1. Zum Feststellungsinteresse bei einer Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht in einem sogenannten Dieselfall.
  2. Auf mögliche künftige Belastungen mit Aufwendungen, die nur im Rahmen des großen Schadensersatzes ersatzfähig wären, kann der Kläger sein Feststellungsinteresse nicht stützen, wenn er sich nicht für die Geltendmachung des großen Schadensersatzes entschieden hat, obwohl ihm diese Entscheidung möglich und zumutbar ist.

BGH, Urteil vom 05.10.2021 – VI ZR 136/20

Sachverhalt: Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Anspruch.

Er bestellte im November 2011 bei einem Vertragshändler der Beklagten einen von dieser hergestellten VW Touran 2.0 TDI zum Preis von 34.000 €. Dieses Fahrzeug, das dem Kläger im Februar 2012 übergeben wurde, ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet. Eine Software aktiviert dann, wenn das Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand den für die amtliche Bestimmung der Schadstoffemissionen maßgeblichen Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, einen bestimmten Betriebsmodus. In diesem „Modus 1“ ist die Abgasrückführungsrate höher und sind deshalb die Stickoxid(NOX)-Emissionen geringer als in dem Betriebsmodus, der unter den im normalen Straßenverkehr anzutreffenden Fahrbedingungen aktiv ist („Modus 0“). Während eines Emissionstests auf einem Prüfstand werden deshalb die einschlägigen Emissionsgrenzwerte eingehalten.

Das Kraftfahrt-Bundesamt verfügte mit Bescheid vom 15.10.2015 gegenüber der Beklagten, die Software – eine aus Sicht des Kraftfahrt-Bundesamtes unzulässige Abschalteinrichtung – aus allen Fahrzeugen mit einem EA189-Motor zu entfernen, um die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge zu gewährleisten, und drohte damit, andernfalls die Typgenehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen oder zurückzunehmen. Zugleich wurde die Beklagte verpflichtet, den technischen Nachweis zu führen, dass die Fahrzeuge nach der Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung alle technischen Anforderungen erfüllen. Mit Schreiben vom 20.06.2016 bestätigte das Kraftfahrt-Bundesamt der Beklagten, dass ein von ihr entwickeltes Softwareupdate geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen.

Der Kläger hat das Softwareupdate bislang nicht installieren lassen, obwohl ihn das Landratsamt mehrfach dazu aufgefordert und angedroht hat, das Fahrzeug des Klägers andernfalls kostenpflichtig stillzulegen.

Mit Schreiben vom 27.06.2018 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 11.07.2018 auf, ihm den Kaufpreis Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs zu erstatten und den Pkw abzuholen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 01.10.2018 ab.

Das Landgericht hat die unter anderem auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger unter anderem beantragt festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs durch die Beklagte resultieren. Hilfsweise hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn – Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw – 34.000 € nebst Zinsen zu zahlen, und festzustellen, dass die Beklagte ihm weitere Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs durch die Beklagte resultieren, ersetzen muss. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts abgeändert und festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger Ersatz für Schäden leisten muss, die aus der Installation derjenigen Software in der Motorsteuerung des in dem Fahrzeug verbauten EA189-Motors resultieren, bei der es sich nach Ansicht des Kraftfahrt-Bundesamtes gemäß Bescheid vom 15.10.2015 um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Im Übrigen hat das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten, die damit ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgte, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil entschieden hat, hatte Erfolg.

Aus den Gründen: [6]    Die Revision der Beklagten ist begründet.

[7]    I. Das Berufungsgericht hat – soweit im vorliegenden Zusammenhang relevant – ausgeführt, dass der Feststellungsantrag zwar zu weit formuliert sei. Dessen Auslegung führe aber zu dem Ergebnis, dass der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehre, ihm Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Installation derjenigen Software resultierten, bei der es sich nach Ansicht des Kraftfahrt-Bundesamtes um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele.

[8]    Der Feststellungsantrag genüge den Anforderungen des § 253 ZPO. Zweifel am Umfang der Rechtskraft könnten hier angesichts der konkreten Bezeichnung des schädigenden Ereignisses nicht auftreten. Eine noch nähere Bezeichnung sei dem Kläger als technischem Laien weder möglich noch zumutbar. Der Kläger habe das nach § 256 I ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage hänge von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ab. Der Kläger mache geltend, die Beklagte habe ihn durch das Inverkehrbringen des nach Ansicht des Kraftfahrt-Bundesamtes mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Motors EA189 sittenwidrig geschädigt, wobei der Schaden im Abschluss des Kaufvertrags über das Fahrzeug zu sehen sei. Bei Zugrundelegung dieses Sachvortrags sei im Zeitpunkt der Klageerhebung nach der Lebenserfahrung und dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein auf der schädigenden Handlung beruhender, künftig wachsender Vermögensschaden anzunehmen.

[9]    Der Feststellungsantrag sei begründet. Dem Kläger stehe gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB ein Schadensersatzanspruch in Bezug auf die Schäden zu, die aus der Installation der die Betriebsmodi konfigurierenden Software in die Motorsteuerung des in dem Fahrzeug verbauten Motors EA189 resultierten.

[10]   II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Feststellungsantrag des Klägers unzulässig.

[11]   1. Zwar ist der Feststellungsantrag hinreichend bestimmt.

[12]   a) Auch bei einer Feststellungsklage muss der Klageantrag i. S. von § 253 II Nr. 2 ZPO bestimmt sein, damit über den Umfang der Rechtskraft des Feststellungsausspruchs keine Ungewissheit herrschen kann. Die erforderliche Bestimmtheit verlangt, dass das festzustellende Rechtsverhältnis genau bezeichnet wird. Dazu genügt es, dass der Kläger die rechtsbegründenden Tatsachen näher angibt. Soweit es sich um Schadensersatzansprüche handelt, ist eine bestimmte Bezeichnung des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses erforderlich. Genügt die wörtliche Fassung eines Antrags nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 II Nr. 2 ZPO, ist er unter Heranziehung der Klagebegründung auszulegen (vgl. Senat, Urt. v. 06.07.2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 28 m. w. Nachw.).

[13]   b) Es ist zumindest zweifelhaft, ob der Antrag auf Feststellung, „dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs […] durch die Beklagtenpartei resultieren“, im Wortlaut diesen Anforderungen genügt. Denn die Formulierung lässt schon nicht erkennen, welche „Manipulation(en)“ der Kläger damit meint. Der Feststellungsantrag lässt sich allerdings unter Heranziehung der Klageschrift dahin gehend auslegen, dass es um die Ersatzpflicht der Beklagten für Schäden geht, die daraus resultieren, dass die Beklagte im Fahrzeug die vom Kraftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 15.10.2015 als unzulässig beanstandete Abschalteinrichtung installierte und das Fahrzeug so in den Verkehr brachte.

[14]   2. Der Feststellungsantrag ist jedoch unzulässig, weil es am erforderlichen Feststellungsinteresse des Klägers fehlt.

[15]   a) Nach § 256 I ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt werde. Ein solches Interesse ist gegeben, wenn dem konkreten vom Feststellungsantrag betroffenen Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und der erstrebte Feststellungausspruch geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. Senat, Urt. v. 28.09.1999 – VI ZR 195/98, NJW 1999, 3774, 3775 = juris Rn. 17 m. w. Nachw.; BGH, Urt. v. 04.12.2014 – III ZR 51/13, BGHZ 203, 312 Rn. 12; Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 351/08, NJW 2010, 1877 Rn. 12 m. w. Nachw.). Allerdings fehlt grundsätzlich das Feststellungsinteresse, wenn der Kläger dasselbe Ziel mit einer Klage auf Leistung erreichen kann (Vorrang der Leistungsklage; vgl. Senat, Urt. v. 04.06.1996 – VI ZR 123/95, NJW 1996, 2725, 2726 = juris Rn. 10 m. w. Nachw.). Ist dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar und erschöpft sie das Rechtsschutzziel, fehlt ihm das Feststellungsinteresse, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären kann (vgl. BGH, Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 467/15, NJW 2017, 1823 Rn. 14). Es besteht jedoch keine allgemeine Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage. Vielmehr ist eine Feststellungsklage trotz der Möglichkeit, Leistungsklage zu erheben, zulässig, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt (vgl. Senat, Urt. v. 19.04.2016 – VI ZR 506/14, NJW-RR 2016, 759 Rn. 6; Senat, Urt. v. 04.06.1996 – VI ZR 123/95, NJW 1996, 2725, 2726 = juris Rn. 11; jeweils m. w. Nachw.).

[16]   b) Danach kann der Kläger entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung sein Feststellungsinteresse nicht darauf stützen, dass er sich weiterhin die Wahl offenhalten möchte, ob er von der Beklagten den Ersatz des – wie vorprozessual geltend gemacht – großen oder – stattdessen – des kleinen Schadens verlangt.

[17]   aa) Im Rahmen der Haftung gemäß § 826 BGB kann ein Vermögensschaden in der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung liegen. Dies hat zur Folge, dass im Fall der Haftung als Schadensersatz die Erstattung des Kaufpreises (gegen Überlassung des Fahrzeugs im Wege der Vorteilsausgleichung) verlangt werden kann. Besteht der Schaden i. S. von § 249 I BGB aber (außerdem) in einer Wertdifferenz zwischen geschuldeter Leistung und Gegenleistung, so kann stattdessen Ersatz dieser Differenz, mithin der sogenannte kleine Schadensersatz verlangt werden (vgl. Senat, Urt. v. 06.07.2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 20). Demnach kann der Schaden ersetzt verlangt werden, der dadurch entsteht, dass infolge des vorsätzlichen sittenwidrigen Verhaltens ein Kaufvertrag abgeschlossen wurde, bei dem der objektive Wert der Gegenleistung (des Fahrzeugs) den objektiven Wert der Leistung (des Kaufpreises) nicht erreicht (vgl. Senat, Urt. v. 06.07.2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 12 ff.). Für die Bemessung des sogenannten kleinen Schadensersatzes ist grundsätzlich zunächst der Vergleich der Werte von Leistung und Gegenleistung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Dies schließt eine schadensmindernde Berücksichtigung später eintretender Umstände im Rahmen der Vorteilsausgleichung nicht aus (vgl. Senat, Urt. v. 06.07.2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 23). Eine etwaige Aufwertung des Fahrzeugs durch ein Softwareupdate als nachträgliche Maßnahme der Beklagten, die gerade der Beseitigung der Prüfstanderkennungssoftware dienen soll, ist im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen; dabei sind etwaige mit dem Softwareupdate verbundene Nachteile in die Bewertung des Vorteils einzubeziehen (vgl. Senat, Urt. v. 06.07.2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 23 f.). In den so zu bemessenden Schaden sind Nachteile, die mit der Prüfstanderkennungssoftware oder dem Softwareupdate verbunden sind, bereits „eingepreist“. Ein Ersatz diesbezüglicher Schäden kommt daher nicht zusätzlich zum Begehren auf den sogenannten kleinen Schadensersatz (Ersatz des Minderwerts) in Betracht (vgl. Senat, Urt. v. 06.07.2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 33 ff.).

[18]   bb) Der Kläger konnte bei Klageerhebung entscheiden, welchen Schadensersatz er geltend machen möchte. Diese Entscheidung war ihm zumutbar. Der Umstand, dass der Kläger die möglichen Auswirkungen des Softwareupdates nicht sicher prognostizieren und daher nicht abschätzen konnte, ob es für ihn wirtschaftlicher wäre, das Fahrzeug zu behalten und Ersatz des Minderwerts zu verlangen oder es der Beklagten zu überlassen und den Kaufpreis unter Anrechnung der Nutzungsvorteile ersetzt zu verlangen, steht dem nicht entgegen. Diese Entscheidung war auch im Interesse der Prozesswirtschaftlichkeit geboten, weil der Kläger im Sinne einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit den Streitstoff in einem Prozess klären kann. Demgegenüber wäre nicht gewährleistet, dass die Durchführung des Feststellungsverfahrens zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt. Vorliegend erstreckt sich der Streitgegenstand der erhobenen Feststellungsklage allgemein auf die Verpflichtung der Beklagten, Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus einer bestimmten Handlung resultieren, mithin auf die Haftung der Beklagten dem Grunde nach. Der Umfang des begehrten Schadensersatzes und damit zusammenhängend die Frage, ob großer oder kleiner Schadensersatz gezahlt werden soll, ergibt sich weder aus dem Feststellungsantrag noch aus dem zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt; der Kläger möchte diese Entscheidung vielmehr, wie ausdrücklich zur Begründung des Feststellungsinteresses ausgeführt, erst später treffen. Mit einem einschränkungslos stattgebenden Urteil wäre die Frage dann nicht entschieden, die Entscheidung darüber ebenso wie über die Höhe des Schadensersatzes vielmehr erst in einem zweiten Prozess – dem anschließenden Leistungsprozess – zu treffen. Das Interesse des Klägers, dass dies geschieht, ist kein berechtigtes i. S. von § 256 I ZPO.

[19]   Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Senatsurteil vom 04.06.1996 (VI ZR 123/95, NJW 1996, 2725). In dem diesem Urteil zugrundeliegenden Verfahren war die dortige Klägerin unter den dort gegebenen Umständen nicht gehalten, anstelle des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten einen etwaigen Freistellungsanspruch geltend zu machen. Denn von der Klägerin konnte sinnvollerweise keine Geltendmachung eines Freistellungsantrags erwartet werden. Weiter musste der Klägerin offenbleiben, zu gegebener Zeit den Aufwand darzutun und geltend zu machen, den sie selbst zur Schadensbeseitigung hat. Demnach war der Klägerin die Bezifferung dieser Schadenshöhe ersichtlich unmöglich oder unzumutbar (s. unten II 2 c). Demgegenüber wird hier der Kläger nicht auf die Geltendmachung einer bestimmten Art des Schadensersatzes, sondern lediglich darauf verwiesen, die ihm mögliche und zumutbare Wahlentscheidung zu treffen.

[20]   c) Das Feststellungsinteresse kann der Kläger entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch nicht damit begründen, dass im Rahmen einer Leistungsklage die Bezifferung des großen oder kleinen Schadensersatzes unmöglich oder unzumutbar wäre.

[21]   aa) Sollte sich der Kläger für die Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes entscheiden, könnte dahinstehen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen mit der Notwendigkeit, vor Klageerhebung ein Privatgutachten zur Schadenshöhe einzuholen, die Unzumutbarkeit einer Leistungsklage begründet werden könnte (vgl. hierzu Senat, Urt. v. 12.07.2005 – VI ZR 83/04, BGHZ 163, 351, 361 f. = juris Rn. 57; BGH, Urt. v. 21.09.1987 – II ZR 20/87, NJW-RR 1988, 445 = juris Rn. 6; Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 467/15, NJW 2017, 1823 Rn. 19; Urt. v. 12.06.2018 – KZR 56/16, NJW 2018, 2479 Rn. 18). Denn der Kläger kann hier den Minderwert auch ohne vorherige Einholung eines Privatgutachtens selbst – etwa auf einen Prozentsatz vom Kaufpreis – schätzen. Im Hinblick auf die dem Gericht bei der Bemessung der Schadenshöhe gemäß § 287 I ZPO zustehenden Freiheiten genügt es im Übrigen den Anforderungen des § 253 II Nr. 2 ZPO, wenn die Höhe des geforderten Minderwerts in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zugleich aber ein Mindestbetrag sowie die tatsächlichen Grundlagen für die Schadensschätzung angegeben werden (vgl. Senat, Urt. v. 06.07.2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 10).

[22]   bb) Sollte sich der Kläger für die Geltendmachung des großen Schadensersatzes entscheiden und die Erstattung des gezahlten Kaufpreises verlangen, könnte er diesen ohne Weiteres – wie im Hilfsantrag erfolgt – beziffern. Der Kläger müsste sich dann im Rahmen des Vorteilsausgleichs die gezogenen Nutzungsvorteile von dem zu ersetzenden Kaufpreis abziehen lassen (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 354/19, BGHZ 226, 322 = NJW 2020, 2796 Rn. 11; Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ZIP 2020, 1179 Rn. 64 ff.). Das Gericht darf diese gemäß § 287 I ZPO schätzen (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 354/19, BGHZ 226, 322 = NJW 2020, 2796 Rn. 12; Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 = ZIP 2020, 1179 Rn. 78 ff.). Für die Bestimmtheit des Klageantrags i. S. von § 253 II Nr. 2 ZPO genügt es auch hier, wenn der Kläger, falls er die Nutzungsvorteile nicht selbst schätzen oder zumindest einen Höchstbetrag für den Abzug angeben will, die Bewertung der vom bezifferten Kaufpreis abzuziehenden Nutzungsvorteile in das Ermessen des Gerichts stellt und lediglich die tatsächlichen Grundlagen für dessen Ermessensausübung angibt.

[23]   d) Dem Vorrang der Leistungsklage steht weiter nicht entgegen, dass – wie der Kläger vorgetragen hat – die Beklagte auf ein Feststellungsurteil hin leisten werde. Dabei kann offenbleiben, ob grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die Beklagte bereits auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen wird (vgl. für ein großes Versicherungsunternehmen: Senat, Urt. v. 28.09.1999 – VI ZR 195/98, NJW 1999, 3774, 3775 = juris Rn. 19; für eine Bank: BGH, Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 467/15, NJW 2017, 1823 Rn. 22 m. w. Nachw.). Denn dies würde neben der grundsätzlichen Leistungsbereitschaft voraussetzen, dass ein dem Feststellungsantrag entsprechendes Urteil voraussichtlich zu einer endgültigen Erledigung führen wird (vgl. BGH, Urt. v. 21.09.1987 – II ZR 20/87, NJW-RR 1988, 445 = juris Rn. 7; Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 467/15, NJW 2017, 1823 Rn. 22 m. w. Nachw.). Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen, da lediglich die Haftung dem Grunde nach festgestellt wäre und die Schadenshöhe jedenfalls nicht auf der Hand läge (s. oben II 2 b bb). Die unbestimmte Erwartung aber, ein Feststellungsurteil könnte einen Vergleich über die Schadenshöhe erleichtern, reicht zur Begründung des Feststellungsinteresses nicht aus (vgl. BGH, Urt. v. 21.09.1987 – II ZR 20/87, NJW-RR 1988, 445 = juris Rn. 7).

[24]   e) Das Feststellungsinteresse ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung schließlich nicht daraus, dass die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist.

[25]   aa) Wenn eine Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen, ein Teil des Schadens bei Klageerhebung also schon entstanden, die Entstehung weiterer Schäden aber noch zu erwarten ist, kann der Kläger in vollem Umfange Feststellung der Ersatzpflicht begehren. Der Kläger kann in einem solchen Falle nicht hinsichtlich des bereits entstandenen Schadens auf eine Leistungsklage verwiesen werden. Er ist also nicht gehalten, sein Klagebegehren in einen Leistungs- und einen Feststellungsantrag aufzuspalten (vgl. Senat, Urt. v. 19.04.2016 – VI ZR 506/14, NJW-RR 2016, 759 Rn. 6 m. w. Nachw.; Beschl. v. 06.03.2012 – VI ZR 167/11, r+s 2012, 461 Rn. 3; BGH, Urt. v. 27.05.2008 – XI ZR 132/07, ZIP 2008, 1268 Rn. 51; Urt v. 04.12.1986 – III ZR 205/85, NVwZ 1987, 733 = juris Rn. 13; jeweils m. w. Nachw.). Der Kläger muss dann auch nicht nachträglich seinen Feststellungsantrag in einen Leistungsantrag abändern, wenn dies aufgrund der Schadensentwicklung im Laufe des Rechtsstreits möglich würde, weil sich der Anspruch beziffern ließe (vgl. Senat, Urt. v. 28.09.1999 – VI ZR 195/98, NJW 1999, 3774, 3775 = juris Rn. 19; BGH, Urt. v. 11.01.2018 – I ZR 187/16, GRUR 2018, 832 Rn. 54).

[26]   bb) Darauf kann der Kläger sein Feststellungsinteresse im Streitfall nicht stützen.

[27]   (1) Eine Schadensentwicklung ist hier allerdings nicht deshalb zu verneinen, weil die nach dem Vorbringen des Klägers zu erwartenden weiteren Schäden nicht wahrscheinlich sind. Ist nämlich – wie vorliegend – ein (Teil-)Schaden bereits entstanden, hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nicht von der Wahrscheinlichkeit des Eintritts weiterer Schäden ab.

[28]   (a) In Fällen, in denen es um erst künftig erwachsende reine Vermögensschäden geht, hängt die Zulässigkeit der Feststellungsklage grundsätzlich von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (vgl. Senat, Urt. v. 29.06.2021 – VI ZR 10/18, juris Rn. 30; BGH, Urt. v. 26.07.2018 – I ZR 274/16, VersR 2019, 629 Rn. 20; Urt. v. 04.12.2014 – III ZR 51/13, BGHZ 203, 312 Rn. 12; Urt. v. 10.07.2014 – IX ZR 197/12, ZIP 2014, 2150 Rn. 11; Urt. v. 24.01.2006 – XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 Rn. 27; Beschl. v. 04.03.2015 – IV ZR 36/14, NJW 2015, 1683 Rn. 15). Grund dafür ist der Schutz des möglichen Schädigers, dem nicht ein Rechtsstreit über gedachte Fragen aufgezwungen werden soll, von denen ungewiss ist, ob sie jemals praktische Bedeutung erlangen könnten (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1992 – IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 654 = juris Rn. 78). Dies betrifft indes Fälle, in denen es ausschließlich um befürchtete künftige Vermögensschäden geht, eine Leistungsklage also noch gar nicht in Betracht kommt. Sie betrifft nicht Fälle, in denen ein Vermögens(teil)schaden bereits entstanden ist und der Eintritt weiterer Vermögensschäden im Rahmen der noch nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung erwartet wird. In diesen Fällen genügt die Möglichkeit eines künftigen weiteren Schadenseintritts für die Zulässigkeit der Feststellungsklage (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Rn. 29; BGH, Urt. v. 15.10.1992 – IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 654 = juris Rn. 77 m. w. Nachw.; Foerste, in: Musielak/​Voit, ZPO, 18. Aufl., § 256 Rn. 29; von Gerlach, VersR 2000, 525, 532; ähnlich MünchKomm-ZPO/​Becker-Eberhard, 6. Aufl., § 256 Rn. 33; ebenso in Fällen, in denen ein absolut geschütztes Rechtsgut verletzt wurde: Senat, Urt. v. 29.06.2021 – VI ZR 10/18, juris Rn. 30; Urt. v. 16.01.2001 – VI ZR 381/99, NJW 2001, 1431, 1432 = juris Rn. 7; BGH, Urt. v. 07.05.2019 – II ZR 278/16, ZIP 2019, 1478 Rn. 31). Dies gilt unabhängig davon, ob diese isoliert für alle Schäden oder neben einer Leistungsklage nur für künftige, noch nicht bezifferbare Schäden erhoben wird. Dem Beklagten wird dann nicht ein Rechtsstreit über nur theoretische Fragen aufgezwungen, vielmehr hat die Frage einer Schadensersatzpflicht durch den Eintritt eines Teilschadens bereits praktische Bedeutung erlangt. Auf der anderen Seite kann im Hinblick auf den Grundsatz der Schadenseinheit schon mit Eintritt einer ersten Vermögenseinbuße die Verjährung von Ansprüchen wegen späterer Schadensfolgen zu laufen beginnen (vgl. Senat, Urt. v. 08.11.2016 – VI ZR 200/15, VersR 2017, 170 Rn. 15 m. w. Nachw.). Daher dürfen zum Schutz des Geschädigten die Hürden für die Erhebung einer Feststellungsklage zwar nicht zu hoch angesetzt werden. An der Möglichkeit weiterer Schäden fehlt es allerdings, wenn aus Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen (vgl. Senart, Urt. v. 16.01.2001 – VI ZR 381/99, NJW 2001, 1431, 1432 = juris Rn. 7; BGH, Urt. v. 07.05.2019 – II ZR 278/16, ZIP 2019, 1478 Rn. 31). Dann ist der Kläger wegen des bereits eingetretenen Schadens auf die vorrangige Leistungsklage beschränkt. Welche weiteren Schäden zu befürchten sind, hat der Kläger darzulegen (vgl. Senat, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, NJW 2020, 1642 Rn. 29).

[29]   (b) Sollte die Beklagte nach Abschluss des Kaufvertrags über das Fahrzeug gemäß § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet sein, käme es daher grundsätzlich darauf an, ob weitere ersatzfähige Schäden in diesem Sinne möglich sind.

[30]   (2) Mit den vom Berufungsgericht angeführten und darüber hinaus nach dem Vortrag des Klägers in Betracht kommenden Belastungen mit Aufwendungen kann – selbst wenn diese in tatsächlicher Hinsicht möglich wären – allerdings im vorliegenden Fall aus Rechtsgründen das Feststellungsinteresse nicht begründet werden.

[31]   (a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, ob dem Kläger – worauf er abstelle – noch über Jahre hinweg mögliche Steuernachforderungen drohten. Denn ohne die schädigende Handlung der Beklagten hätte der Kläger – mangels Erwerbs des Fahrzeugs – bereits keine der Erhaltung oder Wiederherstellung dienenden erforderlichen Aufwendungen (wie z. B. Kosten für nach Empfehlungen des Herstellers durchzuführende Inspektionen; Kosten eines erforderlichen Ölwechsels; Kosten für erforderliche Reparaturen) auf das Fahrzeug tätigen müssen. Es sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens solche Aufwendungen anfallen würden, die der Kläger ersetzt verlangen könne. Hinzu komme, dass das Landratsamt den Kläger aufgefordert habe, das für das Fahrzeug bereitstehende Update aufzuspielen, und für den Fall der Nichtbefolgung dessen kostenpflichtige Stilllegung angedroht habe. Unabhängig von der Erforderlichkeit etwaiger Rechtsverteidigungskosten ständen jedenfalls mit der Stilllegung selbst verbundene Kosten im Raum, die in hohem Maße wahrscheinlich seien und deren Höhe nicht feststehe. Darüber hinaus hat der Kläger vorgetragen, dass das Update den Motor seines Fahrzeugs schädige.

[32]   (b) Künftig entstehende Aufwendungen, die zu den gewöhnlichen Unterhaltungskosten für das Fahrzeug zählen (Verbrauchsmaterialien, Kraftstoff, Inspektions- und Wartungskosten, Reparaturen), wären nicht ersatzfähig (vgl. Senat, Urt. v. 06.07.2021 – VI ZR 1146/20, juris Rn. 12; Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 354/19, BGHZ 226, 322 = NJW 2020, 2796 Rn. 11).

[33]   (c) Die weiter angeführten Aufwendungen (Steuernachforderungen, Stilllegungskosten, Kosten im Zusammenhang mit etwaigen schädlichen Auswirkungen des Updates, falls dieses noch aufgespielt würde) könnte der Kläger, wie oben unter II 2 b aa ausgeführt, jedenfalls nicht als Schaden ersetzt verlangen, wenn er den sogenannten kleinen Schadensersatz (Ersatz des Minderwerts) geltend machen sollte (vgl. Senat, Urt. v. 06.07.2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 34.). Eine Schadensentwicklung, die ein Feststellungsinteresse begründen könnte, wäre dann ausgeschlossen. Ob und inwieweit die genannten Aufwendungen im Rahmen des großen Schadensersatzes ersatzfähig wären, sie insbesondere dem sogenannten negativen Interesse zuzuordnen wären, bedarf im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung. Denn auf eine diesbezügliche Schadensentwicklung könnte der Kläger sein Feststellungsinteresse schon deshalb nicht stützen, weil er sich nicht für die Geltendmachung des großen Schadensersatzes entschieden hat, obwohl ihm diese Entscheidung bereits jetzt möglich und zumutbar ist (s. oben II 2 b und c). Die drohende Gefahr der Unsicherheit (s. oben II 2 a) rührt demnach entscheidend daher, dass sich der Kläger bewusst nicht entschieden hat, und ist von diesem selbst zu verantworten. Eine solche Unsicherheit vermag das Feststellungsinteresse nicht zu begründen.

[34]   III. Die angegriffene Entscheidung ist aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat (§ 562 I ZPO). In diesem Umfang weist der Senat die Klage ab, da die Sache insoweit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 III ZPO). Dies gilt nicht für die Hilfsanträge des Klägers. Er macht in zulässiger Weise mit dem Leistungsantrag den großen Schadensersatz geltend und beantragt zusätzlich die Feststellung der Ersatzpflicht weiterer Schäden. Deshalb ist die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 I 1 ZPO).

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