Ein Gebrauchtwagen, bei dem ein Chiptuning vorgenommen wurde, kann auch dann mangelhaft sein, wenn das Tuning vor dem Verkauf rückgängig gemacht wurde. Denn der Motor des Fahrzeugs wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die Gesamtlaufleistung erreichen, die ein Motor erreichen würde, der nicht zeitweise leistungsgesteigert war.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.10.2009 – I-22 U 166/08

Sachverhalt: Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen gebrauchten Pkw in Anspruch.

Er erwarb bei von Beklagten einen gebrauchten Pkw (BMW 330dA) zum Preis von 24.200 €. Der Kilometerzähler des Fahrzeugs wies einen Kilometerstand vom 36.525 aus. Der Kaufpreis wurde in Höhe von 21.700 € über ein von der Beklagten vermitteltes Darlehen der B-Bank finanziert.

An dem Pkw hatte dessen Vorbesitzer vorübergehend ein sogenanntes Chiptuning durchgeführt, bei dem durch Austausch eines Steuerungschips die Motorleistung und das Drehmoment über das vom Fahrzeughersteller vorgesehene Maß hinaus erhöht worden waren. Der Vorbesitzer hatte den Tuningchip etwa zu der Zeit eingebaut, zu der auch breitere Reifen aufgezogen worden waren. Aus einem Beleg über die Änderungsabnahme vom 05.07.2004, den der Kläger zu den Akten gereicht hat, ergibt sich, dass der Kilometerstand des Fahrzeugs zu diesem Zeitpunkt 20.450 betragen haben soll. Demgegenüber weisen die Wartungsunterlagen für den 13.07.2004 einen Kilometerstand von 8.932 aus, und auch die nachfolgend am 28.11.2005 und am 09.12.2005 notierten Kilometerstände liegen jeweils unter dem im Beleg über die Änderungsabnahme genannten Kilometerstand. Der Tuningchip verblieb bis kurz vor Weiterveräußerung des Fahrzeugs in demselben, sodass er in der Zeit von Juli 2004 bis Januar 2007, mithin über zweieinhalb Jahre, eingebaut war. In dieser Zeit wurden etwa 27.600 km mit dem Fahrzeug zurückgelegt.

Der Kläger behauptet, die Lebenserwartung des Motors sei infolge des Chiptunings gemindert. Darüber hinaus ergebe sich aus den verschiedenen notierten Kilometerständen, dass der Kilometerzähler des Pkw manipuliert worden sei. Tatsächlich sei die Fahrleistung des Pkw deutlich höher als im Kaufvertrag vereinbart. Dies werde auch aus dem Umstand ersichtlich, dass der Vorbesitzer einen Ölwechsel bereits bei einem notierten Kilometerstand von 14.388 durchgeführt haben wolle, obwohl ein Ölwechsel erst nach 30.000 km vorgesehen sei.

Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nach dem Gutachten wegen des Chiptunings zwar das Risiko eines erhöhten Verschleißes des Fahrzeugs gegeben sei. Feststellungen zu einem tatsächlich eingetretenen höheren Verschleiß habe der Sachverständige aber nicht getroffen, und auch der Kläger behaupte einen höheren Verschleiß nicht. Das Risiko eines erhöhten Verschleißes begründe keinen Mangel des Pkw, da Verschleiß von so vielen unterschiedlichen Faktoren abhänge, dass eine Zuordnung zum Chiptuning nicht vorgenommen werden könne. Auch habe der Kläger eine Abweichung der vereinbarten von der tatsächlichen Fahrleistung nicht bewiesen, weil der Sachverständige eine Manipulation des Kilometerzählers nicht habe feststellen können. Zwar gebe es tatsächlich die vom Kläger gerügten Ungereimtheiten in den Fahrzeugunterlagen. Diese müssten aber nicht auf einer „Tachomanipulation“ beruhen, sondern könnten auch durch fehlerhafte Eintragungen bedingt sein.

Die Berufung des Klägers hatte größtenteils Erfolg.

Aus den Gründen: B. … I. Der Kläger hat gegen die Beklagte infolge des Rücktritts einen Zahlungsanspruch in Höhe von 9.528,60 € gemäß §§ 433, 434 I, 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323, 346 BGB.

1. Zwischen den Parteien ist unstreitig ein wirksamer Kaufvertrag über den Pkw zustande gekommen. Das Fahrzeug war mit einem Mangel i. S. des § 434 I BGB behaftet. Erstinstanzlich hat der Kläger sich insoweit auf zwei Mängel berufen: Zum einen hat er das durchgeführte Chiptuning gerügt (nachfolgend a), zum anderen hat er eine Manipulation des Kilometerzählers behauptet (nachfolgend b).

a) Hinsichtlich des sogenannten Chiptunings gilt Folgendes:

aa) Im Ergebnis macht der Kläger zu Recht geltend, der Mangel des Pkw sei dadurch begründet, dass der Chipeinsatz das Risiko eines erhöhten Motorenverschleißes in sich berge.

(1) Zwar weicht die Beschaffenheit des Pkw durch den zeitweiligen Einbau des Tuningchips nicht von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit i. S. des § 434 I 1 BGB ab. Eine ausdrückliche Vereinbarung dahin gehend, dass am Pkw ein Chiptuning nicht durchgeführt wurde, ist von den Parteien nicht getroffen worden. Aber auch an einer konkludenten oder stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung, die auch im Kaufrecht grundsätzlich möglich ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl. [2009], § 434 Rn. 17), fehlt es im vorliegenden Fall, weil die Frage der Manipulation des Motors zwischen den Parteien augenscheinlich überhaupt nicht erörtert wurde. Auch aus der Typbezeichnung des Fahrzeugs nebst Leistungsangabe lässt sich eine Beschaffenheitsvereinbarung im vorliegenden Fall nicht ableiten. Denn typischerweise enthalten diese Angaben nicht zusätzlich die Erklärung, es seien keinerlei Veränderungen am Fahrzeug vorgenommen worden, sondern es werden nur wesentliche Veränderungen erfasst, die den Motor nicht mehr als Originalmotor erscheinen lassen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.12.2004 – 14 U 33/04, ZfS 2005, 130). Darüber hinaus lag eine Abweichung im vorliegenden Fall schon deswegen nicht vor, weil zum Zeitpunkt der Übergabe unstreitig der Originalchip wieder eingesetzt war.

(2) Dass das Fahrzeug sich zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung nicht eigne, wird vom Kläger nicht behauptet, sodass ein Mangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 1 BGB ebenfalls ausscheidet.

(3) Allerdings weicht infolge des Chiptunings die Beschaffenheit des Pkw von der Beschaffenheit ab, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). Grundsätzlich kann auch die Art der Vorbenutzung einen Mangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB begründen (Palandt/Weidenkaff, a. a. O., § 434 Rn. 29), wenn diese von dem, was ein Käufer üblicherweise erwarten darf, erheblich abweicht. Eine derartige Abweichung ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Einsatz des Tuningchips zu einem übermäßigen Verschleiß des Motors geführt hätte, was indes nach den Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil nicht der Fall ist. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 529 I Nr. 1 ZPO gebunden, sie werden mit der Berufung auch nicht angegriffen.

Der Kläger wendet sich vielmehr gegen die dem landgerichtlichen Urteil zugrunde liegende Rechtsauffassung, allein das vom Sachverständigen angeführte Risiko eines erhöhten Verschleißes vermöge einen Mangel i. S. des § 434 I BGB nicht zu begründen. Dieser Berufungsangriff dringt durch. Es ist allgemein anerkannt, dass auch das Risiko erhöhten Verschleißes einen Mangel zu begründen vermag, so zum Beispiel, wenn das veräußerte Fahrzeug über einen längeren Zeitraum als Taxi oder Fahrschulwagen benutzt wurde und deswegen typischerweise mit erhöhtem Verschleiß zu rechnen ist (BGH, Urt. v. 12.05.1976 – VIII ZR 33/74, MDR 1976, 1012; OLG Nürnberg, Urt. v. 28.03.1985 – 8 U 3845/84). Ein Mangel einer Sache kann auch vorliegen, wenn ein bestehendes Risiko bei Verwendung der Sache nicht ausgeräumt werden kann. Dieser Gedanke kann aus baurechtlichen Entscheidungen hergeleitet werden. So haben der BGH (vgl. z. B. Urt. v. 20.06.1968 – III ZR 32/66, WM 1968, 1220, 1221) und das Reichsgericht (vgl. z. B. Urt. v. 11.07.1914 – V 67/14, RGZ 85, 252, 253) für ein ehemals mit echtem Schwamm befallenes Haus – trotz zwischenzeitlicher Entfernung des Schwamms – entschieden, dass für das Vorliegen eines Mangels schon der Verdacht, dass das Haus von Neuem befallen werden könne, ausreichend sein könne. Dies gelte insbesondere, wenn dieser Verdacht nicht ausgeräumt worden sei. Ein Baumangel soll auch anzunehmen sein, wenn eine Ungewissheit über die Risiken des Gebrauchs bestehen (vgl. dazu die Übersicht bei Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rn. 1466, 1514).

Ob eine derartige risikoerhöhende Nutzung vorgelegen hat, ergab sich aus dem Vorbringen der Parteien zunächst nicht sicher, weil nicht mitgeteilt worden ist, über welchen Zeitraum der Tuningchip tatsächlich im Fahrzeug verbaut war. Nach einem diesbezüglichen Hinweis des Senats hat der Kläger nunmehr vorgetragen, ihm sei durch den [Vorbesitzer] im Rahmen des Telefonats mitgeteilt worden, der Tuningchip sei im Zusammenhang mit dem Aufziehen breiterer Reifen eingebaut worden. Insoweit hat der Kläger einen Beleg über die Änderungsabnahme vom 05.07.2004 als Anlage zur Klageschrift zu den Akten gereicht, aus welchem sich ergibt, dass der Kilometerstand des Fahrzeugs zu diesem Zeitpunkt 20.450 km betragen haben soll. Demgegenüber war für den 13.07.2004 unstreitig ein Kilometerstand von 8.932 km in den Wartungsunterlagen vermerkt. Da auch die nachfolgend notierten Kilometerstände vom 28.11.2005 und 09.12.2005 unter dem im Beleg über die Änderungsabnahme genannten Kilometerstand liegen, ist davon auszugehen, dass der Einbau bei einem Stand von etwa 9.000 km erfolgte.

Darüber hinaus hat der [Vorbesitzer] dem Kläger nach dessen Vortrag mitgeteilt, der Chip sei bis kurz vor der Weiterveräußerung des Fahrzeugs dort verblieben. Daraus ergibt sich, dass der Tuningchip in etwa Anfang 2007 (Ankauf am 09.01.2007) bei einem Kilometerstand von etwa 36.600 km wieder ausgebaut worden ist.

Diesem Sachvortrag ist seitens des [Vorbesitzers] nicht widersprochen worden, er hat insoweit keine Stellungnahme abgegeben. Auch die Beklagte hat dieses Vorbringen nicht bestritten. Insbesondere der Hinweis, dass die Umstände des Einbaus der Beklagten „nicht bekannt“ gewesen seien, stellt schon von seinem Wortlaut her kein Bestreiten der klägerischen Behauptungen dar. Letztlich ist also davon auszugehen, dass der Chip in der Zeit Juli 2004 bis Januar 2007, mithin über zweieinhalb Jahre eingebaut war und in dieser Zeit etwa 27.600 km mit dem Fahrzeug zurückgelegt wurden.

Auf der Basis dieser Tatsachen hat der Sachverständige N sein erstinstanzliches Gutachten ergänzt. Zwar hat der Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt, dass es nicht möglich sei, den Verschleiß nachzuweisen, der durch das zeitweilige Chiptuning entstanden sei. Allerdings hat er in diesem Zusammenhang weiter überzeugend ausgeführt, mit hoher statistischer Wahrscheinlichkeit erreiche ein über 27.500 km leistungsgesteigerter Motor nicht die Gesamtlaufleistung des Aggregats oder einiger Teile hiervon, die derselbe erreicht hätte, wenn er unter unveränderten Leistungsbedingungen betrieben worden wäre. Für den vorliegenden Rechtsstreit bedeutet dies, dass das vom Sachverständigen in seinem Gutachten beschriebene Risiko der hohen Wahrscheinlichkeit einer verkürzten Gesamtlaufleistung des Motors und der damit zusammenhängenden Aggregate infolge des zeitweiligen Chiptunings einen Sachmangel darstellt. Dieser Mangel ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen auch nicht ausgeräumt. Berücksichtigt man überdies die Verkehrsanschauung, so geht diese – auch bei einem nur zeitweiligen Einbau eines Tuningchips – von einem höheren Verschleiß und einer darauf zurückzuführenden geringeren Gesamtlaufleistung des Motors aus.

Soweit der [Vorbesitzer] in seinem Schriftsatz vom 21.09.2009 ausführt, mit dem Chiptuning sei nicht zwingend der Umstand verbunden, dass das erzeugte Leistungspotenzial des Fahrzeugs auch tatsächlich abgerufen werde, denn das Chiptuning könne auch eine Verringerung des Kraftstoffverbrauchs bewirken, greift dieser Einwand nicht. Denn jedenfalls ist durch diesen – hypothetischen – Umstand nicht zwingend das Risiko eines höheren Verschleißes – beim Betrieb des Fahrzeugs mit dem Chiptuning – ausgeschlossen.

bb) Aus den vorgenannten Gründen kann hier dahinstehen, ob in dem zeitweiligen Chiptuning und dem Erlöschen der Betriebserlaubnis ein Mangel zu sehen ist. Fraglich ist, ob der Annahme, das Fahrzeug sei mangelhaft, nicht der nachträgliche erneute Austausch des Tuningchips gegen den werksseitig verbauten Originalchip entgegensteht.

b) Die abweichend vom Kaufvertrag höhere Laufleistung des Motors eines Gebrauchtfahrzeugs stellt grundsätzlich einen Mangel dar, weil die vereinbarte Beschaffenheit des Pkw und die tatsächliche Beschaffenheit voneinander abweichen (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 Rn. 14 ff.). Dementsprechend wäre der Kläger zum Rücktritt berechtigt, sofern tatsächliche und vereinbarte Laufleistung voneinander abwichen.

Der Kläger hat indes die von ihm behauptete Manipulation des Kilometerzählers und damit die tatsächlich höhere Laufleistung nicht zu beweisen vermocht. An die Feststellungen des Landgerichts ist der Senat gemäß § 529 I Nr. 1 ZPO gebunden. Insbesondere begründen keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit der landgerichtlichen Feststellungen. Denn die mit dem Pkw übergebenen schriftlichen Unterlagen weisen zwar widersprüchliche Angaben auf, sie führen aber nicht zwingend zu dem Schluss, dass hier eine Manipulation des Kilometerzählers erfolgte, sondern lassen – wie das Landgericht zu Recht ausführt – auch die Möglichkeit offen, dass die Eintragungen in die Unterlagen fehlerhaft vorgenommen worden sind. Auch der nach den Unterlagen beim Kilometerstand von 14.388 km vorgenommene Ölwechsel lässt nicht zwingend auf eine höhere Laufleistung schließen, da es – gerade in Bastler- und/oder Tuningkreisen – durchaus nicht unüblich ist, Ölwechsel in geringeren als vom Hersteller vorgegebenen Abständen vorzunehmen. Manipulationen am Kilometerzähler konnten seitens des Sachverständigen nicht festgestellt werden, sodass insgesamt die Feststellungen des Landgerichts insoweit nicht zu beanstanden sind. Der Kläger rügt mit der Berufung auch eher allgemein, dass die hierzu vorhandenen Aufklärungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft worden seien, hierzu verweist er auf nach dem Gutachten des Sachverständigen N möglicherweise beim Hersteller vorhandene weitere Informationen. Er behauptet indes nicht konkret, dass der Hersteller … derartige weitere Informationen besitzt und zur Herausgabe dieser Sicherungssysteme bereit wäre.

2. Der Kläger hat den Rücktritt mit anwaltlichem Schreiben vom 05.06.2007 erklärt. Eine vorherige Fristsetzung war bezüglich des Risikos eines durch den Chipeinsatz etwa eingetretenen Verschleißes gemäß § 326 V BGB entbehrlich, weil es sich hierbei nicht um einen behebbaren Mangel handelt und bei Gebrauchtfahrzeugen die Nachlieferung einer gleichwertigen Ersatzsache regelmäßig ausscheidet (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 = NJW 2006, 2839 Rn. 17; Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 21).

Der Ausübung des Rücktrittsrechts steht das aus § 242 BGB abzuleitende Verbot widersprüchlichen Verhaltens nicht entgegen. Der Kläger hat – zwar – wenige Tage nach Abschluss des Kaufvertrags vom durchgeführten Chiptuning erfahren und zunächst versucht, den Tuningchip vom& [Vorbesitzer] zu erwerben (vgl. E-Mail vom 15.02.2007). Allerdings hat der Kläger insoweit unwidersprochen und nachvollziehbar bestritten, ernsthaft an einem Kauf interessiert gewesen zu sein, ihm sei es um die Sicherung von Beweismitteln gegangen, sodass eine Verwirkung aus diesem Grunde nicht angenommen werden kann.

Es liegt auch keine unerhebliche Pflichtverletzung gemäß § 323 V 2 BGB vor …, denn hier liegt der nicht ausgeräumte Verdacht eines schwerwiegenden Mangels (vgl. dazu auch Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl. [2009], § 323 Rn. 32) in Gestalt der Verringerung der Gesamtlaufleistung des Motors und der damit zusammenhängenden Aggregate, zum Beispiel des Getriebes, vor, sodass für die Annahme einer unerheblichen Pflichtverletzung kein Raum verbleibt.

3. Gemäß § 346 I BGB sind im Falle eines Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren, und der Wert der gezogenen Nutzungen ist zu ersetzen. Für das vorliegende Verfahren bedeutet dies im Einzelnen:

Der vom Kläger bar entrichtete Kaufpreisanteil in Höhe von 2.500 € ist zurückzugewähren. Zusätzlich steht dem Kläger gegenüber der Beklagten im Zuge der Rückabwicklung gemäß §§ 346 ff. BGB ein Anspruch auf Zahlung der bis zum Rücktritt geleisteten Nettokreditraten ohne Zinsen und Finanzierungskosten zu. Ferner hat er Anspruch auf die nach dem Rücktritt geleisteten Bruttokreditraten. Dieser Zahlungsanspruch ist darüber hinaus um die dem Händler zu erstattende Nutzungsentschädigung zu kürzen (vgl. nur OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2005 – 28 U 60/05, NZV 2006, 421, 423; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 359 Rn. 8; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 796).

Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, er habe monatlich Nettokreditraten an die finanzierende Bank von Februar bis Juni 2007 in Höhe von 266,67 € geleistet. …

Nach dem Rücktritt ist der Kläger berechtigt, an die finanzierende Bank noch geleistete Bruttokreditraten ersetzt zu verlangen (OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2005 – 28 U 60/05, NZV 2006, 421, 423 f.), da er die Zahlungen im Hinblick auf das bestehende Rechtsverfolgungsrisiko erbracht hat und die weiteren Zahlungen durch das Verhalten der Beklagten herausgefordert wurden. … Daraus ergibt sich folgende Berechnung:

Anzahlung 2.500,00 €
Nettokreditraten (März 2007 bis Juni 2007; 4 × 266,67 €) 1.066,68 €
Bruttokreditraten (ab Juli 2007; 26 × 333,35 €) 8.667,10 €
An- und Abmeldekosten 60,00 €
insgesamt 12.293,78 €

c) Vom vorstehenden Betrag ist eine Nutzungsentschädigung abzuziehen. Ihre Höhe ist grundsätzlich gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Die Schätzung ist anhand einer linearen Wertschwundformel unter Berüsichtigung des konkreten Gebrauchtwagenpreises und der zu erwartenden Restlaufleistung vorzunehmen (so auch Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1455 m. w. Nachw. zur Rechtsprechung in Rn. 1457).

Hiervon gehen im Ansatz auch die Parteien übereinstimmend aus. Dabei ist die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs zu schätzen, die bei dem hier in Rede stehenden 3,0-Liter-Dieselmotor mit 250.000 km zu veranschlagen sein dürfte (vgl. die auf Dieselfahrzeuge bezogenen Rechtsprechungsnachweise bei Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1455). Die demgegenüber von der Beklagten angesetzte Gesamtfahrleistung von 200.000 km erscheint demgegenüber für ein Dieselfahrzeug mit dem hier eingebauten starken Motor zu gering. Anders als die Parteien die Nutzungsentschädigung berechnen, ist allerdings nicht die Gesamtfahrleistung zum Kaufpreis für das gebrauchte Fahrzeug ins Verhältnis zu setzen, sondern die zu erwartende Restlaufleistung. Bei Übergabe betrug der Kilometerstand des Fahrzeugs 36.525 km, sodass zu diesem Zeitpunkt eine Restlaufleistung von 213.475 km zu erwarten war. Bei dem zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreis von 24.200 € ergibt sich daraus eine Nutzungsausfallentschädigung von 11 Cent je gefahrenen Kilometer. Die Nutzungsentschädigung ist auch nicht auf den Zeitpunkt der Rückgabe zu beziehen, wie der Kläger ausweislich seines Klageantrags annimmt, sondern vielmehr auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.

Der Kläger hat nach dem Hinweis des Senats vom 17.12.2008 den aktuellen Kilometerstand mit 61.663 km angegeben, sodass sich ab Übergabe des Fahrzeugs an ihn eine Fahrleistung von 25.138 km ergibt. Daraus folgt eine Nutzungsentschädigung in Höhe von (25.138 × 0,11 € =) 2.765,18 €.

  12.293,78 €
abzüglich Nutzungsentschädigung 2.765,18 €
zuzusprechender Gesamtbetrag 9.528,60 €

Da der Kläger … zuletzt … insgesamt jedoch 9.602,13 € begehrt hat, ist dieser Klageantrag in Höhe von 73,53 € ohne Erfolg.

II. Hinsichtlich der verlangten Zinsen gilt Folgendes:

1. Soweit der Kläger die Verzinsung der Anzahlung in Höhe von 2.500 € ab dem 12.02.2007 (Kaufvertragsschluss) begehrt, ist dies zumindest teilweise unschlüssig. Denn zwar können Zinsen gezogene Nutzungen i. S. des § 346 I BGB sein (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 Rn. 38). Dies setzt aber voraus, dass die Beklagte entsprechende Nutzungen gezogen oder nach entgegen der Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft nicht gezogen hat. Hierfür besteht indes im vorliegenden Fall kein Anhalt. Somit besteht ein Anspruch auf Verzinsung dieses Teilbetrages gemäß §§ 286, 288 I BGB erst mit Verzugseintritt. Dieser ist mangels anderer Anhaltspunkte jedenfalls mit Zugang des Schreibens vom 12.06.2007 eingetreten, weil die Beklagte mit diesem Schreiben die Rückabwicklung des Vertrags endgültig verweigert hat, indem sie den Kläger auf den Klageweg verwiesen hat (§ 286 II Nr. 3 BGB). Unter Berücksichtigung der üblichen Postlaufzeiten von drei Tagen ist Verzug somit am 15.07.2007 eingetreten und die Schuld in Höhe von 2.500 € ab dem 16.07.07 zu verzinsen. Die Zinshöhe ergibt sich mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus § 288 I 2 BGB. …

2. Darüber hinaus kann der Kläger eine Verzinsung der gezahlten Kreditraten wie folgt verlangen:

a) Auf die zwischen dem 01.03.2007 und dem 01.07.2007 gezahlten Kreditraten kann der Kläger infolge des Verzugseintritts seit dem 16.07.2007 Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangen. Dies entspricht … insgesamt einem Betrag von 1.400,03 €.

b) Auf die nach dem 16.07.2007 gezahlten Bruttokreditraten … stehen dem Kläger ebenfalls aus dem Gesichtspunkt des Verzugs Zinsen zu. Insoweit war nach der endgültigen Weigerung der Beklagten aus dem Schreiben vom 12.06.2007 (jeweils) eine erneute Inverzugsetzung entbehrlich. Da jedoch der Kläger diese Raten erst nach dem Verzugseintritt gezahlt hat, können Zinsen hierauf erst ab dem jeweiligen Zahlungstermin, zu dem der Kläger die Raten gezahlt hat, beansprucht werden.

c) Die Zinshöhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz folgt aus § 288 I 2 BGB. …

III. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in begehrter Höhe zu. Ein solcher Anspruch auf Schadensersatz folgt weder aus Verzug gemäß § 286 BGB noch aufgrund einer Schlechtleistung der Beklagten gemäß § 437 Nr. 3 BGB i. V. mit § 280 I 1 BGB.

Zunächst ist dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen, für welche – genaue – Leistung seines Prozessbevollmächtigten er Schadensersatz verlangt. Die hierzu vorgelegte Kostenrechnung seiner Rechtsanwälte vom 11.07.2007 weist lediglich eine Geschäftsgebühr im Leistungszeitraum vom 19.02.2007 bis 11.07.2007 aus. Weitere Einzelheiten werden dort nicht mitgeteilt. Ungeachtet dessen gilt Folgendes:

Wie zuvor dargestellt, bestand Verzug mangels anderweitig mitgeteilter Tatsachen im vorliegenden Rechtsstreit erst mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 12.06.2007. Denn die Beklagte hat mit diesem Schreiben die Rückabwicklung des Vertrages endgültig verweigert, indem sie den Kläger auf den Klageweg verwiesen hat (§ 286 II Nr. 3 BGB). Unter Berücksichtigung der üblichen Postlaufzeiten von drei Tagen ist Verzug demnach am 15.07.2007 eingetreten. Einen früheren Verzugseintritt hat der Kläger nicht dargelegt. Vor diesem Hintergrund fehlte es zu dem Zeitpunkt, als der Kläger durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 05.06.2007 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hat, an einem Verzugseintritt.

Auch aufgrund einer Schlechtleistung der Beklagten kann der Kläger keinen Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3 BGB i. V. mit § 280 I 1 BGB verlangen. Denn ein etwaiges Verschulden des Beklagten ist nicht dargelegt; insbesondere zu einer möglicherweise bestehenden Kenntnis der Mitarbeiter der Beklagten hat der Kläger nichts vorgetragen. Vielmehr hat er sogar in seiner Replik vom 08.02.2008 ausgeführt, auf ein Verschulden der Beklagten komme es nicht an. …

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