1. Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs, der dieses Ende September 2015 erworben hat und vom Verkäufer ausdrücklich darauf hingewiesen worden war, dass der Wagen vom VW-Abgasskandal betroffen sei, kann insoweit Rechte wegen eines Mangels nicht mit Erfolg geltend machen (§ 442 I 1 BGB).
  2. Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs kann die – nicht am Kaufvertrag beteiligte – Volkswagen AG nicht gestützt auf §§ 823 ff. BGB auf „kleinen“ Schadensersatz in Anspruch nehmen, und erst recht steht ihm gegenüber der Volkswagen AG kein Recht zur Minderung des Kaufpreises (§ 437 Nr. 2 Fall 2, § 441 BGB) zu. Vielmehr hat die Volkswagen AG den Käufer allenfalls so zu stellen, als hätte er das Fahrzeug nicht erworben, das heißt, sie muss dem Käufer allenfalls Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises leisten, und zwar Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.
  3. Nimmt der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs die Volkswagen AG mit anwaltlicher Hilfe außergerichtlich auf Schadensersatz in Anspruch, dann kann ein Anspruch auf Ersatz der aufgewendeten Rechtsanwaltskosten schon daran scheitern, dass dem Rechtsanwalt – dessen Wissen sich der Käufer zurechnen lassen muss – bekannt sein musste, dass es zwecklos ist, an die Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal außergerichtlich mit einem Schadensersatzverlangen heranzutreten. Denn ist der Schuldner – wie hier – bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen Erfolg versprechend, dann kann der Gläubiger die dafür – unnötig – aufgewendeten Kosten mangels Zweckmäßigkeit nicht mit Erfolg ersetzt verlangen (im Anschluss u. a. an BGH, Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 345/10, juris Rn. 38).

LG Freiburg Urteil vom 25.01.2019 – 14 O 275/17

Sachverhalt: Der Kläger erwarb am 30.09.2015 von der Beklagten zu 1 im Anschluss an Verkaufsgespräch, das er mit dem Verkaufsmitarbeiter der Beklagten M geführt hatte, für 16.900 € einen gebrauchten VW Passat Variant 2.0 TDI. Dieses von der Beklagten zu 2, der Volkswagen AG, hergestellte Fahrzeug ist vom VW-Abgasskandal betroffen. In dem Pkw, der inzwischen das vom Kraftfahrt-Bundesamt geforderte Softwareupdate erhalten hat, kam ursprünglich eine Software zum Einsatz, die in einer Testsituation einen Betriebsmodus aktivierte, in dem die Schadstoffemissionen des Fahrzeugs geringer waren als beim normalen Fahrbetrieb.

Der Kläger macht geltend, die Beklagte zu 2 bzw. ihr Vorstand habe diese die Schadstoffemissionen manipulierende Software bewusst und in Betrugsabsicht installieren lassen und müsse ihm deshalb gemäß § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB und wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) Schadensersatz leisten, während die Beklagte zu 1 nach den Vorschriften über die kaufrechtliche Gewährleistung (§§ 434 ff. BGB) hafte. Bei Kenntnis des wahren Sachverhalts hätte er den VW Passat Variant, der weder die einschlägigen Emissionsgrenzwerte einhalte noch dem genehmigten Typ entspreche, nicht erworben. Das von der Beklagten zu 2 entwickelte Softwareupdate, das die Beklagte zu 1 bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug installiert habe, sei mit Nachteilen für den Motor verbunden; außerdem verbleibe trotz des Updates ein merkantiler Minderwert in Höhe von mindestens 25 %.

Der Kläger befürchtet versicherungs- und haftungsrechtliche Nachteile bis hin zur seiner Strafbarkeit wegen einer einfachen oder sogar gefährlichen Körperverletzung (§§ 223, 224 StGB). Er hat zuletzt beantragt, die Beklagten zur Zahlung eines der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrags, der 4.225 € nicht unterschreiten dürfe, zu verurteilen. Außerdem hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagten ihm weitere Schäden, die aus der Manipulation seines Fahrzeugs durch die Beklagte zu 2 resultierten, ersetzen müssten. Schließlich hat der Kläger die Beklagten „jeweils getrennt, nicht gesamtschuldnerisch“ auf Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von jeweils 1.680,28 € in Anspruch genommen.

Die Beklagten haben insbesondere geltend gemacht, dass der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug nicht täuschungsbedingt erworben habe. Vielmehr habe ihn der Verkaufsmitarbeiter M darauf hingewiesen, dass der Pkw vom Abgasskandal betroffen sei. Die Beklagte zu 1 hat außerdem die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klage ist teils bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet.

1 Der Klageantrag zu 1 ist zulässig, aber unbegründet.

1.1 Der Antrag ist der Höhe nach unbestimmt, aber gleichwohl zulässig, da die Minderung bzw. die Schadenshöhe so, wie der Kläger sie geltend macht, von einer Schätzung nach § 287 ZPO abhängt. Ob die Schadensberechnung des Klägers schlüssig ist, ist hingegen eine Frage der Begründetheit (dazu unter 1.2.1).

1.2 Der Klageantrag zu 1 ist jedoch unbegründet.

1.2.1 Soweit er sich gegen die Zweitbeklagte richtet, ist Klageantrag zu 1 bereits unschlüssig. Die Zweitbeklagte haftet dem Kläger – die übrigen Voraussetzungen der § 823 II, § 826 BGB unterstellt – nicht auf „kleinen“ Schadensersatz (und schon gar nicht auf Minderung), sondern auf das negative Interesse, das heißt, sie hat ihn so zu stellen, als wäre das ihr vorgeworfene schädigende Verhalten (Täuschung) nicht geschehen und hätte der Kläger den Pkw nicht erworben. Der Kläger könnte somit – vergleichbar der Rechtslage zur Anlageberaterhaftung – Erstattung des von ihm investierten Kaufpreises (abzüglich Nutzungen), Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw, verlangen, vgl. BGH, Urt. v. 14.10.1971 – VII ZR 313/69), nicht hingegen den Pkw behalten und dessen Minderwert liquidieren, denn dies entspräche dem positiven (Erfüllungs-)Interesse. Der Kläger kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als ob der Vertrag, den er gegenüber der Zweitbeklagten als schädigendes Ereignis geltend macht, fortbestünde (vgl. Staudinger/Schiemann, Neubearb. 2017, § 249 Rn. 149).

1.2.2 Gegenüber der Erstbeklagten ist der Klageantrag zu 1 zwar schlüssig, jedoch fehlt es, da der Kläger die Abgasskandal-Betroffenheit des Wagens bei Abschluss des Vertrags zur Überzeugung des Gerichts kannte, an einer Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit, zumindest greift § 442 I 1 BGB (Kenntnis des Mangels bei Erwerb). Zugleich fehlt es damit gegenüber der Zweitbeklagten jedenfalls an der Kausalität zwischen der geltend gemachten Täuschung und dem Erwerb des Pkw, sodass die Haftung der Zweitbeklagten jedenfalls auf tatsächlicher Ebene scheitert.

1.2.2.1 Dass der Kläger die Betroffenheit des Pkw vom Abgasskandal bei Abschluss des Kaufvertrags am 30.09.2015 kannte, liegt bereits deshalb nahe, weil – was allgemeinbekannt ist – schon deutlich früher entsprechende Pressepublikationen darüber erschienen waren, dass die Zweitbeklagte Dieselmotoren manipuliert hatte, weil die Zweitbeklagte dies am 19.09.2015 offiziell und mit maximalem Presseecho eingeräumt hatte und weil seither nahezu täglich in zahlreichen Medien weitere Meldungen an prominenter Stelle erfolgt waren, die dem Kläger, der in dieser Zeit offenbar Kfz-Angebote recherchierte, schwerlich entgangen sein können.

1.2.2.2 Zudem ist das Gericht nach Vernehmung des Zeugen M – des zuständigen Verkaufsmitarbeiters der Erstbeklagten – davon überzeugt, dass der Kläger vor Vertragsschluss vom Zeugen M ausdrücklich darüber aufgeklärt wurde, dass der Pkw vom Abgasskandal betroffen ist. Die Aussage des Zeugen M, er habe dem Kläger im Verkaufsgespräch offenbart, dass der Wagen einen von VW „manipulierten“ Motor VW EA189 habe, war detailliert, von konkreter Erinnerung geprägt und glaubhaft, auch wenn der Hinweis des Zeugen auf die Dieselmanipulation nicht im Vertragsformular (Anlage K 1) vermerkt wurde und ferner bei der Glaubwürdigkeitsbeurteilung das Provisionsinteresse sowie das Näheverhältnis des Zeugen zur Erstbeklagten zu berücksichtigen war. Dass die Abgasskandalbetroffenheit im Kaufvertrag nicht vermerkt ist, hat der Zeuge damit erklärt, dass man im Hause der Erstbeklagten noch keine offiziellen Anweisungen gehabt habe, wie mit dem Abgasskandal in solchen Fällen umzugehen sei. Dies ist angesichts des gerichtsbekannt stark formalisierten Vertragswesens der Erstbeklagten als VW-Vertragshändlerin plausibel. Rechtlich steht der Erstbeklagten der Nachweis, dass weitere, in der Vertragsurkunde nicht aufgeführte Hinweise erfolgt sind, offen. Für praktisch ausgeschlossen hält das Gericht hingegen, dass der Zeuge M von einem Hinweis auf den Dieselskandal absah. Dazu hätte es nicht nur – ebenso wie für die dann gegebene gerichtliche Falschaussage des Zeugen – erheblicher krimineller Energie bedurft, sondern auch eines geradezu unverständlichen Leichtsinns, denn es war für den Zeugen M am 30.09.2015 evident, dass die Dieselskandal-Betroffenheit des Wagens dem Kläger früher oder später auffallen und er auf die Zweitbeklagte zukommen würde, wenn er nicht vor Vertragsschluss auf das Problem hingewiesen würde. Ein existenzielles Provisionsinteresse des Zeugen liegt fern; er bezieht den unstreitigen Angaben des Erstbeklagtenvertreters im Termin vom 29.11.2018 zufolge Tariflohn und Provisionen nur zusätzlich. Zudem hätte der Zeuge M bei Verschweigen der Abgasskandal-Betroffenheit des Wagens eine alsbaldige Provisionsstornierung bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen riskiert. Nahe liegt hingegen, dass die Erstbeklagte als renommiertes Autohaus und auch der Zeuge M als ihr Mitarbeiter einen Ruf zu verlieren hatten. Auch die Möglichkeit, dass der Zeuge M von einem Hinweis auf den Dieselskandal womöglich absah, weil er den Kläger für ohnehin informiert hielt, liegt nach Auffassung des Gerichts fern. Eine solche Vorkenntnis des Klägers liegt zwar in der Tat nahe (s. oben 1.2.2.1). Gerade weil der Dieselskandal zum Zeitpunkt des Verkaufsgesprächs aber allgemeines Tagesgespräch war, erscheint die Vorstellung, der Skandal sei dort nicht thematisiert worden, lebensfern.

1.2.2.3 Das Gericht ist nach alledem überzeugt, dass der Kläger den Pkw in Kenntnis dessen Abgasskandal-Betroffenheit erwarb. Damit greift gegenüber der Erstbeklagten § 442 I 1 BGB, und gegenüber der Zweitbeklagten fehlt es jedenfalls an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der ihr vorgeworfenen Täuschung des Klägers und dessen Kaufentschluss.

2. Der Klageantrag zu 2 ist gegenüber der Erstbeklagten zulässig, aber unbegründet, gegenüber der Zweitbeklagten hingegen unzulässig.

2.1 Gegenüber der Zweitbeklagten fehlt es am Feststellungsinteresse.

2.1.1 Der Kläger könnte die ihm gegen die Zweitbeklagte nach seinem Vorbringen allenfalls zustehenden Ansprüche (Erstattung des Kaufpreises abzüglich Nutzungen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw) beziffern und per Leistungsklage verfolgen. Weitere, von der Zweitbeklagten zu erstattende, vom Kläger aber noch nicht bezifferbare Schadenspositionen ergeben sich aus dem Klagevorbringen nicht, jedenfalls nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit. Bei reinen Vermögensschäden erfordert eine vorbeugende Feststellungsklage die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts, wobei ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein erst künftig aus dem Rechtsverhältnis erwachsender Schaden angenommen werden kann. Hingegen besteht ein Feststellungsinteresse für einen künftigen Anspruch auf Ersatz eines allgemeinen Vermögensschadens regelmäßig nicht, wenn der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss ist (st. Rspr. des BGH, vgl. z. B. Urt. v. 10.07.2014 – IX ZR 197/12, juris Rn. 11 m. w. Nachw.). Nach diesen Grundsätzen ist zum Beispiel die Gefahr von Steuernachzahlungen – vom Kläger auch nicht substanziiert geltend gemacht – zu ungewiss. Noch ferner liegen – zumal nach Durchführung des Softwareupdates – die vom Kläger befürchteten versicherungs- und haftungsrechtlichen Nachteile. Soweit der Kläger gar fürchtet, sich nach §§ 223, 224 StGB in Form von Stickoxidemissionen strafbar zu machen bzw. gemacht zu haben, liegt allenfalls ein „Wahndelikt“ vor (Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. [2019], § 22 Rn. 78–92) und besteht nicht einmal die theoretische Gefahr der Strafverfolgung.

2.1.2 Das Feststellungsinteresse gegenüber der Zweitbeklagten kann, entgegen LG Offenburg, Urt. v. 12.05.2017 – 6 O 119/16, juris Rn. 17 –, auch nicht mit der Erwägung bejaht werden, weitere von der Zweitbeklagten ggfs. zu ersetzende Begleitschäden seien, auch wenn sie nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit drohen, jedenfalls verjährungsbedroht. Verjährung – gegenüber der Zweitbeklagten – droht dem Kläger bezüglich derzeit nicht absehbarer Schadensteile nicht, denn solange er keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von Fakten hat, die ihm die zumutbare Erhebung einer Feststellungsklage ermöglichen, fehlt es an den subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns nach § 199 BGB. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist, ob der Geschädigte zumindest eine Feststellungsklage erheben könnte, die bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen so viel Aussicht auf Erfolg bietet, dass sie für ihn zumutbar ist (jurisPK-BGB/Lakkis, 8. Aufl. [2017], § 199 Rn. 159 m. w. Nachw.). Solange sich ein weiterer Schaden nicht hinreichend wahrscheinlich abzeichnet, ist im vorliegenden Fall eine Feststellungsklage aber gerade nicht zumutbar, sondern unzulässig (s. oben).

2.1.3 Auch mit der Erwägung, die Zweitbeklagte werde sich bereits einem bloßen Feststellungsurteil beugen, kann das Feststellungsinteresse nicht bejaht werden: Zwar schreibt die Rechtsprechung bestimmten Beklagten – wie zum Beispiel Körperschaften des öffentlichen Rechts – eine besonders ausgeprägte Rechtstreue zu und stellt insofern abgesenkte Anforderungen an die Zulässigkeit einer Feststellungsklage (Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 256 Rn. 13 m. w. Nachw.). Jedoch neigt – zumindest nach Vorbringen des Klägers – die Zweitbeklagte nicht zu besonderer Rechtstreue. Außerdem wäre selbst dann nur die Bezifferung des Schadens entbehrlich, nicht aber, dass ein solcher überhaupt mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit droht. Denn für die vorbeugende gerichtliche Klärung rein abstrakter Eventualitäten besteht auch gegenüber besonders rechtstreuen Beklagten kein Rechtsschutzbedürfnis.

2.1.4 Der Klageantrag zu 2 ist gegenüber der Zweitbeklagten auch nicht als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 II ZPO im Hinblick auf den Klageantrag zu 3, mit dem Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten begehrt wird, zulässig. Der mit dem Klageantrag zu 3 geltend gemachte Freistellungsanspruch scheitert gegenüber der Zweitbeklagten nämlich bereits aus anderen Gründen, ohne dass es auf die Frage nach der grundsätzlichen Schadensersatzpflicht überhaupt ankommt (s. unten 3).

2.2 Gegenüber der Erstbeklagten ist der auf Feststellung gerichtete Klageantrag zu 2 hingegen zulässig, aber unbegründet.

2.2.1 Der Antrag ist zulässig.

2.2.1.1 Das Feststellungsinteresse i. S. des § 256 I ZPO folgt gegenüber der Erstbeklagten aus der Befürchtung des Klägers, das Softwareupdate habe nachteilige Folgen für die Langlebigkeit des Motors. Anders als gegenüber der Zweitbeklagten (der der Kläger den Wagen ohnehin Zug um Zug gegen Schadensersatz übereignen müsste, s. oben) stehen dem Kläger nämlich, sollten sich künftig Motorschäden infolge des Updates herausstellen, gegen die Erstbeklagte unter Umständen durchaus weitere, derzeit nicht bezifferbare Ansprüche unter dem Aspekt der kaufvertraglichen Gewährleistung zu, wenn man sein Vorbringen zugrunde legt (wonach er keine Kenntnis vom Mangel hatte). Ob die vom Kläger befürchteten softwarebedingten Nachteile hinreichend wahrscheinlich in dem unter 2.1.1 genannten Sinne sind, kann dabei offenbleiben. Jedenfalls liegen sie nicht gänzlich fern, und dies muss im vorliegenden (Sonder-)Fall für das Feststellungsinteresse genügen angesichts dessen, dass die entsprechenden Nachforderungen des Klägers gegen die Erstbeklagte ansonsten verjährungsbedroht wären: Der Verjährungsbeginn knüpft für Ansprüche gegen die Erstbeklagte nämlich allein an die Ablieferung an (§ 438 II BGB), ohne dass es insoweit – wie bei § 199 BGB –, für den Verjährungsbeginn darauf ankäme, ob dem Kläger bereits Umstände bekannt sind, die eine Feststellungsklage zumutbar machen. Diese Besonderheit rechtfertigt es, eine vorbeugende Feststellungsklage auch für solche Schadenspositionen zuzulassen, die nicht „hinreichend wahrscheinlich“ in dem unter 2.1.1 ausgeführten Sinne sind.

2.2.1.2 Der Feststellungsantrag ist ferner bestimmt genug, um zulässig zu sein. Die für sich genommen unklare Formulierung, wonach die Schadensersatzpflicht für Schäden, die „aus der Manipulation des Fahrzeugs durch die Beklagtenpartei zu 2 resultieren“, festgestellt werden soll, ist anhand der klägerischen Schriftsätze dahin gehend auszulegen, dass es um die Ersatzpflicht der Erstbeklagten für diejenigen Schäden geht, die darauf beruhen, dass der Pkw die einschlägigen Stickstoffgrenzwerte tatsächlich – bei Ausschaltung der testlauferkennenden Software – überschreitet.

2.2.2 Der Klageantrag zu 2 ist jedoch unbegründet.

2.2.2.1 Dem Kläger stehen gegen die Erstbeklagte keine kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche zu. Er hat den Pkw in Kenntnis dessen Dieselskandal-Betroffenheit gekauft (s. oben) und die entsprechenden Folgen des von ihm erkannten Mangels – sollte das Softwareupdate von Nachteil für den Motor sein – selbst zu tragen. Eine Haftung der Erstbeklagten aus dem Kaufvertrag scheitert jedenfalls an § 442 I 1 BGB.

2.2.2.2 Eine Schadensersatzpflicht der Erstbeklagten allein daraus, dass sie das vom Kläger für motorschädlich gehaltene Softwareupdate installiert hat, ist – selbst wenn man darin einen gesonderten (Werk-)Vertrag erblickt – weder von dem Feststellungsantrag umfasst noch ersichtlich: Die vom Kläger befürchteten Nachteile für die Langlebigkeit des Motors sind nach dem Klagevortrag Nebenfolge des Updates. Dass diese Nebenfolge bei Aufspielung des Updates vermeidbar gewesen sei oder dass das Update für sich genommen nicht lege artis aufgespielt worden sei, macht der Kläger nicht geltend.

3. Der Klageantrag zu 3 (Freistellung von Anwaltskosten) ist zulässig, aber unbegründet.

3.1 Dabei kann offenbleiben, ob der Kläger überhaupt hinreichend darlegt, mit welcher vorgerichtlichen Anwaltstätigkeit er seine Bevollmächtigten beauftragt hatte und ob dies ohne – gegebenenfalls bedingten – Klageauftrag erfolgte. Jedenfalls bestehen die vom Kläger geltend gemachten Hauptforderungen nicht (s. oben), somit auch keine Ansprüche auf vorgerichtliche Anwaltskosten.

3.2 Unabhängig davon scheidet gegenüber der Zweitbeklagten ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten ohnehin bereits deshalb aus, weil den mit zahlreichen gleichartigen Fällen befassten Bevollmächtigen des Klägers – und damit gemäß § 166 BGB auch ihm selbst – die Zwecklosigkeit eines vorgerichtlichen Herantretens an die Zweitbeklagte bekannt war. Ist der Schuldner – wie hier – bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen Erfolg versprechend, werden durch die vorgerichtliche Tätigkeit somit offensichtlich nur unnötige weitere Kosten verursacht, so sind diese mangels Zweckmäßigkeit nicht erstattungsfähig (vgl. BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 = WM 2012, 1337 Rn. 70; Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 345/10, juris Rn. 38). Hierbei handelt es sich um echte, vom Geschädigten darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzungen und nicht lediglich um im Rahmen des § 254 BGB bedeutsame, die Ersatzpflicht beschränkende und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallende Umstände (BGH, Urt. v. 27.07.2010 – VI ZR 261/09, juris Rn. 26). Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sind Nebenforderungen gemäß § 4 I Halbsatz 2 ZPO (BGH, Beschl. v. 29.04.2010 – III ZR 145/09, juris Rn. 3; Beschl. v. 21.12.2010 – XI ZR 157/10), juris), sodass auch kein Hinweis des Gerichts erforderlich war (§ 139 II 1 ZPO; BGH, Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 467/15 Rn. 37; vgl. ebenso zur Beauftragung eines Inkassobüros bei Zahlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit des Schuldners: OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.06.1986 – 6 U 234/85, NJW-RR 1987, 15; OLG München, Urt. v. 29.11.1974 – 19 U 3081/74, NJW 1975, 832 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl. [2018], § 286 Rn. 46). Die Klägervertreter betreuen gerichtsbekannt eine Vielzahl von Parallelverfahren gegen die Beklagte. Ihnen musste spätestens Ende 2015 bekannt gewesen sein, dass die Beklagte nicht zu einer vorgerichtlichen Regulierung bereit war. …

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