1. Ein mit einem Rußpartikelfilter ausgestattetes Dieselfahrzeug ist nicht deshalb i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil es für einen reinen Kurzstreckenbetrieb nicht geeignet ist, da die zur Reinigung des Filters erforderliche Abgastemperatur im reinen Kurzstreckenbetrieb regelmäßig nicht erreicht wird und deshalb von Zeit zu Zeit Überlandfahrten unternommen werden müssen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VIII ZR 160/08).
  2. Ein Kfz-Händler muss den (potenziellen) Käufer eines Fahrzeugs mit Rußpartikelfilter bei den Vertragsverhandlungen zwar dann nicht darüber aufklären, dass und in welcher Weise zur Reinigung des Filters von Zeit zur Zeit Regenerationsfahrten übernommen werden müssen, wenn sich diese Informationen mit hinreichender Deutlichkeit aus der Bedienungsanleitung des Fahrzeugs ergeben. Enthält die Bedienungsanleitung jedoch keine entsprechenden Hinweise, besteht eine dahin gehende Hinweis- und Beratungspflicht.

LG Düsseldorf, Urteil vom 09.05.2016 – 23 O 195/15

Sachverhalt: Der Kläger, gesetzlich vertreten durch seine Eltern, erwarb von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 07.07.2015 für 24.400,01 € einen Pkw mit einer Laufleistung von 13.900 Kilometern. Das Fahrzeug ist mit einem Rußpartikelfilter ausgestattet. Für die Regeneration (Reinigung) dieses Filters ist eine erhöhte Abgastemperatur erforderlich, die im reinen Kurzstreckenbetrieb gewöhnlich nicht erreicht wird. Zur Filterreinigung müssen deshalb von Zeit zur Zeit längere Überlandfahrten unternommen werden.

Die Bedienungsanleitung zum Fahrzeug enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit solcher Fahrten. Ein solcher Hinweis findet sich auch weder im Kaufvertrag noch im Fahrzeugprospekt, und auch im Internet wird nicht darauf hingewiesen, dass der Partikelfilter in bestimmten Intervallen freigebrannt werden muss.

Am 29.09., am 08.10. und am 17.10.2015 kam es bei dem Pkw jeweils zu der Fehlermeldung „Einspritzung prüfen“. Diese Meldung erscheint, wenn aufgrund eines reinen Kurzstreckenbetriebs die automatische Reinigung des Partikelfilters zu häufig abgebrochen wurde und deshalb eine Werkstatt aufgesucht werden muss. Jedenfalls nach Erscheinen der Fehlermeldung am 08.10. und am 17.10.2015 suchte der Vater des Klägers jeweils die Beklagte auf, die das Fahrzeug untersuchte.

Am 28.10.2015 erklärte der Kläger – gesetzlich vertreten durch seine Eltern – mündlich gegenüber der Beklagten wegen des Problems mit dem Rußpartikelfilter den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Rücktrittserklärung wurde mit anwaltlichem Schreiben vom 04.11.2015 wiederholt. Der Vater des Klägers stellte den Pkw auf dem öffentlichen Parkplatz vor dem Autohaus der Beklagten, der dieser als Kundenparkplatz dient, ab. Mit Schreiben vom 11.11.2015 lehnte die Beklagte den Rücktritt ab und forderte den Kläger auf, den Pkw von dem Parkplatz zu entfernen. Hierfür setzte sie eine Frist bis zum 12.11.2015 und kündigte an, nach erfolglosem Ablauf dieser Frist eine Einstellgebühr von täglich 15 € zu berechnen. Weiter behielt sich die Beklagte vor, das Fahrzeug zum Kläger abschleppen zu lassen.

Der Kläger behauptet, sein Vater habe gegenüber der Beklagten von Anfang an mitgeteilt, dass er das Fahrzeug ausschließlich für den Kurzstreckenbetrieb nutzen wolle. Der Verkäufer der Beklagten, der Zeuge M, habe nicht mitgeteilt, welche technischen Folgen ein reiner Kurzstreckenbetrieb für den Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs haben kann. Auch habe V nicht auf die Notwendigkeit von Regenerationsfahrten hingewiesen.

Der Kläger meint, der erworbene Pkw sei sachmangelhaft, weil er sich nicht für den vertraglich vorausgesetzten Zweck – das Fahren von kurzen Strecken – eigne. Auch unabhängig von dem Problem mit dem Rußpartikelfilter sei das Fahrzeug mangelhaft, weil bei Renault-Fahrzeugen – dies ist zwischen den Parteien unstreitig – das 6,5-fache der gesetzlich zulässigen Abgaswerte überschritten werde. Zudem liege ein Rechtsmangel vor. Denn weil der Rußpartikelfilter freigebrannt werden müsse, komme es zu einem Mehrverbrauch von Dieselkraftstoff. Dies führe zu einer Änderung der CO2– und NOX-Werte, was nach § 19 II Nr. 2 StVZO ein Erlöschen der Allgemeinen Betriebserlaubnis zur Folge habe.

Die Klage hatte insoweit Erfolg, als der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages und den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangte. Sie war hingegen erfolglos, soweit der Kläger der Beklagten verbieten lassen wollte, das streitgegenständliche Fahrzeug von ihrem Kundenparkplatz abschleppen zu lassen.

Aus den Gründen: I. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages zu.

1. Der Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages folgt nicht bereits aus einem Rücktrittsrecht oder einem Schadensersatzanspruch wegen der Mangelhaftigkeit des verkauften Fahrzeugs (§§ 433, 434, 437 Nr. 2, 323, 346 I BGB bzw. §§ 433, 434, 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB. Das verkaufte Fahrzeug wies bei Übergabe keinen Sachmangel auf.

Zu einer Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien in Bezug auf die Eignung des Fahrzeugs zum ausschließlichen oder überwiegenden Kurzstreckenbetrieb, die gemäß § 434 I 1 BGB vorrangig zu berücksichtigen wäre, ist es nicht gekommen. Auch eine Verwendungszweckvereinbarung i. S. von § 434 I 2 Nr. 1 BGB liegt nicht vor. Sowohl eine Beschaffenheits- als auch eine Verwendungszweckvereinbarung setzen voraus, dass eine bestimmte Beschaffenheit bzw. Verwendung der Kaufsache beiderseits vorausgesetzt wird. Bleiben die Vorstellungen des Käufers – wie hier – einseitig, genügt dies nicht für die Annahme einer Beschaffenheits- oder Verwendungszweckvereinbarung, selbst wenn dem Verkäufer die Vorstellungen des Käufers bekannt sind. Daher kann an dieser Stelle offenbleiben, ob – wie von dem Kläger behauptet – der Beklagten mitgeteilt wurde, dass das Fahrzeug im reinen Kurzstreckenbetrieb verwendet werde.

Auch eignet sich das Fahrzeug für die gewöhnliche Verwendung und weist eine Beschaffenheit aus, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). Fahrzeuge aller Hersteller, die mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet sind, sind nach dem derzeitigen Stand der Technik für einen überwiegenden Kurzstreckeneinsatz nicht geeignet, weil für die Regeneration (Reinigung) des Partikelfilters eine erhöhte Abgastemperatur erforderlich ist, die im reinen Kurzstreckenbetrieb gewöhnlich nicht erreicht wird. Das Fahrzeug des Klägers weist somit in dieser Hinsicht eine Beschaffenheit auf, die bei allen diesen Fahrzeugen mit Partikelfiltern („Sachen der gleichen Art“) üblich ist und die der Käufer eines derartigen Fahrzeugs „nach der Art der Sache“ erwarten kann. Dass dem durchschnittlichen Autokäufer die Einschränkung nicht bekannt sein wird, ist für die objektiv berechtigte Käufererwartung irrelevant.

Auch eignet sich das Fahrzeug für die gewöhnliche Verwendung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob unter der gewöhnlichen Verwendung eines Pkw mit diesem Motor auch ein reiner oder überwiegender Kurzstreckenbetrieb zu verstehen sein kann. Denn auch dafür eignet sich das verkaufte Fahrzeug, sofern der Dieselpartikelfilter bei Bedarf gereinigt wird. Dass die Durchführung dieser Filterreinigung für den Käufer unter Umständen mit gewissen Unannehmlichkeiten verbunden sein mag, berührt die Eignung des Fahrzeugs für die gewöhnliche Verwendung nicht. Es handelt sich um die praktischen Auswirkungen des gegenwärtigen Stands der Filtertechnik, die man als unbefriedigend empfinden mag, aber nach dem derzeitigen Stand der Technik nicht zu vermeiden ist (BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VIII ZR 160/08, juris Rn. 9 ff.).

2. Dem Kläger steht gegen die Beklagte jedoch ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen wegen Verletzung einer Hinweis- und Beratungspflicht zu (§§ 311 II, 280 I, 241 II BGB).

Eine Aufklärungspflicht des Verkäufers besteht über solche Umstände, die für den Entschluss eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind und deren Mitteilung er nach Treu und Glauben erwarten kann. Die Aufklärungs- bzw. Beratungspflicht steht selbstständig neben etwaigen Gewährleistungsansprüchen. Sie ist umso eher anzunehmen, je schutzwürdiger der Käufer ist und je mehr der Verkäufer eine besondere Sachkunde in Anspruch nimmt (Gehrlein/Sutschet, in BeckOK-BGB, Stand: 01.02.2016, § 311 Rn. 80). Bei einem Autoverkauf übernimmt der Verkäufer eine umfassende Beratung des Käufers über die Vor- und Nachteile der verschiedenen in Betracht kommenden Pkw. Er ist als Fachmann zur Beratung bzw. Aufklärung verpflichtet, wenn Gefahren für das Leistungs- oder Integritätsinteresse des Gläubigers bestehen, von denen dieser keine Kenntnis hat. Zwar muss der Käufer eines Pkw mit Dieselpartikelfilter bei den Vertragsverhandlungen nicht gesondert über die Notwendigkeit von Regenerationsfahrten und deren spezifischen Anforderungen aufgeklärt werden, wenn sich die notwendige Information mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bedienungshandbuch ergibt (OLG Hamm, Urt. v. 14.11.2013 – 28 U 33/13, juris Rn. 50). Enthält das Bedienungshandbuch – wie vorliegend – jedoch keinen Hinweis auf die Notwendigkeit von Durchführung von Regenerationsfahrten, ist eine Hinweis- und Beratungspflicht zu bejahen.

Die Beklagte hat die ihr danach obliegende Pflicht zur Aufklärung verletzt. Dies steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest.

Der Zeuge V [= Vater des Klägers] hat bekundet, dass im Rahmen des Verkaufsgesprächs nicht über die technische Pflege des Autos gesprochen worden sei. Das Problem mit dem Rußpartikelfilter sei nicht angesprochen worden. Genauso wenig sei angesprochen worden, dass es im Kurzstreckenbetrieb zu Problemen kommen könnte. Er habe M gesagt, dass sein Arbeitsweg lediglich 10 Kilometer betrage und man ja wisse, dass ein Diesel gefahren werden müsse, damit es sich wirtschaftlich lohne. In diesem Zusammenhang habe er auch gesagt, dass er im Jahr maximal 5.000 bis 10.000 Kilometer fahren würde. Sie hätten über die wirtschaftliche Seite eines Dieselfahrzeugs gesprochen; über die Kurzstreckenproblematik hätten sie nicht gesprochen. Weiter habe er im Beisein von M mit seiner Frau darüber gesprochen, dass sie das Fahrzeug für seine tägliche Fahrt zur Arbeit verwenden würden. Er habe mit seiner Frau vor M ausgerechnet, dass, wenn sein Arbeitsweg 10 Kilometer betragen würde, sie soundsoviele Kilometer im Jahr fahren würden. Diese Kilometerangabe habe M mitbekommen.

Die Aussage des Zeugen V ist zuverlässig und glaubhaft. Er hat nachvollziehbar, in chronologischer Reihenfolge und in sich schlüssig den Inhalt des Verkaufsgesprächs wiedergegeben. Auch war die Aussage detailreich. So konnte der Zeuge beispielsweise einzelne Aussagen des Zeugen M noch fast im Wortlaut wiedergegeben. Ein weiteres Realitätskriterium folgt aus der Schilderung von Komplikationen im Rahmen des Verkaufsgesprächs. So hat der Zeuge offen zugegeben, dass sie anfangs in ihrem Gespräch uneinig gewesen seien. Weiter hat er subjektive Empfindungen geschildert … Dies gibt der Aussage ihre notwendige individuelle Prägung und spricht für ihre Erlebnisbezogenheit.

Auch an der Glaubwürdigkeit des Zeugen V bestehen keine Zweifel. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass den Zeugen V als Vater und gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Klägers die wirtschaftlichen Folgen des Autokaufs treffen, er mithin ein erhebliches Eigeninteresse an dem Erfolg der Klage hat. Eine einseitige Aussagetendenz zulasten der Beklagten war jedoch nicht erkennbar. Er hat offen zugegeben – was die Beklagte seit Beginn des Verfahrens zu ihren Gunsten verwerten möchte –, dass Inhalt des Gesprächs auch gewesen sei, dass sie mit dem Wagen auch in den Urlaub fahren wollten. Ihre Urlaube sähen dergestalt aus, dass sie ab und zu auf Rockfestivals fahren würden. Auch hat er bekundet – und auch insoweit bestätigt er den Vortrag der Beklagten –,dass sie es gewesen seien, die auf M zugegangen und ihr Interesse an dem Fahrzeug bekundet hätten. In der Gesamtschau ist das Gericht demnach von dem Wahrheitsgehalt der Aussage und der Glaubwürdigkeit des Zeugen überzeugt.

Dahingegen ist das Gericht von der Richtigkeit der Aussage des Zeugen M nicht überzeugt. Zwar hat dieser auf entsprechende Nachfrage des Gerichts bekundet, dass sie im Zuge des Gesprächs über die Laufleistung und den Fahrzyklus auch darauf zu sprechen gekommen seien, dass der Filter freigebrannt werden müsse. Er habe zu den Eltern des Klägers gesagt: „Denken Sie daran, das Fahrzeug braucht Strecke, damit sich der Filter freibrennen kann.“ Die weitere Nachfrage des Gerichts, ob V ihm gesagt habe, dass er Wenigfahrer sei, hat er verneint. Indes vermag das Gericht dieser Aussage nicht zu folgen. Das Führen von Verkaufsgesprächen gehört zum Berufsalltag des Zeugen M. Er führt wöchentlich eine Vielzahl solcher Gespräche. Um die nötige Überzeugung von dem Inhalt seiner Aussage zu gewinnen war es deshalb erforderlich, Anhaltspunkte zu finden, die dafür sprechen, dass der Zeuge speziell auch im Rahmen des Verkaufsgesprächs mit den Eltern des Klägers auf die Notwendigkeit von Freibrennfahrten hingewiesen hat. Diese Anhaltspunkte liegen nicht vor. Aus eigenen Stücken hat der Zeuge bei der Schilderung des Inhalts des Verkaufsgesprächs lediglich bekundet, sie hätten eine Bedarfsanalyse durchgeführt. Auf Nachfrage des Gerichts, was Gegenstand dieser Bedarfsanalyse gewesen sei, hat er konkretere Angaben hierzu gemacht. Sie hätten über den Platz, den Raum, die Kilometerleistung und die sonstige Autoausstattung des Autos gesprochen, wie dessen Motor und Sicherheitsaspekte, die Ausstattung mit Xenon-Scheinwerfern und einer Einparkhilfe. Von einem etwaig erteilten Hinweis auf die Notwendigkeit von Regenerationsfahrten hat er immer noch nicht gesprochen. Erst auf erneute, dieses Mal sehr konkrete Nachfrage des Gerichts, ob sie im Rahmen dieses Gesprächs auch über die Notwendigkeit von Freibrennfahrten gesprochen hätten, hat er dies bejaht und auf Nachfrage des Klägervertreters erneut bestätigt. Im Folgenden erschöpft sich seine Aussage jedoch in allgemein gehaltenen Ausführungen zu diesem nach seiner Erinnerung erteilten Hinweis. So hat er auf erneute Nachfrage des Gerichts, ob er speziell auch im Rahmen des Gesprächs mit den Eltern des Klägers auf die Notwendigkeit von Freibrennfahrten hingewiesen habe, bekundet, dass er dies so gewissenhaft mache. Entsprechend hat er auf Nachfrage des Klägersvertreters ausgeführt, dass er mit Sicherheit sagen könne, dass er auf den Sachverhalt als solchen hingewiesen habe, zur Begründung hierfür sich jedoch auf die allgemeine Ausführung beschränkt, dass es natürlich sein Anliegen sei zu verkaufen; genauso sei es sein Anliegen, zufriedene Endkunden zu haben. Realitätsmerkmale oder -kriterien, die eine ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit für die Zuverlässigkeit seiner Aussage begründen würden, dass auch in dem streitgegenständlichen Einzelfall ein entsprechender Hinweis erfolgt sein soll, liegen nicht vor. Die Aussage war in diesem Punkt weder detailreich noch von individuell Erlebten geprägt. Es liegen keine besonderen Umstände vor, die für die objektive Richtigkeit der Schilderung sprechen. Es bleiben bei dem Gericht daher Zweifel, ob die Erinnerung des Zeugen auf dem konkreten Gespräch mit den Eltern des Klägers beruhte oder er nicht deshalb die Frage des Gerichts nach einem entsprechendem Hinweis bejahte, weil er – wie er selbst bekundet hat – üblicherweise auf die Notwendigkeit des Freifahrens des Rußpartikelfilters hinweist. Auch im Hinblick auf diesen üblicherweise erteilten Hinweis war seine Aussage jedoch wenig ergiebig. So hat der Zeuge selbst bekundet, dass er bei Neukunden nahezu immer auf die Notwendigkeit von Freibrennfahrten hinweise, zu 100 %, das könne er aber nicht sagen.

Neben diesen Zweifeln an einer konkrete Erinnerung des Zeugen an das streitgegenständliche Verkaufsgesprächs hat das Gericht überdies auch durchschlagende Bedenken an der Glaubwürdigkeit des Zeugen M. Der Zeuge ist bei der Beklagten angestellt. Zwar reicht eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Zeugen von einer Partei noch nicht aus, um an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Hinzu kommen müssen weitere Umstände. Diese liegen jedoch vor. Nach dem persönlichen Eindruck in der Sitzung wirkte der Zeuge erkennbar nervös. Er vermied konstant den Blickkontakt, rutschte auf seinem Stuhl hin und her und fühlte sich sichtlich unwohl. In einer Gesamtwürdigung hat er auf das Gericht einen persönlichen Eindruck gemacht, nach dem seinen Bekundungen nicht zu folgen ist.

Nach alledem steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Zeuge M wusste, dass der Vater des Klägers das Auto lediglich im Kurzstreckenbetrieb verwenden würde, und dennoch nicht über die Notwendigkeit von Freibrennfahrten aufgeklärt hat, was sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen muss.

Die Verletzung der Aufklärungspflicht erfolgte auch schuldhaft (§ 280 I 2 BGB). Umstände, die die Verschuldensvermutung widerlegen könnten, trägt die Beklagte nicht vor.

3. Die Pflicht zur Beratung bzw. Aufklärung über die Notwendigkeit von Freibrennfahrten war auch nicht wegen einer etwaig bereits bestehenden Kenntnis der Eltern des Klägers, die sich dieser zurechnen lassen müsste, ausnahmsweise entbehrlich. Zwar hat der Zeuge V bekundet, dass man ja wisse, dass ein Diesel gefahren werden müsse, damit es sich wirtschaftlich lohne. Bei einem Diesel, das wisse man und das sei klar, müsse man mehr Kilometer fahren. Auf Nachfrage des Gerichts hat er diese Aussage jedoch dahin gehend eingeschränkt, dass er damit meine, dass er mit einem Dieselfahrzeug mehr Kilometer fahren könne, weil dies der Typizität des Dieselfahrzeugs entspreche. Aus seiner Sicht sei die Frage, ob man ein Dieselfahrzeug nehme, nur diejenige gewesen, dass man anfangs einen eventuell höheren Anschaffungswert habe, der sich aber im Laufe der Zeit amortisieren würde. Er hatte somit Kenntnis über die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile des Kaufs eines Dieselfahrzeugs. Dass er auch Kenntnis von der Notwendigkeit von Freibrennfahrten hatte, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.

Auch sonst liegen keine Umstände vor, nach denen eine Beratung über bzw. ein Hinweis auf die Notwendigkeit von Freibrennfahrten entbehrlich gewesen wäre. Soweit die Beklagte aus den von den Eltern des Klägers geplanten Fahrten zu den Rockfestivals und dem Abschluss der Renault-Plus-Garantie über 80.000 Kilometer herleiten möchte, dass dies gegen die Behauptung des Kläger spreche, dass das Fahrzeug ausschließlich im Kurzstreckenbetrieb verwendet werde, verfängt dies nicht. Auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten beträgt die Laufzeit der Renault-Plus-Garantie fünf Jahre. Unter Berücksichtigung dessen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug ausweislich des Kaufvertrags bei Vertragsschluss bereits einen Kilometerstand von 13.900 hatte, kam eine Renault-Plus-Garantie über 50.000 Kilometer, der nächst niedrigeren Stufe, nicht in Betracht. Denn selbst bei einer Jahreskilometeranzahl der Eltern des Klägers von lediglich 5.000 würde diese nicht ausreichen, um den Bedarf der Eltern des Klägers zu decken (13.900 km + 60.000 km = 72.900 km). Gegen die Einstufung der Eltern des Klägers als Wenigfahrer spricht auch nicht, dass sie mit dem Wagen auch zu Rockfestivals fahren wollten. Nach ihrem eigenen, jedoch unbestrittenen Vorbringen, sollen solche Fahrten nur gelegentlich als Urlaubsbesuch getätigt werden. Dies nimmt ihnen nicht ihren Charakter als Wenigfahrer.

4. Die Aufklärungspflichtverletzung war vorliegend auch kausal für den Abschluss des Kaufvertrags. Zu Gunsten des Klägers streitet insoweit eine Vermutung, die die Beklagte nicht widerlegt hat (BeckOK-BGB/Unberath, Stand: 01.03.2011, § 280 Rn. 57). Dem Geschädigten steht gegen den Schädiger ein Wahlrecht zwischen Vertragsaufhebung und Vertragsanpassung zu, beim Kaufvertrag also zwischen Rücktritt und Minderung. Dieses hat der Kläger zugunsten des Rücktritts ausgeübt.

5. Nach alledem steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 24.181,96 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des Pkw zu. Eine Nutzungsentschädigung für die bereits gefahrenen Kilometer hat der Kläger bereits in seinem Klageantrag berücksichtigt. Die Höhe ist zwischen den Parteien unstreitig.

Da dem Kläger der Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags bereits wegen der Beratungspflichtverletzung zusteht, kann dahinstehen, ob die Überschreitung der gesetzlich zulässigen Abgaswerte und die Änderung der Abgaswerte CO2 und NOX durch einen etwaigen Mehrverbrauch des Fahrzeugs im reinen Kurzstreckenbetrieb einen selbstständige Rechts- bzw. Sachmangel darstellen.

II. Aus der Schadensersatzpflicht der Beklagten ergibt sich zudem gemäß § 249 I BGB der zugesprochene Anspruch des Klägers auf Zahlung der außergerichtlichen Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten. Unabhängig davon hat der Kläger die Beklagte mit dem Schreiben vom 04.11.2015 auch zur Rücknahme des Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der Nutzungsentschädigung bis zum 11.11.2015 aufgefordert, sodass der Anspruch auch unter dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 280 I, II, 286 BGB) gerechtfertigt ist …

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