Wird in einem Kfz-Kaufvertrag auf einen reparierten Heck- und Seitenschaden hingewiesen, so ist damit nichts darüber ausgesagt, ob die Reparatur vollständig und fachgerecht erfolgt ist. Das wäre selbst dann nicht der Fall, wenn darauf hingewiesen würde, dass die Reparatur in einer Fachwerkstatt erfolgt sei.
LG Kassel, Urteil vom 10.03.2009 – 6 O 2388/09
(nachfolgend: OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 03.11.2010 – 15 U 116/10)
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten auf der Grundlage einer schriftlichen Bestellung vom 09.03.2005 einen gebrauchten Pkw. Der Kaufpreis betrug 23.950 €. In dem Bestellformular heißt es unter anderem: „Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer: reparierter Heck- und Seitenschaden ca. 2.600 €“.
Mit Anwaltsschreiben vom 01.10.2009 erklärte der den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Er behauptet, es seien mittlerweile Mängel an der Fahrertür des Pkw aufgetreten; unter anderem lasse sich der Fensterheber nicht mehr betätigen. Bei einer Untersuchung sei festgestellt worden, dass die Fahrertür einen erheblichen Schaden aufweise; sie sei nicht fachgerecht repariert worden und nun verrostet und nicht mehr funktionsfähig. Der Voreigentümer des Pkw habe bestätigt, dass während seiner Besitzzeit ein Lkw in die Tür hineingefahren sei.
Die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Der Kläger hat gegen die Beklagte keinerlei Gewährleistungsansprüche, insbesondere … keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages, denn der vom Kläger erworbene Pkw ist nicht mangelhaft i. S. des § 437 BGB.
Eine Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 434 I 1 BGB). Die Beklagte hat in der schriftlichen Bestellung ausdrücklich auf einen reparierten Heck- und Seitenschaden im Umfang von etwa 2.600 € hingewiesen. Damit ist auch ein eventueller Schaden an der Fahrertür erfasst und zum Inhalt der Beschaffenheitsvereinbarung geworden mit der Folge, dass ein Sachmangel insoweit nicht vorliegt.
Dem Kläger kann nicht gefolgt werden, wenn er meint, bei solchen Seitenschäden handele es sich lediglich um Beschädigungen der Seitenbleche und nicht um Türschäden. Wie die Formulierung „Heck- und Seitenschaden“ in dem Bestellformular zeigt, wird lediglich darauf hingewiesen, dass Schäden im Heck- und Seitenbereich des Pkw repariert worden sind. Die Formulierung bezeichnet lediglich, in welchem Bereich ein Schaden vorgelegen hat, ob dies also am Heck, im Frontbereich oder an einer der Seiten der Fall war. Eine genauere Spezifizierung wird nicht vorgenommen. Insbesondere kann die gewählte Formulierung nicht dahin ausgelegt werden, dass im Seitenbereich lediglich Schäden an feststehenden Seitenteilen und nicht etwa an beweglichen Teilen wie den Türen gemeint sind. Damit wird im Übrigen dem Umstand Rechnung getragen, dass das benutzte Formular nach seiner Gestaltung eine ausführlichere Schadensdarstellung in Folge Platzmangels nicht zulässt. Allerdings erfüllt es die Funktion der ausreichenden Information des potenziellen Käufers über etwaige Unfallschäden. Denn der Kläger wurde in die Lage versetzt, sich bei entsprechendem Interesse näher über den Schadensumfang zu informieren. Dies hat er offensichtlich nicht getan. Vielmehr hat er den Pkw in Kenntnis des Unfallschadenschadens ohne weitere Nachfrage gekauft und – wie er selbst vorträgt – in einem Zeitraum von mehr als vier Jahren unter Zurücklegung einer Fahrstrecke von rund 73.900 km genutzt.
Im Übrigen enthält die in dem Bestellformular gewählte Formulierung über einen reparierten Heck- und Seitenschaden keine Zusicherung über die Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit der Reparatur, denn dies wäre noch nicht einmal der Fall, wenn der Vermerk den Hinweis auf einer Reparatur in einer Fachwerkstatt enthalten würde (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.01.2001 – 14 U 141/00, juris) …
Hinweis: Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Das OLF Frankfurt a. M. hat sie mit Urteil vom 03.11.2010 – 15 U 116/10 – zurückgewiesen und ausgeführt:
„II. Die Berufung … muss … ohne Erfolg bleiben, weil das Landgericht die Klage jedenfalls im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen hat.
Die Rückabwicklung des Kaufvertrags, die der Kläger aufgrund des von ihm mit Schreiben vom 1.10.2009 erklärten Rücktritts verlangt, scheitert spätestens daran, dass die von der Beklagten bereits im ersten Rechtszug erhobene Einrede der Verjährung berechtigt ist, was zur Unwirksamkeit des Rücktritts führt (§§ 438 IV 1, 218 I BGB).
Mängelansprüche des Käufers einer beweglichen Sache verjähren grundsätzlich in zwei Jahren nach der Ablieferung der Sache (§ 438 I Nr. 3, II BGB). Diese Verjährungsfrist hat hier mit der Übergabe des Fahrzeugs im März 2005 begonnen, ist demzufolge bereits im Jahr 2007 abgelaufen und konnte daher durch die im Jahr 2009 in Gang gekommenen Verhandlungen der Parteien wegen des vermeintlichen Mangels sowie durch die spätere Klageerhebung nicht mehr gehemmt werden.
Unverjährte Mängelansprüche könnten dem Kläger deshalb nur noch zustehen, falls die Beklagte ihm beim Vertragsschluss einen Mangel arglistig verschwiegen hätte und deswegen ausnahmsweise die regelmäßige Verjährungsfrist maßgeblich wäre (§§ 438 III 1, 195, 199 I BGB). Für eine arglistige Täuschung über einen nicht offenbarten Unfallschaden gibt es aber nach den Ergebnissen des Berufungsverfahrens keinen vernünftigen Anhaltspunkt mehr.
Die von der Beklagten vorgelegte und vom Kläger nicht kommentierte Rechnung über die im Juni 2010 durchgeführte Unfallreparatur, die sich unter anderem über die Erneuerung zweier Türen verhält, passt sowohl inhaltlich wie auch von der Höhe der Reparaturkosten her (5235,57 DM) zwanglos zu der beim Verkauf erfolgten Angabe ‚reparierter Heck- und Seitenschaden ca. 2.600 €‘. Für die Behauptung des Klägers, das Fahrzeug habe an der Fahrertür einen ‚weiteren‘ Unfallschaden erlitten, gibt es keinen objektiven Anhaltspunkt. Vielmehr handelt es sich dabei – wie auch die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen des Prozessbevollmächtigten des Klägers deutlich gemacht haben – nur um das Ergebnis subjektiver Schlussfolgerungen. Der Beklagten mag anzulasten sein, dass sie den Irrtum wesentlich früher hätte aufdecken können, wenn sie schon im Rahmen der außergerichtlichen Auseinandersetzung schlicht die Reparaturrechnung vorgelegt hätte. Aber dass sie beim Verkauf des Fahrzeugs einen Unfallschaden arglistig verschwiegen oder bagatellisiert habe, lässt sich jedenfalls nicht feststellen. Aufgrund des unstreitig gebliebenen Inhalts der vorgelegten Reparaturrechnung vom 21.06.2001 besteht für den Senat im Gegenteil kein vernünftiger Zweifel mehr daran, dass der Schaden an der Fahrertür des Fahrzeugs bei eben jenem Unfallereignis eingetreten war, das dem Kläger beim Verkauf offenbart wurde.
Ebenso wenig gibt es tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Kläger arglistig über einen etwaigen Mangel der nach dem Unfall durchgeführten Reparatur getäuscht habe. Der bloße Umstand, dass der Kläger im achten Jahr nach dieser Reparatur nicht näher dargelegte Rosterscheinungen an der Fahrertür sowie eine Störung des Fensterhebers festgestellt hat, legt schon nicht nahe, dass bei der Reparatur überhaupt fehlerhaft gearbeitet wurde. Das gilt umso mehr, weil die Fahrertür nach dem unstreitig gebliebenen Inhalt der Reparaturrechnung nicht wieder hergerichtet sondern durch ein Neuteil ersetzt wurde, sodass der vom Kläger reklamierte jetzige Zustand genauso gut auf einem Fabrikationsfehler beruhen könnte, falls es sich nicht ohnehin nur um Alterserscheinungen handeln sollte. Zumindest aber erlauben die erst Jahre später aufgetretenen Fehler am Fahrzeug keinesfalls die überzeugungskräftige Schlussfolgerung, dass die Reparatur unter einem so evidenten Mangel gelitten habe, dass die Beklagte ihn beim Verkauf gekannt oder wenigstens mit ihm gerechnet haben müsse …“