Ein Käufer, der behauptet, der Verkäufer habe ihn nicht über einen Mangel der Kaufsache aufgeklärt, muss die fehlende Aufklärung beweisen. Den Verkäufer trifft allerdings eine sekundäre Darlegungslast, weil es sich um eine negative Tatsache handelt. Deshalb muss der Käufer nur die vom Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise spezifizierte Aufklärung ausräumen.

BGH, Urteil vom 30.03.2012 – V ZR 86/11

Sachverhalt: Mit notariellem Vertrag vom 31.08.2006 verkaufte die Beklagte an die Klägerin ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Im Zeitpunkt der Übergabe war die Abdichtung der Terrasse, die das Dach des Anbaus mit Schwimmbad und Garage bildet, mangelhaft. Dies war der Beklagten bei Vertragsschluss bekannt, weil wiederholt Feuchtigkeitsschäden in dem Anbau aufgetreten waren.

Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 33.546 € nebst Zinsen für die Beseitigung der Schäden und behauptet, diese seien vor dem Verkauf übertüncht worden. Dagegen hat die Beklagte vorgetragen, ihr Ehemann habe die Klägerin ausdrücklich auf die sichtbaren Schäden hingewiesen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht ihr dem Grunde nach stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Aus den Gründen: [2]    I. Das Berufungsgericht meint, die Beklagte habe den Mangel arglistig verschwiegen und könne sich aus diesem Grund gemäß § 444 Fall 1 BGB nicht auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen. Die behauptete Aufklärung über den Mangel habe sie als Verkäuferin zu beweisen; dies sei ihr nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gelungen.

[3]    II. Die zulässige Revision hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Berufung der Beklagten auf den Ausschluss der Sachmängelhaftung gemäß § 444 Fall 1 BGB ausgeschlossen ist.

[4]    1. Das Berufungsgericht meint in Anlehnung an die Kommentierung von Weidenkaff (in: Palandt, BGB, 70. Aufl., § 444 Rn. 4; anders nunmehr die 71. Aufl.), der Verkäufer trage die Beweislast für die Erfüllung der Aufklärungspflicht. Dies entspricht nicht der Rechtsprechung des Senats, nach der im Rahmen von § 444 Fall 1 BGB der Käufer die fehlende Aufklärung behaupten und beweisen muss. Den Verkäufer trifft lediglich die sekundäre Darlegungslast, weil es sich um eine negative Tatsache handelt. Deshalb muss der Käufer nur die von dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise spezifizierte Aufklärung ausräumen (Urt. v. 12.11.2010 – V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 12 m. w. Nachw.). Zu unterscheiden ist die Beweislastverteilung hinsichtlich der Aufklärungspflicht von derjenigen für die Behauptung, der Käufer habe unabhängig von dem Verkäufer Kenntnis von dem Mangel erlangt (§ 442 I 1 BGB). Nur insoweit trägt der Verkäufer die Beweislast (Senat, Beschl. v. 12.02.2004 – V ZR 247/03, NJW 2004, 1167, 1168).

[5]    2. Gemessen an diesen Grundsätzen macht die Beklagte zu Recht geltend, dass sie die Aufklärung hinreichend dargelegt hat. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich nicht sicher feststellen, ob das Berufungsgericht die fehlende Aufklärung als bewiesen angesehen hat. Hierauf deuten zwar einzelne Passagen der ausführlichen Beweiswürdigung hin; an anderer Stelle heißt es aber, die Aufklärung sei „jedenfalls bei diesem Beweisergebnis nicht sicher nachgewiesen“. Eindeutig ergibt sich aus der Einleitung der Beweiswürdigung und der abschließenden Zusammenfassung, dass das Berufungsgericht insgesamt von einem non liquet ausgegangen ist.

[6]    III. Das Urteil kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 I ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 I 1 ZPO), weil sich das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – keine Überzeugung darüber gebildet hat, ob die Klägerin die von der Beklagten behauptete Aufklärung ausgeräumt hat. Aus diesem Grund kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden. …

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