Von ei­nem ge­wis­sen­haf­ten Käu­fer darf er­war­tet wer­den, dass er ei­nen Kauf­ver­trag sorg­sam durch­liest und bei Un­klar­hei­ten nach­fragt. Ei­ne Nach­fra­ge drängt sich ge­ra­de­zu auf, wenn im Kauf­ver­trag ein Man­gel der Kauf­sa­che auf­ge­führt ist und dem Käu­fer we­gen die­ses Man­gels ein er­heb­li­cher Nach­lass auf ei­nen nie the­ma­ti­sier­ten „Grund­preis“ ge­währt wird.

LG Köln, Ur­teil vom 12.08.2013 – 36 O 170/11

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von dem Be­klag­ten, dem In­ha­ber ei­nes Au­to­hau­ses, ei­nen ge­brauch­ten Pkw Mer­ce­des-Benz A 180 CDI. Die Par­tei­en strei­ten dar­über, ob die­ses Fahr­zeug man­gel­haft ist und dem Klä­ger des­halb ein Rück­tritts­recht zu­steht.

Der Klä­ger be­sich­tig­te das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug, das am 21.09.2004 erst­zu­ge­las­sen wor­den war, ei­ni­ge Ta­ge vor dem 30.06.2011 im Bei­sein sei­ner Ehe­frau. Er er­warb es am 30.06.2011 zu ei­nem Kauf­preis von 7.800 €. An die­sem Tag er­schien der Klä­ger kurz vor La­den­schluss und un­ter­schrieb – nach ei­ge­nen An­ga­ben in Ei­le – ei­nen Kauf­ver­trag.

In die­sem Ver­trag ist un­ter der Über­schrift „Män­gel, Un­fall- und an­de­re Schä­den“ fest­ge­hal­ten: „di­ver­se Nachla­ckie­run­gen auf­grund Auf­be­rei­tung! Tü­ren Rost! Preis­lach­lass Grund­preis 9.999 €.“

Zu­dem un­ter­schrieb der Klä­ger ein For­mu­lar „Ver­trags­zu­satz De­fek­ter­war­tung“, das er nach ei­ge­nen An­ga­ben nicht im Ein­zel­nen durch­las. Dar­in heißt es un­ter an­de­rem:

„Bei dem oben an­ge­ge­be­nen Fahr­zeug ist (bit­te an­kreu­zen):

(×) bei fol­gen­den Bau­tei­len mög­li­cher­wei­se mit ei­nem früh­zei­ti­gen De­fekt zu rech­nen: Tü­ren Rost
(×) bei al­len Bau­tei­len mög­li­cher­wei­se mit ei­nem früh­zei­ti­gen De­fekt zu rech­nen.

Die oben an­ge­ge­be­nen Bau­tei­le ent­spre­chen nicht der üb­li­chen Halt­bar­keits­er­war­tung an Fahr­zeu­ge die­ses Typs … Auf­grund be­son­de­rer Um­stän­de wie Kon­struk­ti­ons- und Pro­duk­ti­ons­be­son­der­hei­ten und ggf. auch au­ßer­ge­wöhn­li­cher Be­las­tung durch den Vor­be­sit­zer muss mög­li­cher­wei­se mit ei­nem kurz­fris­ti­gen oder im Ver­gleich zur Ge­samt­le­bens­er­war­tung des Fahr­zeu­ges früh­zei­ti­gen De­fekt bzw. Aus­fall die­ser Bau­tei­le ge­rech­net wer­den …“

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 11.08.2011 rüg­te der Klä­ger ge­gen­über dem Be­klag­ten un­ter an­de­rem, dass sämt­li­che Tü­ren des er­wor­be­nen Fahr­zeugs ros­te­ten, die Sitz­hei­zung des Fah­rer­sit­zes funk­ti­ons­un­tüch­tig sei und Mo­to­ren­ge­räu­sche so­wie ve­he­men­te Schlag­ge­räu­sche im vor­de­ren Rad­be­reich auf­trä­ten. Er for­der­te den Be­klag­ten auf, die­se Män­gel bis zum 26.08.2011 zu be­sei­ti­gen.

Mit Schrei­ben vom 16.08.2011 er­wi­der­te der Be­klag­te, er kön­ne der­zeit kei­ne Ein­tritts­pflicht er­ken­nen, bot aber die Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs und für den Fall, dass Män­gel fest­ge­stellt wür­den, ei­ne Nach­er­fül­lung an.

Mit Schrei­ben vom 02.09.2011 er­klär­te der Klä­ger dar­auf­hin erst­mals den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Er wie­der­hol­te die­se Er­klä­rung mit Schrei­ben vom 06.10.2011 und setz­te dem Klä­ger für die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ei­ne Frist bis zum 15.10.2011. Un­ter dem 30.01.2012 er­klär­te der Klä­ger schließ­lich die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung. Au­ßer­dem rüg­te er ei­nen wei­te­ren Man­gel, näm­lich ei­nen De­fekt an der Heck­klap­pe.

In der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 05.06.2012 for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten auf, den Man­gel „de­fek­te Heck­klap­pe“ zu be­sei­ti­gen. Er wie­der­hol­te die­se Auf­for­de­rung – al­ler­dings oh­ne Frist­set­zung – mit Schrei­ben vom 11.06.2012.

Der Klä­ger be­an­tragt, den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an ihn, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw, 7.800 € zu zah­len. Au­ßer­dem be­gehrt er die Fest­stel­lung, dass sich der Be­klag­te der Rück­nah­me des Fahr­zeugs in Ver­zug be­fin­det. Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger hat ge­gen den Be­klag­ten ei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­mäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB, das heißt Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeu­ges un­ter An­rech­nung von Ge­brauchs­vor­tei­len. Der Klä­ger ist wirk­sam vom zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten.

Ein Rück­tritt vom Ver­trag war mög­lich, da die­ser nicht wirk­sam an­ge­foch­ten wur­de und da­her nicht ge­mäß § 142 I BGB ex tunc nich­tig war. Ein An­fech­tungs­grund we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung ge­mäß § 123 BGB liegt nicht vor. Ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten des Be­klag­ten ist nicht er­sicht­lich.

So­weit der Klä­ger zur Be­grün­dung sei­nes An­fech­tungs­rechts auf die Um­stän­de des Ver­trags­schlus­ses ab­stellt, näm­lich dass der Be­klag­te ihn un­ter Zeit­druck ge­setzt und das Durch­le­sen der Do­ku­men­te ver­hin­dert ha­be, so ver­mag dies nicht zu über­zeu­gen. Im Rah­men der Pri­vat­au­to­no­mie steht es je­dem Ver­trags­part­ner frei zu ent­schei­den, wann und un­ter wel­chen Um­stän­den er ei­ne ver­trag­li­che Bin­dung ein­geht. Fühlt er sich we­gen Zeit­man­gels nicht in der La­ge, die von ihm zu un­ter­zeich­nen­den Do­ku­men­te in der ge­bo­te­nen Gründ­lich­keit zu stu­die­ren, hält ihn grund­sätz­lich nichts da­von ab, den Ver­trags­schluss auf­zu­schie­ben. Un­ter­schreibt er den­noch in dem Wis­sen, die Do­ku­men­te nicht ge­nau ge­le­sen zu ha­ben, muss er sich da­mit et­waig ab­ge­ge­be­ne Er­klä­run­gen zu­rech­nen las­sen … Et­was an­de­re gilt höchs­tens im Fal­le wi­der­recht­li­cher Dro­hung, für die aber hier nichts er­sicht­lich ist.

Zu­dem ist dem Klä­ger ent­ge­gen­zu­hal­ten, dass er nach sei­nem ei­ge­nen Vor­trag den Be­klag­ten kurz vor Ge­schäfts­schluss auf­such­te. Da­mit hat er ei­nen et­wai­gen Ver­trags­schluss „in Ei­le“ selbst zu ver­ant­wor­ten.

So­weit der Klä­ger ein­wen­det, der Be­klag­te ha­be das Aus­maß der Rost­pro­ble­ma­tik arg­lis­tig ver­schwie­gen und ihn nur un­zu­rei­chend in­for­miert, ins­be­son­de­re nicht dar­über, dass nur ein Kom­plett­aus­tausch der Tü­ren Er­folg ver­spre­chend ist, ist auch hier ein arg­lis­ti­ges, auf Täu­schung ge­rich­te­tes Ver­hal­ten in der Ge­samt­schau al­ler Um­stän­de des Ein­zel­falls nicht er­kenn­bar.

Zwar kann ei­ne Täu­schung durch Ver­schwei­gen be­son­ders wich­ti­ger Um­stän­de, für die ei­ne Auf­klä­rungs­pflicht be­steht, be­gan­gen wer­den. Nach Auf­fas­sung des Ge­richts ist der Be­klag­te sei­ner Auf­klä­rungs­pflicht je­doch … aus­rei­chend nach­ge­kom­men. Dass das Fahr­zeug ei­ne Rost­pro­ble­ma­tik auf­weist, war den Par­tei­en be­kannt. Selbst den klä­ge­ri­schen Vor­trag, münd­lich er­ör­tert wor­den sei nur der Rost an der Fah­rer­tür, als wahr un­ter­stellt, kann ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung hier nicht an­ge­nom­men wer­den. Im Kauf­ver­trag vom 30.06.2011 steht aus­drück­lich „Tü­ren Rost!“ und di­rekt da­nach „Preis­nach­lass Grund­preis 9.999 €“. Schon durch die Ver­wen­dung des Plu­rals („Tü­ren“) hat der Be­klag­te zum Aus­druck ge­bracht, es sei mehr als ei­ne Tür be­trof­fen. So­weit der Be­klag­te ein­wen­det, der Ver­wen­dung des Plu­rals ha­be er kei­ne Be­deu­tung bei­ge­mes­sen, so mag dies sein, be­grün­det aber im Um­kehr­schluss kei­ne Arg­list auf Ver­käu­fer­sei­te.

Auch un­ter Hin­zu­zie­hung des Zu­satz­do­ku­ments wird ei­nem ver­stän­di­gen Le­ser hin­rei­chend deut­lich das Aus­maß des Rost­be­falls vor Au­gen ge­führt. Auch hier ist un­miss­ver­ständ­lich von „Tü­ren“ die Re­de. Es wird auch dar­auf hin­ge­wie­sen, dass mög­lich­wei­se mit ei­nem früh­zei­ti­gen De­fekt bzw. Aus­fall die­ser Bau­tei­le ge­rech­net wer­den muss. Mit Ver­wen­dung des Be­griffs „Aus­fall“ ist hin­rei­chend deut­lich ge­macht, dass es sich nicht le­dig­lich um be­heb­ba­re Män­gel han­deln kann, son­dern dass un­ter Um­stän­den ein kom­plet­ter Aus­tausch der Tü­ren (eben we­gen „Aus­falls“) er­for­der­lich wer­den kann.

Das Aus­maß des Rost­be­falls wird nicht zu­letzt durch die An­ga­be „Preis­nach­lass Grund­preis 9.999 €“ deut­lich. Der Be­klag­te bringt da­mit zum Aus­druck, für die vor­be­schrie­be­nen Män­gel 2.199 € Nach­lass, al­so mehr als 20 %, ge­wäh­ren zu wol­len. Von ei­nem ge­wis­sen­haf­ten Käu­fer kann er­war­tet wer­den, bei so ei­nem auf­fäl­li­gen Nach­lass für Män­gel nach­zu­fra­gen, an­statt dies – aus wel­chen Grün­den auch im­mer – als „bran­chen­üb­li­ches Ge­klap­per“ ab­zu­tun. Ei­ner Nach­fra­ge hät­te es ins­be­son­de­re be­durf­te, wenn – wie der Klä­ger vor­trägt – ein Kauf­preis von 9.999 € nie the­ma­ti­siert wor­den war, son­dern das Fahr­zeug mit 7.900 € in­se­riert war.

Mit Er­folg kann der Klä­ger je­doch ei­nen zum Rück­tritt be­rech­ti­gen­den Sach­man­gel am Fahr­zeug gel­tend ma­chen.

Nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen G im Gut­ach­ten vom 21.02.2013

  • weist das Fahr­zeug im Be­reich der Tü­ren Kor­ro­si­ons­stel­len un­ter­schied­li­chen Aus­ma­ßes auf, was ei­nen kom­plet­ten Aus­tausch er­for­dert.
  • ist die Sitz­flä­chen­hei­zung des Fah­rer­sit­zes oh­ne Funk­ti­on, was mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit auf ei­nen Ka­bel­bruch oder ei­nen De­fekt der Heiz­mat­te zu­rück­zu­füh­ren ist.
  • ist be­züg­lich der Heck­klap­pe die Ku­gel­kopf-Ver­an­ke­rung der Kol­ben­stan­ge an der C-Säu­le rechts in­nen aus­ge­ris­sen. Es liegt ei­ne feh­ler­haf­te Punkt­schwei­ßung be­reits durch Werks­fer­ti­gung vor, wel­che in der Fol­ge durch Bei­ge­be­an­spru­chung beim Öff­nen und Schlie­ßen der Heck­klap­pe zum Aus­rei­ßen des Kar­ros­se­rieble­ches führ­te. Der Vor­gang kann nicht durch fal­sche Hand­hab­lung des Heck­klap­pen­me­cha­nis­mus oder Fehl­be­die­nung er­klärt wer­den.
  • ist bei lau­fen­dem Mo­tor und ge­öff­ne­ter Mo­tor­hau­be vor­ne rechts ein leich­tes Quietsch­ge­räusch ver­nehm­bar. Es kom­men ver­schie­de­ne Ur­sa­chen in Be­tracht, näm­lich ei­ne zu ge­rin­ge Rie­men­span­nung, ein De­fekt des La­gers von Um­lenk- oder Spann­rol­len, ei­ne Schad­haf­tig­keit des La­gers von Ne­be­nag­gre­ga­ten (Licht­ma­schi­ne/Was­ser­pum­pe) oder ein Ver­schleiß des Rie­mens.

So­weit es die Sitz­hei­zung und die Quietsch­ge­räu­sche be­trifft, kann auf Grund­la­ge die­ser sach­ver­stän­di­gen Fest­stel­lun­gen zwar nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass es sich um Män­gel i. S. von § 434 BGB han­delt, denn die Ur­sa­che steht in­so­weit nicht ein­deu­tig fest. Eben­so ist denk­bar, dass es sich um üb­li­chen Ver­schleiß han­delt, ins­be­son­de­re in An­be­tracht der Tat­sa­che, dass das Fahr­zeug ei­ne Erst­zu­las­sung aus dem Jahr 2004 auf­weist. Der in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Klä­ger hat nicht nach­ge­wie­sen, dass es sich um Sach­män­gel und ge­ra­de nicht um üb­li­chen Ma­te­ri­al­ver­schleiß han­delt. Ver­blei­ben­de Zwei­fel ge­hen zu­las­ten des Klä­gers.

Al­ler­dings ist der er­heb­li­che Rost­be­fall an den Fahr­zeug­tü­ren bzw. die dem Mo­dell­typ an­haf­ten­de er­höh­te Ro­st­an­fäl­lig­keit ein Sach­man­gel i. S. von § 434 BGB. Aus die­sem kann der Klä­ger je­doch kei­ne Rech­te her­lei­ten. Ge­mäß § 442 BGB sind Rech­te des Käu­fers we­gen ei­nes Man­gels un­ter an­de­rem aus­ge­schlos­sen, wenn er bei Ver­trags­schluss den Man­gel kann­te oder wenn er ihm in­fol­ge gro­ber Fahr­läs­sig­keit un­be­kannt ge­blie­ben ist … Dies ist hier der Fall.

Selbst wenn man in Über­ein­stim­mung mit dem Klä­ger­vor­trag trotz Un­ter­zeich­nung des Ver­trags und des Ver­trags­zu­sat­zes da­von aus­gin­ge, der Klä­ger ha­be tat­säch­lich kei­ne Kennt­nis vom mög­li­chen Aus­maß der Rost­schä­den er­langt, so wä­re ihm sei­ne Un­kennt­nis als grob fahr­läs­sig an­zu­las­ten. Es kann von ei­nem ge­wis­sen­haf­ten Käu­fer er­war­tet wer­den, dass er die ihm zur Un­ter­zeich­nung vor­ge­leg­ten Do­ku­men­te sorg­sam durch­liest und bei Un­klar­hei­ten (ins­be­son­de­re bei ei­nem nach der Ur­kun­de ge­währ­ten Preis­nach­lass von mehr als 20 % we­gen vor­be­nann­ter Män­gel) nach­fragt, an­statt den An­ga­ben im Kauf­ver­trag kei­ne Be­deu­tung bei­zu­mes­sen. Sol­che Nach­fra­gen hät­ten sich hier ge­ra­de­zu auf­ge­drängt, wenn tat­säch­lich le­dig­lich über den Rost­be­fall an der Fah­rer­tür ge­spro­chen wor­den wä­re und wenn zu­vor von ei­nem Kauf­preis in Hö­he von 9.999 € nie­mals die Re­de ge­we­sen sein soll. Der Klä­ger hat im vor­lie­gen­den Fall – wie von ihm selbst aus­ge­führt – ent­ge­gen sei­ner sons­ti­gen Pra­xis von ei­nem ge­nau­en Durch­le­sen der Do­ku­men­te Ab­stand ge­nom­men und da­mit sei­ne par­ti­el­le Un­kennt­nis von .dem Ver­trags­in­halt grob fahr­läs­sig her­bei­ge­führt. Da der Be­klag­te den Man­gel nicht arg­lis­tig ver­schwie­gen hat (vgl. die vor­he­ri­gen Aus­füh­run­gen), kann der Rück­tritt nicht auf die Pro­ble­ma­tik der ros­ti­gen Tü­ren ge­stützt wer­den.

Die auf Rück­ab­wick­lung ge­rich­te­te Kla­ge ist letzt­end­lich be­grün­det, so­weit der Klä­ger ei­nen De­fekt an der Heck­klap­pe rügt. Auf­grund des Gut­ach­tens des Sach­ver­stän­di­gen G sieht das Ge­richt die strei­ti­ge Be­haup­tung ei­nes vom Klä­ger nicht zu ver­ant­wor­ten­den De­fekts an der Heck­klap­pe schon bei Ge­fahr­über­gang als be­wie­sen an.

Das Ge­richt folgt den über­zeu­gen­den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen. Für die vor­lie­gen­de Be­gut­ach­tung ist der Sach­ver­stän­di­ge qua­li­fi­ziert. Das Gut­ach­ten ist in sich schlüs­sig und nach­voll­zieh­bar. Ins­be­son­de­re ist der Sach­ver­stän­di­ge von zu­tref­fen­den Tat­sa­chen aus­ge­gan­gen und hat die dar­aus ge­zo­ge­nen Kon­se­quen­zen lo­gisch und wi­der­spruchs­frei dar­ge­stellt.

Es han­delt sich hier um ei­nen werks­sei­ti­gen Schweiß­feh­ler, der das hier vor­ge­fun­de­ne kreis­run­de so­ge­nann­te Aus­knüp­fen der Schweiß­lin­se zur Fol­ge hat. Da es sich nach den ein­deu­ti­gen Fest­stel­lung des Sach­ver­stän­di­gen nicht … um ei­nen Be­die­nungs­feh­ler aus der Sphä­re des Klä­gers, son­dern um ei­nen Ver­ar­bei­tungs­feh­ler ab Werk han­delt, der nach und nach zu Fol­ge­schä­den führt, steht zur Über­zeu­gung des Ge­richts fest, dass der Man­gel auch schon bei Ge­fahr­über­gang be­stand, sich wo­mög­lich aber noch nicht in die­sem Aus­maß zeig­te, son­dern sich erst durch ord­nungs­ge­mä­ße Hand­ha­bung ma­ni­fes­tier­te.

Der Be­grün­det­heit der Kla­ge steht auch nicht ent­ge­gen, dass es der Klä­ger un­ter­las­sen hat, mit den Auf­for­de­run­gen zur Nach­er­fül­lung vom 05.06.2012 und 11.06.2012 ei­ne aus­drück­li­che Frist hier­für zu be­stim­men. Ei­ne sol­che war zwar zu­nächst er­for­der­lich, wur­de aber ent­behr­lich, als der Be­klag­te nach in Au­gen­schein­nah­me des Fahr­zeu­ges wei­ter­hin Kla­ge­ab­wei­sung be­an­trag­te. Dies kommt ei­ner end­gül­ti­gen und ernst­haf­ten Ver­wei­ge­rung der Nach­er­fül­lung i. S. des § 323 II Nr. 1 BGB gleich.

Der Man­gel ist auch nicht un­er­heb­lich mit der Fol­ge, dass der Klä­ger we­gen der in § 323 V 2 BGB ent­hal­te­nen Re­ge­lung nicht vom Ver­trag zu­rück­tre­ten kann.

Maß­geb­lich für die Un­er­heb­lich­keit ist im Fal­le be­heb­ba­rer Män­gel der für die Män­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­che Auf­wand, wo­bei die Er­heb­lich­keit ei­nes Man­gels in der Re­gel zu be­ja­hen ist, wenn die Kos­ten der Be­sei­ti­gung min­des­tens 10 % der ver­ein­bar­ten Ge­gen­leis­tung aus­ma­chen … Kon­kre­ter Vor­trag zur Un­er­heb­lich­keit des Man­gels an­ge­sichts des Män­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wan­des un­ter Aus­ein­an­der­set­zung mit der Kos­ten­kal­ku­la­ti­on des Sach­ver­stän­di­gen er­folgt von der in­so­weit dar­le­gungs­be­las­te­ten Be­klag­ten­sei­te nicht. Bei Durch­sicht der Ein­zel­po­si­tio­nen …, die im Zu­sam­men­hang mit der Heck­klap­pe auf­ge­führt sind, er­gibt sich bei über­schlä­gi­ger Ad­di­ti­on im Üb­ri­gen ein Be­trag über der oben ge­nann­ten 10 %-Gren­ze.

Dass der Klä­ger das Fahr­zeug wei­ter­hin ge­nutzt hat, steht der An­nah­me ei­nes er­heb­li­chen Man­gels nicht ent­ge­gen. Ein Fahr­zeug kann ei­nen er­heb­li­chen Man­gel ha­ben, aber trotz­dem fahr­tüch­tig sein und auch zweck­ent­spre­chend ge­nutzt wer­den. Dem Um­stand der zwi­schen­zeit­li­chen Nut­zung wird über ei­nen Nut­zungs­er­satz­an­spruch des Be­klag­ten hin­rei­chend Rech­nung ge­tra­gen.

Das Rück­ab­wick­lungs­be­geh­ren, ge­stützt auf ei­nen De­fekt der Heck­klap­pe, stellt auch kein wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten dar mit der Fol­ge ei­nes Ver­sto­ßes ge­gen § 242 BGB. Zwar hat der Klä­ger die­se Män­gel­rü­ge im lau­fen­den Rechts­streit „nach­ge­scho­ben“. Die Rechts­ord­nung lässt wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten aber grund­sätz­lich zu; der Klä­ger darf die Kla­ge­be­grün­dung än­dern (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 72. Aufl. [2013], § 242 Rn. 55). Dies gilt erst recht, wenn nicht der ge­sam­te An­spruchs­grund aus­ge­wech­selt, son­dern der Vor­trag le­dig­lich um wei­te­re Män­gel­rü­gen er­gänzt wird. Dass im Lau­fe ei­ner Aus­ein­an­der­set­zung wei­te­re Män­gel in Er­schei­nung tre­ten, die so­dann in den Vor­trag mit ein­be­zo­gen wer­den, scha­det nicht, zu­mal in die­sen Fäl­len ein ver­trau­ens­be­grün­den­des Ver­hal­ten des Käu­fers, es aus­schließ­lich bei den im Zeit­punkt der Kla­ge­er­he­bung be­kann­ten Män­geln zu be­las­sen, nicht oh­ne Wei­te­res an­ge­nom­men wer­den kann.

Ei­ne Ver­wir­kung kann auch nicht al­lein dar­auf ge­stützt wer­den, dass der Klä­ger den Man­gel an der Heck­klap­pe erst spä­ter rüg­te. Ver­wirkt ist ein Recht, wenn der Be­rech­tig­te es län­ge­re Zeit hin­durch nicht gel­tend ge­macht hat (Zeit­mo­ment) und der Ver­pflfch­te­te sich dar­auf ein­ge­rich­tet hat und sich nach dem ge­sam­ten Ver­hal­ten des Be­rech­tig­ten auch dar­auf ein­rich­ten durf­te, dass die­ser das Recht nicht mehr gel­tend ma­chen wer­den (Um­stands­mo­ment – Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 242 Rn. 87). Hier hat der Klä­ger früh­zei­tig Män­gel ge­rügt und auch zeit­nah sein Ge­stal­tungs­recht, den Rück­tritt, aus­ge­übt. Der Be­klag­te durf­te nicht da­von aus­ge­hen, dass wei­te­re, ge­ge­be­nen­falls spä­ter auf­tre­ten­de Män­gel zur wei­te­ren Be­grün­dung des Rück­tritts nicht mehr her­an­ge­zo­gen wer­den. Auch wenn es dem Klä­ger vor­ran­gig auf den Rost­be­fall an­ge­kom­men sei soll­te, ist er mit an­de­ren Män­gel­rü­gen nicht per se aus­ge­schlos­sen. Vor sol­chen „neu­en" Rü­gen in der lau­fen­den Aus­ein­an­der­set­zung ist der Be­klag­te durch die ge­setz­lich nor­mier­ten wei­te­ren Rück­tritts­vor­aus­set­zun­gen, die hier je­doch er­füllt sind, hin­rei­chend ge­schützt.

In­fol­ge des Rück­tritts ist der Ver­trag Zug um Zug (§ 348 BGB) nach den Vor­schrif­ten der §§ 346 ff. BGB rück­ab­zu­wi­ckeln, wo­bei der Klä­ger dem Be­klag­ten Er­satz für die zwi­schen­zeit­li­che Nut­zung des Fahr­zeu­ges zu leis­ten hat (sog. Ge­brauchs­vor­teil). Die­ser un­ter­liegt der Schät­zung ge­mäß § 287 ZPO … Un­ter die­sen Prä­mis­sen liegt der zu be­rück­sich­ti­gen­de Ge­brauchs­vor­teil nach Schät­zung bei et­wa 1.100 €, so­dass sich ein Rück­zah­lungs­an­spruch des Klä­gers auf 6.700 € be­zif­fern lässt.

Der Kla­ge­an­trag zu 2. ist zu­läs­sig. Das Fest­stel­lungs­in­ter­es­se des Klä­gers folgt aus §§ 756 I, 765 ZPO. Da­nach kann bei Zug-um-Zug-Ur­tei­len der Gläu­bi­ger nur oh­ne tat­säch­li­ches An­ge­bot der dem Schuld­ner ge­büh­ren­den Leis­tung voll­stre­cken, wenn des­sen An­nah­me­ver­zug durch ei­ne ihm zu­ge­stell­te öf­fent­li­che Ur­kun­de, hier al­so das Ur­teil, be­wie­sen ist. Auf die­se Er­leich­te­rung der Voll­stre­ckung hat der Klä­ger ei­nen An­spruch.

Der An­trag zu 2. ist auch be­grün­det. Der Be­klag­te be­fin­det sich mit der Rück­nah­me des Pkw im An­nah­me­ver­zug (§ 293 BGB). Mit Schrei­ben vom 02.09.2011 hat der Klä­ger dem Be­klag­ten an­ge­bo­ten, das Fahr­zeug bei ihm ab­zu­ho­len ge­gen Zah­lung von 7.300 €. Die ver­lang­ten 7.300 € wa­ren zum da­ma­li­gen Zeit­punkt (es wa­ren ge­ra­de ein­mal gut zwei Mo­na­te seit Ver­trags­schluss ver­gan­gen) un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­nes zu er­stat­ten­den Ge­brauchs­vor­teils an­ge­mes­sen, um die ei­ge­ne Leis­tung im Rah­men des Zug-um-Zug-Aus­tauschs ord­nungs­ge­mäß an­zu­bie­ten …

Der Streit­wert wird auf 7.800 € fest­ge­setzt. Für den Kla­ge­an­trag zu 2. – Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs – war kein ei­ge­ner Wert fest­zu­set­zen (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Beschl. v. 03.07.2008 – I-24 W 46/08, MDR 2009, 57).

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