Ein Vertragshändler muss sich ein Verschulden des Kfz-Herstellers beim Bau eines Neufahrzeug (hier: eines Ford Transit) nicht gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, weil der Hersteller nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers ist.

OLG München, Urteil vom 23.04.2009 – 8 U 4070/08

Sachverhalt: Der Kläger verlangte von der Beklagten in erster Linie Schadensersatz in Höhe von 25.000 € wegen der verspäteten Lieferung eines Ford Transit. Die Beklagte verlangte widerklagend die Zahlung des restlichen Kaufpreises für das Fahrzeug in Höhe von 7.667,50 €.

Der Kläger bestellte am 24.07.2006 bei der Beklagten einen Ford Transit. Das Fahrzeug sollte im Anschluss an die Auslieferung bei der Firma R für das Rohrreinigungsunternehmen des Klägers ausgebaut werden. Nachdem das Fahrzeug am 21.11.2006 zur Firma R geliefert worden war, wurde dort festgestellt, dass der Hersteller es nicht mit der richtigen Dachhöhe gebaut hatte, obwohl die Beklagte die Bestellung des Klägers ordnungsgemäß an die Ford-Werke GmbH weitergeleitet hatte. Es wurde deshalb ein neues Fahrzeug bestellt. Dieses wurde erst am 19.02.2007 ausgeliefert, obwohl der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 04.12.2006 Lieferfrist bis zum 20.12.2006 gesetzt hatte.

Das Landgericht hat´dem Kläger den begehrten Schadensersatz nicht zugesprochen, sondern ihm nur einen – hilfsweise geltend gemachten – Zahlungsanspruch in Höhe von 1.434,09 € (Mängelbeseitigungskosten) zuerkannt. Der Widerklage hat es stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte die Lieferverzögerung nicht zu vertreten habe und sich als Vertragshändlerin auch ein Verschulden des Fahrzeugherstellers nicht zurechnen lassen müsse.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend den Schadensersatzanspruch des Klägers abgewiesen, soweit er auf der Lieferung eines Fahrzeugs mit der falschen Höhe beruht.

1. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt vorliegend ein Verzug wegen verschuldeter Nichtleistung trotz Fälligkeit und Mahnung nicht in Betracht. Die Beklagte hat am 21.11.2006 ihre Leistung dadurch erbracht, dass das bestellte Kraftfahrzeug, wie vom Kläger gewünscht, an die Firma R geliefert wurde. Dass die Leistung vor dem tatsächlichen Liefertermin fällig gewesen und vom Kläger angemahnt worden wäre, hat er selbst nicht behauptet. Dass die Lieferung des Fahrzeugs von der Beklagten vorher angekündigt worden war, ist für eine „Selbstmahnung“ nicht ausreichend.

Abgesehen davon hat das Landgericht auch zutreffend ein Verschulden der Beklagten für etwaige Verzögerungen der Lieferung verneint. Grundsätzlich ist der Hersteller nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers (vgl. dazu noch im Einzelnen unter 2.). Die bezüglich der Rechtzeitigkeit der Lieferung anderslautende Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. (BB 1977, 13) betraf einen Fall, in dem der Verkäufer einen verbindlichen Liefertermin zugesagt hatte, sodass eine stillschweigende Übernahme der Gewähr für die Rechtzeitigkeit der Lieferung angenommen wurde. Eine solche Zusage lag aber im Verhältnis der Parteien nicht vor.

2. In Betracht kommt bei Lieferung einer mangelhaften Sache allerdings auch ein Verspätungsschaden, der dem Käufer dadurch entsteht, dass er den vertragsgemäß mangelfreien Kaufgegenstand nicht rechtzeitig erhält, zum Beispiel ein Nutzungsausfallschaden; aber auch dieser Anspruch setzt Schuldnerverzug und damit ein Verschulden des Verkäufers voraus (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 437 Rn. 36). Ungeachtet der weiteren Verzugsvoraussetzungen trägt jedoch die Beklagte kein Verschulden daran, dass dem Kläger ein mangelbehaftetes Fahrzeug geliefert wurde, da sie unstreitig die Bestellung richtig an die Firma Ford weitergegeben hat. Die Beklagte haftet auch nicht gemäß § 278 BGB für das Verschulden der Firma Ford, da bei einem Kaufvertrag der Hersteller im Verhältnis zum Käufer nicht der Erfüllungsgehilfe des Verkäufers ist, woran sich auch durch die seit 2002 geltenden Neuregelungen im Kaufrecht nichts geändert hat (vgl. Palandt/Heinreichs, BGB, 68. Aufl., § 278 Rn. 13 m. w. Nachw., insbesondere BGH, Urt. v. 15.07.2008 – VIII ZR 211/07, NJW 2008, 2837 zum neuen Kaufrecht).

3. Lediglich ergänzend ist noch auszuführen, dass das Landgericht auch zutreffend den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus dem weiteren Grund abgelehnt hat, dass der Kläger dessen Höhe trotz Rüge der Beklagten und ausdrücklichen gerichtlichen Hinweises nicht schlüssig dargelegt hat …

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