Män­gel an ei­nem Kraft­fahr­zeug sind an dem Ort zu be­sei­ti­gen, an dem der Ver­käu­fer sei­ne ge­werb­li­che Nie­der­las­sung hat (Er­fül­lungs­ort der Nach­bes­se­rung). Dort­hin muss der Käu­fer das Fahr­zeug ver­brin­gen; er kann nicht mit Er­folg ver­lan­gen, dass der Ver­käu­fer das Fahr­zeug an sei­nem Wohn­ort ab­holt oder vor­ab er­klärt, er wer­de die Kos­ten für den Trans­port des – nicht fahr­be­rei­ten – Fahr­zeugs über­neh­men.

AG Augs­burg, Ur­teil vom 07.09.2012 – 72 C 893/12

Sach­ver­halt: Mit schrift­li­chem Ver­trag vom 19.04.2011 kauf­te der Klä­ger von dem Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Au­di A4 Avant (Erst­zu­las­sung: 13.12.2006) für 12.880 €. Das Fahr­zeug wies ei­nen Ki­lo­me­ter­stand von 106.500 auf und wur­de dem Klä­ger am Tag des Ver­trags­schlus­ses über­ge­ben.

Eben­falls am 19.04.2011 wur­de ein Ga­ran­tie­ver­trag zwi­schen dem Klä­ger und der W-GmbH ge­schlos­sen. In § 1 der Ga­ran­tie­be­din­gun­gen heißt es:

„Scha­dens­mel­dun­gen und An­sprü­che be­dür­fen der Schrift­form und sind an die W-GmbH zu rich­ten. Al­le Ant­wor­ten er­fol­gen schrift­lich.“

Der Klä­ger hat be­haup­tet, das er­wor­be­ne Fahr­zeug sei man­gel­haft, weil es am 21.06., am 27.07., am 23.09. und am 26.09.2011 fahr­un­tüch­tig lie­gen­ge­blie­ben sei.

Er ver­lang­te von dem Be­klag­ten un­ter an­de­rem die Er­stat­tung von Re­pa­ra­tur­kos­ten in Hö­he von 2.767,51 €, nach­dem das Fahr­zeug im Ju­ni und im Ju­li 2011 im VW-Zen­trum Ful­da re­pa­riert wor­den war und der Klä­ger für ei­ne Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs im Ok­to­ber 2011 rund 1.300 € zu zah­len ge­habt hat­te.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger kann kei­nen Scha­dens­er­satz we­gen Nicht­vor­nah­me der Re­pa­ra­tu­ren ver­lan­gen, weil der Be­klag­te auf sein Nach­bes­se­rungs­recht nicht ver­zich­tet hat und dem Be­klag­ten nicht an sei­ner ge­werb­li­chen Nie­der­las­sung die Ge­le­gen­heit zur Nach­bes­se­rung ge­ge­ben wur­de (I). Der Be­klag­te hat auch die Er­fül­lung der Nach­bes­se­rung nicht ver­wei­gert, in­dem er sich auf An­ru­fe nicht rühr­te oder das Fahr­zeug nicht ab­hol­te oder kei­ne Kos­ten­über­nah­me er­klär­te. Denn hier­zu war er nicht ver­pflich­tet (II). Die Nach­er­fül­lung war dem Klä­ger auch nicht un­zu­mut­bar (III) …

I. Er­fül­lungs­ort der Nach­er­fül­lung ist im vor­lie­gen­den Fall der Ort der ge­werb­li­chen Nie­der­las­sung des Ver­käu­fers.

Der BGH (Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10) hat in sei­ner Grund­satz­ent­schei­dung vom 13.04.2011 … hier­zu in den Leit­sät­zen aus­ge­führt:

„1. Der Er­fül­lungs­ort der Nach­er­fül­lung hat im Kauf­recht des Bür­ger­li­chen Ge­setz­bu­ches kei­ne ei­gen­stän­di­ge Re­ge­lung er­fah­ren. Für sei­ne Be­stim­mung gilt da­her die all­ge­mei­ne Vor­schrift des § 269 I BGB.

2. Da­nach sind in ers­ter Li­nie die von den Par­tei­en ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­run­gen ent­schei­dend. Feh­len ver­trag­li­che Ab­re­den über den Er­fül­lungs­ort, ist auf die je­wei­li­gen Um­stän­de, ins­be­son­de­re die Na­tur des Schuld­ver­hält­nis­ses, ab­zu­stel­len. Las­sen sich auch hier­aus kei­ne ab­schlie­ßen­den Er­kennt­nis­se ge­win­nen, ist der Er­fül­lungs­ort letzt­lich an dem Ort an­zu­sie­deln, an wel­chem der Ver­käu­fer zum Zeit­punkt der Ent­ste­hung des Schuld­ver­hält­nis­ses sei­nen Wohn­sitz oder sei­ne ge­werb­li­che Nie­der­las­sung (§ 269 II BGB) hat­te.“

Hier feh­len ent­ge­gen der An­sicht des Klä­gers an­de­re ver­trag­li­che Ab­re­den für die Nach­bes­se­rung in Form ei­nes Ver­zichts des Ver­käu­fers auf ein ei­ge­nes Nach­bes­se­rungs­recht.

Wenn der Klä­ger nach dem Ort der Vor­nah­me von Re­pa­ra­tu­ren ge­fragt hat, so be­zieht sich dies vom Emp­fän­ger­ho­ri­zont des Ver­käu­fers auf die Ga­ran­tie­ver­si­che­rung. Vom Ort der Nach­bes­se­rung wur­de nicht ge­spro­chen. Ein Ver­zicht auf sein Nach­bes­se­rungs­recht ist da­her nicht ge­ge­ben, wenn er er­klärt, Re­pa­ra­tu­ren könn­ten in je­der VW-Werk­statt durch­ge­führt wer­den.

Dem­nach hät­te der Klä­ger das Fahr­zeug zur Nach­bes­se­rung an die ge­werb­li­che Nie­der­las­sung des Be­klag­ten ver­brin­gen müs­sen. Dies hat er nicht ge­tan. Er konn­te nicht ver­lan­gen, dass der Be­klag­te das Fahr­zeug an sei­nem Wohn­ort ab­ho­len soll oder dass er vor­ab ei­ne Kos­ten­über­nah­me­er­klä­rung ab­gibt. Die Ver­pflich­tung des Ver­käu­fers zur Nach­er­fül­lung ist auf die Vor­nah­me der hier­zu er­for­der­li­chen Hand­lung am Er­fül­lungs­ort be­grenzt (BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10).

II. Weil der Be­klag­te nicht ver­pflich­tet war, das Fahr­zeug ab­zu­ho­len, lag in sei­ner Wei­ge­rung der Ab­ho­lung kei­ne Ver­wei­ge­rung der Nach­bes­se­rung.

III. Dem Be­klag­ten die Mög­lich­keit der Nach­bes­se­rung ein­zu­räu­men, war dem Klä­ger auch nicht un­zu­mut­bar. Im Fal­le ei­nes be­rech­tig­ten Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gens hat näm­lich der Ver­käu­fer nach § 439 II BGB ins­be­son­de­re die Trans­port- und We­ge­kos­ten zu zah­len, auch wenn das Fahr­zeug nicht fahr­be­reit ist …

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