Hin­wei­se auf die Zu­stän­dig­keit des ver­wei­sen­den Ge­richts er­gibt oder dass das ver­wei­sen­de Ge­richt selbst zu er­ken­nen ge­ge­ben hat, dass es sei­ne Zu­stän­dig­keit für mög­li­cher­wei­se ge­ge­ben hält. Dem­ge­gen­über wird man von ei­ner Bin­dung aus­ge­hen kön­nen, wenn die Ver­wei­sung sich im Er­geb­nis als ver­tret­bar dar­stellt, wenn der Ver­wei­sungs­be­schluss ein­ge­hend be­grün­det ist, auch wenn das Ge­richt da­bei von ei­ner ein­hel­li­gen oder herr­schen­den Mei­nung ab­weicht, wenn das Ge­richt ei­nen re­le­van­ten Ge­sichts­punkt über­se­hen hat und von kei­ner Sei­te dar­auf hin­ge­wie­sen wur­de und kei­ne Hin­wei­se auf Vor­satz be­ste­hen, schließ­lich wenn ei­ne Ver­wei­sung auf den an das Ge­richt her­an­ge­tra­ge­nen Wunsch bei­der Pro­zess­par­tei­en zu­rück­geht (Münch­Komm-ZPO/Prüt­ting, 5. Aufl. [2016], § 281 Rn. 56; ähn­lich Be­ckOK-ZPO/Ba­cher, Stand: 01.07.2018, § 281 Rn. 32).

b) Ge­mes­sen an die­sen Maß­stä­ben hält der Se­nat die Ver­wei­sung durch das LG Arns­berg für ob­jek­tiv will­kür­lich.

Das Land­ge­richt hat sich mit den Vor­trag des Klä­gers zu den Vor­aus­set­zun­gen des § 32 ZPO nicht in aus­rei­chen­der Wei­se aus­ein­an­der­ge­setzt. Selbst von sei­nem ei­ge­nen, recht­lich frag­wür­di­gen Stand­punkt aus hät­te es prü­fen müs­sen, wo der Kauf­ver­trag zu­stan­de ge­kom­men ist. Dass die­ser am Sitz der Ver­käu­fe­rin in Ber­lin ge­schlos­sen wor­den ist, hät­te ei­ner Be­grün­dung be­durft, die sich we­der aus dem vor­her­ge­hen­den Hin­weis vom 11.05.2018 noch aus dem Ver­wei­sungs­be­schluss vom 17.05.2018 er­gibt. Mit der Fra­ge, wie der Ver­trag zu­stan­de ge­kom­men ist, hat sich das Land­ge­richt nicht be­fasst und zu­dem au­ßer Acht ge­las­sen, dass es für die Fra­ge der ört­li­chen Zu­stän­dig­keit auch auf we­sent­li­che Teil­ak­te an­kommt, die dem Ver­trags­schluss vor­ge­la­gert sein kön­nen.

Über­dies hat das Land­ge­richt in recht­li­cher Hin­sicht un­be­rück­sich­tigt ge­las­sen, dass ei­ne ört­li­che Zu­stän­dig­keit i. S. von § 32 ZPO un­ab­hän­gig vom Ort der Tat­hand­lung am Er­folgs­ort be­grün­det sein kann. Dass das Land­ge­richt dies nicht be­dacht hat, er­gibt sich dar­aus, dass es al­lein auf die Ent­ste­hung der schuld­recht­li­chen Ver­pflich­tun­gen des Klä­gers ab­ge­stellt hat. Wenn es die Trag­wei­te und Be­deu­tung des im Rah­men von § 32 ZPO be­ste­hen­den Wahl­rechts des Klä­gers er­kannt hät­te, hät­te es auch auf den Ge­sichts­punkt ei­nes zeit­lich nach­fol­gen­den Er­fül­lungs­be­trugs bzw. ei­ner Ver­ur­sa­chung oder Ver­tie­fung des Scha­dens i. S. von § 826 BGB durch die Kauf­preis­zah­lung ein­ge­hen müs­sen.

III. An­ge­sichts die­ser ver­fah­rens­recht­li­chen und in­halt­li­chen De­fi­zi­te des Ver­wei­sungs­be­schlus­ses vom 17.05.2018 hält der Se­nat ihn nicht für bin­dend und da­her das LG Arns­berg für nach wie vor ört­lich zu­stän­dig.

An­halts­punk­te da­für, dass ei­ne Vor­la­ge an den BGH nach § 36 III 1 ZPO er­for­der­lich sein könn­te, hat der Se­nat nicht ge­se­hen. Sei­ne Ent­schei­dung steht im Ein­klang mit der Recht­spre­chung des OLG Düs­sel­dorf, wo­nach für die auf de­lik­ti­sche An­sprü­che ge­gen die be­klag­te Fahr­zeug­her­stel­le­rin ge­rich­te­te Kla­ge der Ge­richts­stand der un­er­laub­ten Hand­lung be­grün­det ist, da Be­ge­hungs­or­te i. S. von § 32 ZPO so­wohl am Sitz der Ver­käu­fe­rin, wo der Kauf­ver­trag ge­schlos­sen wor­den sei, als auch am Wohn­sitz des Klä­gers be­grün­det sei­en, wo der Ver­mö­gens­scha­den ein­ge­tre­ten sei (Beschl. v. 30.10.2017 – I-5 Sa 44/17, ju­ris Rn. 23). So­weit er­sicht­lich, lie­gen ent­ge­gen­ste­hen­de Ent­schei­dun­gen an­de­rer Ober­lan­des­ge­rich­te nicht vor.

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