Wer Ei­gen­tü­mer ei­nes Kraft­fahr­zeugs ist, er­gibt sich we­der aus der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I bzw. dem Fahr­zeug­schein noch aus der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II bzw. dem Fahr­zeug­brief.

OVG Saar­lou­is, Be­schluss vom 28.08.2015 – 1 A 5/15

Sach­ver­halt: Mit Ur­teil vom 25.11.2014 hat das VG Saar­brü­cken ei­ne Kla­ge, mit der der Be­klag­te ver­pflich­tet wer­den soll­te, ein si­cher­ge­stell­tes Fahr­zeug (VW Ca­ra­vel­le) an den Klä­ger statt an den Bei­ge­la­de­nen her­aus­zu­ge­ben, ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, dass dem Klä­ger ein An­spruch auf Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs nicht zu­ste­he, weil er sei­ne Be­rech­ti­gung nicht i. S. des § 24 I 2 SPolG glaub­haft ge­macht ha­be. Viel­mehr spre­che die Ei­gen­tums­ver­mu­tung des § 1006 I 1 BGB für den Bei­ge­la­de­nen, der im Zeit­punkt der Si­cher­stel­lung Ge­wahr­sams­in­ha­ber des Fahr­zeugs ge­we­sen sei. Zu­guns­ten des Klä­gers grei­fe auch nicht § 1006 I 2 BGB ein.

Der An­trag auf Zu­las­sung der Be­ru­fung ge­gen die­ses Ur­teil hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Das den Prü­fungs­um­fang im Zu­las­sungs­ver­fah­ren be­gren­zen­de Vor­brin­gen des Klä­gers im Schrift­satz vom 07.01.2015 gibt – auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung sei­nes er­gän­zen­den Vor­brin­gens in den nach­fol­gen­den Schrift­sät­zen – kei­ne Ver­an­las­sung, das erst­in­stanz­li­che Ur­teil ei­ner Über­prü­fung in ei­nem Be­ru­fungs­ver­fah­ren zu­zu­füh­ren. Aus der An­trags­be­grün­dung er­gibt sich nicht, dass der al­lein gel­tend ge­mach­te Be­ru­fungs­zu­las­sungs­tat­be­stand der ernst­li­chen Zwei­fel an der Rich­tig­keit der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung (§ 124 II Nr. 1 Vw­GO) ge­ge­ben ist.

Ernst­li­che Zwei­fel an der Rich­tig­keit der Ent­schei­dung im Ver­ständ­nis des § 124 II Nr. 1 Vw­GO be­ste­hen dann, wenn ge­gen de­ren Rich­tig­keit nach sum­ma­ri­scher Prü­fung ge­wich­ti­ge Ge­sichts­punk­te spre­chen, wo­von im­mer dann aus­zu­ge­hen ist, wenn ein ein­zel­ner tra­gen­der Rechts­satz oder ei­ne er­heb­li­che Tat­sa­chen­fest­stel­lung mit schlüs­si­gen Ge­gen­ar­gu­men­ten in­fra­ge ge­stellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 – 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163 [1164]; Beschl. v. 03.03.2004 – 1 BvR 461/03, NJW 2004, 2511).

Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind fall­be­zo­gen nicht ge­ge­ben.

Nach der maß­geb­li­chen Vor­schrift des § 24 I 1 SPolG ist ei­ne po­li­zei­lich si­cher­ge­stell­te Sa­che, so­bald die Vor­aus­set­zun­gen für die Si­cher­stel­lung weg­ge­fal­len sind, an den­je­ni­gen her­aus­zu­ge­ben, bei dem sie si­cher­ge­stellt wor­den ist. Ist die Her­aus­ga­be an die­sen – aus recht­li­chen oder tat­säch­li­chen Grün­den – nicht mög­lich, kann die si­cher­ge­stell­te Sa­che nach Satz 2 der Vor­schrift an ei­nen an­de­ren her­aus­ge­ge­ben wer­den, der sei­ne Be­rech­ti­gung glaub­haft macht. Im vor­lie­gen­den Fall war der Bei­ge­la­de­ne im Zeit­punkt der Si­cher­stel­lung Ge­wahr­sams­in­ha­ber des Fahr­zeugs. Nach der Rechts­fol­ge des § 24 I 1 SPolG ist das Fahr­zeug da­her an ihn her­aus­zu­ge­ben. Ei­ne Be­rech­ti­gung des Klä­gers i. S. von § 24 I 2 SPolG hat die­ser nicht glaub­haft ge­macht.

Die Be­rech­ti­gung des Bei­ge­la­de­nen be­ruht auf der Ei­gen­tums­ver­mu­tung des § 1006 I 1 BGB. Da der Bei­ge­la­de­ne im Zeit­punkt der Si­cher­stel­lung Be­sit­zer des Fahr­zeugs war, wird ver­mu­tet, dass er Ei­gen­tü­mer der Sa­che und da­mit Be­rech­tig­ter sei.

Die­se Ver­mu­tung ist fall­be­zo­gen nicht wi­der­legt. Zwar dür­fen we­gen der Un­zu­ver­läs­sig­keit des Schlus­ses vom Be­sitz auf das Ei­gen­tum an die Wi­der­le­gung der Ver­mu­tung kei­ne ho­hen An­for­de­run­gen ge­stellt wer­den. Auch bei Zu­bil­li­gung von Be­wei­ser­leich­te­run­gen in der­ar­ti­gen Fäl­len müs­sen je­doch zu­min­dest Um­stän­de be­wie­sen wer­den, die das Ei­gen­tum des Geg­ners der Ver­mu­tung – hier al­so des Klä­gers – wahr­schein­li­cher er­schei­nen las­sen als das Ei­gen­tum des im Zeit­punkt der Si­cher­stel­lung ge­gen­wär­ti­gen Be­sit­zers oder die die vom Be­sit­zer be­haup­te­ten Er­werbstat­sa­chen – hier al­so der Kauf des Fahr­zeugs – wi­der­le­gen (s. hier­zu BVerwG, Urt. v. 24.04.2002 – 8 C 9/01, ju­ris). We­der das ei­ne noch das an­de­re ist dem Klä­ger vor­lie­gend ge­lun­gen.

Der Bei­ge­la­de­ne hat das Fahr­zeug – un­strei­tig – am 25.06.2012 bei dem Au­to­haus R in K. ge­kauft und das Ei­gen­tum dar­an er­wor­ben. Da­mit sind die vom Bei­ge­la­de­nen vor­ge­tra­ge­nen Er­werbstat­sa­chen nicht wi­der­legt. Dass der Klä­ger in der Fol­ge­zeit das Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug er­langt hat, ist nicht wahr­schein­li­cher, als dass der Bei­ge­la­de­ne auch noch im Zeit­punkt der Si­cher­stel­lung Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs war.

Zum Be­leg sei­ner Be­rech­ti­gung ver­weist der Klä­ger in ers­ter Li­nie dar­auf, dass er am 04.10.2012 in die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I und Teil II ein­ge­tra­gen wor­den sei und die­se Do­ku­men­te in Be­sitz ha­be. Die­se Ar­gu­men­ta­ti­on ver­fängt je­doch nicht. Denn we­der der Ein­trag in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung noch der Be­sitz der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung be­legt das Ei­gen­tum am Fahr­zeug. Die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I (vor­mals Fahr­zeug­schein) dient le­dig­lich als Nach­weis da­für, dass das be­tref­fen­de Fahr­zeug zu­ge­las­sen ist (Dau­er, in: Hent­schel/Kö­nig/Dau­er, Stra­ßen­ver­kehrs­recht, 43. Aufl., § 11 FZV Rn. 8). Eben­so we­nig er­gibt sich das Ei­gen­tum am Kraft­fahr­zeug aus der Ein­tra­gung in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (vor­mals Fahr­zeug­brief), da die­se le­dig­lich do­ku­men­tiert, auf wel­che Per­son ein Kraft­fahr­zeug zu­ge­las­sen ist; aus der Ein­tra­gung kann da­her we­der zwin­gend auf den Hal­ter noch auf den Ei­gen­tü­mer ge­schlos­sen wer­den, da die Zu­las­sungs­be­hör­de die zi­vil­recht­li­che Rechts­la­ge nicht prüft (Dau­er, in: Hent­schel/Kö­nig/Dau­er, a. a. O., § 12 FZV Rn. 13; KG, Beschl. v. 12.04.2007 – 12 U 51/07, ju­ris; Beschl. v. 29.10.2007 – 12 U 83/07, ju­ris [je­weils für den Fahr­zeug­brief]).

Die feh­len­de Eig­nung der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I und Teil II zum Nach­weis des Ei­gen­tums am Kraft­fahr­zeug geht auch aus den Do­ku­men­ten selbst her­vor. Denn in bei­den Do­ku­men­ten ist un­ter C.4c amt­lich ver­merkt, dass der In­ha­ber der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung nicht als Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs aus­ge­wie­sen wird.

Ent­ge­gen der An­sicht des Klä­gers folgt sei­ne Ei­gen­tü­mer­stel­lung auch nicht aus sei­ner Be­haup­tung, die Steu­ern und die Ver­si­che­rung für das Fahr­zeug be­zahlt zu ha­ben. Denn hier­bei han­delt es sich Ver­pflich­tun­gen, die ty­pi­scher­wei­se dem Hal­ter des Fahr­zeu­ges ob­lie­gen.

Dar­über hin­aus ist das Vor­brin­gen des Klä­gers zum nach­träg­li­chen Er­werbs­vor­gang in ho­hem Ma­ße wi­der­sprüch­lich und un­sub­stan­zi­iert. In­so­weit hat das Ver­wal­tungs­ge­richt in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil aus­ge­führt, dass der Klä­ger bei sei­ner po­li­zei­li­chen Ver­neh­mung am 06.08.2013 an­ge­ge­ben hat, das Fahr­zeug von dem Bei­ge­la­de­nen qua­si als Pfand für noch of­fen­ste­hen­de Rech­nun­gen er­hal­ten und mit die­sem ver­ein­bart zu ha­ben, dass er das Fahr­zeug nach de­ren Be­glei­chung noch­mals zu­rück­be­kom­me. Die­ser Fest­stel­lung ist der Klä­ger mit sei­nem Be­ru­fungs­zu­las­sungs­an­trag nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten. Dem­ge­gen­über hat der Klä­ger in sei­nem an die Wi­der­spruchs­be­hör­de ge­rich­te­ten Schrei­ben vom 16.10.2013 zu­nächst be­haup­tet, das Fahr­zeug als Si­cher­heit für noch of­fen­ste­hen­de For­de­run­gen er­hal­ten zu ha­ben, im Wei­te­ren aber er­klärt, dass es sich im Grun­de ge­nom­men um ei­nen „nor­ma­len Ge­braucht­wa­gen­kauf“ ge­han­delt ha­be, wo­bei statt der Zah­lung ei­nes Kauf­prei­ses ei­ne Ver­rech­nung mit den von ihm für den Bei­ge­la­de­nen ge­leis­te­ten Diens­ten er­folgt sei. In­so­weit er­scheint in­des­sen fern­lie­gend, dass zum Aus­gleich an­geb­li­cher For­de­run­gen des Klä­gers, die sich nach des­sen – oh­ne­hin nicht nä­her sub­stan­zi­ier­ten – An­ga­ben in der Kla­ge­schrift im Ok­to­ber 2012 auf 2.400 € (Kos­ten für Woh­nung) so­wie 12.000 € (Kos­ten für Tä­tig­keit) be­lau­fen ha­ben sol­len, ein Fahr­zeug über­eig­net wor­den sein soll, das der Bei­ge­la­de­ne vier Mo­na­te zu­vor zum Preis von 26.500 € ge­kauft hat.

Auf der an­de­ren Sei­te hat der Bei­ge­la­de­ne durch­aus plau­si­bel dar­ge­legt, dass das Fahr­zeug, nach­dem die­ses be­reits un­mit­tel­bar nach dem Kauf aus ver­si­che­rungs­tech­ni­schen Grün­den auf ei­ne wei­te­re Per­son (Herrn A) an­ge­mel­det wor­den sei, für ei­ne ge­wis­se Zeit dem Klä­ger über­las­sen und die­ser in die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung ein­ge­tra­gen wor­den ist, weil er – der Bei­ge­la­de­ne – zum da­ma­li­gen Zeit­punkt noch nicht „fest“ in Deutsch­land ge­wohnt ha­be und im­mer wie­der nach Ku­wait zu­rück­ge­reist sei.

Zu­guns­ten des Klä­gers spricht auch nicht die Re­ge­lung in § 1006 I 2 BGB. Da­nach gilt die Ei­gen­tums­ver­mu­tung nach Satz 1 nicht ge­gen­über ei­nem frü­he­ren Be­sit­zer, dem die Sa­che ge­stoh­len wor­den, ver­lo­ren­ge­gan­gen oder sonst ab­han­den­ge­kom­men ist, es sei denn, dass es sich um Geld oder In­ha­ber­pa­pie­re han­delt. Zwar ist der Klä­ger ge­gen­über dem Bei­ge­la­de­nen frü­he­rer Be­sit­zer, weil er das Fahr­zeug nach dem Er­werb durch den Bei­ge­la­de­nen zeit­wei­se in Be­sitz hat­te. Dem Klä­ger ist aber das Fahr­zeug we­der ge­stoh­len wor­den noch ver­lo­ren­ge­gan­gen oder sonst ab­han­den­ge­kom­men. Der Klä­ger trägt näm­lich selbst vor, dass er das Fahr­zeug dem Bei­ge­la­de­nen ge­lie­hen ha­be. Da­mit kann je­den­falls ein Ver­lust des Be­sit­zes ge­gen oder oh­ne den Wil­len des Klä­gers nicht fest­ge­stellt wer­den.

Bei die­ser Sach­la­ge kann für den Klä­ger güns­tigs­ten­falls da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Ei­gen­tums­ver­hält­nis­se an dem Fahr­zeug VW Ca­ra­vel­le mit dem amt­li­chen Kenn­zei­chen … un­ge­klärt sind. In die­sem Fall muss es aber bei der Her­aus­ga­be an den Bei­ge­la­de­nen ver­blei­ben, weil bei die­sem das Fahr­zeug si­cher­ge­stellt wor­den ist. Da­ge­gen kann ei­ne Be­rech­ti­gung des Klä­gers i. S. von § 24 I 2 SPolG, die An­lass hät­te sein kön­nen, das Fahr­zeug aus­nahms­wei­se an ihn her­aus­zu­ge­ben, nicht mit der er­for­der­li­chen Wahr­schein­lich­keit fest­ge­stellt wer­den.

Im Üb­ri­gen hat das Ver­wal­tungs­ge­richt auch zu­tref­fend er­kannt, dass es nicht Auf­ga­be des Be­klag­ten ist, im Rah­men des § 24 I SPolG ab­schlie­ßend über das Ei­gen­tum an ei­ner si­cher­ge­stell­ten Sa­che zu ent­schei­den, dies viel­mehr ei­ner zi­vil­ge­richt­li­chen Klä­rung vor­be­hal­ten blei­ben müs­se. Hier­zu hat­te und hat der Klä­ger aus­rei­chend Ge­le­gen­heit.

Der An­trag auf Zu­las­sung der Be­ru­fung ist da­her mit der Kos­ten­fol­ge aus § 154 I Vw­GO zu­rück­zu­wei­sen …

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