1. Ein Käufer muss schon deshalb die Möglichkeit haben, seinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I BGB) unabhängig davon anhand der voraussichtlich erforderlichen („fiktiven“) Mangelbeseitigungskosten zu bemessen, ob er den Mangel beseitigen lässt, ihm dieser Kostenaufwand also tatsächlich entsteht, weil er andernfalls – bedingt (allein) durch die Pflichtverletzungen des Verkäufers (mangelhafte Lieferung, ausgebliebene Nacherfüllung) – die Nachteile und Risiken einer Vorfinanzierung der Mangelbeseitigungskosten zu tragen hätte. Denn einen Anspruch auf Vorschuss für die (beabsichtigte) Selbstvornahme, wie er für den Besteller eines Werks in § 637 III BGB vorgesehen ist, gibt es im Kaufrecht nicht.
  2. Ein Anspruch auf Befreiung oder Ersatz von vorprozessual aufgewendeten Rechtsanwaltskosten erhöht als Nebenforderung den Streitwert nicht, soweit er neben der Hauptforderung verfolgt wird, für deren außergerichtliche Geltendmachung Rechtsanwaltskosten angefallen sein sollen. Soweit diese Hauptforderung nicht Prozessgegenstand ist, handelt es sich bei dem Anspruch auf Befreiung oder Zahlung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten nicht um eine Nebenforderung, weil es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt.

BGH, Beschluss vom 25.01.2022 – VIII ZR 337/20

Sachverhalt: Die Parteien, die durch einen Kaufvertrag über einen aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union reimportierten Neuwagen (im Folgenden: EU-Importfahrzeug) verbunden sind, streitet im Wesentlichen um den Ersatz von sogenannten fiktiven Mangelbeseitigungskosten.

Das EU-Importfahrzeug, einen Dacia Dokker SCe 100 in der Ausstattungsvariante „Comfort“, erwarb der Kläger von dem Beklagten im Mai 2018 für 14.300 €. Entgegen einer dem Kläger vorab zur Verfügung gestellten Fahrzeugbeschreibung, wonach die Serienausstattung in der Ausstattungsvariante „Comfort“ unter anderem einen Tempomaten und eine Mittelarmlehne vorne umfasst, weist das dem Kläger gelieferte Fahrzeug diese Ausstattungsmerkmale nicht auf.

Auf Wunsch des Klägers wurde anstelle einer in der Vertragsurkunde als Sonderausstattung genannten festen Anhängerkupplung gegen Zuzahlung von 80 € eine abnehmbare Anhängerkupplung montiert.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.07.2018 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung auf, bei dem streitgegenständlichen Pkw einen Tempomaten und eine Mittelarmlehne vorne nachzurüsten. Dies lehnte der Beklagte ab. Die Kosten für den – ˜bislang nicht erfolgten – Einbau dieser Teile belaufen sich unstreitig auf 908,10 € netto.

Mit seiner Klage hat der Kläger den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 1.160,64 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Der Klageforderung liegen die voraussichtlichen Bruttokosten für den Einbau eines Tempomaten und einer Mittelarmlehne vorne sowie die Kosten für den Einbau der abnehmbaren Anhängerkupplung zugrunde. Insoweit macht der Kläger geltend, er sei über den Anfall von Zusatzkosten nicht unterrichtet worden. Weiter hat der Kläger auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 14.300 € den Ersatz außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 € verlangt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und den Beklagten verurteilt, an den Kläger wegen der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs infolge des Fehlens eines Tempomaten und einer Mittelarmlehne vorne 908,10 € netto nebst Zinsen zu zahlen und ihm vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 € zu ersetzen. Von den Kosten des Rechtsstreits hat es dem Kläger 14 % und dem Beklagten 86 % auferlegt, wobei es den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 1.160,64 € festgesetzt hat. Auf die Beschwerde des Beklagten hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom 07.12.2020 seine Streitwertfestsetzung abgeändert und den Streitwert „für den gesamten Rechtsstreit“ auf 1.988,28 € festgesetzt.

Mit seiner vom Berufungsgericht (beschränkt) zugelassenen Revision hat der Beklagte sein auf vollständige Klageabweisung gerichtetes Begehren weiterverfolgt. Er hat das Rechtsmittel zurückgenommen, nachdem der VIII. Zivilsenat des BGH auf seine Absicht hingewiesen hatte, die Revision gemäß § 552 I ZPO als unzulässig zu verwerfen, soweit sie nicht allein die Höhe des von dem Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auf Zahlung der voraussichtlich erforderlichen („fiktiven“) Mangelbeseitigungskosten betrifft, und sie im Übrigen durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. Außerdem hatte das Revisionsgericht darauf hingewiesen, dass die Kostenentscheidung in dem landgerichtlichen Urteil dahin gehend zu ändern sein werde, dass der Kläger 55 % und der Beklagte 45 % der Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen.

Aus den Gründen: [8]    II. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht wegen der fehlenden Ausstattung des Fahrzeugs mit einem Tempomaten und einer Mittelarmlehne vorne einen Schadensersatzanspruch des Klägers dem Grunde nach bejaht, insbesondere eine Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs angenommen hat. Insoweit ist die Revision nicht statthaft (§§ 542 I, 543 I Nr. 1 ZPO), weil sie – entgegen der Auffassung der Revision – vom Berufungsgericht diesbezüglich nicht zugelassen worden ist. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Frage der Zulässigkeit der Bemessung des Schadens nach den erforderlichen, aber noch nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mangelbeseitigungskosten und damit auf die Anspruchshöhe beschränkt.

[9]    1. Eine solche Beschränkung der Zulassung der Revision muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, wenn sie sich diesen mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lässt. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschl. v. 12.06.2018 – VIII ZR 121/17, WuM 2018, 723 Rn. 5; Beschl. v. 21.08.2018 – VIII ZR 186/17, NJW-RR 2019, 130 Rn. 14; Beschl. v. 13.05.2020 – VIII ZR 222/18, NJW 2020, 3258 Rn. 9; Beschl. v. 16.11.2021 – VIII ZR 15/20 Rn. 8, zur Veröffentlichung vorgesehen; Beschl. v. 30.11.2021 – VIII ZR 81/20 Rn. 7, zur Veröffentlichung vorgesehen). So verhält es sich auch hier.

[10]   Das Berufungsgericht hat die Revision im Hinblick auf die Frage zugelassen, „ob der Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280, 281 I BGB anhand der voraussichtlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten (‚fiktiven‘) Mangelbeseitigungskosten berechnet werden darf“, da der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des BGH dies verneint habe und fraglich sei, ob diese Rechtsprechung auf das Kaufrecht übertragbar sei. Dadurch hat das Berufungsgericht die Zulassung der Revision ausdrücklich auf die Bemessung des Schadens und damit auf die Anspruchshöhe beschränkt.

[11]   2. Diese Beschränkung der Zulassung der Revision ist auch wirksam. Zwar ist eine Beschränkung der Revision auf einzelne Rechtsfragen und Anspruchselemente unwirksam (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschl. v. 21.08.2018 – VIII ZR 186/17, NJW-RR 2019, 130 Rn. 16; Beschl. v. 16.11.2021 – VIII ZR 15/20 Rn. 10, zur Veröffentlichung vorgesehen; Beschl. v. 30.11.2021 – VIII ZR 81/20 Rn. 10, zur Veröffentlichung vorgesehen). Das Berufungsgericht hat jedoch anerkanntermaßen die Möglichkeit, die Revision nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbstständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs zuzulassen, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschl. v. 21.08.2018 – VIII ZR 186/17, NJW-RR 2019, 130 Rn. 16; Beschl. v. 12.06.2018 – VIII ZR 121/17, WuM 2018, 723 Rn. 6; Beschl. v. 16.11.2021 – VIII ZR 15/20 Rn. 10, zur Veröffentlichung vorgesehen; Beschl. v. 30.11.2021 – VIII ZR 81/20 Rn. 10, zur Veröffentlichung vorgesehen; jeweils m. w. Nachw.).

[12]   Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Bei einem nach Grund und Höhe streitigen Anspruch kann die Zulassung der Revision auch auf den Streit über die Anspruchshöhe beschränkt werden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 22.07.2014 – VIII ZR 334/13, juris Rn. 8; Beschl. v. 13.12.2017 – VII ZR 46/17, BauR 2018, 555 Rn. 4; Beschl. v. 16.11.2021 – VIII ZR 15/20 Rn. 11, zur Veröffentlichung vorgesehen; jeweils m. w. Nachw.). Denn bei der Anspruchshöhe handelt es sich um einen selbstständigen Teil des Streitstoffs in dem Sinne, dass dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Streitstoff – hier dem Anspruchsgrund – beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückweisung kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (vgl. Senat, Beschl. v. 12.06.2018 – VIII ZR 121/17, WuM 2018, 723 Rn. 7; Beschl. v. 21.08.2018 – VIII ZR 186/17, NJW-RR 2019, 130 Rn. 17; Beschl. v. 16.11.2021 – VIII ZR 15/20 Rn. 11, zur Veröffentlichung vorgesehen).

[13]   III. 1. Soweit das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, liegt ein Zulassungsgrund nicht (mehr) vor. Denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist einer der weiteren in § 543 II 1 ZPO genannten Revisionszulassungsgründe gegeben.

[14]   Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist nicht (mehr) erforderlich, nachdem der Senat für den Kauf beweglicher Sachen mit Urteil vom 10.11.2021 – VIII ZR 187/20, juris Rn. 94 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt (s. auch Senat, Beschl. v. 16.11.2021 – VIII ZR 15/20 Rn. 12 ff., zur Veröffentlichung vorgesehen) – die – bis dahin in der Instanzrechtsprechung unterschiedlich beantwortete und insoweit vom Berufungsgericht in seinem zuvor erlassenen Urteil zutreffend als klärungsbedürftig bewertete – Rechtsfrage dahin gehend entschieden hat, dass an der langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 I BGB anhand der sogenannten fiktiven Mangelbeseitigungskosten bemessen werden kann (vgl. etwa BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 12; Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 33) – auch nachdem der VII. Zivilsenat des BGH seine frühere, damit übereinstimmende Rechtsprechung für den werkvertraglichen Anspruch auf kleinen Schadensersatz gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280 I, III, 281 I BGB inzwischen aufgegeben hat (BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.) –, festzuhalten ist.

[15]   Die Möglichkeit, den kaufvertraglichen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung fiktiv anhand der voraussichtlich erforderlichen Mangelbeseitigungskosten zu bemessen, ist dem Käufer schon deshalb unabhängig davon zu gewähren, ob er den Mangel beseitigen lässt, ihm dieser Kostenaufwand also tatsächlich entsteht, weil er andernfalls – bedingt (allein) durch die Pflichtverletzungen des Verkäufers (mangelhafte Lieferung sowie ausgebliebene Nacherfüllung) – die Nachteile und Risiken einer Vorfinanzierung für die Mangelbeseitigung zu tragen hätte. Denn einen Anspruch auf Vorschuss für die (beabsichtigte) Selbstvornahme, wie er für den Besteller eines Werks in § 637 III BGB vorgesehen ist, gibt es im Kaufrecht nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 41 ff. m. w. Nachw.; Urt. v. 12.03.2021 – V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 11; Urt. v. 10.11.2021 – VIII ZR 187/20, juris Rn. 95; Beschl. v. 16.11.2021 – VIII ZR 15/20 Rn. 14, zur Veröffentlichung vorgesehen).

[16]   Entgegen der Ansicht der Revision ist auch eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen des BGH nach § 132 II GVG nicht veranlasst, weil die Entscheidung des erkennenden Senats nicht im Sinne dieser Vorschrift von den Entscheidungen des VII. Zivilsenats des BGH vom 22.02.2018 (VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.) und vom 08.10.2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53) abweicht. Denn die Änderung der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats beruht allein auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 70), dessen Rechtsgedanken auch für die Haftung des Architekten (bzw. Ingenieurs) bei im Bauwerk realisierten Planungs- und Überwachungsfehlern herangezogen werden, um der gesamtschuldnerischen Haftung von Architekt und Unternehmer Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 77). Auf andere Vertragstypen und insbesondere auf das Kaufrecht sind diese Erwägungen aus den vorstehenden Gründen nicht übertragbar (so auch BGH, Urt. v. 12.03.2021 – V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 21) und sollen es nach Ansicht des VII. Zivilsenats auch nicht sein (vgl. BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 78).

[17]   2. Die Revision hat – soweit sie eröffnet ist – auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a I ZPO). Das Berufungsgericht hat – entgegen der Auffassung der Revision – zutreffend angenommen, dass der Kläger den von ihm geltend gemachten kaufvertraglichen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3 BGB, § 434 I BGB in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung (vgl. Art. 229 § 58 EGBGB), § 280 I, III BGB, § 281 I, II BGB anhand der sogenannten fiktiven Mangelbeseitigungskosten bemessen kann, deren Berechnung von dem Beklagten nicht angegriffen worden ist.

[18]   3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz wäre jedoch gemäß § 308 II ZPO – wie von der Revision angeregt – dahin gehend zu korrigieren, dass der Kläger 55 % und der Beklagte 45 % der Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen haben.

[19]   a) Sofern im Rahmen eines zulässigen Rechtsmittels eine inhaltliche Überprüfung des angefochtenen Urteils erfolgt (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 27.05.2004 – VII ZR 217/02, NJW 2004, 2598 [zur Nichtzulassungsbeschwerde]), ist von dem Rechtsmittelgericht nach § 308 II ZPO über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden (vgl. BAG, Urt. v. 16.10.1974 – 4 AZR 29/74, BAGE 26, 320 unter VII). Die Änderung der Kostenentscheidung kommt auch in Betracht, soweit lediglich ein Teil der Revision als unzulässig verworfen wird (vgl. BGH, Beschl. v. 23.04.2012 – II ZR 215/10, juris Rn. 2 f.) oder die Hauptsache nur teilweise angefochten worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.06.1992 – I ZR 226/90, GRUR 1992, 625 unter II 3; Urt. v. 24.11.1980 – VIII ZR 208/79, juris Rn. 22; Zöller/​Herget, ZPO, 34. Aufl., § 97 Rn. 6; HK-ZPO/​Gierl, ZPO, 9. Aufl., § 99 Rn. 10; Smid/​Hartmann, in: Wieczorek/​Schütze, ZPO, 5. Aufl., § 99 Rn. 19). Das Revisionsgericht ist an einer Änderung der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts ferner nicht dadurch gehindert, dass es die Revision gegen die Sachentscheidung des Berufungsgerichts nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückweist (vgl. BGH, Beschl. v. 23.04.2012 – II ZR 215/10, juris Rn. 5).

[20]   b) Ausgehend hiervon wäre die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts, die auf einer fehlerhaften Streitwertfestsetzung beruht und infolgedessen zu einer unzutreffenden Quotierung gelangt, durch den Senat zu korrigieren.

[21]   aa) Ein eine Werterhöhung ausschließendes Abhängigkeitsverhältnis von Nebenforderungen i. S. von § 4 I ZPO (§ 43 I GKG) besteht nur, wenn und soweit die betreffende Hauptforderung noch Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. BGH, Beschl. v. 27.09.2017 – VIII ZR 100/17, juris Rn. 3 m. w. Nachw.; Beschl. v. 18.06.2015 – V ZR 224/14, NJW 2015, 3173 Rn. 6). Der geltend gemachte Anspruch auf Befreiung oder Zahlung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten erhöht als Nebenforderung den Streitwert nicht, soweit er neben der Hauptforderung verfolgt wird, für deren außergerichtliche Geltendmachung Rechtsanwaltskosten angefallen sein sollen. Soweit diese Hauptforderung nicht Prozessgegenstand ist, handelt es sich bei dem Anspruch auf Befreiung oder Zahlung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten nicht um eine Nebenforderung, weil es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt (vgl. BGH, Beschl. v. 07.07.2020 – VI ZB 66/19, NJW 2020, 3174 Rn. 6; Beschl. v. 11.01.2011 – VIII ZB 62/10, WuM 2011, 177 Rn. 5).

[22]   bb) Danach erhöhen die von dem Kläger geltend gemachten vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten den Streitwert, soweit ihnen eine über den im hiesigen Rechtsstreit geltend gemachten Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.160,64 € hinausgehende Hauptforderung zugrunde liegt. Der Kläger hat die von ihm verlangten vorprozessualen Rechtsanwaltskosten nach einem Gegenstandswert von insgesamt 14.300 € berechnet.

[23]   Dagegen hat das Berufungsgericht zunächst lediglich die geltend gemachte Schadensersatzforderung in Höhe von 1.160,64 € seiner Streitwertberechnung zugrunde gelegt und entsprechend dem Obsiegen beziehungsweise Unterliegen der Parteien eine Kostenquote von 14 % (Kläger) zu 86 % (Beklagter) gebildet. Erst nach der Urteilsverkündung hat es seine Streitwertentscheidung mit Beschluss vom 07.12.2020 abgeändert und den streitwerterhöhenden Anteil der vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten zutreffend im Wege der Differenzrechnung (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 07.07.2020 – VI ZB 66/19, NJW 2020, 3174 Rn. 7 f.) mit 827,64 € beziffert. Ausgehend von dem sich danach ergebenden Streitwert in Höhe von (827,64 € + 1.160,64 € =) 1.988,28 € sind gemäß § 92 I 1, § 97 I ZPO unter Zugrundelegung des jeweiligen Prozesserfolgs dem Kläger 55 % und dem Beklagten 45 % der Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens aufzuerlegen. …

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