Von einem gewissenhaften Käufer darf erwartet werden, dass er einen Kaufvertrag sorgsam durchliest und bei Unklarheiten nachfragt. Eine Nachfrage drängt sich geradezu auf, wenn im Kaufvertrag ein Mangel der Kaufsache aufgeführt ist und dem Käufer wegen dieses Mangels ein erheblicher Nachlass auf einen nie thematisierten „Grundpreis“ gewährt wird.
LG Köln, Urteil vom 12.08.2013 – 36 O 170/11
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem Beklagten, dem Inhaber eines Autohauses, einen gebrauchten Pkw Mercedes-Benz A 180 CDI. Die Parteien streiten darüber, ob dieses Fahrzeug mangelhaft ist und dem Kläger deshalb ein Rücktrittsrecht zusteht.
Der Kläger besichtigte das streitgegenständliche Fahrzeug, das am 21.09.2004 erstzugelassen worden war, einige Tage vor dem 30.06.2011 im Beisein seiner Ehefrau. Er erwarb es am 30.06.2011 zu einem Kaufpreis von 7.800 €. An diesem Tag erschien der Kläger kurz vor Ladenschluss und unterschrieb – nach eigenen Angaben in Eile – einen Kaufvertrag.
In diesem Vertrag ist unter der Überschrift „Mängel, Unfall- und andere Schäden“ festgehalten: „diverse Nachlackierungen aufgrund Aufbereitung! Türen Rost! Preislachlass Grundpreis 9.999 €.“
Zudem unterschrieb der Kläger ein Formular „Vertragszusatz Defekterwartung“, das er nach eigenen Angaben nicht im Einzelnen durchlas. Darin heißt es unter anderem:
„Bei dem oben angegebenen Fahrzeug ist (bitte ankreuzen):
(×) bei folgenden Bauteilen möglicherweise mit einem frühzeitigen Defekt zu rechnen: Türen Rost
(×) bei allen Bauteilen möglicherweise mit einem frühzeitigen Defekt zu rechnen.Die oben angegebenen Bauteile entsprechen nicht der üblichen Haltbarkeitserwartung an Fahrzeuge dieses Typs … Aufgrund besonderer Umstände wie Konstruktions- und Produktionsbesonderheiten und ggf. auch außergewöhnlicher Belastung durch den Vorbesitzer muss möglicherweise mit einem kurzfristigen oder im Vergleich zur Gesamtlebenserwartung des Fahrzeuges frühzeitigen Defekt bzw. Ausfall dieser Bauteile gerechnet werden …“
Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.08.2011 rügte der Kläger gegenüber dem Beklagten unter anderem, dass sämtliche Türen des erworbenen Fahrzeugs rosteten, die Sitzheizung des Fahrersitzes funktionsuntüchtig sei und Motorengeräusche sowie vehemente Schlaggeräusche im vorderen Radbereich aufträten. Er forderte den Beklagten auf, diese Mängel bis zum 26.08.2011 zu beseitigen.
Mit Schreiben vom 16.08.2011 erwiderte der Beklagte, er könne derzeit keine Eintrittspflicht erkennen, bot aber die Untersuchung des Fahrzeugs und für den Fall, dass Mängel festgestellt würden, eine Nacherfüllung an.
Mit Schreiben vom 02.09.2011 erklärte der Kläger daraufhin erstmals den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er wiederholte diese Erklärung mit Schreiben vom 06.10.2011 und setzte dem Kläger für die Rückabwicklung des Kaufvertrags eine Frist bis zum 15.10.2011. Unter dem 30.01.2012 erklärte der Kläger schließlich die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Außerdem rügte er einen weiteren Mangel, nämlich einen Defekt an der Heckklappe.
In der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2012 forderte der Kläger den Beklagten auf, den Mangel „defekte Heckklappe“ zu beseitigen. Er wiederholte diese Aufforderung – allerdings ohne Fristsetzung – mit Schreiben vom 11.06.2012.
Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn, Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Pkw, 7.800 € zu zahlen. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass sich der Beklagte der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug befindet. Die Klage hatte Erfolg.
Aus den Gründen: Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB, das heißt Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges unter Anrechnung von Gebrauchsvorteilen. Der Kläger ist wirksam vom zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten.
Ein Rücktritt vom Vertrag war möglich, da dieser nicht wirksam angefochten wurde und daher nicht gemäß § 142 I BGB ex tunc nichtig war. Ein Anfechtungsgrund wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB liegt nicht vor. Ein arglistiges Verhalten des Beklagten ist nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger zur Begründung seines Anfechtungsrechts auf die Umstände des Vertragsschlusses abstellt, nämlich dass der Beklagte ihn unter Zeitdruck gesetzt und das Durchlesen der Dokumente verhindert habe, so vermag dies nicht zu überzeugen. Im Rahmen der Privatautonomie steht es jedem Vertragspartner frei zu entscheiden, wann und unter welchen Umständen er eine vertragliche Bindung eingeht. Fühlt er sich wegen Zeitmangels nicht in der Lage, die von ihm zu unterzeichnenden Dokumente in der gebotenen Gründlichkeit zu studieren, hält ihn grundsätzlich nichts davon ab, den Vertragsschluss aufzuschieben. Unterschreibt er dennoch in dem Wissen, die Dokumente nicht genau gelesen zu haben, muss er sich damit etwaig abgegebene Erklärungen zurechnen lassen … Etwas andere gilt höchstens im Falle widerrechtlicher Drohung, für die aber hier nichts ersichtlich ist.
Zudem ist dem Kläger entgegenzuhalten, dass er nach seinem eigenen Vortrag den Beklagten kurz vor Geschäftsschluss aufsuchte. Damit hat er einen etwaigen Vertragsschluss „in Eile“ selbst zu verantworten.
Soweit der Kläger einwendet, der Beklagte habe das Ausmaß der Rostproblematik arglistig verschwiegen und ihn nur unzureichend informiert, insbesondere nicht darüber, dass nur ein Komplettaustausch der Türen Erfolg versprechend ist, ist auch hier ein arglistiges, auf Täuschung gerichtetes Verhalten in der Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls nicht erkennbar.
Zwar kann eine Täuschung durch Verschweigen besonders wichtiger Umstände, für die eine Aufklärungspflicht besteht, begangen werden. Nach Auffassung des Gerichts ist der Beklagte seiner Aufklärungspflicht jedoch … ausreichend nachgekommen. Dass das Fahrzeug eine Rostproblematik aufweist, war den Parteien bekannt. Selbst den klägerischen Vortrag, mündlich erörtert worden sei nur der Rost an der Fahrertür, als wahr unterstellt, kann eine arglistige Täuschung hier nicht angenommen werden. Im Kaufvertrag vom 30.06.2011 steht ausdrücklich „Türen Rost!“ und direkt danach „Preisnachlass Grundpreis 9.999 €“. Schon durch die Verwendung des Plurals („Türen“) hat der Beklagte zum Ausdruck gebracht, es sei mehr als eine Tür betroffen. Soweit der Beklagte einwendet, der Verwendung des Plurals habe er keine Bedeutung beigemessen, so mag dies sein, begründet aber im Umkehrschluss keine Arglist auf Verkäuferseite.
Auch unter Hinzuziehung des Zusatzdokuments wird einem verständigen Leser hinreichend deutlich das Ausmaß des Rostbefalls vor Augen geführt. Auch hier ist unmissverständlich von „Türen“ die Rede. Es wird auch darauf hingewiesen, dass möglichweise mit einem frühzeitigen Defekt bzw. Ausfall dieser Bauteile gerechnet werden muss. Mit Verwendung des Begriffs „Ausfall“ ist hinreichend deutlich gemacht, dass es sich nicht lediglich um behebbare Mängel handeln kann, sondern dass unter Umständen ein kompletter Austausch der Türen (eben wegen „Ausfalls“) erforderlich werden kann.
Das Ausmaß des Rostbefalls wird nicht zuletzt durch die Angabe „Preisnachlass Grundpreis 9.999 €“ deutlich. Der Beklagte bringt damit zum Ausdruck, für die vorbeschriebenen Mängel 2.199 € Nachlass, also mehr als 20 %, gewähren zu wollen. Von einem gewissenhaften Käufer kann erwartet werden, bei so einem auffälligen Nachlass für Mängel nachzufragen, anstatt dies – aus welchen Gründen auch immer – als „branchenübliches Geklapper“ abzutun. Einer Nachfrage hätte es insbesondere bedurfte, wenn – wie der Kläger vorträgt – ein Kaufpreis von 9.999 € nie thematisiert worden war, sondern das Fahrzeug mit 7.900 € inseriert war.
Mit Erfolg kann der Kläger jedoch einen zum Rücktritt berechtigenden Sachmangel am Fahrzeug geltend machen.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen G im Gutachten vom 21.02.2013
- weist das Fahrzeug im Bereich der Türen Korrosionsstellen unterschiedlichen Ausmaßes auf, was einen kompletten Austausch erfordert.
- ist die Sitzflächenheizung des Fahrersitzes ohne Funktion, was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf einen Kabelbruch oder einen Defekt der Heizmatte zurückzuführen ist.
- ist bezüglich der Heckklappe die Kugelkopf-Verankerung der Kolbenstange an der C-Säule rechts innen ausgerissen. Es liegt eine fehlerhafte Punktschweißung bereits durch Werksfertigung vor, welche in der Folge durch Beigebeanspruchung beim Öffnen und Schließen der Heckklappe zum Ausreißen des Karrosseriebleches führte. Der Vorgang kann nicht durch falsche Handhablung des Heckklappenmechanismus oder Fehlbedienung erklärt werden.
- ist bei laufendem Motor und geöffneter Motorhaube vorne rechts ein leichtes Quietschgeräusch vernehmbar. Es kommen verschiedene Ursachen in Betracht, nämlich eine zu geringe Riemenspannung, ein Defekt des Lagers von Umlenk- oder Spannrollen, eine Schadhaftigkeit des Lagers von Nebenaggregaten (Lichtmaschine/Wasserpumpe) oder ein Verschleiß des Riemens.
Soweit es die Sitzheizung und die Quietschgeräusche betrifft, kann auf Grundlage dieser sachverständigen Feststellungen zwar nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um Mängel i. S. von § 434 BGB handelt, denn die Ursache steht insoweit nicht eindeutig fest. Ebenso ist denkbar, dass es sich um üblichen Verschleiß handelt, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass das Fahrzeug eine Erstzulassung aus dem Jahr 2004 aufweist. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat nicht nachgewiesen, dass es sich um Sachmängel und gerade nicht um üblichen Materialverschleiß handelt. Verbleibende Zweifel gehen zulasten des Klägers.
Allerdings ist der erhebliche Rostbefall an den Fahrzeugtüren bzw. die dem Modelltyp anhaftende erhöhte Rostanfälligkeit ein Sachmangel i. S. von § 434 BGB. Aus diesem kann der Kläger jedoch keine Rechte herleiten. Gemäß § 442 BGB sind Rechte des Käufers wegen eines Mangels unter anderem ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kannte oder wenn er ihm infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist … Dies ist hier der Fall.
Selbst wenn man in Übereinstimmung mit dem Klägervortrag trotz Unterzeichnung des Vertrags und des Vertragszusatzes davon ausginge, der Kläger habe tatsächlich keine Kenntnis vom möglichen Ausmaß der Rostschäden erlangt, so wäre ihm seine Unkenntnis als grob fahrlässig anzulasten. Es kann von einem gewissenhaften Käufer erwartet werden, dass er die ihm zur Unterzeichnung vorgelegten Dokumente sorgsam durchliest und bei Unklarheiten (insbesondere bei einem nach der Urkunde gewährten Preisnachlass von mehr als 20 % wegen vorbenannter Mängel) nachfragt, anstatt den Angaben im Kaufvertrag keine Bedeutung beizumessen. Solche Nachfragen hätten sich hier geradezu aufgedrängt, wenn tatsächlich lediglich über den Rostbefall an der Fahrertür gesprochen worden wäre und wenn zuvor von einem Kaufpreis in Höhe von 9.999 € niemals die Rede gewesen sein soll. Der Kläger hat im vorliegenden Fall – wie von ihm selbst ausgeführt – entgegen seiner sonstigen Praxis von einem genauen Durchlesen der Dokumente Abstand genommen und damit seine partielle Unkenntnis von .dem Vertragsinhalt grob fahrlässig herbeigeführt. Da der Beklagte den Mangel nicht arglistig verschwiegen hat (vgl. die vorherigen Ausführungen), kann der Rücktritt nicht auf die Problematik der rostigen Türen gestützt werden.
Die auf Rückabwicklung gerichtete Klage ist letztendlich begründet, soweit der Kläger einen Defekt an der Heckklappe rügt. Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen G sieht das Gericht die streitige Behauptung eines vom Kläger nicht zu verantwortenden Defekts an der Heckklappe schon bei Gefahrübergang als bewiesen an.
Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Für die vorliegende Begutachtung ist der Sachverständige qualifiziert. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Insbesondere ist der Sachverständige von zutreffenden Tatsachen ausgegangen und hat die daraus gezogenen Konsequenzen logisch und widerspruchsfrei dargestellt.
Es handelt sich hier um einen werksseitigen Schweißfehler, der das hier vorgefundene kreisrunde sogenannte Ausknüpfen der Schweißlinse zur Folge hat. Da es sich nach den eindeutigen Feststellung des Sachverständigen nicht … um einen Bedienungsfehler aus der Sphäre des Klägers, sondern um einen Verarbeitungsfehler ab Werk handelt, der nach und nach zu Folgeschäden führt, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Mangel auch schon bei Gefahrübergang bestand, sich womöglich aber noch nicht in diesem Ausmaß zeigte, sondern sich erst durch ordnungsgemäße Handhabung manifestierte.
Der Begründetheit der Klage steht auch nicht entgegen, dass es der Kläger unterlassen hat, mit den Aufforderungen zur Nacherfüllung vom 05.06.2012 und 11.06.2012 eine ausdrückliche Frist hierfür zu bestimmen. Eine solche war zwar zunächst erforderlich, wurde aber entbehrlich, als der Beklagte nach in Augenscheinnahme des Fahrzeuges weiterhin Klageabweisung beantragte. Dies kommt einer endgültigen und ernsthaften Verweigerung der Nacherfüllung i. S. des § 323 II Nr. 1 BGB gleich.
Der Mangel ist auch nicht unerheblich mit der Folge, dass der Kläger wegen der in § 323 V 2 BGB enthaltenen Regelung nicht vom Vertrag zurücktreten kann.
Maßgeblich für die Unerheblichkeit ist im Falle behebbarer Mängel der für die Mängelbeseitigung erforderliche Aufwand, wobei die Erheblichkeit eines Mangels in der Regel zu bejahen ist, wenn die Kosten der Beseitigung mindestens 10 % der vereinbarten Gegenleistung ausmachen … Konkreter Vortrag zur Unerheblichkeit des Mangels angesichts des Mängelbeseitigungsaufwandes unter Auseinandersetzung mit der Kostenkalkulation des Sachverständigen erfolgt von der insoweit darlegungsbelasteten Beklagtenseite nicht. Bei Durchsicht der Einzelpositionen …, die im Zusammenhang mit der Heckklappe aufgeführt sind, ergibt sich bei überschlägiger Addition im Übrigen ein Betrag über der oben genannten 10 %-Grenze.
Dass der Kläger das Fahrzeug weiterhin genutzt hat, steht der Annahme eines erheblichen Mangels nicht entgegen. Ein Fahrzeug kann einen erheblichen Mangel haben, aber trotzdem fahrtüchtig sein und auch zweckentsprechend genutzt werden. Dem Umstand der zwischenzeitlichen Nutzung wird über einen Nutzungsersatzanspruch des Beklagten hinreichend Rechnung getragen.
Das Rückabwicklungsbegehren, gestützt auf einen Defekt der Heckklappe, stellt auch kein widersprüchliches Verhalten dar mit der Folge eines Verstoßes gegen § 242 BGB. Zwar hat der Kläger diese Mängelrüge im laufenden Rechtsstreit „nachgeschoben“. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten aber grundsätzlich zu; der Kläger darf die Klagebegründung ändern (Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl. [2013], § 242 Rn. 55). Dies gilt erst recht, wenn nicht der gesamte Anspruchsgrund ausgewechselt, sondern der Vortrag lediglich um weitere Mängelrügen ergänzt wird. Dass im Laufe einer Auseinandersetzung weitere Mängel in Erscheinung treten, die sodann in den Vortrag mit einbezogen werden, schadet nicht, zumal in diesen Fällen ein vertrauensbegründendes Verhalten des Käufers, es ausschließlich bei den im Zeitpunkt der Klageerhebung bekannten Mängeln zu belassen, nicht ohne Weiteres angenommen werden kann.
Eine Verwirkung kann auch nicht allein darauf gestützt werden, dass der Kläger den Mangel an der Heckklappe erst später rügte. Verwirkt ist ein Recht, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment) und der Verpflfchtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werden (Umstandsmoment – Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 242 Rn. 87). Hier hat der Kläger frühzeitig Mängel gerügt und auch zeitnah sein Gestaltungsrecht, den Rücktritt, ausgeübt. Der Beklagte durfte nicht davon ausgehen, dass weitere, gegebenenfalls später auftretende Mängel zur weiteren Begründung des Rücktritts nicht mehr herangezogen werden. Auch wenn es dem Kläger vorrangig auf den Rostbefall angekommen sei sollte, ist er mit anderen Mängelrügen nicht per se ausgeschlossen. Vor solchen „neuen" Rügen in der laufenden Auseinandersetzung ist der Beklagte durch die gesetzlich normierten weiteren Rücktrittsvoraussetzungen, die hier jedoch erfüllt sind, hinreichend geschützt.
Infolge des Rücktritts ist der Vertrag Zug um Zug (§ 348 BGB) nach den Vorschriften der §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln, wobei der Kläger dem Beklagten Ersatz für die zwischenzeitliche Nutzung des Fahrzeuges zu leisten hat (sog. Gebrauchsvorteil). Dieser unterliegt der Schätzung gemäß § 287 ZPO … Unter diesen Prämissen liegt der zu berücksichtigende Gebrauchsvorteil nach Schätzung bei etwa 1.100 €, sodass sich ein Rückzahlungsanspruch des Klägers auf 6.700 € beziffern lässt.
Der Klageantrag zu 2. ist zulässig. Das Feststellungsinteresse des Klägers folgt aus §§ 756 I, 765 ZPO. Danach kann bei Zug-um-Zug-Urteilen der Gläubiger nur ohne tatsächliches Angebot der dem Schuldner gebührenden Leistung vollstrecken, wenn dessen Annahmeverzug durch eine ihm zugestellte öffentliche Urkunde, hier also das Urteil, bewiesen ist. Auf diese Erleichterung der Vollstreckung hat der Kläger einen Anspruch.
Der Antrag zu 2. ist auch begründet. Der Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Pkw im Annahmeverzug (§ 293 BGB). Mit Schreiben vom 02.09.2011 hat der Kläger dem Beklagten angeboten, das Fahrzeug bei ihm abzuholen gegen Zahlung von 7.300 €. Die verlangten 7.300 € waren zum damaligen Zeitpunkt (es waren gerade einmal gut zwei Monate seit Vertragsschluss vergangen) unter Berücksichtigung eines zu erstattenden Gebrauchsvorteils angemessen, um die eigene Leistung im Rahmen des Zug-um-Zug-Austauschs ordnungsgemäß anzubieten …
Der Streitwert wird auf 7.800 € festgesetzt. Für den Klageantrag zu 2. – Feststellung des Annahmeverzugs – war kein eigener Wert festzusetzen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.07.2008 – I-24 W 46/08, MDR 2009, 57).