Stellt ein po­ten­zi­el­ler Kun­de ei­nen Pkw nach ei­ner mehr­tä­gi­gen Pro­be­fahrt an ei­nem Sonn­tag wie­der auf dem Be­triebs­ge­län­de ei­nes Kfz-Händ­lers ab, so er­langt die­ser auch dann er­neut (al­lei­ni­gen) Ge­wahr­sam an dem Fahr­zeug, wennn kein Mit­ar­bei­ter des Händ­lers vor Ort an­we­send ist. Kommt das Fahr­zeug an­schlie­ßend ab­han­den, kann des­halb ein Dieb­stahl i. S. der All­ge­mei­nen Be­din­gun­gen für die Kfz-Ver­si­che­rung (AKB 2008) vor­lie­gen.

OLG Naum­burg, Ur­teil vom 11.07.2013 – 4 U 5/13

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin, die ei­nen Au­to­han­del be­treibt, be­gehrt von der Be­klag­ten Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen in Hö­he von rund 19.000 €, nach­dem am 20./21.02.2011 ei­nes ih­rer Fahr­zeu­ge von ih­rem Be­triebs­ge­län­de in B. ab­han­den­ge­kom­men ist.

Im No­vem­ber 2010 er­warb die Klä­ge­rin ei­nen fa­brik­neu­en Pkw vom Her­stel­ler. Das Fahr­zeug wur­de am 09.12.2010 auf die Klä­ge­rin zu­ge­las­sen, die es fort­an als Vor­führ­wa­gen nutz­te und zum Ver­kauf an­bot. Am 18.02.2011 wur­de der Pkw dem Zeu­gen G ge­mäß ei­ner Nut­zungs­ver­ein­ba­rung vom sel­ben Tag für ei­ne Pro­be­fahrt oh­ne Ki­lo­me­ter­be­gren­zung über­las­sen. G soll­te das Fahr­zeug am 20.02.2011, ei­nem Sonn­tag, wie­der auf dem frei zu­gäng­li­chen Be­triebs­ge­län­de der Klä­ge­rin in B. ab­stel­len und die Au­to­schlüs­sel und die Fahr­zeug­pa­pie­re in ei­nen in der Haus­wand des Bü­ro­ge­bäu­des ein­ge­las­se­nen Si­cher­heits­brief­kas­ten wer­fen.

Am Mor­gen des 21.02.2011 wur­de zu Be­ginn der Ge­schäfts­zei­ten der Klä­ge­rin fest­ge­stellt, dass das Fahr­zeug nicht wie ab­ge­spro­chen auf dem Be­triebs­ge­län­de stand. An dem Brief­kas­ten der Klä­ge­rin lie­ßen sich kei­ner­lei Auf­bruch­spu­ren fest­stel­len. Le­dig­lich ei­ne Map­pe, in der G so­wohl die Fahr­zeug­pa­pie­re als auch die Fahr­zeug­schlüs­sel über­ge­ben wor­den wa­ren, wur­de auf ei­nem na­he­ge­le­ge­nen Feld leer auf­ge­fun­den.

Auf ei­ne Straf­an­zei­ge der Klä­ge­rin hin er­mit­tel­te die Staats­an­walt­schaft Hal­le ge­gen meh­re­re Per­so­nen, dar­un­ter auch G. Die Er­mitt­lun­gen wur­den je­doch ge­mäß § 170 II StPO ein­ge­stellt, oh­ne dass der Ver­bleib des Fahr­zeugs ge­klärt oder ein Tä­ter er­mit­telt wer­den konn­te.

Die Be­klag­te lehn­te ge­gen­über der Klä­ge­rin mit Schrei­ben vom 13.05.2011 Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen mit der Be­grün­dung ab, dass das Fahr­zeug durch ei­ne nicht ver­si­cher­te Un­ter­schla­gung ab­han­den­ge­kom­men sei.

Die Klä­ge­rin hat be­haup­tet, G ha­be den Pkw wie ver­ein­bart am Sonn­tag, dem 20.02.2011, auf dem Be­triebs­ge­län­de ver­schlos­sen ab­ge­stellt, die Fahr­zeug­pa­pie­re und die Schlüs­sel in den Brief­kas­ten ge­wor­fen und so­dann das Be­triebs­ge­län­de zu­sam­men mit sei­ner da­ma­li­gen Le­bens­ge­fähr­tin M in ei­nem zwei­ten Fahr­zeug ver­las­sen. Ein Mit­ar­bei­ter des von ihr, der Klä­ge­rin, be­auf­trag­ten Wach- und Si­cher­heits­diens­tes, der Zeu­ge W, ha­be den Pkw am Abend des 20.02.2011 ge­gen 20.00 Uhr und ein wei­te­res Mal am fol­gen­den Mor­gen ge­gen 02.45 Uhr bei sei­nem Kon­troll­gang auf dem Be­triebs­ge­län­de ste­hen se­hen. Erst an­schlie­ßend sei der Pkw von un­be­kann­ten Tä­tern ge­stoh­len wor­den. Das Fahr­zeug sei, so be­haup­tet die Klä­ge­rin wei­ter, vom Her­stel­ler zum Net­to­preis von 18.715,99 € er­wor­ben und an­schlie­ßend mit Zu­be­hör im Wert von 757,18 € ver­se­hen wor­den.

Der um ei­ne Selbst­be­tei­li­gung von 500 € ver­min­der­te Ge­samt­be­trag in Hö­he von 18.973,17 € ist Ge­gen­stand der Kla­ge. Zu­dem ver­langt die Klä­ge­rin die Er­stat­tung vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 807,80 €.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge mit Ur­teil vom 19.12.2012 ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, die Klä­ge­rin ha­be ei­nen Dieb­stahl des Fahr­zeugs nicht be­wie­sen. Al­lein das Zu­rück­brin­gen und Ab­stel­len des Fahr­zeugs auf dem Be­triebs­ge­län­de ha­be der Klä­ge­rin man­gels feh­len­der Rück­ga­be des Au­to­schlüs­sels und der Fahr­zeug­pa­pie­re kei­nen Ge­wahr­sam ver­schaf­fen kön­nen. Des­halb sei von ei­ner Un­ter­schla­gung aus­zu­ge­hen, die nicht ver­si­chert sei.

Die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te über­wie­gend Er­folg: Die Be­klag­te wur­de zur Zah­lung von 18.035,75 € nebst Zin­sen und vor­ge­richt­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten ver­ur­teilt.

Aus den Grün­den: II. … Der Klä­ge­rin steht der in Hö­he von 18.973,17 € gel­tend ge­mach­te An­spruch le­dig­lich in zu­er­kann­ter Hö­he von 18.035,75 € ge­mäß § 1 Satz 1 VVG in Ver­bin­dung mit dem zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Fahr­zeug-Ver­si­che­rungs­ver­trag auf­grund ei­nes ver­si­cher­ten Dieb­stahls zu …

Ent­ge­gen der An­sicht des Land­ge­richts in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil ist auf der Grund­la­ge des Be­wei­s­er­geb­nis­ses bei zu­tref­fen­der recht­li­cher Wür­di­gung von kei­ner Un­ter­schla­gung, son­dern von ei­nem von der Teil­kas­ko­ver­si­che­rung um­fass­ten Dieb­stahl aus­zu­ge­hen (1). Ob hin­ge­gen ei­ne Ein­stands­pflicht der Be­klag­ten auch für den Fall ei­ner Un­ter­schla­gung in Be­tracht ge­kom­men wä­re, kann des­halb da­hin­ste­hen (2). Die gel­tend ge­mach­te Ent­schä­di­gungs­for­de­rung ist zum über­wie­gen­den Teil be­grün­det (3). Die ver­lang­ten Ne­ben­for­de­run­gen be­geg­nen kei­nen Be­den­ken (4).

1. Der Dieb­stahls­be­griff in der Teil­kas­ko­ver­si­che­rung wie auch die üb­ri­gen in den All­ge­mei­nen wie Be­son­de­ren Ver­trags­be­din­gun­gen ge­nann­ten Bei­spiel­fäl­le der Ent­wen­dung rich­ten sich nach de­ren rein straf­recht­li­cher De­fi­ni­ti­on (vgl. et­wa Knapp­mann, in: Prölss/Mar­tin, VVG, 28. Aufl. [2010], AKB 2008, A.2.2 Rn. 6 m. w. Nachw.).

Im vor­lie­gen­den Fall könn­te al­lein die Weg­nah­me i. S. des § 242 I StGB Be­den­ken auf­wer­fen, die je­doch, eben­so wie die üb­ri­gen un­pro­ble­ma­tisch er­füll­ten Merk­ma­le des Dieb­stahl­stat­be­stands, bei zu­tref­fen­der recht­li­cher Wür­di­gung zu be­ja­hen ist.

Un­ter Weg­nah­me wird der Bruch frem­den und die Be­grün­dung neu­en Ge­wahr­sams ver­stan­den. Ge­wahr­sam be­deu­tet ein tat­säch­li­ches Herr­schafts­ver­hält­nis zwi­schen ei­ner Per­son und ei­ner Sa­che, das von ei­nem Herr­schafts­wil­len ge­tra­gen wird, wo­bei sich die Be­ur­tei­lung die­ser Ele­men­te nach der na­tür­li­chen Auf­fas­sung des täg­li­chen Le­bens rich­tet.

Das Land­ge­richt ist nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me zu der Über­zeu­gung ge­langt, dass der Zeu­ge G das Fahr­zeug nach der Pro­be­fahrt ver­ein­ba­rungs­ge­mäß am Sonn­tag­nach­mit­tag ge­gen 16.00 Uhr auf dem Be­triebs­ge­län­de ab­stell­te, wo es ge­gen 20.00 Uhr und ein wei­te­res Mal ge­gen 02.45 Uhr vom Si­cher­heits­be­am­ten W bei sei­nem Kon­troll­gang ord­nungs­ge­mäß ver­schlos­sen fest­ge­stellt wor­den sei. Dem­ge­gen­über, so das Land­ge­richt, stän­de auf­grund der An­ga­ben der Zeu­gen G und M nicht si­cher fest, dass die Schlüs­sel und Fahr­zeug­pa­pie­re wie ab­ge­spro­chen in den Si­cher­heits­brief­kas­ten der Klä­ge­rin ein­ge­wor­fen wor­den sei­en.

Die­ses Be­wei­s­er­geb­nis ist nicht zu be­an­stan­den und wird von der über­zeu­gen­den Be­weis­wür­di­gung des Land­ge­richts in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil ge­tra­gen. Die hier­ge­gen mit der Be­ru­fung von der Klä­ge­rin vor­ge­brach­ten Ein­wen­dun­gen ver­fan­gen nicht. Ins­be­son­de­re ist den An­ga­ben des Zeu­gen G, der das Ein­wer­fen der Schlüs­sel in den Brief­kas­ten be­teu­ert hat, nur schwer­lich Glau­ben zu schen­ken. Denn der Zeu­ge ist wei­ter­hin ver­däch­tig, bei der Ent­wen­dung des Fahr­zeugs mit­ge­wirkt zu ha­ben, und zwar selbst dann, wenn, wie von der Staats­an­walt­schaft in dem Er­mitt­lungs­ver­fah­ren an­ge­nom­men, ge­gen ihn kein für ei­ne An­kla­ge­er­he­bung not­wen­di­ger hin­rei­chen­der Tat­ver­dacht be­ste­hen soll­te. Hin­zu kommt, dass nach der Schil­de­rung des Zeu­gen völ­lig ne­bu­lös bleibt, wie die Schlüs­sel und die Fahr­zeug­pa­pie­re nach dem be­haup­te­ten Ein­wer­fen spä­ter wie­der aus dem Si­cher­heits­brief­kas­ten ge­langt sein sol­len, da an die­sem kei­ner­lei Auf­bruch­spu­ren fest­zu­stel­len wa­ren. Auch den An­ga­ben der Zeu­gin M ist in die­sem Zu­sam­men­hang kei­ne be­son­de­re Be­weis­kraft bei­zu­mes­sen, da die Zeu­gin im Fahr­zeug sit­zen blieb und fol­ge­rich­tig nur hat an­ge­ben kön­nen, dass ihr da­ma­li­ger Le­bens­ge­fähr­te G zum Brief­kas­ten ge­gan­gen sei, oh­ne ein Ein­wer­fen von Schlüs­sel und Pa­pie­ren letzt­lich ge­se­hen zu ha­ben. Dem­ge­gen­über steht das Ab­stel­len des Fahr­zeugs auf dem Be­triebs­hof der Be­klag­ten nach den glaub­haf­ten Be­kun­dun­gen des Si­cher­heits­be­am­ten W si­cher fest, da die­ser das Fahr­zeug ge­gen 20.00 Uhr und am Mon­tag­mor­gen ge­gen 02.45 Uhr dort ste­hen sah.

Nicht zu be­an­stan­den ist wei­ter­hin die An­sicht des Land­ge­richts, die Klä­ge­rin ha­be auf­grund der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Zeu­gen G ih­ren Ge­wahr­sam hier­an ver­lo­ren, da an­ge­sichts der zwei­tä­gi­gen Pro­be­fahrt nicht mehr von ei­ner blo­ßen Ge­wahr­sams­lo­cke­rung aus­ge­gan­gen wer­den kön­ne. Der Zeu­ge G durf­te das Fahr­zeug näm­lich völ­lig frei oh­ne Ki­lo­me­ter­be­schrän­kung oder sons­ti­ge Vor­ga­ben über ei­nen län­ge­ren Zeit­raum von zwei Ta­gen nut­zen und war des­halb wäh­rend die­ser Zeit Al­lein­ge­wahr­sams­in­ha­ber.

Un­zu­tref­fend ist hin­ge­gen die An­sicht des Land­ge­richts, die Klä­ge­rin ha­be auf­grund des Ab­stel­lens des Fahr­zeugs auf ih­rem Be­triebs­ge­län­de am Sonn­tag­nach­mit­tag kei­nen Ge­wahr­sam an dem Pkw wie­der­er­lan­gen kön­nen. Das Land­ge­richt hat zur Be­grün­dung hier­für aus­ge­führt, ei­ne Ge­wahr­sams­wie­der­er­lan­gung sei des­halb aus­ge­schlos­sen, weil der Be­trieb am Sonn­tag­nach­mit­tag nicht be­setzt ge­we­sen sei und die Klä­ge­rin folg­lich kei­ne tat­säch­li­che Sach­herr­schaft über das Fahr­zeug ha­be aus­üben kön­nen. Selbst wenn man dies im Hin­blick auf ei­nen mög­li­chen, bei der Klä­ge­rin ver­blie­be­nen Zweit­schlüs­sel an­ders se­he wol­le, ha­be die­se den­noch kei­nen für ei­nen an­schlie­ßen­den Dieb­stahl er­for­der­li­chen Al­lein­ge­wahr­sam be­grün­den kön­nen, da der Zeu­ge G wei­ter­hin über den von ihm nicht ab­ge­ge­be­nen Schlüs­sel ver­fügt ha­be.

Die­se Aus­füh­run­gen des Land­ge­richts zu ei­nem er­for­der­li­chen Al­lein­ge­wahr­sam sind, wie die Be­ru­fung zu Recht be­an­stan­det, nicht halt­bar. Ein Al­lein­ge­wahr­sam ist für den Bruch frem­den Ge­wahr­sams im Rah­men des Weg­nah­me­be­griffs näm­lich ge­ra­de nicht er­for­der­lich. Viel­mehr ge­nügt für die Tat­be­stands­ver­wirk­li­chung ei­nes Dieb­stahls der Bruch je­den frem­den Ge­wahr­sams und da­mit auch der ei­nes blo­ßen Mit­ge­wahr­sams.

Un­ge­ach­tet des­sen spricht hier al­ler­dings auch al­les für ei­ne Wie­der­er­lan­gung nicht nur des Mit­ge­wahr­sams, son­dern so­gar des Al­lein­ge­wahr­sams der Klä­ge­rin an dem auf ih­rem Be­triebs­hof ab­ge­stell­ten Fahr­zeug.

Auf­grund der na­tür­li­chen Auf­fas­sung des täg­li­chen Le­bens, die ge­ra­de bei Fra­gen ei­nes Ge­wahr­sams­wech­sels mit her­an­zu­zie­hen ist (vgl. et­wa Eser/Bosch, in: Schön­ke/Schrö­der, StGB, 28. Aufl. [2010], § 242 Rn. 23–26 m. w. Nachw.), kann es hier ent­ge­gen der An­sicht des Land­ge­richts kei­ne maß­geb­li­che Rol­le spie­len, dass zur Ab­stell­zeit am Sonn­tag kei­ne Mit­ar­bei­ter der Klä­ge­rin vor Ort an­we­send wa­ren. Wenn so­gar auf dem Feld zu­rück­ge­las­se­ne Ge­rät­schaf­ten im Ge­wahr­sam des Bau­ern ver­blei­ben (vgl. BGHSt 16, 278), kann beim ver­ein­ba­rungs­ge­mä­ßen Ab­stel­len ei­nes Pkw nach Be­en­di­gung ei­ner Pro­be­fahrt auf dem Be­triebs­ge­län­de der Ge­wahr­sam des Au­to­hau­ses nicht ernst­haft in Zwei­fel ste­hen. Denn bei un­be­fan­ge­ner Le­bens­be­trach­tung wird der Be­triebs­park­platz, auf dem auch sonst nur Fahr­zeu­ge der Klä­ge­rin ste­hen – der frag­li­che Pkw be­fand sich nach den An­ga­ben des Wach­manns W ge­ra­de nicht auf den eben­falls dort vor­han­de­nen Kun­den­park­plät­zen – als Herr­schafts­sphä­re der Klä­ge­rin zu­ge­ord­net, zu­mal die­ser Be­reich auch abends und nachts in ih­rem Auf­trag von ei­nem Wach­mann re­gel­mä­ßig kon­trol­liert wur­de. An­ge­sichts die­ser kla­ren Zu­ord­nung kommt dem Um­stand, dass Fahr­zeug­schlüs­sel und Fahr­zeug­pa­pie­re nicht mit zu­rück­ge­ge­ben wur­den, für den Ge­wahr­sam an dem Pkw, um den es hier al­lein geht, kei­ne Re­le­vanz zu.

Ein der­ar­ti­ges Er­geb­nis wird zu­dem durch ähn­li­che in der Recht­spre­chung ent­schie­de­ne Fäl­le ge­stützt. So hat et­wa der BGH in ei­nem Ur­teil vom 01.12.1967 (4 StR 516/67, NJW 1968, 662) un­ter Her­an­zie­hung der An­schau­un­gen des täg­li­chen Le­bens die Ge­wahr­sam­ser­lan­gung ei­nes La­dens­in­ha­bers an sol­chen Wa­ren be­jaht, die in des­sen Ab­we­sen­heit mor­gens vor Ge­schäfts­öff­nung ver­ein­ba­rungs­ge­mäß vor der ver­schlos­se­nen La­den­tür ab­ge­stellt wur­den. Eben­falls ist der BGH in ei­nem Ur­teil vom 10.10.1961 (5 StR 528/61, GA 1962, 78) von ei­ner Wie­der­er­lan­gung des Ge­wahr­sams an ei­nem ver­lie­he­nen Mo­fa aus­ge­gan­gen, das dem spä­te­ren Tä­ter zu­nächst frei­wil­lig für ei­ne Be­sor­gungs­fahrt über­las­sen wor­den war, an­schlie­ßend von die­sem aber oh­ne Wis­sen des Ei­gen­tü­mers vor des­sen Tür ab­ge­stellt und spä­ter dort ent­wen­det wur­de.

Eben­so we­nig er­weist sich ein für die Ge­wahr­sam­ser­lan­gung er­for­der­li­cher Ge­wahr­sams­wil­le als pro­ble­ma­tisch. Denn in der­ar­ti­gen Kon­stel­la­tio­nen ist für ei­ne Ge­wahr­sam­ser­lan­gung be­reits ein so­ge­nann­ter an­ti­zi­pier­ter Ge­wahr­sams­wil­le aus­rei­chend. Da­nach ge­nügt, dass die Klä­ge­rin bzw. de­ren Mit­ar­bei­ter wuss­ten, dass der Pkw im Lau­fe des Sonn­tags auf ihr Be­triebs­ge­län­de zu­rück­ge­bracht wer­den soll­te, und ihr Wil­le da­hin ging, für die­sen Fall den Ge­wahr­sam an dem zu­rück­ge­brach­ten Fahr­zeug, ganz gleich, ob die­ses mit oder oh­ne Schlüs­sel ab­ge­ge­ben wur­de, wie­der­zu­er­lan­gen.

Dem­ge­gen­über ist der al­lein in­ner­lich ge­blie­be­ne de­lik­ti­sche Wil­le des Zeu­gen G, die Schlüs­sel wo­mög­lich spä­ter für ei­ne Ent­wen­dung zu nut­zen, zum maß­geb­li­chen Zeit­punkt der Rück­ga­be des Fahr­zeugs nicht er­kenn­bar nach au­ßen ge­tre­ten, wes­halb ihm für die Fra­ge ei­nes Ge­wahr­sams­wech­sels ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten kei­ne Be­deu­tung bei­ge­mes­sen wer­den kann.

Nach all­dem liegt mit­hin ein be­din­gungs­ge­mä­ßer Dieb­stahl vor, für den die Be­klag­te nach dem Ver­si­che­rungs­ver­trag … de[n]Be­son­de­ren Ver­trags­be­din­gun­gen in Teil 4 des Ver­trags, be­zeich­net als Kraft­fahrt­ver­si­che­rung für ei­ge­ne zu­ge­las­se­ne Fahr­zeu­ge und Kraft­fahr­zeug­ver­si­che­rung für Kraft­fahr­zeug-Han­del und -Hand­werk, ein­stands­pflich­tig ist.

2. An­ge­sichts des hier vor­lie­gen­den Dieb­stahls kommt es dar­auf, ob die Be­klag­te selbst bei Vor­lie­gen ei­ner Un­ter­schla­gung ein­stands­pflich­tig wä­re, nicht wei­ter an.

Al­ler­dings lie­ße sich ei­ne Ein­stands­pflicht der Be­klag­ten, ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil, nicht pro­blem­los ver­nei­nen. Die AKB 2010 – und in ähn­li­cher Form be­reits die Vor­gän­ger­vor­schrif­ten der AKB … – se­hen … ei­nen Ver­si­che­rungs­schutz bei ei­ner Un­ter­schla­gung nur dann vor, wenn dem Tä­ter das Fahr­zeug nicht zum Ge­brauch im ei­ge­nen In­ter­es­se … über­las­sen wird.

Ei­ne der­ar­ti­ge, nicht vom Ver­si­che­rungs­schutz um­fass­te Kon­stel­la­ti­on lä­ge – un­ge­ach­tet der spä­te­ren Rück­ga­be des Fahr­zeugs – hier zwar, wie vom Land­ge­richt zu­tref­fend aus­ge­führt, vor, weil der Pkw dem Zeu­gen G oh­ne Nut­zungs­be­schrän­kun­gen für ei­nen län­ge­ren Zeit­raum und da­mit in des­sen ei­ge­nem In­ter­es­se von der Klä­ge­rin über­las­sen wor­den war. Den­noch könn­te zwei­fel­haft sein, ob die­ser Ri­si­ko­aus­schluss ei­ner Klau­sel­kon­trol­le nach den §§ 305c, 307 BGB … stand­hiel­te.

Denn in Nr. 2.2.2 Abs. 1 der Be­son­de­ren Ver­trags­be­din­gun­gen des vier­ten Teils wird für den Fall der Un­ter­schla­gung Ver­si­che­rungs­schutz oh­ne jed­we­de Ein­schrän­kung ein­ge­räumt. Des­halb könn­te be­denk­lich sein, ob die­se Klau­sel, die für den Ver­si­che­rungs­neh­mer zu­nächst ei­nen un­be­schränk­ten Ver­si­che­rungs­schutz er­war­ten lässt, über den nach­fol­gend un­ter Zif­fer 4 be­stimm­ten Ver­weis auf die nicht ab­be­dun­ge­nen Re­ge­lun­gen der AKB ei­ne dem Trans­pa­rent­ge­bot des § 307 I 2 BGB ge­nü­gen­de Be­schrän­kung durch die Re­ge­lung in A.2.2.2 Abs. 2 AKB 2010 er­fährt, und auch nicht min­der be­denk­lich er­scheint, ob ein der­ar­ti­ger Ri­si­ko­aus­schluss im Fal­le ei­ner ge­bo­te­nen Aus­le­gung, wo­nach mög­li­cher­wei­se ver­blei­ben­de Zwei­fel ge­mäß § 305c II BGB ge­ra­de zu­las­ten der Be­klag­ten als Ver­wen­der ge­hen, letzt­lich Gel­tung zu be­an­spru­chen ver­mag.

3. Da das Fahr­zeug in­ner­halb des ers­ten Jah­res nach der Zu­las­sung ge­stoh­len wur­de, hat die Be­klag­te der Klä­ge­rin … den Neu­preis des Kraft­fahr­zeugs ab­züg­lich Nach­lass des Her­stel­lers zu er­stat­ten, was auf ei­nen Ent­schä­di­gungs­an­spruch der Klä­ge­rin in Hö­he von ins­ge­samt 18.035,75 € hin­aus­läuft.

Aus­ge­hend von der Her­stel­ler­rech­nung der S-GmbH vom 05.11.2010 … be­trägt der Net­ton­eu­preis des Fahr­zeugs 21.596,64 € zu­züg­lich 411,76 € net­to für die Me­tal­li­cla­ckie­rung, mit­hin 22.008,40 €. Die­ser Be­trag ist um den ge­währ­ten Händ­ler­ra­batt von 17,40 % in Hö­he von 3.757,82 € und 71,65 € auf 18.178,93 € zu be­rei­ni­gen. Dem­ge­gen­über sind die wei­te­ren in der Rech­nung auf­ge­führ­ten und mit der Kla­ge gel­tend ge­mach­ten Po­si­tio­nen CO-OP-Wer­be­an­teil mit 75 €, Fracht- und Ne­ben­kos­ten mit 424,75 €, Kfz-Brief mit 20,67 € und La­ger­wa­gen­ver­si­che­rung mit 16,64 € nicht er­satz­fä­hig, da sie nicht zum Neu­preis des Fahr­zeugs zäh­len.

Da­ne­ben hat die Klä­ge­rin auf Grund­la­ge ih­rer in­ter­nen Rech­nung vom 01.03.2011 … An­spruch auf Ent­schä­di­gung we­gen werk­sei­tig in das Fahr­zeug ein­ge­bau­te bzw. fest ver­bun­de­ner Fahr­zeug- und Zu­be­hör­tei­le in Hö­he von 356,82 €. Der Be­trag er­gibt sich, wenn man von den Ma­te­ri­al­kos­ten in Hö­he von ins­ge­samt 757,18 € die Kom­bi­ta­sche für 7,80 €, den Wasch­an­la­gen­zu­satz für 4,08 € und den Gum­mi­mat­ten­satz für 18,76 €, bei de­nen es sich um kei­ne be­din­gungs­ge­mäß ein­ge­bau­ten oder fest ver­bun­de­nen Tei­le han­delt, so­wie die Win­ter­rei­fen in Hö­he von 369,72 € in Ab­zug bringt.

Ma­te­ri­al­kos­ten lt. Rech­nung vom 01.03.2011 757,18 €
./. Kom­bi­ta­sche 7,80 €
./. Wasch­an­la­gen­zu­satz 4,08 €
./. Gum­mi­mat­ten­satz 18,76 €
./. Win­ter­rei­fen 369,72 €
Er­stat­tungs­fä­hi­ge Ma­te­ri­al­kos­ten 356,82 €

Ent­schä­di­gung we­gen der Win­ter­rei­fen kann die Klä­ge­rin nicht ver­lan­gen, da ihr le­dig­lich ein Satz Rei­fen ab­han­den­ge­kom­men ist, über den das Fahr­zeug be­reits bei An­lie­fe­rung ver­füg­te und der schon über den Neu­preis aus der Rech­nung vom 05.11.2010 ent­schä­digt wor­den ist, wes­halb er nicht er­neut als Zu­be­hör­teil in An­satz ge­bracht wer­den kann. Eben­so we­nig kann sie selbst­ver­ständ­lich Er­satz der in der Rech­nung vom 01.03.2011 noch auf­ge­führ­ten rei­nen Ar­beits­leis­tun­gen in Hö­he von 127,49 € be­an­spru­chen.

Von dem da­nach ins­ge­samt er­stat­tungs­fä­hi­gen Be­trag von 18.535,75 € ist die ver­ein­bar­te Selbst­be­tei­li­gung von 500 € … in Ab­zug zu brin­gen, wo­mit ein be­grün­de­ter Ge­sam­tent­schä­di­gungs­an­spruch von 18.035,75 € ver­bleibt und die Kla­ge we­gen des dar­über hin­aus ge­hen­den Dif­fe­renz­be­trags von 937,42 € der Ab­wei­sung un­ter­liegt, wie die fol­gen­de Ta­bel­le ver­deut­licht.

Her­stel­ler-Rech­nung (er­stat­tungs­fä­hig) 18.178,93 €
Ma­te­ri­al­kos­ten (er­stat­tungs­fä­hig) + 356,82 €
Ent­schä­di­gungs­sum­me 18.535,75 €
./. ver­trag­li­cher Selbst­be­halt 500,00 €
Ver­blei­ben­de Neu­preis-Ent­schä­di­gungs­sum­me (= zu­er­kann­te Sum­me) 18.035,75 €
./. Kla­ge­for­de­rung 18.973,17 €
Kla­ge­ab­wei­sung (Dif­fe­renz) 937,42 €

4. Die ver­lang­ten Ne­ben­for­de­run­gen be­geg­nen kei­nen Be­den­ken …

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