Ein Fahrzeug ist nicht bereits deshalb ein „Montagsauto“, weil ihm fünf Mängel – hier: ein zu hoher Benzinverbrauch, Treibstoffgeruch im Innenraum, defekte Schaltautomatik und Innenbeleuchtung, Batterieausfall – anhaften. Fünf Mängel reichen für die Annahme einer Fehlerhäufigkeit, wie sie für ein „Montagsauto“ typisch ist und eine Nacherfüllung unmöglich oder unzumutbar macht, nicht aus.

OLG Hamm, Urteil vom 22.12.2011 – I-2 U 112/11

Sachverhalt: Die Klägerin begehrt unter anderem wegen eines zu hohen Kraftstoffverbrauchs die Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrags.

Das Landgericht hat ihre Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass das Fahrzeug – wie vom Landgericht festgestellt – mehr Benzin verbrauche als vom Hersteller angegeben, sei – anders als das Landgericht gemeint habe – kein geringfügiger Mangel. Darüber hinaus habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, die Klägerin habe nicht ausreichend dargelegt, dass die übrigen von ihr gerügten Mängel (Treibstoffgeruch im Innenraum, Defekt von Schaltautomatik und Innenbeleuchtung) schon bei Übergabe des Fahrzeugs vorgelegen hätten.

Die Berufung hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … 1. Die von der Klägerin geltend gemachten Rückgewährsprüche bestehen nicht, denn sie ist nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.

a) Was die gerügten Mängel ;„zu hoher Spritverbrauch“, „Treibstoffgeruch im Innenraum“, „Funktionsfehler Schaltautomatik“ [und] „Defekt Innenbeleuchtung“ angeht, fehlt es an einer Fristsetzung zur Nacherfüllung (§§ 323 I, 437 Nr. 2, 434, 433 BGB) oder deren Entbehrlichkeit (§§ 323 II, 440 BGB).

(1) Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist nicht erfolgt. Sie ist (2.) auch nicht entbehrlich.

(a) Es ist nicht ersichtlich, dass der zu hohe Spritverbrauch, der Triebstoffgeruch im Innenraum und der Defekt der Innenbeleuchtung überhaupt Gegenstand eines Nacherfüllungsbegehrens der Klägerin gewesen wären, sodass Entbehrlichkeit einer Fristsetzung im Hinblick auf diese behaupteten Mängel wegen Fehlschlagens der Nacherfüllung oder Erfüllungsverweigerung von vorneherein nicht in Betracht kommt. Der Funktionsfehler der Schaltautomatik ist nach eigenem Vortrag der Klägerin behoben worden. Soweit sie weiterhin Defizite anmeldet, fehlt es für die Fehlschlagensvermutung des § 440 BGB an einem zweiten Nachbesserungsversuch.

(b) Entgegen der Auffassung der Berufung gibt der klägerische Vortrag nicht her, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein sogenanntes Montagsauto oder [eine] sogenannte Zitrone handelt mit der Folge, dass Nacherfüllung wegen gehäuftem Auftreten von immer wieder auftretenden, sich wiederholenden oder alternierenden Fehlern unmöglich oder unzumutbar wäre. Die Klägerin macht fünf Mängel (Benzinverbrauch, Treibstoffgeruch, Schaltautomatik, Innenbeleuchtung, Batterie) geltend. Selbst wenn alle diese Mängel vorlägen, rechtfertigte das nicht die Annahme einer zur Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Nacherfüllung führenden Fehlerhäufigkeit. Fünf Mängel reichen zu Annahme einer derartigen Fehlerhäufigkeit – einmal abgesehen davon, dass Benzinverbrauch, Treibstoffgeruch und Innenbeleuchtung noch nicht einmal Gegenstand einer Nachbesserung waren – nicht.

b) Was den gerügten Mangel „Batterie entlädt sich“ angeht, hat die Klägerin ihre Klage in erster Instanz darauf nicht gestützt, sondern vortragen lassen, ihre Beanstandungen bezögen sich nicht mehr darauf, dass die Batterie nicht in Ordnung sei. Im Tatsächlichen ist dazu festzustellen, dass nach ihrem Vorbringen zuletzt beim Werkstattaufenthalt vom 15.05.–17.05.2008 wegen Anlassproblemen und Batterieentladung die Lichtmaschine ausgetauscht worden ist und die Batterie nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils erneut am 05.06.2011 ausgefallen sein soll. Soweit die Klägerin einen weiteren Ausfall der Batterie am 19.01.2010 behauptet, ist dieses Vorbringen nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe (§ 531 II ZPO) insoweit weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.

Es lässt sich nicht feststellen, dass der jetzt behauptete Batterieausfall einen Mangel bedeutet, der bei Gefahrübergang bereits vorhanden oder angelegt war.

Zwischen Übergabe des Fahrzeugs am 12.07.2006 und dem Batterieausfall am 05.06.2011 liegen nahezu fünf Jahre. Angesichts dieser Zeitspanne ergibt sich nichts für ein Vorliegen des Mangels bei Gefahrübergang. Das gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass sich Batterieprobleme zunächst innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe mit der Folge der Vermutung des § 476 BGB ergeben haben. Denn die Vermutung griffe nur, wenn es sich bei den seinerzeitigen Batterieproblemen um denselben Mangel handelte, der dem nunmehr behaupteten Batterieausfall zugrunde liegt. Dass das der Fall ist, lässt sich angesichts dessen, dass die Klägerin den Rücktritt in erster Instanz nicht auf eine Entladung der Batterie gestützt und mithin selbst darin keinen fortbestehenden Mangel gesehen hat, sowie des Umstands, dass zwischen dem Austausch der Lichtmaschine und dem behaupteten Batterieausfall am 05.06.2011 ca. drei Jahre liegen und es in der Zwischenzeit keine Batterieproblem gab, ohne näheren Vortrag zur Ursache des Batterieausfalls nicht feststellen. Angemerkt sei, dass diese Bewertung ebenfalls gälte, wenn das Vorbringen der Klägerin, die Batterie sei auch am 19.01.2010 ausgefallen, zuzulassen wäre …

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