Ein Old­ti­mer-Ver­käu­fer muss den Käu­fer un­ge­fragt dar­über auf­klä­ren, dass bei Re­stau­rie­rungs­ar­bei­ten, die der Ver­käu­fer ver­an­lasst hat, der Weg­stre­cken­zäh­ler des Fahr­zeugs auf null zu­rück­ge­stellt wur­de. Denn der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens darf auch mit Blick auf § 22b I Nr. 1 StVG grund­sätz­lich da­von aus­ge­hen, dass der Ki­lo­me­ter­zäh­ler die tat­säch­li­che Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs an­zeigt. Ist das nach der Kennt­nis des Ver­käu­fers nicht der Fall, hat er den Käu­fer dar­auf hin­zu­wei­sen, oh­ne dass es dar­auf an­kommt, ob die Ab­wei­chung auf ei­ner nach § 22b I Nr. 1 StVG straf­ba­ren Ma­ni­pu­la­ti­on be­ruht.

OLG Mün­chen, Ur­teil vom 14.12.2016 – 20 U 1458/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­tra­ges über ei­nen Old­ti­mer so­wie die Er­stat­tung von Fracht-, Sach­ver­stän­di­gen- und Rechts­an­walts­kos­ten.

Er kauf­te am 10.04.2015 von dem Be­klag­ten für 330.000 € ei­nen Pkw Mer­ce­des-Benz 280 SE (Bau­jahr 1971). Das Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am sel­ben Tag ge­gen Zah­lung des Kauf­prei­ses über­ge­ben. Der schrift­li­che Kauf­ver­trag, ein „ADAC-Kauf­ver­trag für den pri­va­ten Ver­kauf ei­nes his­to­ri­schen Kraft­fahr­zeu­ges (Old­ti­mer)“, ent­hält in Fett­druck fol­gen­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss:

„Das Kraft­fahr­zeug wird un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung ver­kauft. Die­ser Aus­schluss gilt nicht für die Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus Sach­män­gel­haf­tung, die auf ei­ner grob fahr­läs­si­gen oder vor­sätz­li­chen Ver­let­zung von Pflich­ten des Ver­käu­fers be­ru­hen, so­wie bei der Ver­let­zung von Le­ben, Kör­per und Ge­sund­heit. Ggf. noch be­ste­hen­de An­sprü­che ge­gen­über Drit­ten aus Sach­män­gel­haf­tung wer­den an den Käu­fer ab­ge­tre­ten.“.

In der Ru­brik „I. An­ga­ben des Ver­käu­fers“ gab der Be­klag­te un­ter „1. Der Ver­käu­fer ga­ran­tiert“ durch An­kreu­zen an, dass das Fahr­zeug in der Zeit, in der es sein Ei­gen­tum war, kei­nen Un­fall­scha­den und kei­ne sons­ti­gen Be­schä­di­gun­gen er­lit­ten ha­be. Un­ter „2. Der Ver­käu­fer er­klärt“ gab der Be­klag­te un­ter an­de­rem an, dass – so­weit ihm be­kannt – das Fahr­zeug auch in der üb­ri­gen Zeit kei­ne Un­fall­schä­den und kei­ne sons­ti­gen Be­schä­di­gun­gen ha­be (Nr. 2.1), es ei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung von 50 km („nur Test­fahr­ten“) auf­wei­se (Nr. 2.4) und es zwei Vor­be­sit­zer („Fahr­zeug­hal­ter ein­schließ­lich Ver­käu­fer“) ge­habt ha­be (Nr. 2.5).

In ei­ne DE­KRA-Gut­ach­ten zur Wie­der­in­be­trieb­nah­me vom 12.04.2010 ist der Ki­lo­me­ter­stand mit 30.483 an­ge­ge­ben, in ei­nem DE­KRA-Be­richt zur Haupt­un­ter­su­chung vom 02.04.2014 mit 15.

Der Klä­ger hat­te das Fahr­zeug bei ei­ner Old­ti­mer-Mes­se in Stutt­gart En­de März 2015 be­sich­tigt, nach­dem er durch ein „mobile.​de“-In­se­rat dar­auf auf­merk­sam ge­wor­den war. In dem In­se­rat war die Lauf­leis­tung mit 800 km an­ge­ge­ben. Das Fahr­zeug war als „kom­plett neu auf­ge­baut“ und „ver­gleich­bar mit ei­nem Neu­fahr­zeug“ be­schrie­ben; er­neu­ert wor­den sei­en „al­le Gum­mi­tei­le, al­le Lei­tun­gen, Brem­se kom­plett neu, Mo­tor kom­plett er­neu­ert (Kol­ben, La­ger, Ven­ti­le etc.), Au­to­ma­tik­ge­trie­be kom­plett über­holt, eben­falls Vor­der- und Hin­ter­ach­se, Aus­puff neu. In­nen­aus­stat­tung in Nap­pa-Le­der neu, al­le Chrom­tei­le neu ver­chromt“. Ein Fahr­zeug in die­ser Qua­li­tät wer­de es in Deutsch­land wahr­schein­lich nicht mehr ge­ben.

Mit Schrei­ben vom 11.04.2015 rüg­te der Klä­ger Män­gel, die in ei­ner Mer­ce­des-Werk­statt fest­ge­stellt wor­den sei­en, und ließ mit An­walts­schrei­ben vom 27.04.2015 die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung und vor­sorg­lich den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klä­ren. Gleich­zei­tig wur­de der Be­klag­te auf­ge­for­dert, dem Klä­ger bis zum 07.05.2015 den Kauf­preis zu­rück­zu­zah­len und ihm die ent­stan­de­nen An­walts­kos­ten zu er­set­zen. An­fech­tung und Rück­tritt be­grün­de­te der Klä­ger da­mit, dass der Old­ti­mer ver­schie­de­ne Män­gel auf­wei­se, von de­nen ei­ni­ge auf ei­nen Un­fall­scha­den hin­deu­te­ten. Die­sen Un­fall­scha­den ha­be der Be­klag­te als ge­werb­li­cher Au­to­händ­ler er­kannt bzw. grob fahr­läs­sig nicht er­kannt.

Der Klä­ger hat in ers­ter In­stanz im We­sent­li­chen be­haup­tet, der Be­klag­te re­stau­rie­re und ver­kau­fe Old­ti­mer ge­werb­lich. Das von ihm, dem Klä­ger, er­wor­be­ne Fahr­zeug sei als um­fas­send und pro­fes­sio­nell re­stau­riert an­ge­prie­sen wor­den. Bei der Be­sich­ti­gung auf der Mes­se in Stutt­gart En­de März 2015 ha­be der Be­klag­te er­klärt, der Old­ti­mer sei un­fall­frei und „top re­stau­riert“. Tat­säch­lich wei­se das Fahr­zeug je­doch zahl­rei­che Män­gel auf. Ins­be­son­de­re lie­ge ein nicht fach­ge­recht be­ho­be­ner Un­fall­scha­den vor, der für den Be­klag­ten als sach­kun­di­gen Kfz-Händ­ler bei ei­ner Sicht­prü­fung er­kenn­bar ge­we­sen sei. Au­ßer­dem sei die Re­stau­rie­rung nicht fach- und sach­ge­recht durch­ge­führt wor­den.

Das Land­ge­richt (LG Lands­hut, Urt. v. 11.03.2016 – 51 O 1707/15) hat die im We­sent­li­chen auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses (330.000 €) so­wie Zah­lung von 3.128 € (Fracht- und Sach­ver­stän­di­gen­kos­ten) und 4.066,11 € (vor­ge­richt­li­che An­walts­kos­ten) ge­rich­te­te Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung durch den Be­klag­ten sei nicht nach­ge­wie­sen. Der Klä­ger ha­be we­der nach­ge­wie­sen, dass das Fahr­zeug wäh­rend der Be­sitz­zeit des Be­klag­ten ei­nen Un­fall­scha­den er­lit­ten ha­be, noch ha­be er nach­ge­wie­sen, dass dem Be­klag­ten ein in der üb­ri­gen Zeit er­lit­te­ner Un­fall­scha­den be­kannt ge­we­sen sei. Die von dem Zeu­gen F be­rich­te­te Er­klä­rung des Be­klag­ten, das Fahr­zeug sei ein deut­sches Fahr­zeug, es sei voll­stän­dig re­stau­riert und un­fall­frei, sei nicht im Zu­ge von Ver­trags­ver­hand­lun­gen, son­dern bei der Be­sich­ti­gung auf der Mes­se ab­ge­ge­ben wor­den. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag sei sie nur ein­ge­schränkt ab­ge­ge­ben wor­den; über den In­halt die­ses Ver­tra­ges hin­aus­ge­hen­de Zu­si­che­run­gen des Be­klag­ten ha­be der Klä­ger nicht be­haup­tet. Den im Kauf­ver­trag ent­hal­te­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss hat das Land­ge­richt für wirk­sam er­ach­tet. Die vom Klä­ger vor­ge­tra­ge­nen Um­stän­de reich­ten für den Nach­weis, dass der Be­klag­te Un­ter­neh­mer sei, nicht aus. Der Be­klag­te dür­fe sich auf den Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung auch be­ru­fen. Denn er ha­be we­der die Un­fall­frei­heit des Old­ti­mers ga­ran­tiert, noch sei dem Klä­ger der Nach­weis ge­lun­gen, dass der Be­klag­te ei­nen Man­gel des Fahr­zeugs arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be. Sei­ne Be­haup­tung, der Be­klag­te ha­be den Old­ti­mer selbst re­stau­riert, ha­be der Klä­ger nicht be­wei­sen kön­nen.

Da­ge­gen wand­te sich der Klä­ger mit der Be­ru­fung und trug erst­mals im Be­ru­fungs­ver­fah­ren vor, der Be­klag­te ha­be ihn über die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs ge­täuscht. Aus dem DE­KRA-Gut­ach­ten zur Wie­der­in­be­trieb­nah­me vom 12.04.2010 ha­be der Be­klag­te ge­wusst, dass da­mals der Ki­lo­me­ter­stand 30.483 be­tra­gen ha­be. Den­noch ha­be er im Kauf­ver­trag die Ge­samt­lauf­leis­tung mit le­dig­lich 50 km an­ge­ge­ben. Wäh­rend der Be­sitz­zeit des Be­klag­ten sei der Ki­lo­me­ter­zäh­ler der­ge­stalt ma­ni­pu­liert wor­den, dass er statt ei­ner Lauf­leis­tung von 30.483 km nur ei­ne sol­che von 50 km an­zei­ge. Die stel­le ge­mäß § 22b I Nr. 1 StVG ei­ne Straf­tat dar. Ihm, dem Klä­ger, sei nicht be­kannt ge­we­sen, dass der Old­ti­mer ei­ne hö­he­re Ge­samt­lauf­leis­tung auf­wei­se als an­ge­ge­ben, und er ha­be das Fahr­zeug auch nicht un­ab­hän­gig von sei­ner Lauf­leis­tung er­wer­ben wol­len.

In der Be­ru­fungs­be­grün­dung vom 10.6.2016 hat der Klä­ger vor­sorg­lich auch des­halb die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung und den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt, weil er über die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs, des­sen (an­geb­lich) „voll­stän­di­ge Re­stau­rie­rung“ und die (an­geb­li­che) Un­fall­frei­heit ge­täuscht wor­den sei.

In der münd­li­chen Ver­hand­lung am 12.10.2016 hat der Be­klag­te an­ge­ge­ben, der Weg­stre­cken­zäh­ler des Old­ti­mers ha­be ur­sprüng­lich Mei­len an­ge­zeigt. Bei der Um­jus­tie­rung auf Ki­lo­me­ter sei er auf null ge­stellt wor­den.

Die Be­ru­fung hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die Be­ru­fung ist be­grün­det. Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob der ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nach §§ 475 I, 14 BGB un­wirk­sam ist, weil der Be­klag­te ge­werb­lich mit Old­ti­mern han­delt. Eben­so kann of­fen­blei­ben, ob das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug die vom Klä­ger ent­spre­chend dem Pri­vat­gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen K vom 12.06.2015 be­haup­te­ten Män­gel auf­weist.

1. Der Klä­ger hat An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung (§§ 123 I, 142 I, 812 I 1 Fall 1 BGB) so­wie An­spruch auf Scha­dens­er­satz we­gen Ver­let­zung vor­ver­trag­li­cher Auf­klä­rungs­pflich­ten (cul­pa in con­tra­hen­do; §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB), weil – wie sich im Be­ru­fungs­ver­fah­ren er­ge­ben hat – die An­ga­ben des Be­klag­ten im Kauf­ver­trag vom 10.04.2015 zur Ge­samt­fahr­leis­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs un­zu­tref­fend sind und der Be­klag­te zu­dem pflicht­wid­rig ver­schwie­gen hat, dass im Rah­men der von ihm ver­an­lass­ten Re­stau­rie­rungs­ar­bei­ten der Ta­cho auf „0“ ge­setzt wor­den ist.

a) Das dies­be­züg­li­che Vor­brin­gen des Klä­gers ist nicht ver­spä­tet, denn es be­ruht nicht auf ei­ner Nach­läs­sig­keit des Klä­gers, dass der Vor­trag in ers­ter In­stanz un­ter­blie­ben ist (§ 531 II Nr. 3 ZPO). Der Klä­ger war nicht ge­hal­ten, Nach­for­schun­gen zum Stand des Weg­stre­cken­zäh­lers zum Zeit­punkt der Wie­der­in­be­trieb­nah­me des Fahr­zeugs durch den Be­klag­ten im Jahr 2010 an­zu­stel­len. Es ist des­halb nicht als Nach­läs­sig­keit des Klä­gers zu wer­ten, dass er erst im Be­ru­fungs­ver­fah­ren nach ein­ge­hen­der Un­ter­su­chung des vom Be­klag­ten über­sand­ten Bild­ma­te­ri­als durch sei­nen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten er­kann­te, dass auf ei­nem am 01.04.2010 auf­ge­nom­me­nen Fo­to ein Ta­chostand von 30.483 er­sicht­lich ist.

Zu­dem stützt der Klä­ger die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung auf un­strei­ti­ge Tat­sa­chen. Der Be­klag­te hat in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung vom 22.07.2016 ein­ge­räumt, dass der Ta­cho des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs im Zu­ge der von ihm ver­an­lass­ten Re­stau­rie­rung auf „0“ ge­setzt wor­den ist, und hat nicht sub­stan­zi­iert be­strit­ten, dass der Ta­cho da­vor ei­ne Lauf­leis­tung von rund 30.000 (Ki­lo­me­ter oder Mei­len) an­ge­zeigt hat.

b) Der Be­klag­te hat im Kauf­ver­trag zu­min­dest ins Blaue hin­ein ei­ne un­zu­tref­fen­de Ge­samt­lauf­leis­tung an­ge­ge­ben und da­durch den Klä­ger arg­lis­tig ge­täuscht (§ 123 I BGB).

(1) Aus­weis­lich des an den Be­klag­ten adres­sier­ten DE­KRA-Gut­ach­tens vom 12.04.2010 zur Wie­der­in­be­trieb­nah­me wies das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zu die­sem Zeit­punkt ei­nen Ki­lo­me­ter­stand von 30.483 auf. So­weit der Be­klag­te im Schrift­satz vom 25.08.2016 die­sen Ki­lo­me­ter­stand be­strei­tet und dar­auf ver­weist, er kön­ne nicht sa­gen, ob der Sach­ver­stän­di­ge die­se Zahl zu­tref­fend ab­ge­le­sen ha­be oder ob ein Zah­len­dre­her oder ei­ne Zah­len­ver­wechs­lung vor­lie­ge, ist das nicht hin­rei­chend sub­stan­zi­iert. Kon­kre­te An­halts­punk­te für ei­nen Ab­le­se- oder Über­tra­gungs­feh­ler des Gut­ach­ters trägt der Be­klag­te nicht vor. Über­dies hat der Klä­ger dar­ge­legt, dass das vom Be­klag­ten über­mit­tel­te, am 01.04.2010 auf­ge­nom­me­ne Fo­to des Ar­ma­tu­ren­bretts bei ent­spre­chen­der Ver­grö­ße­rung ei­nen Ta­chostand von 30.483 km zeigt. Die­sen Sach­vor­trag hat der Be­klag­te nicht be­strit­ten.

(2) Oh­ne Er­folg wen­det der Be­klag­te ein, er ha­be im Kauf­ver­trag kei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung an­ge­ge­ben. An dem un­ter Nr. 2.4 des Ver­trags­for­mu­lars vor­ge­druck­ten Text, „dass das Kfz – so­weit ihm be­kannt – ei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung von … auf­weist“, hat der Be­klag­te nichts ge­än­dert oder ge­stri­chen, son­dern nur die Zahl in die vor­ge­se­he­ne Lü­cke ein­ge­tra­gen und hand­schrift­lich hin­zu­ge­fügt „nur Test­fahr­ten“.

(3) So­weit der Be­klag­te meint, die An­ga­be von nur 50 km ha­be vom Klä­ger nicht als Ge­samt­fahr­leis­tung des über 40 Jah­re al­ten Fahr­zeugs ver­stan­den wer­den kön­nen, folgt der Se­nat dem nicht. Es er­scheint nicht aus­ge­schlos­sen, dass ge­ra­de ein Fahr­zeug wie das streit­ge­gen­ständ­li­che auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de über Jahr­zehn­te hin­weg nicht ge­fah­ren wird. Das gilt um­so mehr, als die­ser Fahr­zeug­typ – wie vom Be­klag­ten im In­se­rat her­vor­ge­ho­ben – nur in ge­rin­ger Stück­zahl her­ge­stellt wor­den ist. Die Dar­le­gun­gen des Be­klag­ten zur üb­li­chen Lauf­leis­tung von Kraft­fahr­zeu­gen füh­ren nicht wei­ter, denn die für ei­ne Viel­zahl von Fahr­zeu­gen an­zu­neh­men­den Er­fah­rungs- und Durch­schnitts­wer­te zur Lauf­leis­tung schlie­ßen nicht aus, dass in ei­nem be­son­ders ge­la­ger­ten Ein­zel­fall ei­ne au­ßer­ge­wöhn­li­che Ab­wei­chung von die­sen Wer­ten vor­liegt. Über­dies hat der Be­klag­te das Fahr­zeug im In­se­rat als „ver­gleich­bar ei­nem Neu­fahr­zeug“ be­schrie­ben, das „es in die­ser Qua­li­tät in Deutsch­land wahr­schein­lich nicht mehr ge­ben“ wer­de. Der Klä­ger muss­te auch nicht aus dem Um­fang der be­schrie­be­nen Re­stau­rie­rungs­ar­bei­ten den Schluss zie­hen, dass das Fahr­zeug ei­ne weit­aus hö­he­re Ge­samt­lauf­leis­tung auf­wei­se als vom Be­klag­ten im Ver­trag an­ge­ge­ben, denn aus der Dar­stel­lung der durch­ge­führ­ten Ar­bei­ten geht nicht her­vor, ob die­se durch nut­zungs­be­ding­ten Ver­schleiß oder Al­te­rung bzw. Stand­zeit be­dingt wa­ren.

(4) Der Be­klag­te kann sich nicht dar­auf be­ru­fen, dass ihm der im April 2010 an­ge­zeig­te Ta­chostand nicht mehr er­in­ner­lich ge­we­sen sei. Er ist da­für ver­ant­wort­lich, dass sei­ne Er­klä­run­gen im Ver­trag voll­stän­dig und rich­tig sind, und hat ge­ge­be­nen­falls ei­ne ein­ge­schränk­te Er­in­ne­rung durch ei­nen Blick in die Un­ter­la­gen zu dem Fahr­zeug auf­zu­fri­schen. Das gilt um­so mehr, als nach dem ei­ge­nen Vor­trag des Be­klag­ten der Ta­chostand im Zu­ge der von ihm ver­an­lass­ten Re­stau­rie­rungs­ar­bei­ten auf „0“ ge­setzt wur­de. Dar­an än­dert auch der Um­stand nichts, dass der (fünf­stel­li­ge) Ta­cho mög­li­cher­wei­se auch vor der Her­ab­set­zung des Ki­lo­me­ter­stan­des auf „0“ nicht die wah­re Ge­samt­lauf­leis­tung wie­der­ge­ge­ben hat.

(5) Die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs kann bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Old­ti­mer nicht als für den Kauf­ent­schluss un­er­heb­li­cher Um­stand an­ge­se­hen wer­den, was dem Be­klag­ten auch be­wusst sein muss­te. Es mag sein, dass bei Samm­ler­fahr­zeu­gen der bis­he­ri­gen Lauf­leis­tung als wert­bil­den­dem Fak­tor nicht die­sel­be Be­deu­tung zu­kommt wie bei ei­nem zum täg­li­chen Ge­brauch be­stimm­ten Fahr­zeug. Das än­dert aber nichts dar­an, dass es sich um ei­nen – mög­li­cher­wei­se we­ni­ger ge­wich­ti­gen – Fak­tor han­delt, der für die Kauf­ent­schei­dung Be­deu­tung ha­ben kann. Das zeigt sich schon dar­an, dass in den vom Be­klag­ten ver­wen­de­ten For­mu­lar­kauf­ver­trag für den „Ver­kauf ei­nes his­to­ri­schen Fahr­zeugs“ ei­ne Er­klä­rung des Ver­käu­fers zur Ge­samt­fahr­leis­tung vor­ge­se­hen ist. Über­dies hat der Be­klag­te in den von ihm ein­ge­stell­ten In­se­ra­ten je­weils ei­nen (nied­ri­gen) Ki­lo­me­ter­stand an­ge­ge­ben, was eben­falls be­legt, dass die­ser durch­aus von In­ter­es­se ist. Hin­zu kommt, dass der Be­klag­te das Fahr­zeug im In­se­rat als „ver­gleich­bar mit ei­nem Neu­fahr­zeug“ be­schrie­ben hat. In die­sem Zu­sam­men­hang stellt die im Kauf­ver­trag an­ge­ge­be­ne au­ßer­ge­wöhn­lich nied­ri­ge Ge­samt­lauf­leis­tung ei­nen mit die­ser Be­schrei­bung kor­re­spon­die­ren­den und sie be­stä­ti­gen­den Um­stand dar. Zu­dem hat der Klä­ger vor­ge­tra­gen, dass ihm die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs wich­tig ge­we­sen sei.

c) Dar­über hin­aus stellt die Her­ab­set­zung des Ta­chostan­des auf „0“ im Zu­ge der vom Be­klag­ten ver­an­lass­ten Re­stau­rie­rungs­ar­bei­ten schon für sich be­trach­tet ei­nen Um­stand dar, über den der Be­klag­te als Ver­käu­fer den Klä­ger un­ge­fragt auf­zu­klä­ren hat­te. Die Ver­än­de­rung des Mess­er­geb­nis­ses des Weg­stre­cken­zäh­lers stellt grund­sätz­lich ei­ne Straf­tat dar (§ 22b I Nr. 1 StVG). Der Käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Fahr­zeugs kann sich folg­lich dar­auf ver­las­sen, dass die An­zei­ge des Weg­stre­cken­zäh­lers die tat­säch­lich ge­mes­se­ne ge­sam­te Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs wie­der­gibt. Ist das nach Kennt­nis des Ver­käu­fers nicht der Fall, hat er den Käu­fer dar­auf hin­zu­wei­sen.

Hier ist über­dies auf­grund ei­ner vom Be­klag­ten ver­an­lass­ten Maß­nah­me das Mess­er­geb­nis des Weg­stre­cken­zäh­lers ver­än­dert wor­den. Un­er­heb­lich ist, ob die Ver­än­de­rung des Mess­er­geb­nis­ses als Ver­fäl­schung i. S. des § 22b I Nr. 1 StVG ein­zu­ord­nen ist oder nicht, et­wa weil sie im Rah­men der Re­pa­ra­tur, Jus­tie­rung oder Kon­ver­tie­rung des Weg­stre­cken­zäh­lers er­folgt ist. Die be­rech­tig­te Er­war­tung des Käu­fers, dass der Ta­chostand der tat­säch­li­chen Lauf­leis­tung ent­spricht, wird in bei­den Fäl­len nicht er­füllt. Es kommt so­mit nicht dar­auf an, ob die Her­ab­set­zung des Ta­chostan­des auf „0“ des­halb er­folgt ist, weil der Ta­cho ur­sprüng­lich Mei­len ge­zählt hat und im Zu­ge der Re­stau­rie­rung auf die Zäh­lung von Ki­lo­me­tern um­ge­stellt wor­den ist, wie von­sei­ten des Be­klag­ten in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat dar­ge­legt.

d) Der Klä­ger hat die An­fech­tung frist­ge­recht er­klärt (§ 124 I, II BGB). Die An­fech­tungs­frist be­ginnt, so­bald der An­fech­tungs­be­rech­tig­te vom Irr­tum und vom arg­lis­ti­gen Ver­hal­ten des an­de­ren Teils Kennt­nis er­langt hat; ein blo­ßer Ver­dacht oder Ken­nen­müs­sen ge­nügt nicht. Die Kennt­nis vom arg­lis­ti­gen Ver­hal­ten des Be­klag­ten hat der Klä­ger erst er­langt, als ihm auf­grund der im Be­ru­fungs­ver­fah­ren durch­ge­führ­ten Nach­for­schun­gen be­kannt ge­wor­den ist, dass der Ta­cho vor der Re­stau­rie­rung ei­nen Stand von rund 30.000 (Ki­lo­me­ter oder Mei­len) aus­ge­wie­sen hat. Es ist folg­lich oh­ne Be­lang, ob die im Gut­ach­ten K vom 11.05.2010 fest­ge­stell­ten Män­gel auch für ei­nen Lai­en er­kenn­bar al­len­falls bei ei­ner Lauf­leis­tung von 100.000 km ein­tre­ten kön­nen; der Ein­ho­lung des hier­für an­ge­bo­te­nen Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens be­darf es nicht …

e) Im Üb­ri­gen bleibt der zu­gleich be­ste­hen­de An­spruch aus cul­pa in con­tra­hen­do auch nach Ab­lauf der An­fech­tungs­frist be­ste­hen (Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB 76. Aufl. [2017], § 124 Rn. 1 m. w. Nachw.).

(1) Die un­zu­tref­fen­de An­ga­be der Ge­samt­lauf­leis­tung im Kauf­ver­trag stellt eben­so ei­ne Ver­let­zung der vor­ver­trag­li­chen Auf­klä­rungs­pflicht dar wie das Ver­schwei­gen der Ver­än­de­rung des Ta­chostands. Bei den An­ga­ben un­ter Nr. I. 2 des Kauf­ver­tra­ges („Der Ver­käu­fer er­klärt“) han­delt es sich um Wis­sens­er­klä­run­gen. Der Ver­käu­fer, der ei­ne sol­che Wis­sens­mit­tei­lung ab­gibt, haf­tet nach §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB da­für, dass die An­ga­ben voll­stän­dig und rich­tig sind (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 13; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 76. Aufl. [2017], § 434 Rn. 15 m. w. Nachw.). Das ist hin­sicht­lich der An­ga­ben des Be­klag­ten zur Ge­samt­fahr­leis­tung nicht der Fall. In­so­weit wird auf die Aus­füh­run­gen un­ter 1 b Be­zug ge­nom­men.

(2) Die Ver­än­de­rung der An­zei­ge des Weg­stre­cken­zäh­lers hat­te der Be­klag­te of­fen­zu­le­gen (vgl. oben 1 c). Das hat er un­strei­tig un­ter­las­sen.

2. So­weit der Be­klag­te im Schrift­satz vom 14.11.2016 erst­mals un­ter Be­weis­an­tritt vor­trägt, er ha­be be­reits in ei­nem Te­le­fo­nat mit dem Klä­ger auf des­sen Fra­ge nach der Lauf­leis­tung er­läu­tert, dass die­se nicht ver­läss­lich an­ge­ge­ben wer­den kön­ne, ist die­ses Vor­brin­gen eben­so ver­spä­tet wie die un­ter Be­weis ge­stell­te Be­haup­tung, der Klä­ger ha­be bei der Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs bei der Old­ti­mer-Mes­se in Stutt­gart ei­nen Ta­chostand von rund 30.000 wahr­neh­men kön­nen (§ 530 ZPO i. V. mit § 296 I ZPO). Die Zu­las­sung wür­de den Rechts­streit ver­zö­gern und ist nicht hin­rei­chend ent­schul­digt.

Dem Be­klag­ten wur­de ei­ne Schrift­satz­frist ein­ge­räumt im Hin­blick auf den Schrift­satz des Klä­gers vom 05.10.2016. Da­mit ste­hen die neu­en Be­haup­tun­gen nicht in Zu­sam­men­hang.

Der Hin­weis des Se­nats im Ter­min vom 12.10.2016, wo­nach sich ei­ne Haf­tung des Be­klag­ten auch aus der Ver­let­zung vor­ver­trag­li­cher Auf­klä­rungs­pflich­ten er­ge­ben kön­ne, bie­tet kei­nen An­lass zu neu­em Sach­vor­trag. Die­ser recht­li­chen Ein­ord­nung liegt kein an­de­rer Sach­ver­halt zu­grun­de als der­je­ni­ge, aus dem sich die arg­lis­ti­ge Täu­schung er­gibt. Der Be­klag­te hat we­der in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung vom 22.07.2016 noch in sei­ner Stel­lung­nah­me vom 25.08.2016 zum Hin­weis des Se­nats vom 03.08.2016, wo­nach die An­nah­me von arg­lis­ti­gem Ver­hal­ten des Be­klag­ten im Zu­sam­men­hang mit sei­nen An­ga­ben zur Ge­samt­fahr­leis­tung na­he­lie­ge, die nun be­haup­te­ten Ge­sprä­che mit dem Klä­ger bzw. mit des­sen Be­kann­ten über die schwie­rig zu schät­zen­de Ki­lo­me­ter­leis­tung er­wähnt. Dem­ge­gen­über hat er in die­sen Schrift­sät­zen um­fang­reich dar­ge­legt, wes­halb aus sei­ner Sicht dem Klä­ger be­wusst sein muss­te, dass die An­ga­be im schrift­li­chen Ver­trag nicht die Ge­samt­lauf­leis­tung be­tref­fen konn­te. Im Schrift­satz vom 25.08.2016 hat er zu­dem vor­ge­tra­gen, der Klä­ger ha­be nach ei­ner Ge­samt­lauf­leis­tung zu kei­nem Zeit­punkt ge­fragt. Auch hat er in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung aus­drück­lich vor­ge­tra­gen, der Ta­cho sei im Rah­men der Re­stau­rie­rung auf „0“ ge­setzt wor­den (was durch den Be­richt zur Haupt­un­ter­su­chung vom 02.04.2014 be­legt wird, in dem der Ki­lo­me­ter­stand mit „15“ an­ge­ge­ben ist), so­dass der ur­sprüng­li­che Stand bei der Be­sich­ti­gung durch den Klä­ger En­de März 2015 nicht mehr an­ge­zeigt wor­den sein kann.

3. Der Klä­ger hat An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 330.000 €, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs, so­wie auf Er­stat­tung der Fracht- und Sach­ver­stän­di­gen­kos­ten in Hö­he von ins­ge­samt 3.128 € und der vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten in Hö­he von 4.066,11 € …

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