1. Ein gutgläubiger Erwerb des Eigentums an einem gebrauchten Kraftfahrzeug ist regelmäßig ausgeschlossen, wenn sich der Erwerber nicht einmal den Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung Teil II) vorlegen lässt, um die Verfügungsberechtigung des Veräußerers zu prüfen. Das gilt unabhängig davon, ob der Erwerber eine Privatperson oder ein Kfz-Händler ist.
  2. Eine allgemeine Nachforschungspflicht des Erwerbers besteht zwar nicht. Der Erwerber darf jedoch verdächtige Umstände (z. B. einen sehr günstigen Kaufpreis, Fehlen eines funktionsfähigen Zweitschlüssels) nicht unbeachtet lassen, sondern muss gegebenenfalls weitere Nachforschungen anstellen, die im Einzelfall bis zu einer Anfrage bei der Kfz-Zulassungsstelle oder beim Kraftfahrt-Bundesamt reichen können. Insbesondere können eine besondere Vorsicht und weitere Nachforschungen geboten sein, wenn ein Gebrauchtfahrzeug „auf der Straße“ verkauft wird, da ein Straßenverkauf erfahrungsgemäß das Risiko, dass ein gestohlenes Fahrzeug entdeckt wird, mindert.
  3. Ist der Erwerber eines Gebrauchtwagens Kfz-Händler, kommt die Annahme grober Fahrlässigkeit i. S. des § 932 II BGB eher in Betracht als bei einem privaten Erwerber, das heißt, einen Kfz-Händler trifft eine gesteigerte Sorgfaltspflicht. Für einen Erwerber, der als Serviceberater in einem Autohaus tätig ist, gilt das zwar nicht in gleichem Maße. Bei der Beurteilung, ob grobe Fahrlässigkeit i. S. des § 932 II BGB vorliegt, ist aber zu berücksichtigen, dass ein Serviceberater etwa im Umgang mit Kfz-Papieren deutlich erfahrener ist, als dies von einem privaten Erwerber üblicherweise erwartet werden kann. Diese höheren Vorkenntnisse müssen sich bei der Festlegung des maßgeblichen Sorgfaltsstandards niederschlagen.
  4. Von dem Erwerber eines Gebrauchtwagens, der als Serviceberater in einem Autohaus tätig ist, kann deshalb etwa erwartet werden, dass er das im Kaufvertrag angegebene Datum der Erstzulassung (hier: 20.05.2015) mit dem in der Zulassungsbescheinigung Teil II angegebenen Datum (hier: 08.10.2015) vergleicht und ihm eine Abweichung auffällt.

OLG Schleswig, Urteil vom 07.04.2017 – 17 U 6/17

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