Einen Fehler bei der Herstellung des Fahrzeugs muss sich ein gewerblicher Gebrauchtwagenhändler nicht zurechnen lassen, es sei denn, der Fehler lässt sich im Rahmen der vom Händler zu erwartenden Untersuchung des Pkw vor dem Verkauf erkennen.

OLG Naumburg, Urteil vom 30.12.2011 – 10 U 10/11

Sachverhalt: Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ansprüche im Zusammenhang mit dem Kauf eines gebrauchten Pkw geltend. Nachdem er die Beklagte zunächst auf Mängelbeseitigung und Schadensersatz in Anspruch genommen hatte, hat er im Verlauf des erstinstanzlichen Rechtsstreits den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Dehalb begehrt er nunmehr die Rückabwicklung des Kaufvertrags und fordert weiterhin die Freistellung von Mietwagenkosten.

Der Kläger erwarb von der Beklagten am 18.05.2006 einen Pkw. Der Kaufpreis wurde teilweise über die B-Bank finanziert; das Darlehen ist nach dem Vortrag des Klägers zwischenzeitlich vollständig zurückgezahlt. Der Pkw hatte nach dem Inhalt der Kaufvertragsurkunde einen Kilometerstand von 99.600 und zwei Vorbesitzer. Im April 2007 trat bei einem Kilometerstand von 150.759 ein Motorschaden auf. Bei einem Kilometerstand von ca. 122.000 wurde der Zahnriemen gewechselt.

Der vorprozessual für einen Garantieversicherer tätige Sachverständige P hat den Pkw begutachtet und in seinem Gutachten vom 02.05.2007 ausgeführt, am Schaft des Auslassventils von Zylinder 1 seien mechanische Beschädigungen vorhanden, und die Aussparung für das Ventil von Zylinder 1 zeige deutliche Aufsetzspuren am Kolbenboden. Als Ursache für die Beschädigung des Schafts des Auslassventils beschreibt er, dass von zwei dort notwendigen Ventilhaltekeilen einer nicht auffindbar und der andere beschädigt gewesen sei.

Dieser Befund zu Schadensbild und Schadensursache steht nicht im Streit. Die Parteien streiten im Kern nur über den Vortrag des Klägers, der Ventilhaltekeil sei von Anfang an schon herstellerseitig vergessen worden und habe mithin auch im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bereits gefehlt. Beide stützen sich insoweit auf das Ergebnis eines selbstständigen Beweisverfahrens vor dem AG Wernigerode, welches sie jeweils als für sich günstig interpretieren.

In dem selbstständigen Beweisverfahren ist zunächst der Sachverständige H mit der Erstellung eines Gutachtens zu Schadensursache und Kosten der Mängelbeseitigung beauftragt worden. Er hat ausgeführt, aufgrund der an dem Fahrzeug durchgeführten Reparaturen könne der Verbleib des fehlenden Ventilhaltekeils nicht mehr eindeutig geklärt werden. Aus technischer Sicht sei schwer nachvollziehbar, dass dieser von Anfang an gefehlt haben sollte. Denn das Fahrzeug habe 150.000 km zurückgelegt und zwei Abgasuntersuchungen hinter sich gebracht, bei denen der Motor bis zur Abregeldrehzahl beschleunigt und damit in eine Grenzbelastung gebracht werde, was mit hohen mechanischen Belastungen und schwingenden Belastungen im Ventiltrieb einhergehe. Zudem hätte sich dann am Fahrzeug ein steigender Ölverbrauch zeigen müssen. Nicht auszuschließen, sondern technisch nachvollziehbar sei, dass der Ventilhaltekeil bei – in der Reparaturhistorie nicht dokumentierten – Arbeiten am Hydrostößel demontiert worden sein könnte. Dass solche Arbeiten ausgeführt worden seien, ergebe sich daraus, dass der vorgefundene Hydrostößel die Aufschrift „INA“ und eine Typennummer aufweise, während eine Rückfrage beim Hersteller ergeben habe, dass die an den Erstausrüster des Motors gelieferten Hydrostößel eine solche Kennzeichnung nicht aufwiesen. Auszuschließen sei ein Verlust oder eine Beschädigung des Ventilhaltekeils im laufenden Betrieb, weil dann Reste und Spuren der Zerstörung am Motor zu finden sein müssten, die der Sachverständige aber nicht feststellen konnte. Die Reparaturkosten bezifferte der Sachverständige auf 4.029,69 €.

Nach Einwendungen hinsichtlich der Annahme, dass ein Wechsel der Hydrostößel erfolgt sein könnte, hat das AG Wernigerode die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu dieser Frage angeordnet. Der Sachverständige T hat hierzu zum einen eigene Recherchen beim Hersteller der Hydrostößel durchgeführt und von dort die Auskunft erhalten, Hydrostößel mit der in Rede stehenden Aufschrift und Nummer seien auch an die Erstausrüster geliefert worden. Zudem hat er rechnerisch überprüft, ob die festgestellte Materialabtragung von 0,5 mm an der Ventilführung mit der Annahme vereinbar sei, dass der Ventilhaltekeil von Anfang an gefehlt habe. Insoweit ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass für eine solche Verschleißerscheinung – unter Annahme durchschnittlicher Drehzahlen und Geschwindigkeit – etwa 3.000 bis 6.000 Betriebsstunden erforderlich seien. Für den Pkw des Klägers ergebe sich bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h zum Begutachtungszeitpunkt eine Laufleistung von ca. 3.000 Betriebsstunden. Von einer praktischen Verschleißprüfung habe er abgesehen, da hierfür Kosten zwischen 8.000 € und 34.000 € anfielen. Im Ergebnis hat er einerseits zu den Ursachen für das Fehlen des Ventilkeils sowohl eine fehlerhaft durchgeführte Instandsetzung des Ventiltriebs als auch eine fehlerhafte Erstmontage des Motors für möglich gehalten, dann aber in der Zusammenfassung seines Gutachtens andererseits nur noch ausgeführt, die Ursache sei herstellerseitig zu suchen.

Nachdem das AG Wernigerode die Feststellung getroffen hatte, dass das dortige selbstständige Beweisverfahren beendet sei, hat das Landgericht beide im dortigen Verfahren bestellte Sachverständige angehört. Der Sachverständige H hat an seinen bisherigen Ausführungen – auch hinsichtlich des Austauschs der Hydrostößel – festgehalten und ergänzend ausgeführt, bei einem Auswechseln des Zahnriemens müsse der Ventilkeil nicht bewegt werden. Auch der Sachverständige T hat im Wesentlichen lediglich nochmals sein methodisches Vorgehen erläutert, allerdings auf ausdrückliche Frage des Beklagtenvertreters ausgeführt, er könne nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass der Ventilhaltekeil schon bei der Herstellung des Fahrzeugs gefehlt habe. Zudem hat er ausgeführt, er könne sich vorstellen, dass es beim Auswechseln eines Zahnriemens zu einem Fehler komme, welcher sich über die Veränderung der Steuerzeiten auf die Ventilhaltekeile auswirke. Hypothetisch könnten dabei auch die Ventilhaltekeile ausbrechen. Praktisch habe er einen solchen Fall noch nie erlebt, sondern bislang immer nur gesehen, dass die Ventilschäfte verbogen gewesen seien. Die an dem ausgebauten Motor vorgefundenen Ventilschäfte seien indes gerade gewesen. Anzeichen für einen nicht sachgemäß durchgeführten Zahnriemenwechsel habe er nicht gefunden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe nicht beweisen können, dass der Mangel an dem Pkw bereits bei „Abnahme“ vorhanden gewesen sei. Eine Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB trete nicht ein, da der Mangel sich erst nach Ablauf der dort genannten Frist von sechs Monaten gezeigt habe. Den erforderlichen Beweis sieht das Landgericht als nicht geführt an, weil nach den Ausführungen Sachverständigen H aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar sei, dass der Ventilhaltekeil herstellerseitig vergessen worden sei. Das Landgericht hält die Ausführungen des Sachverständigen zur Laufleistung des Pkw und dazu, dass ein höherer Ölverbrauch hätte auftreten müssen, für nachvollziehbar. Die Ausführungen des Sachverständigen T stünden dem nicht entgegen. Dessen – zudem nicht widerspruchsfreie – Schlussfolgerung, der Ventilhaltekeil sei herstellerseitig vergessen worden, beruhe zum einen darauf, dass die angenommene Ersatzursache (das Auswechseln der Hydrostößel) nicht eingetreten sei, zum anderen auf seinen theoretischen Berechnungen. Hinsichtlich der Hydrostößel sei davon auszugehen, dass beide Sachverständige in der Tat bei ihren Recherchen unterschiedliche Angaben erhalten hätten. Die Angaben des verarbeitenden Betriebs seien jedoch belastbarer als jene des Teilezulieferers, zumal der Sachverständige H sich auch noch durch eigene Besichtigung hiervon überzeugt habe. Dass ein Herstellungsfehler nach den Berechnungen des Sachverständigen T möglich sei, begründe keine hinreichende Sicherheit dahin, dass dies auch tatsächlich der Fall gewesen sei. Allein die Möglichkeit, dass eine Reparatur der Hydrostößel erfolgt sein könnte, ließe weiter offen, wann dies erfolgt wäre, zumal auch dann nicht unzweifelhaft feststünde, dass der Ventilhaltekeil nicht wieder eingebaut worden wäre. Dies gelte insbesondere, da in der Besitzzeit des Klägers auch noch eine Reparatur des Zahnriemens vorgenommen worden sei. Zwar habe der Sachverständige H erklärt, dass dabei ein Verlust des Ventilhaltekeils unwahrscheinlich sei, und der Sachverständige T habe – bei umgekehrter Beurteilung einer solchen Möglichkeit – hierfür keine Anhaltspunkte gefunden. Im Ergebnis könne selbiges jedoch auch nicht ausgeschlossen werden.

Die Berufung des Klägers, der sich gegen die Beweiswürdigung durch das Landgericht wendet, hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … 1. Soweit der Kläger mit dem Anspruch auf Ersatz seiner Mietwagenkosten sowie auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten Schadensersatzansprüche verfolgt, ist die Klage schon auf der Grundlage des eigenen Vorbringens des Klägers unschlüssig, so dass die Berufung insoweit schon aus diesem Grund keinen Erfolg haben kann, ohne dass es hierzu auf das Ergebnis der Beweisaufnahme ankäme.

Insoweit steht ein Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung in Rede (§§ 433, 434, 437 Nr. 3, 280 I BGB). Tatbestandliche Voraussetzung für eine Haftung der Verkäuferin aus § 280 I BGB ist jedoch neben dem von dem Kläger behauptete Mangel des Fahrzeugs das – gemäß § 280 I 2 BGB regelmäßig vermutete – Verschulden hinsichtlich der Pflichtverletzung, mithin hinsichtlich der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs. Dem steht jedoch das eigene Vorbringen des Klägers entgegen, der Ventilhaltekeil habe von Anfang an gefehlt. Wäre das der Fall, hätte die Beklagte, die nicht Herstellerin, sondern lediglich Verkäuferin des Gebrauchtwagens war, den Mangel nicht zu vertreten, denn dass dieser Umstand im Rahmen der von dem gewerblichen Gebrauchtwagenhändler zu erwartenden Untersuchung des Pkw vor dem Verkauf zu erkennen gewesen wäre, behauptet auch der Kläger nicht. Einen Fehler bei der Herstellung des Fahrzeugs muss sich der gewerbliche Gebrauchtwagenhändler jedoch nicht zurechnen lassen. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des 8. Zivilsenats des BGH (Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224). Nach der dortigen Entscheidung hatte der Lieferant mangelhaften Baumaterials nicht gemäß § 280 I BGB auf Schadensersatz für die Kosten der Neuverlegung zu haften, wobei der Senat hinsichtlich des Verschuldens allein darauf abgestellt hat, dass die Mangelhaftigkeit für den Lieferanten des Baumaterials nicht erkennbar war. Soweit in der Literatur teilweise eine abweichende Auffassung dahin vertreten wird, dass auch ein Verschulden im Zusammenhang mit der Pflicht zur Nacherfüllung ausreichend sei (Staudinger/Otto, BGB, § 280 Rn. D 13; Schmidt-Kessel, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 280 Rn. 20; Reinking/Eggert, Der Autokauf, Rn. 1809), hält der Senat dies nicht für überzeugend, denn das Gesetz unterscheidet hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen von Nacherfüllung (und ggf. Rücktritt) einerseits und verschuldensabhängiger Pflicht zur Leistung von Schadensersatz andererseits.

Demgegenüber beruht die in der mündlichen Verhandlung vertretene Auffassung des Klägers, das Verschulden liege darin, dass die Beklagte im Verlauf des Rechtsstreits das Gutachten des Sachverständigen P verspätet vorgelegt habe, auf einem Rechtsirrtum. Bezugspunkt des Verschuldens in § 280 BGB ist bei einem kaufvertraglichen Gewährleistungsanspruch aus §§ 433, 434, 437 Nr. 3 BGB die Verletzung einer vertraglichen Pflicht, wobei hier im Hinblick auf § 434 BGB nach dem Vorbringen des Klägers nur die Pflicht der Beklagten in Betracht käme, ihm den verkauften Pkw frei von Sachmängeln zu verschaffen. Damit hat das spätere prozessuale Verhalten der Beklagten ersichtlich nichts zu tun.

Das fehlende Verschulden des in Anspruch genommenen Verkäufers ist zwar in § 280 I 2 BGB grundsätzlich als Einwendung von diesem vorzutragen. Trägt der Kläger selbst indessen den Ausnahmetatbestand vor, führt dies ungeachtet dessen dazu, dass die Klage insoweit unschlüssig ist.

2. Gleiches gilt hinsichtlich der in den Klageantrag … einbezogenen Ansprüche auf Erstattung der Aufwendungen für die beiden Inspektionen und die Untersuchung sowie die Aufbewahrung des Fahrzeugs bei der Streitverkündeten, da als Anspruchsgrundlage auch insoweit nur ein Anspruch gemäß §§ 433, 437 Nr. 3, 284 BGB in Betracht kommt, welcher aber wiederum voraussetzt, dass ein Schadensersatzanspruch gem. § 281 BGB besteht (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, § 284 Rn. 5).

3. Hinzu tritt, dass der Kläger mit seinem nunmehrigen Anspruch auf Freistellung von den behaupteten Mietwagenkosten nicht nur wegen fehlenden Verschuldens der Beklagten und unabhängig vom Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme, sondern insbesondere auch deshalb weitaus überwiegend keinen Erfolg haben kann, weil von ihm im Rahmen der Schadensminderungspflicht zu erwarten gewesen wäre, binnen angemessener Frist ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen oder den Nutzungsausfall durch die Anschaffung eines Interimsfahrzeugs zu überbrücken (vgl. BGH, Urt. v. 14.04.2010 – VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426, wonach schon einen Zeitraum von 168 Tagen für „offenkundig“ zu lang angesehen worden ist). Der Kläger kann auch nicht mit dem Vorbringen gehört werden, er sei zur Ersatzbeschaffung finanziell nicht in der Lage gewesen, denn er übersieht dabei, dass er von seinem Standpunkt aus sich die notwendige Liquidität in zumutbarer Weise dadurch hätte verschaffen können, dass er – gestützt auf § 359 BGB – der Darlehensgeberin wegen der behaupteten Mangelhaftigkeit der gelieferten Sache die weitere Zahlung verweigert hätte.

Soweit er hierzu nunmehr in Reaktion auf den erteilten Hinweis zu bedenken gibt, dass er selbst sowie seine Lebensgefährtin als Bürgin der Gefahr einer Inanspruchnahme durch die Bank ausgesetzt gewesen seien und im Fall seines hiesigen Unterliegens das Darlehen auch noch zusätzlich hätte zurückzahlen müssen, ändert dies nichts an der vorstehend vertretenen Auffassung: Der Kläger verhält sich vielmehr selbstwidersprüchlich, wenn er einerseits im Vertrauen auf die Richtigkeit seines Standpunkts zur Mangelhaftigkeit des Pkw Ausgaben in der hier in Rede stehenden Höhe tätigt und andererseits meint, diese im Hinblick auf das Risiko doppelter Inanspruchnahme nicht durch eine Einstellung seiner Zahlungen auf das Darlehen und Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs minimieren zu können. Selbstverständlich hat er Darlehen und Mietwagen zu bezahlen, wenn er im vorliegenden Rechtsstreit unterliegt. Aber es wäre doch immer noch bei weitem billiger gewesen, in Höhe der Kosten eines Interimsfahrzeugs die Zahlung auf das Darlehen zu verweigern. Dann hätte er im Unterliegensfall zumindest das Interimsfahrzeug behalten können und allenfalls die Kosten eines weiteren Rechtsstreits – aber: aus einem Streitwert des Kaufpreises für das Interimsfahrzeug, also von wenigen Tausend Euro – zu fürchten gehabt, während er bei der von ihm gewählten Vorgehensweise ein Risiko in Höhe von deutlich über 90.000 € eingegangen ist.

4. Soweit der Kläger demgegenüber nach der Rücktrittserklärung nunmehr die Rückabwicklung des Kaufvertrags betreibt, kommt es auf ein Verschulden für die Rücktrittsvoraussetzungen nicht an (§§ 433, 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB). Nur insoweit ist mithin erheblich, ob im Zeitpunkt des Gefahrübergangs (nicht: des Kaufvertragsschlusses, wie die Berufung meint) ein Sachmangel vorlag.

Auch in diesem Umfang bleibt die Berufung jedoch ohne Erfolg, weil die durch das Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung sich in dem weiten, durch § 286 ZPO bestimmten Rahmen freier richterlicher Überzeugungsbildung hält, Verstöße gegen Denkgesetze nicht erkennen lässt, und eine ergänzende Tatsachenfeststellung nach dem gesetzlichen Maßstab aus § 529 I Nr. 1 ZPO nicht geboten ist.

Hierzu im Einzelnen:

a) Die vom Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Beweislastverteilung ist zutreffend. Über den technischen Mangel des Pkw, nämlich den wegen des fehlenden Ventilhaltekeils beschädigten Ventilschaft des Zylinders 1, herrscht kein Streit. Dieser Mangel ist jedoch erst gut neun Monate nach Gefahrübergang bei der Teilzerlegung des Motors durch die Streithelferin bekannt geworden. Da ein Fall des § 476 BGB mithin nicht vorliegt, trägt [der Kläger] die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Mangel auch bereits bei Übergabe des Fahrzeugs an ihn, neun Monate und rund 50.000 km früher, vorlag.

Der neuerliche Rekurs der Berufung auf § 427 ZPO ist unbehelflich. Der Kläger führt keinen Urkundenbeweis, sondern hat versucht, durch das vorgelagerte selbstständige Beweisverfahren Sachverständigenbeweis für seine Behauptung zu erbringen. Nur in diesem Zusammenhang – nämlich auf Bitten des Sachverständigen H zur Vorbereitung seines Gutachtens – hatte das Amtsgericht die Beklagte beauflagt, das vorgerichtliche Gutachten des Sachverständigen P zu den Akten zu reichen. Auf diese prozessuale Konstellation ist § 427 ZPO nicht anwendbar; ein Urkundenbeweis steht nicht in Rede. Da das Gutachten im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens zu den Akten gelangt ist, kann auch von einer Beweisvereitelung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Rede sein. Allenfalls hätte sich die Frage ergeben können, ob das vorprozessuale Gutachten in seiner Eigenschaft als qualifizierter Sachvortrag möglicherweise verspätet in das Verfahren eingeführt worden sein könnte. Darauf wäre es aber nur angekommen, wenn sich die vorlegende Partei den Inhalt des Gutachtens als ihren Vortrag zu eigen gemacht hätte. Auch dies ist indessen gerade nicht der Fall. Vielmehr beruft sich nicht die Beklagte, sondern der Kläger auf die Ausführungen des Sachverständigen P.

b) Auch die Auffassung der Berufung, das Landgericht habe überhöhte Anforderungen hinsichtlich des erforderlichen Beweismaßes gestellt, erweist sich als unzutreffend. Der Kläger hat für die in Rede stehende Tatsachenbehauptung den Vollbeweis zu erbringen (§ 286 ZPO). Erforderlich ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH hierzu mithin eine persönliche Gewissheit des Richters vom Vorliegen der behaupteten Tatsache, welche Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Zöller/Greger, ZPO, § 286 Rn. 20 unter Hinweis auf BGHZ 53, 245 [256]). Der Begründung des angefochtenen Urteils lässt sich nichts dafür entnehmen, dass das Landgericht weitergehende Anforderungen an seine Überzeugungsbildung gestellt hätte. Insbesondere hat es nicht gefordert, dass die behauptete Tatsache „absolut gewiss“ sein müsse, wie die Berufung ausführt. Dass sie aber lediglich wahrscheinlich, vielleicht sogar „wahrscheinlicher“ als andere Ursachen ist, genügt nach diesem Maßstab gerade nicht.

c) Gemessen hieran ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht sich im Ergebnis der Beweisaufnahme keinen hinreichenden Grad persönlicher Gewissheit davon zu verschaffen vermocht hat, dass der Ventilhaltekeil bereits im Zeitpunkt der Übergabe des Pkw an den Kläger gefehlt hat.

Die Beweisaufnahme – das vorgelagerte selbstständige Beweisverfahren und die ergänzende Anhörung beider Sachverständiger – hat insoweit mehrere Möglichkeiten aufgezeigt, bei denen es zu dem letztlich festgestellten tatsächlichen Zustand gekommen sein kann. Möglich ist insoweit sowohl, dass der Ventilhaltekeil von Anfang an gefehlt hat, als auch, dass er im Rahmen einer Reparatur im Bereich dieses Bauteils entfernt worden ist bzw. sein Wiedereinbau vergessen worden ist. Auszuschließen ist nur, dass der Haltekeil im laufenden Betrieb beschädigt und ausgebrochen ist, denn die Spuren, die dann nach Auskunft des Sachverständigen H zu erwarten wären, fehlen. Im Ergebnis kommt es nicht darauf an, ob die von dem Sachverständigen H geäußerten Zweifel daran, dass der Ventilhaltekeil herstellerseitig vergessen worden sein könnte, durchgreifen, oder ob diese, im wesentlichen auf die Laufleistung abzielenden Zweifel, durch die Berechnungen des Sachverständigen T zur Länge der Betriebsdauer, welche erforderlich wäre, um einen solchen Materialabrieb zu produzieren, relativiert werden. Denn das Landgericht führt zu Recht aus, dass aus der bloßen Möglichkeit, dass der Ventilhaltekeil auch herstellerseitig vergessen worden sein könnte, kein Rückschluss darauf gezogen werden kann, dass dies auch tatsächlich der Fall gewesen ist. Erforderlich wäre insoweit vielmehr, dass alle weiteren denkbaren Ursachen für das Fehlen des Ventils sicher auszuschließen wären.

Dass dies aber schon allein im Hinblick auf den während der Besitzzeit des Klägers erfolgten Austausch des Zahnriemens nicht der Fall ist, hat das Landgericht zutreffend dargestellt. Insoweit haben beide Sachverständige zwar auf den ersten Blick scheinbar divergierende Bewertungen vorgenommen. Der Sachverständige H hat dies aber nur deshalb ausgeschlossen, weil bei dem Wechseln des Zahnriemens keine Notwendigkeit bestehe, den Ventilkeil zu bewegen. Das mag sein, schließt aber nicht aus, dass ein Mechaniker, der in diesem Bereich des Motors arbeitet, dies aus irgendeinem Grund doch tut. Demzufolge ist es kein tatsächlicher Widerspruch, wenn der Sachverständige T in der Anhörung vor dem Landgericht ausgeführt hat, er könne sich vorstellen, dass es im Rahmen des Auswechselns des Zahnriemens zu einem Fehler komme, der sich auf die Ventilkeile auswirke. Ausführlicher als im Protokoll der Anhörung vor dem Landgericht hat der Sachverständige T sich mit dieser Problematik in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 16.02.2010 im selbstständigen Beweisverfahren auseinandergesetzt und dort im Einzelnen die Gründe benannt, aus denen er es für unwahrscheinlich hält, da in der Regel Fehler beim Ersatz des Zahnriemens spätestens innerhalb von 2.000 km nach der Reparatur bemerkbar werden, aber auch zugleich ausgeführt, dass sich nicht vollständig ausschließen lasse, dass ein mangelhafter, aber sogleich wieder revidierter Zahnriemenwechsel erfolgt sein könnte.

Da auch ein Herstellungsfehler der in Rede stehenden Art keine gesteigerte Wahrscheinlichkeit hat, kann der Kläger insoweit auch nichts für sich daraus herleiten, dass der Sachverständige T einen solchen Fehler für unwahrscheinlich hält. Entscheidend ist, dass neben einem herstellerseitigen Fehler andere Fehlerquellen möglich sind. Insoweit konsequent hat der Sachverständige T seine bis dahin widersprüchliche, zusammenfassende Bewertung der denkbaren Ursachen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nochmals dahin klargestellt, dass er nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen könne, dass der Ventilkeil schon bei der Herstellung des Motors gefehlt habe. Letztlich bleibt zu berücksichtigen, dass es auch zu weiteren, aus welchem Grund auch immer nicht in die Reparaturhistorie des Pkw aufgenommenen Arbeiten an dem Ventil von Zylinder 1 gekommen sein kann – bspw. bei der Streithelferin im Rahmen der Suche nach den Ursachen für die von dem Kläger angeführten Auffälligkeiten beim Lauf des Motors –, welche keiner der Sachverständigen konkret in seine Überlegungen einbeziehen konnte, weil sie ihm nicht mitgeteilt worden sind und möglicherweise auch den hier streitenden Parteien gar nicht bekannt sind, zumal der Pkw ausweislich der Kaufvertragsurkunde zwei Vorbesitzer gehabt hat.

Nicht für zutreffend hält der Senat allerdings die Einschätzung des Landgerichts, wonach die Auskünfte des Sachverständigen H, die von ihm vorgefundenen Hydrostößel seien nicht die Originalteile, gegenüber den Ausführungen des Sachverständigen T vorzugswürdig seien. Die dort zugrunde gelegte Prämisse, die Angaben des Motorenherstellers seien gegenüber den Angaben des Teilezulieferers vorzugswürdig, erschließt sich nicht. Die weitere Begründung, der Sachverständige habe die Teile selbst in Augenschein genommen, trägt nicht, denn der Sachverständige hat hierzu erklärt, er habe sie bei dem „Teiledienst“ … in Augenschein genommen – dann aber hat es sich um Ersatzteile gehandelt, sodass dies für die Frage der Kennzeichnung im ursprünglichen Einbauzustand unbehelflich ist. Hierauf kann es aber im Ergebnis nicht ankommen, denn die Möglichkeit, dass der Hydrostößel ausgetauscht worden sein könnte, ist nur von dem Sachverständigen H überhaupt ins Spiel gebracht worden. Wie auch der Sachverständige einräumt, gibt die Reparaturhistorie des Fahrzeugs nichts dafür her, dass eine solche Reparatur jemals tatsächlich durchgeführt worden ist. Keine der Parteien hat eine solche Reparatur auch jemals konkret behauptet, so dass diese als Anknüpfungstatsache außer Betracht zu bleiben hat.

d) Zwar ist nach §§ 285 I, 279 III ZPO über das Ergebnis der Beweisaufnahme zu verhandeln und der Sach- und Streitstand erneut mit den Parteien zu erörtern. Im Protokoll des Landgerichts vom 08.02.2010 dagegen findet sich kein Hinweis darauf, dass die Parteien zum Beweisergebnis verhandelt hätten, womit ein Verstoß gegen §§ 285 I, 279 III ZPO gemäß §§ 165, 160 II ZPO feststeht. Dies ist grundsätzlich als Verfahrensfehler anzusehen, in dem regelmäßig auch eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör liegt (vgl. BGH, Urt. v. 24.01.2001 – IV ZR 264/99, MDR 2001, 830; Urt. v. 26.04.1989 – I ZR 220/87, NJW 1990, 121 [122]; Beschl. v. 20.12.2005 – VI ZR 307/04, BGHR 2006, 529). Indes kann hier ausgeschlossen werden, dass die angegriffene Entscheidung des Landgerichts auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers beruht (§ 513 I ZPO).

Wie die Berufung zeigt, hätte auch eine Stellungnahme des Klägers zum Beweisergebnis zu keiner für ihn günstigeren Entscheidung führen können. Er hat nach wie vor keinerlei Umstände vorgetragen, die die Ausführungen der Sachverständigen, auf die sich das Landgericht gestützt hat, in Frage zu stellen vermögen. Wenn dem Kläger also Gelegenheit zu einer Stellungnahme zum Beweisergebnis gegeben worden wäre und er die in der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte schon erstinstanzlich dargetan hätte, hätte sich das Landgericht zwar damit auseinandersetzen müssen, eine ergänzende Beweisaufnahme aber wäre nicht erforderlich geworden. Das Landgericht wäre zu keiner für den Kläger günstigeren Entscheidung gelangt.

Der von dem Kläger gerügte Verfahrensfehler, das Landgericht habe es unterlassen, ihn vor Erlass des angefochtenen Urteils nochmals darauf hinzuweisen, dass der ihm obliegende Beweis nicht geführt sei, gibt also keinen Anlass, das beantragte weitere Sachverständigengutachten einzuholen. Das von dem Kläger auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen T vermisste und im Berufungsrechtszug erneut beantragte „materialtechnische“ Sachverständigengutachten soll dessen rechnerisches Ergebnis untermauern, wonach die Laufleistung des Motors der Annahme eines Fehlers bereits bei der Herstellung nicht entgegensteht. Das könnte der Berufung aber nicht zum Erfolg verhelfen, denn der damit allein feststellbare Umstand, dass nicht nur nach dem rechnerischen Ergebnis, sondern auch tatsächlich ein Herstellungsfehler möglich ist, genügt aus den oben genannten Gründen für den dem Kläger obliegenden Vollbeweis nicht.

5. a) Es bestand auch keine Notwendigkeit, dem Kläger auf seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag nochmals die Möglichkeit zur Ergänzung seines tatsächlichen Vorbringens durch Einräumung einer Schriftsatzfrist zu geben. Die Vorsitzende hat in der mündlichen Verhandlung lediglich im Zusammenhang mit der Verpflichtung, auf eine sachgerechte Antragstellung hinzuwirken (§ 139 I 2 ZPO), dem Kläger in seinem eigenen Kosteninteresse vor Antragstellung die Bedenken des Senats hinsichtlich des offenkundigen Widerspruchs, trotz Rücktritts vom Vertrag auch in die Zukunft hin noch Mietwagenkosten geltend machen zu wollen, offengelegt. Hierauf hat der Klägervertreter auch reagiert, indem er erklärt hat, sein Antrag hinsichtlich der Mietwagenkosten solle trotz der Bedenken des Senats auch auf die Freistellung von künftigen Mietwagenkosten gerichtet sein.

Weiterreichende Hinweise i. S. von § 139 I 2 ZPO oder § 139 II ZPO auf die Ergänzungsbedürftigkeit des klägerischen Vorbringens in tatsächlicher Hinsicht, welche Anlass zur Einräumung einer Schriftsatzfrist hätten geben können, hat der Senat demgegenüber nicht erteilt, sondern mit den Parteien lediglich die Sach- und Rechtslage erörtert …

PDF erstellen