Ein Neu­wa­gen, der un­strei­tig der Schad­stoff­klas­se „Eu­ro 3“ an­ge­hört, ist nicht schon des­halb man­gel­haft, weil er steu­er­lich als „Eu­ro 2-Fahr­zeug“ ein­ge­stuft wird.

OLG Hamm, Ur­teil vom 28.06.2007 – 2 U 28/07
(vor­her­ge­hend: LG Müns­ter, Ur­teil vom 06.12.2006 – 8 O 320/06)

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten um An­sprü­che des Klä­gers auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Au­to­kaufs zwi­schen ihm und der Be­klag­ten.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge im We­sent­li­chen statt­ge­ge­ben. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, an dem Fahr­zeug lie­ge ein Sach­man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB vor, weil der Klä­ger die An­ga­ben des Ver­käu­fers beim Ver­kaufs­ge­spräch so ha­be ver­ste­hen dür­fen, dass das Fahr­zeug oh­ne je­de Ein­schrän­kung – und da­mit auch in Be­zug auf die steu­er­li­che Ein­grup­pie­rung – als „Eu­ro 3“-Fahr­zeug gel­te. Letz­te­res sei je­doch nicht der Fall, da der Pkw – un­strei­tig – steu­er­lich als „Eu­ro 2“-Fahr­zeug ein­ge­stuft wird. Der vom Klä­ger er­klär­te Rück­tritt sei auch nicht we­gen Un­er­heb­lich­keit des Man­gels aus­ge­schlos­sen, denn ein Ver­stoß ge­gen die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit in­di­zie­re des­sen Er­heb­lich­keit. Zu­dem be­stim­me die steu­er­li­che Ein­stu­fung des Fahr­zeugs maß­geb­lich des­sen Sta­tus nicht nur mit Blick auf ei­nen mög­li­chen Wie­der­ver­kauf, son­dern auch mit Blick auf ei­nen Gel­tungs­wert, der sich aus der zu­neh­men­den Be­deu­tung der Um­welt­ver­träg­lich­keit ei­nes Fahr­zeugs er­ge­be.

Da­ge­gen rich­ten sich die Be­ru­fun­gen der Be­klag­ten und de­ren Streit­hel­fe­rin. Die Rechts­mit­tel hat­ten Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die … Be­ru­fun­gen der Streit­hel­fe­rin und der Be­klag­ten sind be­grün­det. Der Klä­ger kann die Be­klag­te nicht auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags über den streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw … in An­spruch neh­men.

1. Dem Klä­ger steht kein Recht auf Rück­tritt aus kauf­ver­trag­li­cher Ge­währ­leis­tung zu. Denn der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw ist nicht man­gel­haft.

a) Der dem Klä­ger ver­kauf­te Pkw weicht nicht von der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit ab. Un­strei­tig soll­te der frag­li­che Pkw der Schad­stoff­klas­se „Eu­ro 3“ an­ge­hö­ren. Dies aber ist tat­säch­lich auch der Fall. Un­ter die schlag­wort­ar­ti­ge Be­zeich­nung „Eu­ro 3-Fahr­zeug“ fal­len sol­che Kraft­fahr­zeu­ge, die die in der Richt­li­nie 98/69/EG fest­ge­leg­ten Wer­te für den Schad­stoff­aus­stoß für die ent­spre­chen­de Grup­pe ein­hal­ten. Die Ein­ord­nung ei­nes Fahr­zeugs in ei­ne der Schad­stoff­klas­sen be­stimmt sich nach dem Schad­stoff­aus­stoß. Die Grenz­wer­te für die je­wei­li­gen Klas­sen sind al­ler­dings nicht als ab­so­lu­te Wer­te und für je­des Fahr­zeug gleich fest­ge­legt. So wird für die Ein­grup­pie­rung in die Schad­stoff­grup­pen wei­ter et­wa zwi­schen der Klas­se „M“ für der Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen­de Kraft­fahr­zeu­ge und sol­che der Klas­se „N“ für Nutz­fahr­zeu­ge un­ter­schie­den. Als Pkw ge­hört der streit­ge­gen­ständ­li­che Wa­gen an sich in die Klas­se „M“. Je­doch be­stimmt die Richt­li­nie 98/69/EG, dass für Pkw mit ei­nem zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wicht von über 2,5 t die Grenz­wer­te der Klas­se N 1 III für klei­ne Nutz­fahr­zeu­ge gel­ten. Da sich das zu­läs­si­ge Ge­samt­ge­wicht des in Re­de ste­hen­den Pkw auf über 2,5 t be­läuft, ist er dem­ge­mäß als „Eu­ro 3-Fahr­zeug“ ein­zu­stu­fen, wenn er die ent­spre­chen­den für die Klas­se N 1 III der klei­nen Nutz­fahr­zeu­ge vor­ge­se­he­nen Wer­te ein­hält. Dies ist hier un­strei­tig der Fall.

Der Klä­ger hat bei dem Kauf des Pkw auch nicht et­wa zum Aus­druck ge­bracht, dass er ei­nen Pkw mit ei­nem ganz be­stimm­ten Schad­stoff­aus­stoß er­wer­ben wol­le. Viel­mehr hat der Klä­ger bei sei­ner An­hö­rung im Se­nats­ter­min ein­ge­räumt, dass er sich sei­ner­zeit über die tat­säch­li­chen Ab­gas­wer­te kei­ne wei­te­ren Vor­stel­lun­gen ge­macht ha­be und es ihm letzt­lich nur auf die Ein­stu­fung des Wa­gens als „Eu­ro 3-Fahr­zeug“ an­ge­kom­men sei, nicht aber dar­auf, wel­cher Schad­stoff nun kon­kret aus­ge­sto­ßen wer­de. Da – wie aus­ge­führt – die Ein­grup­pie­rung des Pkw ge­nau der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit ent­spricht, ist er nicht man­gel­haft.

b) Der Klä­ger kann ei­nen Man­gel des Fahr­zeugs des Wei­te­ren nicht mit Er­folg dar­aus her­lei­ten, dass der Pkw – wie zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig und im Üb­ri­gen auch durch die Schlüs­sel­num­mer 51 im Pro­spekt be­legt ist – steu­er­lich wie ein „Eu­ro 2-Fahr­zeug“ ein­grup­piert wird. Nach der ei­ge­nen Ein­las­sung des Klä­gers ist über die kon­kre­te steu­er­li­che Ein­grup­pie­rung des frag­li­chen Wa­gens sei­ner­zeit zwi­schen den Par­tei­en nicht ge­spro­chen wor­den ist. Dem­ge­mäß fehlt es an ei­ner aus­drück­li­chen Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung hier­zu.

Ei­ne der­ar­ti­ge kon­klu­den­te Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ist eben­falls nicht fest­stell­bar.

Die so­ge­nann­te Eu­ro 3-Norm be­zieht sich aus­schließ­lich auf die Schad­stof­f­e­in­stu­fung des Fahr­zeugs und gibt des­sen Schad­stoff­klas­se an. Die Fra­ge, wie ein Fahr­zeug be­steu­ert wird, hängt aber nicht al­lein von des­sen Schad­stoff­klas­se ab. Die­se stellt le­dig­lich ein Kri­te­ri­um für die Hö­he der Steu­er dar. Ent­spre­chend kann aus sei­ner Schad­stof­f­e­in­stu­fung auch nicht zwin­gend auf die steu­er­li­che Be­hand­lung und Ein­grup­pie­rung ge­schlos­sen wer­den. So wird der­zeit zum Bei­spiel bei Die­sel­fahr­zeu­gen für die Hö­he der zu zah­len­den Kfz-Steu­er maß­geb­lich auch auf das Vor­han­den­sein ei­nes Par­ti­kel­fil­ters ab­ge­stellt.

Der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw ge­hört in­so­weit un­be­strit­ten zu der Grup­pe „PM 5“ als der der­zeit best­mög­li­chen Par­ti­kel­m­in­de­rungs­stu­fe mit der Fol­ge, dass bei ent­spre­chen­der Ein­tra­gung im Kfz-Schein ei­ne Steu­er­min­de­rung von 26,40 € p. a. ein­tritt. Da sich die vom Klä­ger ge­rüg­ten steu­er­li­chen Mehr­auf­wen­dun­gen im Ver­hält­nis zu ei­ner Ein­grup­pie­rung in die nächst nied­ri­ge­re Stu­fe un­strei­tig auf oh­ne­hin nur als un­er­heb­lich i. S. des § 323 V BGB zu wer­ten­de 13,42 € p. a. be­lau­fen, kann der Klä­ger bei die­ser Ein­tra­gung steu­er­lich so­gar ei­ne Bes­ser­stel­lung er­rei­chen. Aus den vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen zur Ein­stu­fung in die Par­ti­kel­m­in­de­rungs­stu­fe „PM 5“ folgt im Üb­ri­gen, dass auch die An­ga­ben des Ver­käu­fers, bei dem Fahr­zeug han­de­le es sich um ein sol­ches mit hoch ent­wi­ckel­ter Die­sel­tech­nik, in­so­weit zu­tref­fen.

2. Das Be­geh­ren des Klä­gers ist eben­falls nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­nes Be­ra­tungs­ver­schul­dens be­grün­det. Der Klä­ger hat­te – wie be­reits aus­ge­führt – kei­ne kon­kre­te Vor­stel­lung zu den Schad­stoff­aus­stoß­wer­ten des er­wor­be­nen Fahr­zeugs. Über dies­be­züg­li­che Wer­te ist zwi­schen den Par­tei­en auch nicht ge­spro­chen wor­den, son­dern nur über die nach obi­gen Aus­füh­run­gen kor­rek­te Ein­grup­pie­rung des Pkw als „Eu­ro 3-Fahr­zeug“. Da­her be­stand für die Be­klag­te auch kei­ne Ver­an­las­sung, den Klä­ger über wei­te­re Ein­zel­hei­ten zur Schad­stoff­e­in­grup­pie­rung oder des­sen steu­er­li­che Be­hand­lung auf­zu­klä­ren.

Dem­ge­mäß kann der Klä­ger die Be­klag­te nicht auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags über den frag­li­chen Wa­gen in An­spruch neh­men …

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