Es ist all­ge­mein be­kannt, dass Ga­ran­tie­an­sprü­che ge­fähr­det wer­den oder ent­fal­len kön­nen, wenn ein Kfz-Käu­fer die vom Fahr­zeug­her­stel­ler vor­ge­ge­be­nen In­spek­ti­ons­in­ter­val­le nicht ein­hält. Wel­che In­spek­ti­ons­in­ter­val­le vor­ge­se­hen sind, muss der Käu­fer not­falls – wenn er die­se In­for­ma­ti­on nicht vom Ver­käu­fer er­hält – beim Fahr­zeug­her­stel­ler oder ei­nem Ver­trags­händ­ler er­fra­gen oder im In­ter­net re­cher­chie­ren.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 04.12.2013 – I-3 U 8/13

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­stell­te am 10.10.2009 bei der Be­klag­ten ein aus Finn­land re­impor­tier­tes Fahr­zeug (Kia So­ren­to 2.5 CR­Di) zum Preis von 28.200 €. Auf dem Be­stell­for­mu­lar ist ver­se­hent­lich die Zeu­gin E, die Ehe­frau des Klä­gers, als Be­stel­le­rin an­ge­ge­ben. Käu­fe­rin des Fahr­zeugs war die G-GmbH, die dem Klä­ger das Fahr­zeug spä­ter auf der Grund­la­ge ei­nes Lea­sing­ver­tra­ges über­ließ. In dem Lea­sing­ver­trag trat die G-GmbH ih­re kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ge­gen die Be­klag­te an den Klä­ger als Lea­sing­neh­mer ab.

Das be­stell­te Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am 03.11.2009 über­ge­ben. Ei­ni­ge Zeit spä­ter er­hielt der Klä­ger zwar ei­ne deut­sche Be­triebs­an­lei­tung, aber kein Ser­vice­heft in deut­scher Spra­che.

Am 18.032.2011 ließ der Klä­ger bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 27.299 ei­ne In­spek­ti­on vor­neh­men. Am 19.09.2011 er­litt das Fahr­zeug ei­nen Mo­tor­scha­den.

Der Klä­ger mach­te des­halb Män­gel­an­sprü­che ge­gen die Be­klag­te gel­tend. Die­se lehn­te ei­ne Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs ab und ver­wies den Klä­ger über­dies auf ei­ne Her­stel­ler­ga­ran­tie der KIA MO­TORS Deutsch­land GmbH. Der Klä­ger for­der­te die­se Ge­sell­schaft mit Schrei­ben vom 07.12.2011 auf, die Kos­ten für ei­ne In­stand­set­zung sei­nes Fahr­zeugs zu über­neh­men. Ei­ne Kos­ten­über­nah­me lehn­te die KIA MO­TORS Deutsch­land GmbH je­doch un­ter dem 16.12.2011 mit der Be­grün­dung ab, dass die Erst­in­spek­ti­on nach den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen be­reits bei ei­ner Lauf­leis­tung von 15.000 km, spä­tes­tens aber nach ei­nem Jahr hät­te durch­ge­führt wer­den müs­sen.

Mit An­walts­schrei­ben vom 04.01.2012 for­der­te der Klä­ger die Be­klag­te ver­geb­lich auf, bis zum 14.01.2012 das Fahr­zeug in­stand zu set­zen oder zu er­klä­ren, für die ent­ste­hen­den Re­pa­ra­tur­kos­ten auf­zu­kom­men. Er ließ das Fahr­zeug schließ­lich bei der X-GmbH re­pa­rie­ren, die für die Re­pa­ra­tur 13.956,56 € be­rech­ne­te.

Der Klä­ger hat be­haup­tet, bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs am 03.11.2009 ha­be ihm der Zeu­ge O auf sei­ne aus­drück­li­che Nach­fra­ge er­klärt, dass die ers­te In­spek­ti­on nach 30.000 km fäl­lig sei. Des­halb ha­be er, der Klä­ger, das Fahr­zeug nicht schon frü­her in­spi­zie­ren las­sen. Der Zeu­ge O ha­be über­dies er­klärt, ein re­impor­tier­tes Fahr­zeug un­ter­schei­de sich nicht we­sent­lich von ei­nem deut­schen Fahr­zeug. Auch ha­be er, der Klä­ger, mehr­fach beim Zeu­gen O nach ei­nem deut­schen Ser­vice­heft ge­fragt.

Das Land­ge­richt hat die im We­sent­li­chen auf Zah­lung von 13.956,56 € ge­rich­te­te Kla­ge mit der Be­grün­dung ab­ge­wie­sen, dass der Klä­ger ei­nen Zah­lungs­an­spruch nach §§ 311, 241 I, 280 I, 278 BGB we­der un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­ner un­ter­blie­be­nen Auf­klä­rung noch auf­grund des nicht über­ge­be­nen Ser­vice­hefts ha­be. Die Be­klag­te sei nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, den Klä­ger über die Ga­ran­tie­be­din­gun­gen – na­ment­lich hin­sicht­lich der ein­zu­hal­ten­den War­tungs­in­ter­val­le – auf­zu­klä­ren. Es stel­le auch kei­ne Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten dar, dass sie dem Klä­ger kein Ser­vice­heft in deut­scher Spra­che über­ge­ben ha­be. Schließ­lich be­ste­he auch kein Scha­dens­er­satz­an­spruch des Klä­gers un­ter dem As­pekt der Falschauf­klä­rung über die ein­zu­hal­ten­den In­spek­ti­ons­in­ter­val­le. Denn ei­ne Falsch­in­for­ma­ti­on sei­tens des Zeu­gen O ha­be der dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Klä­ger nicht nach­ge­wie­sen.

Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Das Land­ge­richt hat die Kla­ge im Er­geb­nis zu Recht ab­ge­wie­sen. Das Ur­teil der Kam­mer be­ruht nicht auf ei­ner Rechts­ver­let­zung (§ 546 ZPO); die nach § 529 ZPO zu­grun­de zu le­gen­den Tat­sa­chen recht­fer­ti­gen kei­ne an­de­re Ent­schei­dung (§ 513 ZPO).

Oh­ne Er­folg macht der Klä­ger An­sprü­che we­gen ei­ner be­haup­te­ten feh­ler­haf­ten Auf­klä­rung über die In­spek­ti­ons­in­ter­val­le zur Er­hal­tung der Her­stel­ler­ga­ran­tie … gel­tend.

1. Zu Un­recht sieht der Klä­ger in ei­ner Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten in Ge­stalt ei­ner un­ter­blie­be­nen Über­ga­be des Ser­vice­hefts in deut­scher Spra­che die Ba­sis für ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­gen die Be­klag­te.

Die Mög­lich­keit der Kennt­nis­er­lan­gung von den In­spek­ti­ons­in­ter­val­len … ist dem Klä­ger hier­durch näm­lich nicht ge­nom­men wor­den. Die un­ter­blie­be­ne Über­ga­be des Ser­vice­hefts in deut­scher Spra­che konn­te ins­be­son­de­re nicht da­zu füh­ren, dass der Klä­ger über die ga­ran­tie­er­hal­ten­den War­tungs­in­ter­val­le spe­ku­lie­ren, na­ment­lich dar­auf ver­trau­en durf­te, dass ei­ne In­spek­ti­on erst bei 30.000 km vor­ge­se­hen sei. Dies gilt um­so mehr, als ein der­art ge­räu­mi­ges War­tungs­in­ter­vall er­fah­rungs­ge­mäß eher die Aus­nah­me dar­stellt. Not­falls hät­te der Klä­ger sich zur Ver­mei­dung des Vor­wurfs ei­nes Ver­sto­ßes ge­gen die ei­ge­nen wohl­ver­stan­de­nen In­ter­es­sen (§ 254 II BGB) ver­läss­li­che In­for­ma­tio­nen über die nächs­ten er­for­der­li­chen In­spek­tio­nen an­der­weit be­schaf­fen müs­sen. Der Klä­ger sagt auch nicht, dass er sich die­se In­for­ma­tio­nen nicht auf zu­mut­ba­re Wei­se ha­be be­schaf­fen kön­nen, zum Bei­spiel von der Werk­statt der Be­klag­ten, ei­ner an­de­ren Kia-Ver­tre­tung, der KIA MO­TORS Deutsch­land GmbH oder aus dem In­ter­net. Dass bei Nicht­ein­hal­ten der War­tungs­in­ter­val­le Ga­ran­tie­an­sprü­che ge­fähr­det wer­den oder ent­fal­len, kann als all­ge­mein be­kannt gel­ten; dass der Klä­ger dies nicht ge­wusst ha­be, be­haup­tet er auch nicht.

2. Ei­ne der Be­klag­ten zu­re­chen­ba­re Pflicht­ver­let­zung des Zeu­gen O … in Ge­stalt ei­ner un­rich­ti­gen In­for­ma­ti­ons­er­tei­lung im Hin­blick auf die ga­ran­tie­er­hal­ten­den In­spek­ti­ons­in­ter­val­le ist nicht be­wie­sen. Die Be­weis­wür­di­gung im an­ge­foch­te­nen Ur­teil ist nicht zu be­an­stan­den.

a) Die Zeu­gin´E hat be­kun­det, über die Ki­lo­me­ter­leis­tung sei nicht ge­spro­chen wor­den; es sei – nicht beim Ver­kauf, son­dern bei Ab­ho­lung des Fahr­zeugs – nur ge­sagt wor­den, dass bei 30.000 km ein Öl­wech­sel fäl­lig wer­de. Sie kön­ne sich nicht mehr dar­an er­in­nern, dass der Klä­ger nach Ser­vice­in­ter­val­len ge­fragt hat. Der Zeu­ge O ha­be ge­meint, dass ein Öl­wech­sel bei ei­nem Die­sel erst nach 30.000 km fäl­lig sei. Von ei­ner gro­ßen und klei­nen In­spek­ti­on sei nicht die Re­de ge­we­sen.

Die Be­kun­dung der Zeu­gin E, Ehe­frau des Klä­gers, ist un­er­gie­big. Dass der Zeu­ge O dem Klä­ger er­klärt hat, die ers­te In­spek­ti­on sei erst bei 30.000 km fäl­lig, hat die Zeu­gin nicht be­stä­tigt, son­dern dass ein Öl­wech­sel bzw. ein Öl­wech­sel bei ei­nem Die­sel erst bei 30.000 km statt­fin­de. Da­für, dass die Zeu­gin E Öl­wech­sel als Syn­onym für In­spek­ti­on ver­stan­den hat, spricht in­des au­ßer der blo­ßen Spe­ku­la­ti­on des Klä­gers, wo­nach man­gels spe­zi­fi­scher Kennt­nis­se „für die Zeu­gin ei­ne In­spek­ti­on – ob klein oder groß – mit ei­nem Öl­wech­sel gleich­zu­set­zen“ sei, nichts.

b) Der Zeu­ge O, da­ma­li­ger Au­to­ver­käu­fer der Be­klag­ten, hat aus­ge­sagt, Kia ha­be die Ga­ran­tie so ge­re­gelt, dass man nach ei­nem Jahr oder 15.000 km – je nach­dem, was zu­erst ein­tritt – zur In­spek­ti­on fah­ren müs­se. Er wis­se noch, dass dar­über ge­re­det wor­den sei. Er er­in­ne­re sich, dass er über die von Kia ver­lang­te klei­ne und die gro­ße In­spek­ti­on ge­spro­chen ha­be; er kön­ne sich dar­an er­in­nern, weil er die Ga­ran­tie im­mer an­spre­che … Die Ga­ran­ti­ein­ter­val­le hät­ten vor dem 02.01.2010 bei Kia ein­heit­lich 15.000 km be­tra­gen; die­se sei­en bei ei­ni­gen ab dem 02.01.2010 zu­ge­las­sen Fahr­zeug­mo­del­len auf 20.000 km er­wei­tert wor­den, zu­dem sei sie­ben Jah­re Ga­ran­tie ge­ge­ben wor­den. Dies be­tref­fe aber nicht das Fahr­zeug des Klä­gers, da es vor­her zu­ge­las­sen wor­den sei. Hin­sicht­lich der Ga­ran­tie ha­be zwi­schen Re­import-Fahr­zeu­gen und sons­ti­gen kein Un­ter­scheid be­stan­den. Dass ei­ne In­spek­ti­on erst nach 30.000 km nö­tig sei, ha­be er nicht ge­sagt; bei Kia sei bei 15.000 km ei­ne klei­ne, nach 30.000 km ei­ne gro­ße, dann nach wei­te­ren 15.000 km ei­ne klei­ne und so­dann wie­der ei­ne gro­ße In­spek­ti­on fäl­lig. Kun­den wür­den bei der Be­klag­ten – auch im Ei­gen­in­ter­es­se – se­pa­rat an­ge­schrie­ben und an den Ser­vice er­in­nert.

Der Zeu­ge O hat so­mit be­stä­tigt, dass über In­spek­ti­ons­in­ter­val­le von 15.000 km ge­spro­chen wor­den sei; dass ei­ne In­spek­ti­on erst nach 30.000 km nö­tig sei, ha­be er nicht ge­sagt. Dass der Zeu­ge O – so der Klä­ger – von 30.000-km- In­spek­ti­ons­in­ter­val­len ge­spro­chen hat, er­scheint über­dies we­nig plau­si­bel. Bei dem Zeu­gen han­del­te es sich um ei­nen er­fah­re­nen Kfz-Ver­käu­fer; er kann­te die War­tungs­in­ter­val­le und hat­te kein er­kenn­ba­res In­ter­es­se, ge­räu­mi­ge­re In­ter­val­le zu nen­nen, da das Zu­stan­de­kom­men des Kaufs oder die Hö­he des Kauf­prei­ses (und da­mit wo­mög­lich sei­ne Pro­vi­si­on) hier­von nicht ab­hin­gen; im In­ter­es­se der Be­klag­ten lag – wenn über­haupt – eher die An­ga­be ge­rin­ge­rer In­ter­val­le, da sie an den In­spek­tio­nen, ins­be­son­de­re dem Öl­wech­sel, ver­dient.

c) Hier­nach hat je­den­falls der in­so­weit … be­weis­be­las­te­te Klä­ger die von ihm be­haup­te­te, der Be­klag­ten zu­re­chen­ba­re Pflicht­ver­let­zung sei­tens des Zeu­gen O in Form ei­ner feh­ler­haf­ten Auf­klä­rung über die mit Blick auf den Er­halt der Her­stel­ler­ga­ran­tie ein­zu­hal­ten­den In­spek­ti­ons­in­ter­val­le nicht be­wie­sen. Für die vom Klä­ger be­für­wor­te­te Be­weis­last­um­kehr zu­las­ten der Be­klag­ten aus dem Ge­sichts­punkt ei­ner un­ter­blie­be­nen Über­ga­be des Ser­vice­hefts in deut­scher Spra­che ist kein Raum …

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