Regeln die Bedingungen für eine Gebrauchtwagengarantie eindeutig, dass sich der Käufer im Schadensfall zunächst mit dem – rund um die Uhr telefonisch erreichbaren – Garantiegeber über das weitere Vorgehen abstimmen muss, kann es eine grob fahrlässige Verletzung dieser Obliegenheit sein, wenn der Käufer sein Fahrzeug ohne jede Abstimmung abschleppen und reparieren lässt.
AG Hamburg-Altona, Urteil vom 25.02.2009 – 319A C 75/08
Sachverhalt: Der Beklagte begehrt – nach Rücknahme der Klage durch die Klägerin – im Wege der Widerklage die Erstattung von Reparatur- und Abschleppkosten.
Die Klägerin veräußerte an den Beklagten im Februar 2007 ein Cabrio als Gebrauchtfahrzeug. ln den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin heißt es, dass Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln in einem Jahr ab Ablieferung verjähren.
Zwischen den Parteien wurde unter dem 14.02.2007 eine sogenannte Gebrauchtwagen-Garantie der G-AG abgeschlossen. Die Garantiebedingungen wurden dem Beklagten bei Übergabe des Fahrzeugs ausgehändigt.
Am 10.10.2007 erschien während eines Aufenthalts in X. auf dem Display des Fahrzeugs die Anzeige für „Sicherheitscheck Motor“. Das betriebsunfähige Fahrzeug musste abgeschleppt werden. Der Beklagte ließ es in die Werkstatt der W-GmbH bringen und informierte die Klägerin am 11.10.2007 per Fax darüber, dass das Fahrzeug abgeschleppt wurde und ein Defekt der Drosselklappe festestellt worden sei. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Die Reparaturkosten belaufen sich auf rund 1.100 €. Alle weiteren Details gehen Ihnen im Rahmen der Garantieabwicklung gesondert zu …“
Die Firma W-GmbH stellte dem Beklagten unter dem 11.10.2007 für die Reparatur 1.069,76 € in Rechnung. Der Beklagte übersandte diese Rechnung an die Klägerin, die jedoch eine Erstattung unter anderem mit anwaltlichem Schreiben vom 20.10.2007 ablehnte. Des Weiteren stellte die W-GmbH dem Beklagten für das Abschleppen 128,23 € (brutto) in Rechnung.
Die Klägerin hat mit der Klage ursprünglich die Erstattung von Kosten für eine am Fahrzeug des Beklagten vorgenommene Display-Reparatur verlangt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie die Klage zurückgenommen. Mit der Widerklage macht der Beklagte die Kosten für die Reparatur und das Abschleppen geltend.
Die Widerklage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: I. Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten im Wege des Schadensersatzes. Er hat weder einen Anspruch aufgrund der gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften gemäß §§ 437, 440, 280, 281 8GB (1.) noch aufgrund der Garantievereinbarung (2.). Der Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Abschleppkosten (3.).
1. Ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 437, 440, 280, 281 BGB besteht nicht. Es kann dahinstehen, ob das Fahrzeug einen Mangel aufwies, der – was notwendige Voraussetzung wäre – bereits dem Grunde nach bei Übergabe des Fahrzeugs angelegt war. Denn der Anspruch scheitert bereits daran, dass es an der gemäß § 281 BGB erforderlichen Fristsatzung fehlt. Der Beklage hätte der Klägerin innerhalb einer angemessenen Frist die Gelegenheit geben müssen, das Fahrzeug zu reparieren. Dies hat er nicht getan.
Der Beklagte hat die Klägerin … lediglich in Kenntnis gesetzt von der vorzunehmenden Reparatur und mitgeteilt, weitere Details würden ihr zugehen. Er hat der Klägerin nicht (unter Fristsetzung) die Möglichkeit gegeben, das Fahrzeug selbst zu reparieren bzw. selbst für die Reparatur zu sorgen. Ein Fall des § 281 II BGB liegt nicht vor, die Fristsetzung war nicht ausnahmsweise entbehrlich.
Soweit der Beklagte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vorgetragen hat, es habe eine Abstimmung mit dem Sohn der Klägerin gegeben, war dieser Vortrag nicht zu berücksichtigen, da er verspätet war (§ 296a ZPO). Die Klägerin hatte auch bereits mit Schriftsatz vom 19.11.2008 darauf hingewiesen, dass der Beklagte der Klägerin keine Gelegenheit gegeben hat, die Instandsetzung selbst durchzuführen. Der Beklagte hätte daher noch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu diesem Punkt ergänzend vortragen können. Bekanntermaßen ist grundsätzlich im Gewährleistungsrecht eine Frist zur Nacherfüllung erforderlich. Insoweit bedurfte es auch keines weiteren Hinweises des Gerichts. Unabhängig davon hat das Gericht aber im Übrigen mit der Ladung darauf hingewiesen, dass ein Anspruch des Beklagten scheitere, weil § 4 der Garantiebedingungen nicht eingehalten sei, der unter anderem ein Abstimmen über die Leistung fordert. Zwar hat der Beklagte auf den Hinweis des Gerichts noch ergänzend vorgetragen mit Schriftsatz vom 16.01.2009, hat aber dort nichts zu einer Abstimmung mit der Klägerin ausgeführt.
Auch aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen [der Klägerin] kann der Beklagte nichts für sich herleiten. Soweit dort die Jahresfrist für Gewährleistungsansprüche vereinbart ist, ist diese Vereinbarung gemäß § 307 II Nr. 1 BGB unwirksam, da die gesetzliche Gewährleistungsfrist zwei Jahre beträgt und nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen verkürzt werden kann. Der Beklagte kann sich demnach zwar (sogar) auf eine zweijährige Gewährleistungsfrist berufen. ln jedem Fall muss aber dem Verkäufer Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden. Das ist hier nicht der Fall. Der Beklagte irrt also, wenn er meint, aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Anspruch herteiten zu können. Den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nicht zu entnehmen, dass es sich um eine einjährige Garantiehaftung ohne Möglichkeit der Nachbesserung handeln soll. Als Garantievereinbarung wurde vielmehr (separat) die Vereinbarung [vom 14.02.2007] geschlossen.
2. Der Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten aufgrund der Garantievereinbarung … Der Beklagte hat jedenfalls § 4a bb der Vereinbarung nicht eingehalten. Danach ist eine Abstimmung mit der G-AG erforderlich, ob und welche Leistungen sie erbringt. Es kann dahinstehen, ob angesichts des … Deckblatts der Garantievereinbarung auch eine Anzeige des Schadens gegenüber der Klägerin und eine Abstimmung mit ihr erfolgen konnte („Auch im etwaigen Schadenfall wenden Sie sich an uns oder direkt an die G-AG …“). Denn jedenfalls hat es keine Abstimmung mit der Klägerin oder der G-AG gegeben. Der Beklagte hat sich damit begnügt, die Klägerin … über den Defekt und die zu erwartenden Reparaturkosten zu informieren und mitzuteilen, dass ihr weitere Details zugehen werden. Das ist kein Abstimmen im Sinne der Vereinbarung …
Der Beklagte hat damit seine Obliegenheit gemäß § 4a der Vereinbarung verletzt. Gemäß § 4b der Vereinbarung führt dies zum Verlust des Versicherungsschutzes, es sei denn, die Obliegenheit wurde weder fahrlässig noch grob fahrlässig verletzt. Nach Auffassung des Gerichts hat der Beklagte die Obliegenheit grob fahrlässig verletzt. Die Garantiebedingungen waren ihm ausgehändigt worden. Ihnen sind eindeutige Regelungen zu entnehmen, was im Schadenfall zu tun ist, wobei eine Notrufnummer angegeben ist, die 24 Stunden erreichbar ist. Dass der Beklagte sich zu dem Zeitpunkt in X. und nicht an seinem Wohnort aufhielt, kann ihn nach Auffassung des Gerichts nicht entlasten, da er Kenntnis von den Vertragsbedingungen hatte und in jedem Fall rechtzeitig vor Einleiten irgendwelcher Maßnahmen (Reparatur, Abschleppen) jedenfalls die Klägerin hätte kontaktieren und sich abstimmen bzw. nach den Versicherungsbedingungen hätte fragen können.
Zwar sieht § 4b II der Garantiebedingungen vor, dass bei grob fahrlässiger Verletzung der Versicherungsschutz bestehen bleibt, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder Einfluss auf die Feststellung des Schadensfalls noch auf die Bemessung der Leistung hat. So liegt der Fall hier aber nicht. Die Verletzung der Obliegenheit hat Einfluss auf die Feststellung des Schadensfalls, da nunmehr ohne Abstimmung eine Reparatur des behaupteten Mangels durchgeführt ist und der G-AG das Festellen des Schadensfalls und die Bemessung der Leistung erschwert sind.
3. Der Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Abschleppkosten. Ein Anspruch folgt weder aus § 280 I BGB noch aus der Garantievereinbarung.
Voraussetzung für einen Anspruch aus § 280 I BGB wäre zunächst das Vorliegen einer Pflichtverletzung der Klägerin. Eine solche hat der Beklagte weder substanziiert dargelegt noch bewiesen. Der Beklagte hat nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Klägerin ihm ein Fahrzeug übergeben hat, das bereits bei Übergabe einen Grundmangel aufwies. Für eine derartige Pflichtverletzung ist der Beklagte aber darlegungs- und beweispflichtig. Da der behauptete Mangel sich erst über sechs Monate nach Übergabe des Fahrzeugs gezeigt hat, gilt die Beweislastumkehr nach § 476 BGB nicht. Der Beklagte hat nur behauptet, das Fahrzeug habe im Oktober 2007 einen Mangel gezeigt. Auch auf den Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 19.11.2008, in dem vorgetragen wird, das Fahrzeug sei bei Übergabe mangelfrei gewesen, erfolgte seitens des Beklagten weder ein Vortrag zur Mangelhaftigkeit bei Übergabe noch ein Beweisangebot.
Ein Anspruch des Beklagten ergibt sich auch nicht aus der Garantievereinbarung. Es heißt in Nr. 2.2. der Vereinbarung, dass Kosten für das Abschleppen nur dann von der G-AG übernommen werden, wenn das Abschleppen durch das Unternehmen (nach Mitteilung bei der Notrufzentrale) organisiert worden ist. Das ist hier nicht der Fall …