1. Ein VW-Vertragshändler handelt grundsätzlich nicht wider Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn er gegenüber dem Anspruch eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Käufers auf Nacherfüllung – hier: durch Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (§ 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB) – die Einrede der Verjährung erhebt.
  2. Ein rechtlich selbstständiger VW-Vertragshändler muss sich ein möglicherweise arglistiges Verhalten von Mitarbeitern der Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal nicht zurechnen lassen. Insbesondere ist die Volkswagen AG im Verhältnis zu dem Vertragshändler ein „Dritter“ i. S. des § 123 II BGB.

OLG München, Urteil vom 03.07.2019 – 3 U 4029/18

Sachverhalt: Der Kläger kaufte von der Beklagten am 19.09.2012 einen neuen VW Tiguan der ersten Generation („VW Tiguan I“), der ihm am 21.01.2013 übergeben wurde. Weil dieses Fahrzeug vom VW-Abgasskandal betroffen ist und der Kläger es deshalb für mangelhaft hält, begehrt er von der Beklagten gestützt auf § 437 Nr. 1, § 439 I Fall 2 BGB die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs.

Das Landgericht hat die auf Ersatzlieferung, Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen.

Mit seiner Berufung verfolgte der Kläger die in erster Instanz gestellten Anträge weiter.

Er wandte sich gegen die Auffassung des Landgerichts, dass eine Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) i. S. von § 275 I BGB unmöglich sei. Die Ansicht des Landgerichts, dass der von ihm – dem Kläger – erworbene VW Tiguan nicht derselben Gattung angehöre wie ein Fahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion, sei unvertretbar. Auch ergebe die Auslegung des Kaufvertrags, dass keine Unmöglichkeit vorliege. Die Parteien hätten unstreitig eine Gattungsschuld vereinbart, und bei der Beurteilung, was zu der vereinbarten Gattung gehöre, seien die Neuwagen-Verkaufsbedingungen der Beklagten zu berücksichtigen.

In diesen Bedingungen heißt es unter anderem:

IV. Lieferung und Lieferverzug


6. Konstruktions- oder Formänderungen, Abweichungen im Farbton sowie Änderungen des Lieferumfangs seitens des Herstellers bleiben während der Lieferzeit vorbehalten, sofern die Änderungen oder Abweichungen unter Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers für den Käufer zumutbar sind. …“

Diese Klausel – so machte der Kläger geltend – beziehe sich insbesondere auf einen Modellwechsel. Vorliegend habe indes nicht einmal ein Modellwechsel stattgefunden, sondern eine reine Modellpflege („Facelift“). Schon deshalb unterschieden sich Fahrzeuge aus der aktuellen Serienproduktion nur geringfügig von dem streitgegenständlichen mangelhaften Fahrzeug.

Dieses Fahrzeug könne nicht nachgebessert werden; vielmehr sei die einzige Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen, die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs. Deshalb könne die Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, die von ihm – dem Kläger – verlangte Ersatzlieferung verursache im Vergleich zu einer Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) als unverhältnismäßig zu bewertenden Kosten (relative Unverhältnismäßigkeit).

Abgesehen davon bestehe ein Anspruch auf Ersatzlieferung auch gemäß §§ 280 I, 311 II und III, 241 II BGB. Die Besonderheiten der Beziehung eines Fahrzeugherstellers zu seinen Vertragshändlern rechtfertige es, dem Vertragshändler das – nach Auffassung des Klägers – arglistige Verhalten der Mitarbeiter der Volkswagen AG zuzurechnen.

Die Beklagte hält die Berufung für unzulässig. Sie meint, das Landgericht habe einen Anspruch des Klägers auf Ersatzlieferung rechtsfehlerfrei wegen Unmöglichkeit verneint. Darauf, ob eine Ersatzlieferung im Vergleich zu einer Nachbesserung als unverhältnismäßig zu bewertenden Kosten verursache, komme es deshalb nicht an. Im Übrigen leide ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug schon nicht an einem Sach- oder Rechtsmangel.

Der VW Tiguan werde so, wie in der Kläger erhalten habe – nämlich mit einem Dieselmotor mit einer Leistung von 125 kW bzw. 170 PS –, schon seit Oktober 2012 nicht mehr hergestellt; seit Juni 2016 seien ohnehin nur Fahrzeuge der zweiten Generation („VW Tiguan II“) erhältlich. Die Ersatzlieferung eines solchen Fahrzeugs könne der Kläger auch mit Blick auf die von ihm ins Feld geführten Neuwagen-Verkaufsbedingungen nicht mit Erfolg verlangen. Der darin enthaltene Änderungsvorbehalt betreffe ausschließlich Änderungen während der Lieferzeit des ursprünglich bestellten Fahrzeugs.

Jedenfalls stehe einer Ersatzlieferung entgegen, dass sie die damit verbundenen Kosten die mit einer Nachbesserung verbundenen Kosten in Höhe von rund 100 € um circa das 27.000-Fache überstiegen. Eine Ersatzlieferung sei damit offensichtlich allenfalls mit unverhältnismäßigen Kosten möglich.

Mit Schriftsatz vom 07.05.2019 hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben, und zwar unter Hinweis darauf, dass die zweijährige Verjährungsfrist (§ 438 I Nr. 3, II BGB) bereits im Januar 2015 abgelaufen sei. Zu dieser Einrede hat der Kläger unter dem 29.05.2019 Stellung genommen.

Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der Zulässigkeit der Berufung stehen Bedenken nicht entgegen. Dass der Antrag auf Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung nicht begründet wurde, berührt die Zulässigkeit der Berufung nicht, zumal die hilfsweise gestellten Anträge den in erster Instanz gestellten entsprechen; es ist nicht erkennbar, dass sich aus § 520 III 2 Nr. 1 ZPO ergebende Anforderungen an die Berufungsanträge hier nicht eingehalten wären. Ungeachtet dessen, dass die Berufungsbegründung Ausführungen enthält, die inhaltsgleich in Parallelverfahren vorgebracht werden, sind jedenfalls Umstände, aus denen sich die vermeintliche Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die vorliegend angefochtene Entscheidung ergibt, angeführt, zumal im Zusammenhang mit der vom Landgericht als ein wesentlicher Grund für die Klageabweisung angeführten Unmöglichkeit der Nachlieferung gemäß § 275 I BGB und der nach klägerischer Auffassung verfehlten Auslegung der Ziffer IV 6 der Neuwagen-Verkaufsbedingungen. Von daher erfüllt die Berufungsbegründung auch die Anforderungen von § 520 III 2 Nr. 2 ZPO.

2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die mit Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 07.05.2019 erhobene Einrede der Verjährung greift durch und führt dazu, dass die Beklagte die Leistung betreffend die seitens des Klägers geltend gemachten Ansprüche gemäß § 214 I BGB dauerhaft verweigern kann.

Die im Kaufrecht geltende zweijährige Verjährungsfrist des § 438 I Nr. 3 BGB war im Januar 2015 abgelaufen, da das vom Kläger am 19.09.2012 verbindlich bestellte streitgegenständliche Kraftfahrzeug am 21.01.2013 an den Kläger ausgeliefert wurde.

An die Beklagte traten die anwaltlichen Vertreter des Klägers erstmals mit Schriftsatz vom 26.07.2017 heran und machten Mängelansprüche geltend, wobei sie im Rahmen der vermeintlichen Nacherfüllungsrechte gemäß § 439 I BGB die Nachlieferung eines vertragsgemäßen mangelfreien Neuwagens forderten. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 03.08.2017 die Nachlieferung abgelehnt, woraufhin am 27.12.2017 Klage zum LG Deggendorf erhoben worden ist.

Tatsächlich sind etwaige Gewährleistungsansprüche aus §§ 434 I, 435 Satz 1, § 437 BGB gemäß § 438 I Nr. 3 BGB – entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung – verjährt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die vom Kläger behaupteten Mängel Sach- (§ 434 I BGB) oder Rechtsmängel (§ 435 Satz 1 BGB) darstellen, da die Gewährleistungsfristen gleichlaufen.

Auf § 438 III BGB kann sich der Kläger nicht berufen.

Danach verjähren die Mängelansprüche in Arglistfällen in der regelmäßigen Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB. Gerade vor dem Hintergrund, dass der arglistig Handelnde ansonsten privilegiert würde, erstreckt sich die Verweisung auf das allgemeine Verjährungsrecht nicht nur auf die Frist des § 195 BGB, sondern auch auf den Fristbeginn nach § 199 BGB. Damit beginnt die Verjährungsfrist innerhalb der Höchstgrenze erst mit Kenntnis des Mangels. Arglistiges Verschweigen eines Mangels ist in diesem Zusammenhang so zu verstehen, dass der Verkäufer einen Mangel verschweigt, den er zumindest für möglich hält, und dabei billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Kenntnis den Vertrag jedenfalls nicht so abgeschlossen hätte.

Hier kann von eigener Kenntnis eines solchen Mangels bei der Beklagten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ohnehin nicht die Rede sein.

Soweit beim Hersteller des Fahrzeugs (Volkswagen AG) entsprechende Kenntnisse vorliegen sollten, können diese der Beklagten nicht nach § 166 BGB zugerechnet werden. Auch führen die für juristische Personen entwickelten Grundsätze hier nicht zu einer Wissenszurechnung; diese Rechtsprechung betrifft die Zurechnung des Wissens von Organvertretern im Verhältnis zu juristischen Personen. Letztere muss sich das Wissen aller ihrer vertretungsberechtigten Organe zurechnen lassen, selbst wenn das „wissende“ Organmitglied an dem betreffenden Rechtsgeschäft nicht selbst mitgewirkt bzw. nichts davon gewusst hat (BGH, Urt. v. 17.05.1995 – VIII ZR 70/94, juris Rn. 15). Die Herstellerin des Fahrzeugs, die Volkswagen AG, und die Beklagte stehen sich jedoch als juristisch selbstständige Personen gegenüber. Die Beklagte ist auch nicht als Handelsvertreterin der Volkswagen AG anzusehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist der Vorlieferant des Verkäufers im Übrigen nicht dessen Gehilfe bei der Erfüllung der Verkäuferpflichten gegenüber dem Käufer; ebenso ist auch der Hersteller der Kaufsache nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers, der die Sache an seinen Kunden verkauft hat (vgl. BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 = NJW 2014, 2183 Rn. 31). Dementsprechend muss sich auch im Rahmen des § 123 BGB ein Automobilvertragshändler nicht das Wissen des Herstellers zurechnen lassen (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, BeckRS 2016, 13999 Rn. 8; OLG Hamm, Beschl. v. 18.05.2017 – 2 U 39/17, BeckRS 2017, 115495 Rn. 4).

Die im klägerischen Schriftsatz vom 29.05.2019 angeführten Entscheidungen sind solche von Eingangsgerichten und Mindermeinung geblieben. Soweit in dem zitierten Hinweisbeschluss des LG Köln (Hinweisbeschl. v. 30.05.2017 – 32 O 219/16) die Auffassung vertreten wird, die Gestaltung der Außendarstellung des Vertragshändlers führe dazu, „dass der unbefangene Kunde sie leicht für eine Niederlassung des Herstellers halten könnte“, letztlich sei „das gesamte äußere Erscheinungsbild eines Vertragshändlers durch die Corporate Identity des Herstellers vorgegeben“, fehlt hierzu ein entsprechender Vortrag, jedoch spricht allein schon die Gestaltung der Rechnung vom 21.01.2013 (Anlage K 1) gegen ein derartiges Erscheinungsbild. Die Bezeichnung der Beklagten lautet, ohne dass hier ein Markenname zu entnehmen ist, X-Autoland GmbH & Co. KG; die Logos „VW“ auf der Rechnung lassen auch nicht die Annahme entstehen, die Beklagte sei eine Werksniederlassung bzw. Konzerntochter der Volkswagen AG.

Soweit die Klagepartei einen Beschluss des Senats vom 23.03.2017 (OLG München, Beschl. v. 23.03.2017 – 3 U 4316/16, BeckRS 2017, 105163 Rn. 15) zitiert, wonach der Verkäufer sich das Verhalten des Herstellers zurechnen lassen müsse, ist diese Passage in anderem Zusammenhang zu sehen, nämlich dahin gehend, dass sich der Verkäufer insoweit das Verhalten des Herstellers zurechnen lassen muss, als er sich dessen Mithilfe zur Nacherfüllung zunutze macht. Auf die hier fragliche Thematik ist dies nicht übertragbar. Auch kann eine Wissenszurechnung nicht über eine analoge Anwendung des § 166 II BGB begründet werden. Der Senat folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des OLG Hamm in seinem Beschluss vom 18.05.2017 – 2 U 39/17, BeckRS 2017, 115495 Rn. 6).

Für die in der Berufungsbegründung unter B und C herangezogenen weiteren angeblichen Anspruchsgrundlagen gilt das Vorstehende entsprechend.

Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung ist auch nicht treuwidrig i. S. des § 242 BGB. Zwar kann im Einzelfall eine Rechtsausübung unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und Interessen der Gegenseite im Hinblick darauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Beschl. v. 28.07.2015 – XII ZB 508/14, juris Rn. 12). So liegt der Fall hier, ebenso wie in dem vom OLG Brandenburg (Beschl. v. 31.01.2017 – 2 U 39/16, BeckRS 2016, 126343 Rn. 20) entschiedenen Fall, nicht. Der Senat ist mit dem OLG Brandenburg der Auffassung, dass es nicht als treuwidrig zu bewerten ist, wenn in der vorliegenden im Vertragsrecht üblichen Konstellation und bei der in § 438 BGB angelegten Risikoverteilung letztlich der Käufer und nicht der ebenfalls gutgläubige Verkäufer das Risiko der Mangelhaftigkeit trägt.

Die Beklagte hat beim Kläger zudem – mangels eigener Kenntnis – im Hinblick auf den Lauf der Verjährung keinen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen. Soweit die Klagepartei unter Ziffer 3 ihres Schriftsatzes vom 29.05.2019 eine Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes gegenüber der Volkswagen AG erwähnt, dass auf die Einrede der Verjährung verzichtet werde, hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger nicht dargetan, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger auf die Einrede der Verjährung verzichtet hätte. Solches ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Anlagen K 5 (Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 16.10.2015) noch aus der Mitteilung der Volkswagen AG vom 16.12.2015 (Anlage K 6, wo ausdrücklich nur von der Volkswagen AG die Rede ist).

Der Senat geht von einem Verzicht der Beklagten auf die Einrede der Verjährung sonach nicht aus.

Die Berufung des Klägers war nach alledem zurückzuweisen.

Anlass, die Revision gemäß § 543 II ZPO zuzulassen, sieht der Senat nicht. Dass dem Kfz-Vertragshändler nicht eine eventuelle Arglist des Herstellers zugerechnet wird, entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH und der Obergerichte. Von diesen weicht das Urteil des Senats nicht ab.

Hinweis: In dem angeführten Hinweisbeschluss hat das LG Köln die Auffassung vertreten, eine VW/Audi-Vertragshändlerin – die dortige Beklagte zu 1 – müsse sich das Handeln der Volkswagen AG (dortige Beklagte zu 2) gemäß § 123 II BGB zurechnen lassen, weil die Volkswagen AG im Verhältnis zu der Vertragshändlerin kein „Dritter“ im Sinne dieser Vorschrift sei. In dem Beschluss heißt es diesbezüglich:

„Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH ist ein am Zustandekommen eines Vertrags Beteiligter dann nicht als ‚Dritter‘ i. S. von § 123 II BGB anzusehen, wenn sein Verhalten dem des Anfechtungsgegners gleichzusetzen ist. Dies ist über den Bereich der gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertretung hinaus auch bejaht worden bei einem vom Erklärungsempfänger beauftragten Verhandlungsführer oder -gehilfen sowie bei einem Beteiligten, dessen Verhalten dem Erklärungsempfänger wegen besonders enger Beziehungen. zwischen beiden oder wegen sonstiger besonderer Umstände billigerweise zugerechnet werden muss (BGH, Urt. v. 20.11.1995 – II ZR 209/94, NJW 1996, 1051 m. w. Nachw.). So ist das Einstehenmüssen des Geschäftsherrn bejaht worden, wenn der am Zustandekommen des Geschäfts Beteiligte wegen seiner engen Beziehung zum Geschäftsherrn als dessen Vertrauensperson erscheint (BGH, Urt. v. 17.11.1960 – VII ZR 115/59, BGHZ 33, 302, 308; Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 40/94, NJW 1996, 451, 452 m. w. Nachw.). Dabei ist nicht entscheidend, ob ihm für die Verhandlung Vertretungsmacht eingeräumt worden ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob bei wertender Beurteilung der tatsächlichen Umstände sein Verhalten dem Geschäftsherrn zuzurechnen ist (BGH, Urt. v. 24.11.1995 – V ZR 40/94, NJW 1996, 451, 452)

Das Gericht verkennt nicht, dass die wirtschaftlichen Interessen der Beklagten nicht deckungsgleich sind. Ungeachtet dessen spricht eine wertende Betrachtung der Einzelfallumstände für eine Behandlung der Beklagten zu 2 als ‚Nicht-Dritte‘. Die Klägerin befindet sich zu der AUDI AG – Tochterunternehmen der Beklagten zu 2 – in einem ständigen Vertragsverhältnis. In diesem Rahmen gestaltet die Beklagte zu 1 ihre Außendarstellung so, dass der unbefangene Kunde sie leicht für eine Niederlassung des Herstellers halten könnte. Wie dem Gericht aus anderen Verfahren bekannt ist, ist letztlich das gesamte äußere Erscheinungsbild eines Vertragshändlers durch die Corporate Identity des Herstellers vorgegeben. Hierzu fügen sich passend die Fotos vom Eingangsbereich der Beklagten zu 1: Auf der Leuchtreklame heißt es ‚Audi Zentrum B.‘ und nicht ‚R-GmbH & Co. KG‘ (S. 7 des Schriftsatzes vom 14.11.2016). Desgleichen ist die Rechnung für das Neufahrzeug (Anlage K 1) unter dem Briefkopf ‚Audi Zentrum B.‘ verfasst, während die Beklagte zu 1 nur im ‚Kleingedruckten‘ genannt ist. Eine solche ‚Mimikry‘ des Vertragshändlers in Absprache mit dem Hersteller ist legitim; allerdings entspricht es dann auch der Billigkeit, wenn der Vertragshändler sich eine Täuschung des Herstellers gemäß § 123 II BGB zurechnen lassen muss, und zwar gerade auch dann, wenn dieser – wie hier – den Boden des Rechts verlässt. Hiermit musste der Vertragshändler nicht rechnen, noch weniger aber der an dem ständigen Vertragsverhältnis unbeteiligte Kunde.“

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