Ein Verfahren, in dem ein Prozessvergleich geschlossen wurde, ist nur dann fortzusetzen, wenn die Wirksamkeit des Prozessvergleichs angegriffen und damit seine den Prozess beendigende Wirkung infrage gestellt wird. Dementsprechend ist eine neue – hier auf die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags gerichtete – Klage, die den Streitgegenstand des ursprünglichen Rechtsstreits umfasst, dann zulässig, wenn die Parteien die Beendigung des ursprünglichen Rechtsstreits durch den Vergleich nicht infrage stellen.

OLG Hamm, Urteil vom 19.03.2015 – I-28 U 118/14

Sachverhalt: Auf der Grundlage einer verbindlichen Bestellung vom 17.04.2012 erwarben der Kläger und seine Ehefrau von der Beklagten ein fabrikneues Wohnmobil (Hymermobil B-StarLine 585) zum Preis von 94.413 €, wobei sie ein bereits vorhandenes Wohnmobil in Zahlung gaben. Das neu bestellte Wohnmobil wurde im Mai 2012 ausgeliefert.

In der Folgezeit stellte der Kläger das Fahrzeug, dessen Serien-Fahrgestell das des Mercedes-Benz Sprinter 316 CDI ist, wegen eines angeblichen Kühlwasserverlusts in verschiedenen Mercedes-Benz-Vertragswerkstätten vor. Ob dies in Absprache mit und in Kenntnis der Beklagten erfolgte, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Anwaltsschreiben vom 29.10.2012 verlangten der Kläger und seine Ehefrau von der Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Zur Begründung führten sie zum einen den aus ihrer Sicht weiterhin bestehenden Defekt des Kühlsystems an. Zum anderen machten die Eheleute geltend, dass die zulässige Hinterachslast des Fahrzeugs zu gering sei, um gleichzeitig einen Bootsanhänger zu ziehen und einen Motorroller in der Fahrzeuggarage mitzunehmen. Dass dies beabsichtigt gewesen sei, hätten sie im Zuge der Vertragsverhandlungen dem sie beratenden Verkaufsmitarbeiter der Beklagten mitgeteilt.

Die Beklagte trat dem mit Anwaltsschreiben vom 28.11.2012 entgegen und verwies darauf, dass ihr hinsichtlich des beanstandeten Kühlwasserverlusts keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben worden sei. Was die zulässige Hinterachslast anbelange, habe sie – die Beklagte – in den Vertragsverhandlungen nichts zugesagt; sie habe den Kläger insoweit im Gegenteil auf erhebliche Bedenken hingewiesen.

Nachdem der Kläger anschließend Klage zum LG Bielefeld erhoben hatte, schlossen die Parteien am 30.04.2013 einen gerichtlichen Vergleich folgenden Inhalts:

„1. Die Beklagte verpflichtet sich für den Fall des Erwerbs eines Wohnmobils seitens des Klägers bei der Beklagten, das streitgegenständliche Wohnmobil zu einem Inzahlungnahmepreis von 82.000 € bei Rückgabe bis zum 30.06.2013 und von 80.000 € bei Rückgabe bis zum 31.10.2013 zurückzunehmen.

2. Der Kläger verpflichtet sich, bei der Beklagten ein neues Wohnmobil zu erwerben, welches im Preis über dem unter 1 genannten Inzahlungnahmepreis liegt.

3. Die Beklagte verpflichtet sich, nach entsprechender Terminvereinbarung das streitgegenständliche Wohnmobil bei dem Kläger abzuholen.

4. Geschäftsgrundlage ist, dass das streitgegenständliche Wohnmobil bis auf die im vorliegenden Rechtsstreit behaupteten Mängel mangel- und unfallfrei ist.

5. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.“

Nachfolgend kam es zwischen den Parteien zu mehreren Gesprächen und einer umfangreichen E-Mail-Korrespondenz, in denen es um den Erwerb eines neuen Wohnmobils durch den Kläger ging. Zum Abschluss eines Kaufvertrags kam es nicht; in wessen Verantwortwortung dies lag, ist zwischen den Parteien streitig.

Auf Einladung der Beklagten besuchte der Kläger im August 2013 die Messe „Caravan Salon“ in Düsseldorf, fand dort aber kein Fahrzeug, das vollumfänglich seinen Vorstellungen entsprach. Mit E-Mail vom 10.09.2013 bat der Kläger deshalb den Verkaufsmitarbeiter M der Beklagten, Angebote für drei – vom Kläger so bezeichnete – „Notlösungen“, darunter das Hymermobil B-Klasse DL 594 und das Hymermobil StarLine 680, auszuarbeiten. Außerdem fragte der Kläger mit E-Mail vom 12.09.2013 bei der Beklagten an, ob diese – wie mündlich avisiert – einen höheren als im gerichtlichen Vergleich festgelegten Preis für das in Zahlung zu gebende Wohnmobil biete.

Am 02.10.2013 unterbreitete M dem Kläger ein das Hymermobil B-Klasse DL 594 betreffendes Angebot mit dem Hinweis, dass die vom Kläger gewünschte Sonderausstattung eine Auflastung von 3,5 t auf 4,25 t erfordere. Dies sagte dem Kläger nicht zu; er richtete sein Interesse sodann auf das größere und teurere Hymermobil StarLine 680. Mit E-Mail vom 11.10.2013 teile er der Beklagten seine Ausstattungswünsche für dieses Fahrzeug mit und fragte, ob die Beklagte sein Altfahrzeug zu einem höheren als dem im gerichtlichen Vergleich genannten Preis in Zahlung nehme, wenn er ein Hymermobil StarLine 680 bei ihr erwerbe. Dem Hinweis des Klägers, ein solches Entgegenkommen habe ihm der Geschäftsführer der Beklagten schon am 19.06.2013 verbindlich zugesagt, trat M mit E-Mail vom selben Tag entgegen. M sagte aber eine Prüfung der Konditionen zu und kündigte die Übersendung eines Angebots an, welches jedoch ausblieb. Nachdem der Kläger mit E-Mail vom 16.10.2013 an das Angebot erinnert hatte, sagte M dessen kurzfristige Erstellung zu. Gleichwohl wurde dem Kläger in der Folgezeit kein Angebot übersandt.

Mit Anwaltsschreiben vom 29.10.2013 regte der Kläger die Verlängerung der im gerichtlichen Vergleich festgelegten Rücknahmefrist bis zum 15.12.2013 an. Zugleich forderte er die Beklagte auf, ihm bis zum 08.11.2013 ein das Hymermobil StarLine 680 betreffendes Angebot zu unterbreiten. Die Beklagte reagierte darauf nicht.

Parallel zu dem soeben geschilderten Geschehen bemühte sich der Kläger bei der Beklagten vergeblich um die Behebung mehrerer von ihm gerügter Mängel der Innenausstattung des ursprünglich erworbenen Wohnmobils.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Begehren, den aufgrund der verbindlichen Bestellung vom 17.04.2012 zustande gekommenen Kaufvertrag rückabzuwickeln, weiter. Er sieht sich nicht mehr an den im Vorprozess geschlossenen Vergleich gebunden, weil die Beklagte es zu verantworten habe, dass es binnen der im Vergleich festgelegten Fristen nicht zum Abschluss eines Kaufvertrags gekommen sei. Der Kläger meint, dass die Beklagte ihm konkrete Angebote hätte unterbreiten müssen, offenbar aber nicht willens gewesen sei, ihm ein neues Fahrzeug zu verkaufen. Er hätte nicht einfach ein Wohnmobil bei der Beklagten bestellen können, weil zuvor hätte geklärt werden müssen, ob das Fahrzeug bestimmte Voraussetzungen erfülle. Außerdem habe er vor seiner Kaufentscheidung in Erfahrung bringen wollen, wie viel er gegebenenfalls zuzahlen müsse, nachdem ihm sowohl der Geschäftsführer der Beklagten als auch M die Inzahlungnahme seines Altfahrzeugs zu einem höheren als dem im gerichtlichen Vergleich genannten Preis angeboten hätten.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 14.07.2014 vorsorglich den Rücktritt von dem gerichtlichen Vergleich erklärt. Im Übrigen hat er die Auffassung vertreten, ihm sei wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und nach Treu und Glauben ein Festhalten an diesem Vergleich nicht zumutbar.

Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Vorprozess hat der Kläger behauptet, das ursprünglich erworbene Wohnmobil habe ein defektes Kühlsystem, das die Beklagte trotz mehrerer Nachbesserungsversuche nicht instand gesetzt habe. Außerdem sei ihm beim Kauf des Fahrzeugs zugesichert worden, dass er gleichzeitig ein Boot auf dem Anhänger und einen Motorroller in der Fahrzeuggarage mitnehmen könne. Später habe sich jedoch herausgestellt, dass bei gleichzeitigem Transport beider Fortbewegungsmittel die zulässige Hinterachslast des Wohnmobils überschritten werde. Darüber hinaus habe die Beklagte die Beseitigung weiterer – im Einzelnen bezeichneter – Mängel der Innenausstattung zugesagt, diese Mängel – die auch nach Auffassung des Klägers keinen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigen – aber letztlich nicht beseitigt.

Die Beklagte hat eingewandt, es habe am Kläger gelegen, dass es binnen der vergleichsweise vereinbarten Fristen nicht zum Kauf eines neuen Fahrzeugs gekommen sei. Der Kläger habe – unstreitig – über die aktuellen Ausstattungs- und Preislisten verfügt, aber kein Fahrzeugmodell habe seinen Vorstellungen entsprochen. Die Beklagte hat behauptet, dass sie dem Kläger nie verbindlich zugesagt habe, sein Altfahrzeug zu einem höheren Preis als im gerichtlichen Vergleich festgeschrieben in Zahlung zu nehmen. Nachdem sie die E-Mail des Klägers vom 16.10.2013 erhalten habe, sei es zu einem persönlichen Gespräch zwischen dem Kläger und M gekommen, sodass eine Antwort per E-Mail überflüssig gewesen sei. In dem Gespräch habe M den Kläger auf den Inhalt des gerichtlichen Vergleichs und – nochmals – auf die Listenpreise der Neufahrzeuge hingewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger mit Schriftsatz vom 19.03.2014 eine Frist zur Bestellung eines neuen Wohnmobils bis zum 10.04.2014 gesetzt und gemeint, sie sei nach Ablauf der im gerichtlichen Vergleich genannten Fristen nicht mehr zur Inzahlungnahme des alten Wohnmobils verpflichtet. Gleichwohl hat sie dem Kläger unter dem 16.05.2014 ein Hymermobil StarLine 680 zum Preis von 135.699 € und die Inzahlungnahme des Altfahrzeugs zum Preis von 75.000 € angeboten.

Das Landgericht (LG Bielefeld, Urt. v. 05.08.2014 – 2 O 48/14) hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Rückabwicklung des ursprünglichen Kaufvertrags habe. Sollte ein solcher Anspruch früher bestanden haben, wäre er jedenfalls mit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 30.04.2013 untergegangen. Von diesem Vergleich sei der Kläger nicht wirksam zurückgetreten. Er habe nicht substanziiert vorgetragen, dass die Beklagte nicht willens gewesen sei, ihm ein von ihm auszuwählendes, tatsächlich lieferbares Wohnmobil zum Listenpreis zu verkaufen. Der Kläger hätte auf der Grundlage allgemein zugänglicher Preislisten ein bestimmtes Wohnmobil bestellen können; dies habe er aber nicht getan. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger verschiedene Angebote zu unterbreiten. Dass sie die Erstellung eines Angebots zugesagt, dann aber versäumt habe, habe allenfalls eine Verlängerung der Frist für die Inzahlungnahme, aber keinen Rücktritt vom Vergleich rechtfertigen können.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … 1. Es besteht ein Rechtsschutzinteresse an der Erhebung der neuen Klage auf Rückabwicklung des Kaufs. Dem Kläger steht hierfür kein einfacherer prozessualer Weg offen, insbesondere ist nicht der durch den Vergleich vom 30.04.2013 abgeschlossene Rechtsstreit fortzusetzen.

Nach der Rechtsprechung ist nur dann der alte Rechtsstreit fortzusetzen, wenn eine Partei die Wirksamkeit des Prozessvergleichs und damit dessen prozessbeendigende Wirkung infrage stellt (BGH, Urt. v. 21.11.2013 – VII ZR 48/12, NJW 2014, 394 Rn. 14). Das ist nicht der Fall, wenn – wie hier – eine Partei von einem rechtswirksam geschlossenen gerichtlichen Vergleich zurücktritt (BGH, Urt. 10.03.1955 – II ZR 201/53, BGHZ 16, 388, 391 ff. = NJW 1955, 705). Für die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage des Vergleichs oder ein Entfallen der Bindungswirkung nach Treu und Glauben gilt nichts anderes (vgl. BeckOK-BGB/Fischer, § 779 Rn. 87 m. w. Nachw. auch zur Gegenansicht).

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 87.760 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des aufgrund verbindlicher Bestellung vom 17.04.2012 erworbenen Wohnmobils.

a) Wegen des am 30.04.2013 im Vorprozess geschlossenen Vergleichs ist der Kläger gehindert, die Rückabwicklung des Wohnmobilkaufs auf der Grundlage des im Vorprozess gehaltenen Sachvortrags zu verlangen.

aa) Der Prozessvergleich, der eine Doppelnatur hat, stellt materiell-rechtlich einen Änderungsvertrag dar, soweit durch seine Regelung eine streitige Rechtsbeziehung neu geordnet wird (MünchKomm-BGB/Habersack, 6. Aufl. [2013], § 779 Rn. 33). Dabei hat ein Vergleich grundsätzlich keine schuldumschaffende Wirkung, sondern ändert das ursprüngliche Schuldverhältnis nur insoweit, als in ihm streitige oder ungewisse Punkte geregelt werden (st. Rspr., BGH, Urt. v. 23.06.2010 – XII ZR 52/08, NJW 2010, 2652 Rn. 15 m. w. Nachw.).

Durch den im Vorprozess geschlossenen Vergleich haben die Parteien in materiell-rechtlicher Hinsicht vereinbart, dass an die Stelle des im Vorprozess streitigen gewährleistungsrechtlichen Rückabwicklungsbegehrens des Klägers ein (Vor-)Vertrag treten sollte, in dem sich beide Parteien zum Abschluss eines neuen Kaufvertrags über ein Wohnmobil-Neufahrzeug verpflichteten. Dabei wurde stillschweigend dem Kläger hinsichtlich der Auswahl des zu erwerbenden Wohnmobils ein Leistungsbestimmungsrecht i. S. des § 315 BGB eingeräumt, welches inhaltlich dahin begrenzt wurde, dass der Preis über den genannten Inzahlungnahmepreisen liegen sollte. Das Leistungsbestimmungsrecht des Klägers wurde flankiert durch eine Mitwirkungspflicht der Beklagten in Form einer Auskunfts-/Informationspflicht zum Beispiel hinsichtlich möglicher Ausstattungsvarianten und Preise. Der Preis, zu dem das neue Wohnmobil ge- und verkauft werden sollte, bestimmte sich nach den Listenpreisen des Herstellers. Das ist zwar nicht ausdrücklich im Vergleich geregelt, ist aber gleichfalls als stillschweigend vereinbart anzusehen, weil dies den üblichen Gepflogenheiten im Neufahrzeughandel entspricht und Rabattgewährungen auf die Listenpreise nicht mehr die Regel sind. Das finanzielle Entgegenkommen der Beklagten war im Vergleich dahin geregelt, dass die Beklagte verpflichtet war, bei Abschluss des Kaufvertrags binnen der vorgesehenen Fristen dem Kläger eine Ersetzungsbefugnis durch Inzahlunggabe des alten Wohnmobils zu dem jeweils festgelegten Betrag einzuräumen. Auf ein weiteres Entgegenkommen bei der Preisgestaltung hatte der Kläger nach dem Vergleich keinen Anspruch.

Weil der Vergleich keine ausdrückliche Regelung für den Fall enthält, dass es nicht binnen der in Nr. 1 genannten Fristen zur Leistungsbestimmung durch den Kläger und zum Abschluss eines Kaufvertrags kommen sollte, bedarf er insoweit ergänzender Auslegung gemäß den §§ 133, 157 BGB unter Würdigung der wechselseitigen Parteiinteressen und der mit dem Vergleichsabschluss verbundenen Zielsetzung.

Einerseits ist die zunächst vom Kläger vertretene Auffassung, nach ergebnislosem Fristablauf sei die Prozesseinigung hinfällig, und er könne ohne Weiteres auf sein früheres Rückabwicklungsbegehren zurückkommen, nicht interessengerecht. Die Beklagte wollte dem Kläger durch den Vergleich den im Vorprozess geltend gemachten etwaigen Rückabwicklungsanspruch „abkaufen". Es sollte nicht dessen freie Entscheidung sein, ob er von dem Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch macht und ein neues Wohnmobil kauft oder die Fristen verstreichen lässt und erneut auf der Grundlage des Sachvortrags aus dem Vorprozess Rückabwicklung des ursprünglichen Kaufs verlangt.

Andererseits ist die von der Beklagte bevorzugte Auslegung, nach der der Kläger auch nach Fristablauf verpflichtet sein sollte, bei der Beklagten ein neues Wohnmobil auszusuchen und zu kaufen, die Beklagte aber von der Inzahlungnahmepflicht befreit sein sollte, ebenso wenig interessengerecht. Der Kläger wollte ersichtlich nur dann von der Beklagten ein neues Wohnmobil erwerben, wenn er sein altes Wohnmobil dabei in Zahlung geben könnte. Zudem statuiert der Vergleich keine von der Beklagten einforderbare Pflicht des Klägers, von dem Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch zu machen, wie sich aus der Formulierung in Nr. 1 „für den Fall des Erwerbs“ ergibt.

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen beider Parteien ist der Vergleich vielmehr ergänzend folgendermaßen auszulegen: Macht der der Kläger binnen der genannten Fristen von seinem Leistungsbestimmungsrecht keinen Gebrauch, kann einerseits die Beklagte ihn nicht dazu zwingen, verliert er andererseits grundsätzlich die Möglichkeit, das Rückabwicklungsbegehren auf den im Vorprozess geltend gemachten Sachverhalt zu stützen. Beruht die unterlassene Leistungsbestimmung aber auf einem Verstoß der Beklagten gegen deren Mitwirkungspflicht, kann der Kläger unter den Voraussetzungen der §§ 323 f. BGB vom Vergleich zurücktreten und dann wieder das Rückabwicklungsbegehren aus dem Vorprozess verfolgen.

bb) Der Kläger ist nicht wirksam von dem Vergleich zurückgetreten.

Dabei enthält bereits die Klageerhebung eine konkludente Rücktritterklärung, sodass es auf den ausdrücklich unter dem 14.07.2014 erklärten Rücktritt nicht maßgeblich ankommt. Es fehlt aber an einem Rücktrittsgrund. Dessen Voraussetzungen bestimmen sich nach den §§ 323 f. BGB, weil der auf der Grundlage des ursprünglichen Kaufvertrags geschlossene Vergleich einen gegenseitigen Vertrag darstellt.

(1) Gemäß § 323 I BGB kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten, wenn der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt und der Gläubiger ihm erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nachbesserung bestimmt hat.

Die Mitwirkungspflicht der Beklagten bei der Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts durch den Kläger lässt sich als Leistungspflicht i. S. des § 323 I BGB ansehen. Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass sich ein Verstoß gegen diese Pflicht nicht feststellen lässt.

Der Kläger konnte auf der Grundlage der ihm erteilten Informationen ohne weitere Mitwirkung der Beklagten von seinem Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch machen. Ihm standen unstreitig die Ausstattungs- und Preislisten zur Verfügung. Anhand dieser hat er auch verschiedene für ihn in Betracht kommende Fahrzeuge ausstattungsmäßig konfiguriert und deren (Listen-)Preise kalkuliert, wie seine E-Mails vom 10.09. und 11.10.2013 belegen.

Soweit der Kläger im Prozess auf notwendige Informationen zu den Zulademöglichkeiten unter Berücksichtigung der zulässigen Gesamtgewichte und Achslasten hingewiesen hat, geht aus den vorgelegten E-Mails – insbesondere vom 11.09.2013 und 02.10.2013 – hervor, dass die Beklagte ihm die hierzu erbetenen Auskünfte erteilt hatte.

Die letzte Anfrage des Klägers vom 11.10.2013, die die Beklagte nicht binnen der im Vergleich festgelegten Fristen beantwortete, bezog sich entscheidend nur noch auf den Angebotspreis bei Wahl des [Hymermobil StarLine 680] mit der angegebenen Wunschausstattung. Die ergänzende Frage nach dem nachträglichen Einbau von Zubehör und dem hierfür zuständigen Ansprechpartner war für die Entschließung des Klägers offensichtlich und unstreitig nicht ausschlaggebend. Die Frage nach dem Angebotspreis zielte aber lediglich auf ein weiteres Entgegenkommen der Beklagten gegenüber den im Vergleich festgelegten Konditionen ab. Die Beklagte war indessen nicht verpflichtet, dem Kläger einen höheren als im Vergleich festgelegten Inzahlungnahmepreis oder einen sonstigen Rabatt zu gewähren. Es bestand auch keine vom Kläger einforderbare Pflicht, ihm vor Ausübung seines Leistungsbestimmungsrechts verbindlich zu erklären, ob und in welchem Umfang die Beklagte hierzu gegebenenfalls doch bereit wäre. Selbst wenn deren Geschäftsführer die Gewährung eines höheren Inzahlungnahmepreises für das Altfahrzeug in den Raum gestellt haben sollte und der Verkäufer M eine Prüfung der Konditionen zugesagt hatte, begründete das keine Vertragspflicht i. S. des § 323 I BGB.

Der Kläger macht auch ohne Erfolg geltend, das Verhalten der Beklagten belege, dass sie nicht bereit gewesen sei, ihm ein Wohnmobil zu verkaufen, was er als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung versteht und deshalb – sinngemäß – als Grund für den Vergleichsrücktritt i. S. des § 323 II Nr. 1, IV BGB heranziehen will.

Dem ist nicht zu folgen. Wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist nicht zu erkennen, dass die Beklagte nicht bereit war, dem Kläger zu den im Vergleich festgelegten Konditionen ein Wohnmobil zu verkaufen. Das gilt auch unter Einbeziehung ihres vorangegangenen Verhaltens, welches der Kläger ihr jetzt als gezielte Verschleppung des Entscheidungsprozesses vorwerfen will. Damit, dass die Beklagte dem Kläger den kostenfreien Besuch der Caravan-Messe in Düsseldorf ermöglichte und ihm davon abriet, sich vorschnell für ein von ihm selbst als bloße Notlösung bezeichnetes Modell zu entscheiden, wollte die Beklagte ersichtlich bei der Kaufentschließung behilflich sein, nicht aber einen Kauf verhindern.

(2) Das Unterlassen der dem Kläger per E-Mail zugesagten Angebotserstellung binnen der vergleichsweise festgelegten Inzahlungnahmefristen kann allenfalls als Verstoß gegen eine Rücksichtnahmepflicht i. S. des § 241 II BGB zu werten sein, der nur unter den Voraussetzungen des § 324 BGB zum Rücktritt berechtigt.

Diese liegen aber nicht vor. Es lässt sich nicht feststellen, dass dem Kläger deswegen ein Festhalten am Vergleich nicht zumutbar ist. Dem Kläger war es unbenommen und möglich, vor Ablauf der Inzahlungnahmefrist zum 31.10.2013 ein Fahrzeug gemäß seinen Ausstattungswünschen verbindlich zu bestellen. Im Übrigen führt das Fortbestehen des Vergleichs auch bei Verstreichen der Frist nicht dazu, dass der Kläger rechtlos gestellt wird. Er verliert damit insbesondere nicht sämtliche Gewährleistungsrechte aus dem Wohnmobilkauf vom 17.04.2012, sondern nur die Möglichkeit, auf der Grundlage des Sachvortrags im Vorprozess die Rückabwicklung des Vertrags zu verlangen.

cc) Der Kläger macht auch ohne Erfolg geltend, die Bindungswirkung des Vergleichs sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage entfallen.

Diese Rechtsfolge ergibt sich hier zunächst nicht aus § 779 BGB. Danach ist ein Vergleich unwirksam, wenn die Parteien bei Abschluss des Vergleichs von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sind, was hier nicht der Fall gewesen ist.

Diese Sonderregelung hindert nicht den Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 313 BGB, wenn aus anderen Gründen von einer Störung der Geschäftsgrundlage eines Vergleichs auszugehen ist (vgl. BAG, Urt. v. 11.07.2012 – 2 AZR 42/11, NJW 2012, 3390). Allerdings lässt sich nicht feststellen, dass im konkreten Fall die Geschäftsgrundlage des Vergleichs entfallen ist.

Geschäftsgrundlage sind zum einen die gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragspartner, die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt geworden, beim Abschluss aber zutage getreten sind, zum anderen die dem Geschäftspartner erkennbaren oder von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Partei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut (BAG, Urt. v. 11.07.2012 – 2 AZR 42/11, NJW 2012, 3390 Rn. 32).

Dass die Beklagte vor Ablauf der im Vergleich festgelegten Inzahlungnahmefristen dem Kläger kein weiteres preisliches Entgegenkommen verbindlich zugesagt hat, hat mit den erkennbaren Vorstellungen der Parteien bei Abschluss des Vergleichs nichts zu tun.

dd) Dass die Beklagte den Kläger am Vergleich festhalten will, ist auch nicht aus sonstigen Erwägungen als treuwidrig i. S. des § 242 BGB anzusehen.

b) Unter Berücksichtigung des durch den bestandskräftigen Vergleich abgeschlossenen Vorprozesses ist das neuerliche auf die §§ 346, 323, 437 Nr. 2 Fall 1, § 434 BGB gestützte Rückabwicklungsbegehren des Klägers unbegründet:

aa) Zweifelhaft ist schon, ob der Kläger berechtigt ist, Rückzahlung des Kaufpreises allein an sich zu verlangen. Denn ausweislich des Wortlauts der verbindlichen Bestellung vom 17.04.2012 waren Käufer des Wohnmobils der Kläger und seine Ehefrau, die damit auch einfache Mitgläubiger der sekundären Rechte und Ansprüche sind mit der Folge, dass zwar einer von ihnen allein Gewährleistungsansprüche einklagen kann, aber grundsätzlich Leistung an alle verlangen muss (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 432 Rn. 3). Ob hier wegen der im Vorprozess vorgetragenen Abtretung seitens der Ehefrau des Klägers ausnahmsweise anderes gilt, kann offenbleiben.

bb) Selbst wenn in der Erhebung der neuen Klage eine Wiederholung des bereits unter dem 29.10.20112 konkludent erklärten Rücktritts vom Fahrzeugkauf gesehen und davon ausgegangen wird, dass dies im Einverständnis mit der Ehefrau des Klägers erfolgt ist, fehlt es an einem Rücktrittsgrund:

(1) Mit der Mangelrüge der Überschreitung der zulässigen Hinterachslast bei kumulativem Transport von Roller und Boot kann der Kläger aufgrund des bestandskräftig abgeschlossenen Vorprozesses nicht mehr gehört werden.

(2) Der weiterhin geltend gemachte und von der Beklagte bestrittene Defekt am Kühlsystem des Wohnmobils bedarf schon deshalb keines Beweises, weil sich der Kläger aufgrund des Vergleichs nicht darauf berufen kann, er habe der Beklagten zuvor ausreichend Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben. Der Streit um diese Frage wurde durch den Vergleich beigelegt.

Der Kläger macht auch nicht geltend, dass er der Beklagten danach (noch einmal) die Möglichkeit zur Behebung dieses Mangels eröffnet hat.

(3) Soweit es um die von dem Kläger im vorliegenden Rechtsstreit ergänzend angeführten Mängel des Innenausbaus des Wohnmobils geht, lässt sich seinem Prozessvorbringen nicht klar entnehmen, ob er die sieben in der Klageschrift aufgelisteten Beanstandungen weiterhin geltend macht oder nur noch den in der Berufung angeführten fehlenden Holzrost für den Toilettenraum. Darauf kommt es aber nicht an.

Der Kläger hat in Bezug auf die Mängel der Innenausstattung die formalen Rücktrittsvoraussetzungen des § 323 BGB nicht dargetan. Er hat nicht substanziiert vorgetragen, dass er der Beklagten zur Beseitigung der bezeichneten Mängel vergeblich eine Frist gesetzt hat. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass eine solche fristbewehrte Nacherfüllungsaufforderung hier entbehrlich war; insbesondere ist dem Kläger die Nachbesserung durch die Beklagte nicht unzumutbar.

Weil im Übrigen der Kläger selbst diese Mängel als zu geringfügig einschätzt, um allein einen Rücktritt vom Kauf zu rechtfertigen, schätzt er selbst die – etwaig – darin begründete Pflichtverletzung der Beklagten als unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB ein.

c) Die übrigen mit der Klage verfolgten Begehren teilen das Schicksal des Rückabwicklungsverlangens. Die Berufung erweist sich damit vollumfänglich als unbegründet. …

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